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Kauderwelsch
In der Fragnerei mit Schaubendach und Marmelsteinwänden saß ein seigneuraler Seelenhirt und verkaufte Siedlerstolz. Angeblich! Dieser Tatarenmeldung musste ich als reputierlicher Hauptschriftleiter nachgehen. Es ist der tolldreiste Kokolores, von Possenreißern und unbemühten Holdrios, der nicht gerade konfidenziell anmutete – auch bei den Lesern nicht. „Dunnemals langte ein depretiativer Blick, um ein Tohuwabohu auf Gefühlsbasis bei Schabernacktreibenden auszulösen“, schrieb ich in mein Diarium, flattierte es zärtlich und steckte es zurück in meinen drappfarbenen Havelock. In inkommodierter Kordialität reichte ich dem Kretschmer mit Fassonschnitt eine Scheidemünze; ich mochte mein Portjuchhe nicht maledeien. Der Herr war stets am Kaudern, falls nicht blätterte er in der Gazette nach hanebüchenen Schlagzeilen.
Zurück zum Pfaffen: Ich verließ die Pinte und folgte dem Erdpech, neben mir rauschte es gellend. Da bekam ich plötzlich Bauchgrimmen – keine Retirade in Sicht, also lockerte ich meinen Leibriemen und verrichtete die Notdurft im Fließ. Alsbald erspähte ich einen scharlenzenden Lichtbildner, zog mein Beinkleid wieder hoch und rief: „Mein Jahrweiser sagt, es sei seit ehegestern wieder Ernting, somit Zeit für meine Leibesertüchtigungen!“ Von der Notdurft zur Kniebeuge. Der Lichtbildner verstand akkustisch bloß die Hälfte, verschwand jedoch kandidel wieder. Beim Seelenhirten brannte die Funzel, etwas gichtbrüchig lugte ich querhin durchs hochgelegene Fenster. Kein Knaster zu sehen. Also wie erwartet: Eine Ente. Doch fehlbitten war es nicht. Schlechterdings saß er frivol am Kredenztisch, dabei strunzdick und lallte wie der Schenkwirt Parolen. Das reichte als Überschrift für mein Periodikum – gar für die nächsten sieben Dämmerungen.
Übersetzung
In einem kleinen Laden mit Strohdach und Marmorwänden saß ein weltmännischer Geistlicher und verkaufte selbst angebaute Zigaretten. Angeblich! Dieser potentiellen Falschinformation musste ich als ehrhafter Chefredakteur nachgehen. Es ist der dreiste Unsinn, von Spaßvögeln und Leichtfüßen, der nicht gerade vertrauenswürdig anmutete – auch bei den Lesern nicht. „Damals reichte ein abschätziger Blick, um ein Chaos auf Gefühlsbasis bei diesen Spaßvögeln auszulösen“, schrieb ich in mein Tagebuch, streichelte es zärtlich mit der Handfläche und steckte es zurück in meinen sandfarbenen Herrenmantel. In bemühter Herzlichkeit reichte ich dem Wirt mit Fassonschnitt ein wenig Geld; ich wollte mein Portmonnaie nicht zu sehr schmälern. Der Herr war stets am Reden und sehr unverständlich, falls nicht blätterte er in der Zeitung nach haarsträubenden Schlagzeilen.
Zurück zum Geistlichen: Ich verließ die Kneipe und folgte dem Asphalt, neben mir rauschte es hell. Da bekam ich plötzlich Bauchschmerzen – keine Toilette in Sicht, also lockerte ich meinen Gürtel und verrichtete mein Geschäft im Bach. Kurz darauf erspähte ich einen gaffenden Fotografen, zog meine Hose wieder hoch und rief: „Mein Kalender sagt, es sei seit vorgestern wieder August, somit Zeit für meinen Sport!“ Vom Schiss zur Kniebeuge. Der Fotograf hörte bloß die Hälfte, verschwand aber amüsiert wieder. Beim Geistlichen brannte Licht, etwas gebrächlich lugte ich durch das hochgelegene Fenster. Keine Zigarette zu sehen. Also wie erwartet: Eine Falschmeldung. Doch umsonst war es nicht. Er saß bedenkenlos an seinem Anrichtetisch, dabei besoffen und lallte wie der Wirt Parolen. Das reichte als Kopfzeile für meine Zeitschrift – und das für die ganze nächste Woche.