Lieber Gott Teil I
Lieber Gott,
ich schreibe dir, weil ich weiß, dass ich bald sterben muss. Mama und Papa dürfen aber nicht merken, dass ich es bereits weiß. Sonst weinen sie wieder so doll. Das mag ich nicht, das macht mich auch nur wieder traurig.
Der Doktor sagt der Tumor wächst immer weiter, sie können mir nicht mehr helfen. Das hat jedenfalls Mama zu Oma am Telefon gesagt auch wenn sie mir erzählt, alles wird gut. Doch dann beginnt sie zu weinen und drückt mich an sich, so fest, dass ich mir manchmal wünsche, sie drückt gleich den Tumor in meinem Bauch kaputt, damit sie wegen mir nicht mehr weinen muss.
Aber eigentlich schreibe ich dir, weil ich gerne wissen möchte, ob mich ein Engel abholt. Das wäre soooo schön. So einer mit großen Flügeln und langen, blonden Haaren, wie in meinem Buch. Dann hab ich auch bestimmt nicht so eine Angst wenn ich gehe. Ich hoffe bei dir gibt es auch Mamas Vanille-Pudding, den mag ich doch so gerne.
Eine Frage hab ich aber noch, lieber Gott. Warum muss ich eigenlich sterben? War ich böse? Oder vermisst du mich so doll? Kannst du nicht noch ein bißchen warten? Ich würde so gerne nochmal in Urlaub, da, wo es die tollen Drachen gab, die bunten, großen. Ich setz auch meine Mütze auf, versprochen, ich weiß ja, dass ich mit meiner Glatze immer so schnell friere und dann krieg ich wieder Schnupfen.
Ich bin so traurig, dass Mama und Papa nicht mitgehen werden. Können sie nicht doch mit? Aber das geht ja doch nicht... Papa muss ja zur Arbeit. Aber Mama! Mama könnte doch mit! Dann hätte ich immer jemanden zu spielen. Ich kenne im Himmel ja doch niemanden. Hoffentlich bekomme ich eine eigene Wolke.
Lieber Gott, ich warte auf deine Antwort. Hab dich lieb.
Carlo
P.S. Schreib schnell zurück. Ich habe nicht mehr viel Zeit! Aber das weißt du ja besser als ich. Danke schön!