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Historische Romane - welche sollte man lesen, welche nicht?

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24.08.2003
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Historische Romane - welche sollte man lesen, welche nicht?

Hallo,
mir ist gerade aufgefallen, dass es solche Threads für haufenweise Genres gibt, nur für historische Romane nicht.

Ich habe in einer Woche Krankenhaus haufenweise historische Romane gelesen, von denen einer gut war. Das hat mich dazu inspiriert, diesen Thread hier zu gründen. Würde mich über weitere Meinungen freuen. Ich dachte mir, wir könnten hier dos und don'ts austauschen und Kritiken/Zusammenfassungen/etc posten - es interessiert mich dann doch, warum ein historischer Roman gut sein soll und warum nicht.
Ich fang mal an:


"Der Medicus" (Noah Gordon). Historischer Roman, den man unbedingt lesen sollte. Klassiker des Genres. Der junge Rob J. Cole wird zum Waisen, als seine Eltern sterben. Alle seiner Geschwister werden in der Nachbarschaft "verteilt", er bleibt als Einziger übrig. Als er sich schon im Armenhaus enden sieht, kommt ein fahrender Bader daher und nimmt ihn als Gehilfen an. Rob erlernt den Beruf des Baders, fühlt sich aber zu Höherem berufen. Er möchte an der Universität in Medina bei ibn Sina persönlich Medizin studieren...

Gut, weil: Die mittelalterliche Welt wird gut und plastisch dargestellt. Man bekommt einen farbigen Einblick in das Leben der damaligen Zeit und vor allem die Welt der Medizin, die sich von der heutigen doch sehr unterscheidet.


"Der Schamane", siehe oben. Auch noch empfehlenswert.
Gleicher Autor, gleiches Spiel - wieder ein Arzt, dieses Mal im Amerika der Kolonialzeit.


Rebecca Gable - gesammelte Werke. Sehr empfehlenswert. Locker geschrieben, farbig, handwerklich gut bis sehr gut, keine Tempus- oder Kommafehler, die mir beim Lesen aufgefallen wären, ein plastisches Bild der Zeit, sympathische Gute und nachvollziehbar gezeichnete Böse. Fast keine Klischees.

In "das zweite Königreich" wird der junge, angelsäschsische Caedmon bei einem Wikingerüberfall zum Krüppel. Sein Vater wird von Harold Godwinson persönlich gebeten, einen seiner Söhne, die wegen ihrer normannischen Mutter alle französisch sprechen, als Übersetzer mit nach Frankreich zu schicken, weil er in einer diplomatischen Mission dort hin muss. Caedmon bleibt gegen seinen Willen in der Normandie und findet sich plötzlich an der Seite des William the Conqueror wieder, der mit ihm als Übersetzer England erobern will. Das WtQ zunehmend wahnsinniger wird, erleichtert seine Aufgabe als Vermittler nicht.

In "das Lächeln der Fortuna" führt sie das Geschlecht der Waringhams ein: Der junge Robin of Waringham verliert seinen Erbanspruch, als sein Vater als Verräter hingerichtet wird. Er läuft aus dem Kloster weg und verdingt sich im Gestüt, das zu Waringham gehört, als Stallknecht. Der Sohn des neuen Earls macht ihm das Leben zur Hölle, und so treibt er Robin irgendwann aus dem Gestüt. Leider ist es hörigen Bauern verboten, die Scholle zu verlassen, an die sie gebunden sind, und als Robin auf dem Weg nach Nirgendwo ausgerechnet Mortimer of Waringham in die Hände läuft, bleibt ihm nichts anderes übrig, als diesen k.o. zu schlagen. Da er mit wichtigen Neuigkeiten für den König reist, zwingt sein Gewissen Robin jedoch dazu, diese abzuliefern - er muss Mortimers Rolle annehmen.

Danach kommt "der König der purpurnen Stadt", ein Porträt des mittelalterlichen London. Der junge Jonah erbt von seiner Großmutter einen Haufen Geld, der es ihm ermöglicht, sich als Tuchhändler selbstständig zu machen. Da er noch nicht einmal mündig ist, setzt die Gilde ihm einen Vormund vor die Nase. Dann ist da noch sein Vetter, bei dem Jonah nach dem Tod seines Vaters gewohnt hat und der ihn ständig drangsaliert hat. Intrigen und Jonahs unerfüllte Liebe zur Königin erschweren ihm das Leben. Interessant für alle, die schon immer einmal wissen wollten, wie der Tuchhandel im Mittelalter eigentlich funktioniert hat (und für alle anderen auch).

In "die Hüter der Rose" greift Rebecca Gable ihre Waringhams wieder auf. Der junge John läuft von zu Hause weg, weil er glaubt, dass sein Vater Robin ihn ins Kloster stecken will. Er flieht an den Hof des Königs, wo er rasch aufsteigt. Als der König stirbt, wird John der Vormund seines Sohnes, der zu diesem Zeitpunkt noch ein Baby ist. Sofort brechen die Intrigen los, der König ist noch ein Kind und skrupellose Adelige greifen nach dem Thron. Außerdem: die Geschehnisse um die Jungfrau von Orleans aus englischer Sicht.

Ich habe alle vier Bücher geradezu verschlungen. Ziemlich dicke Wälzer. mMn kein verschwendetes Geld.


"Im Schatten des Klosters" von Richard Dübell
Im Kloster zu St. Albo kommt der Schädel des gleichnamigen Heiligen abhanden. Bruder Ulrich soll die Reliquie wiederbeschaffen. Dazu stellt ihm das Kloster den Mailänder Rinaldo an die Seite, der ihm helfen soll. Die beiden dringen in die Gassen Kölns vor, wo sie die Reliquie wiederbeschaffen sollen. Aber das Ganze ist nicht so leicht wie es sich anhört, weil das Köln jener Zeit voller Leute ist, die versuchen, ihre eigene Großmutter als Reliquie zu verschachern. Durch Rinaldos geschickte Pläne blickt Ulrich bald nicht mehr wirklich durch...
Das Buch ist herrlich komisch. Nicht einmal der gebrochen Deutsch redende Italiener nervt. Teilweise ist das Buch ernst, teilweise wirkt die rührende Naivität des Protagonisten wie Slapstick. Da ich Slapstick nicht besonders mag, ist die Tatsache, dass ich vor Lachen fast aus dem Bett gefallen bin beim Lesen, ein ziemlich großes Lob.

"Wir sind das Salz von Florenz" von Tilman Röhrig
Mal im Ernst, der einzige Grund, warum jemand dieses Buch lesen sollte, ist, um hinterher zu wissen, wie er es nicht machen soll. Der Plot ist grundsätzlich interessant, aber es gibt zu viel davon. Die junge Laodomia soll nach Florenz verheiratet werden, es gibt haufenweise deMedici, da ist der Papst in Rom, und schließlich kommt auch noch Girolamo Savonarola drin vor, interessanterweise hat Laodomia ihm in seiner Jugend das Herz gebrochen. Aus diesen glänzenden Anfangsvoraussetzungen schafft Herr Röhrig einen Haufen konfuser "tell, bloß nicht anfangen, hier ein richtiges Buch zu schreiben"-Schnipsel, die dann auch noch so sortiert sind, dass eventuell mühsam heranmotiviertes Interesse ganz schnell wieder zerdeppert wird... Finger weg von diesem Buch. Wirklich. Es ist keins. Habe kein Geld dafür ausgegeben, hätte mich aber geärgert, wenn ich das getan hätte.

"Der Stunden Sammler" von Maren Winter (auch "der Stundensammler", das steht da aber nicht)
Im Jahre 1492 haut Duodezfürst 1 Duodezfürst 2 eins auf die Nase. Dabei kommt dem jungen Severin in Nürnberg seine Adoptivfamilie auf grausame Art und Weise abhanden. Er versteckt sich in der Turmuhr und macht diese dabei kaputt. Daraus erwächst ein Komplex, und Severin ist der Meinung, er müsse der Zeit ein neues Zuhause bieten. Er erfindet schließlich die Taschenuhr.
Der Schinken ist etwa so verschwurbelt wie die Grammatik im Titel. Der Prot hat ein gestörtes Verhältnis zur Zeit, ebenso wie die Autorin zur richtigen Ausarbeitung der Szenen. Teilweise sind da echte Perlen versteckt, allerdings zwischen seitenweise Schund. Der Verlauf der Story ist dabei bestenfalls merkwürdig, die Figuren wechseln ohne erkennbaren Grund ihre Motivation und ihren gut/böse-Status (ähnlich wie die Königin der Nacht bei Mozart), und der Plot ist im Nachhinein zwar nachvollziehbar, beim Lesen selbst aber bestenfalls verwirrend. Ich würds nicht kaufen.


"Das Buch in dem die Welt verschwand" von Wolfram Fleischhauer
Kommafehler im Titel, dachte ich, das kann ja nur Murks werden. Aber das Buch hat mich - zunächst - positiv überrascht: Der Lizenziat Nicolai Röschlaub (oder so ähnlich) wird auf die Burg des Grafen gerufen, weil dieser in der Bibliothek sitzt und verboten hat, dass sich ihm jemand nähert. Nun hat der kranke Graf aber seit zwei Tagen nichts mehr gegessen, und man braucht einen Arzt, um per Ferndiagnose den Ernst der Situation zu bestätigen. Der Graf ist tatsächlich tot, vergiftet - und dann taucht auch noch ein obskurer königlicher Gesandter auftaucht und Nicolai für viel Geld einen Job anbietet, um diesen Fall zu untersuchen, wird die ganze Sache sehr nebulös. Auf dem Weg finden sie eine schwer traumatisierte junge Frau, die... ja, was eigentlich?
Plötzlich ist die Rede von Illuminaten, Geheimbünden, Sternenstaub, der Beherrschung der Welt, einer mysteriösen Krankheit, die durch ein Gift verbreitet wird, Kants Ideen und diverser halb ausgegorener philosophischer Konzepte, die sich mit der Verteilung ebenjener Ideen beschäftigen. Aus dem Nichts tauchen Figuren auf, die der Leser nur noch anhand ihrer obskuren Nachnamen unterscheiden kann, und Handlungsstränge, die er gar nicht mehr unterscheiden kann. Am Schluss gibt es ein "überraschendes Ende", das die Plotstränge mit der Nachvollziehbarkeit eines Gordischen Knoten miteinander verbindet. Schade. Das Buch hatte so gut angefangen.

Ring frei für euch... :)

 

Äh, heißt das, du hast in einer Woche zehn Romane verschlungen? Ich krieg hier bald Minderwertigkeitskomplexe mit meinem langsamen Lesetempo ... :schiel:

 
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Naja, nein, eigentlich waren es nur sechs. Aber ich hab auch die ersten drei Tage nichts anderes gemacht als gelesen und geschlafen... Und ich habe so viel Übung, dass ich eine Lesegeschwindigkeit von 800 - 850 Wörtern pro Minute schaffe. Jeder, der jetzt neidisch ist, sollte sich das aber nochmal gut überlegen - es ist nämlich kein Vorteil, wenn man 15 Euro für ein 500-Seiten-Buch bezahlt und das nach 2 Tagen alle ist. :(
Und ich dachte, ich mache hier mal einen Rundumschlag gegen alles... :) Aber damit das hier kein Spam-Post ist, noch mal ne Rezension:

Die Säulen der Erde von Ken Follet: Gutes Buch. Mein kleiner Bruder wäre ein Sonntagskind geworden, wenn meine Mutter nicht noch die Säulen der Erde hätte zu Ende lesen wollen.
Der Baumeister Tom Builder ist beim Grafensohn William beschäftigt: Der junge Mann soll die schöne Aliena heiraten und lässt zu diesem Zweck ein Haus bauen. Aber William macht nicht den besten Eindruck auf Aliena, und da ihr Vater ihr versprochen hat, dass sie niemals gegen ihren Willen heiraten muss, gibt sie William einen Korb. Der lässt den Hausbau abbrechen - Tom sitzt mit seiner hochschwangeren Ehefrau und zwei Kindern, einem halbwüchsigen Sohn und einem kleinen Mädchen, auf der Straße. Auf der Suche nach Arbeit zieht die Familie durchs Land. Es wird immer kälter, und nach einer schweren Geburt stirbt seine Ehefrau. Tom setzt in seiner Verzweiflung den Säugling im Wald aus.
Kurz darauf trifft er die geheimnisvolle Ellen und ihren Sohn Jack, der ein paar Jahre jünger ist als Toms Sohn Alfred. Zwischen den Jungen entbrennt rasch eine unversöhnliche Rivalität. Es funkt zwischen Tom und Ellen, und die beiden beschließen, dass sie zusammenbleiben wollen. Die kleine Familie kommt nach Kingsbridge, wo gerade ein neuer Prior, Philipp, die Stelle angetreten hat. Er hat auf seinem Weg nach Kingsbridge im Wald ein ausgesetztes Kind gefunden, den kleinen Jonathan. Und als dann auch noch mitten in der Nacht die Kirche in Kingsbridge niederbrennt, ist Toms Glück perfekt - er darf eine neue Kirche bauen.
Da das Bauen im Mittelalter aber nicht so schnell geht und da immer noch einige Widersacher sind, in Form des Klerikers Remigius, der gegen Philipp opponiert und des Grafensohns William, der Aliena und ihren Bruder Richard heimsucht, kommt keine Langeweile auf. Remigius will nämlich ein Dorf weiter eine Kathedrale bauen, und da William mittlerweile Alienas Vater des Landesverrats überführt hat und sie und ihr Bruder auf der Straße sitzen, hat er in ihm und seiner Familie einen mächtigen Verbündeten. Die Bösewichter setzen alles daran, den Dombau in Kingsbridge zu stören. Und dann ist da noch die Privatfehde zwischen William und Aliena, die sich als Wollhändlerin selbstständig gemacht hat und ihren Bruder als neuen Grafen einsetzen muss...

Ein wunderbares Buch, weil das zentrale Thema - Kirchen - dem Leser unauffällig nähergebracht wird und das Buch viel mehr ein Drama als eine langweilige Abhandlung ist.


Die [hier Berufsbezeichnung einsetzen]in
Emanzipierte Frau übt im Mittelalter einen Beruf aus, der ausschließlich Männern vorbehalten wird. Es kommt zu einer Romanze mit einem männlichen Mitglied der Gegenpartei. Frau fällt der Inquisition oder der Obrigkeit zum Opfer und kommt entweder unter unterschiedlich detailliert geschilderten Qualen zum Opfer, woraufhin männliches Mitglied der Gegenpartei das Lager wechselt, oder wird von männlichem Mitglied der Gegenpartei gerettet und beide werden zusammen glücklich. Frau ist meistens noch schwanger. Schwangerschaft ist tendentiell ein Indikator dafür, dass sie am Ende hingerichtet wird, weil das die ganze Hinrichtung noch viel tragischer macht. Kennt man eines, kennt man sie alle.

Oder kennt jemand eins, das anders ist?


Übrigens: Ich würde mich freuen, wenn das hier kein Ein-Mann-Thread wird ;) Ich stehe nämlich immer vor der Frage, ob sich ein Buch lohnt oder nicht.

 

Ich hab bis jetzt auch nur einen einzigen Historienroman gelesen, aber der hat mich tief beeindruckt.
Donna W. Coss - Die Päpstin

Darin geht es um das vom Vatikan lange verleugnete, aber historisch belegte Leben der Johanna von Ingelheim die im 9. Jahrhundert als Papst Johann von Anglicus zwei Jahre auf dem heiligen Stuhl saß. Die Geschichte ist sehr lebendig, packend und bildreich geschrieben. Ich hab diesen ziemlich dicken Wälzer in vier Tagen komplett durchgelesen.

Ist schon fast zehn Jahre her, aber ich denke dieses Buch ist zeitlos und dank aufwendiger Recherche auch sehr authentisch.

Gruß, Phoenix

 

Hallo Phoenix26,

Donna W. Coss - Die Päpstin

Darin geht es um das vom Vatikan lange verleugnete, aber historisch belegte Leben der Johanna von Ingelheim die im 9. Jahrhundert als Papst Johann von Anglicus zwei Jahre auf dem heiligen Stuhl saß. Die Geschichte ist sehr lebendig, packend und bildreich geschrieben. Ich hab diesen ziemlich dicken Wälzer in vier Tagen komplett durchgelesen.
Ist schon fast zehn Jahre her, aber ich denke dieses Buch ist zeitlos und dank aufwendiger Recherche auch sehr authentisch.

Die Päpstin ist als Buch in Ordnung. Aber es basiert nicht auf Fakten, sondern auf Fiktion, und fast alle in dem Roman angeführten Belege sind entweder nicht zeitgenössisch, oder sind verkürzt und damit verfälscht dargestellt.

Gruss

Bluomo

 

Von Judith Merkle Riley kenne ich nur "Die Zauberquelle". Spielt 1360 und ich habe es sehr gerne mehrmals gelesen, weil es diese Zeit gut darstellt. Ich hatte aus einigen Stellen des Buches geschlossen, dass es sich um einen Teil einer Reihe handelt, aber ich habe bisher keine anderen Bücher von ihr bekommen und die Hexe von Paris scheint ja nach Darstellung von GBW in einer ganz anderen Zeit zu spielen.

 
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Wirklich sehr beeindruckt hat mich »Der Kaplan von Malta« von Nicholas Monsarrat.

Spannend und stilistisch sehr schön erzählt Monsarrat die Geschichte des kleinen Kaplans Dun Salv, dessen Kirche im Juni 1940 zu einem Steinehaufen gebombt wurde und der daraufhin begann, die Toten zu segnen, die überall herumlagen, bis ihn das Leben zu sich ruft: Die Menschen, die während des zum Alltag gewordenen Bombenhagels hungernd – Versorgungsschiffe kamen keine durch – in den Katakomben unter der Hauptstadt Valletta ausharrten, benötigten jemanden, der ihnen Mut zusprach. Denn eines war allen klar:

Deutschland hatte auf Grund seiner brutalen Stärke bereits Belgien, Holland, Frankreich, Norwegen, Österreich, Dänemark und die Tschechoslowakei überrannt. Wenn nun Nordafrika den Ausschlag gab und Malta direkt auf dem Weg der Deutschen lag, dann blieb keine Wahl mehr. Ringsum hatte man die Hunde des Krieges losgelassen. Malta mußte mehr als ein blutiger Knochen sein, der dieser tollen Meute zum Fraß vorgeworfen wurde.
Malta mußte Widerstand leisten und um jeden Preis siegen. Doch der Preis, rundherum auf den Straßen Vallettas augenfällig geworden, hatte sich bereits als unbarmherzig hoch erwiesen, …
Sie durften nicht aufgeben. Immer, wenn die Angst besonders groß ist, erzählt er ihnen einen Teil der Geschichte Maltas, jeweils als selbständige Geschichte, das stärkt ihre Widerstandskraft, ihr Zusammengehörigkeitsgefühl und ihren Mut.
Das Leben in den Katakomben ist nicht gerade ein frommes, Kinder werden gemacht und geboren, es wird getrunken, gestohlen und geheiratet, was Dun Salv zu seinem Engagement Probleme mit der Obrigkeit der Kirche einbringt, die es nicht gerne sehen, daß Dun Salv in diese Hölle geht. Aber er läßt sich nicht unterkriegen, bleibt standhaft, genauso wie die Menschen von Malta, die damals tatsächlich gezeigt haben, was es heißt, um der Freiheit Willen Leid zu ertragen.

Natürlich spielt nicht der ganze Roman in den Katakomben. Man lernt auch außerhalb interessante Menschen kennen, besonders, wenn der Salvatore seine Mutter, eine feine Baronin auf Gozo, der kleinen Nachbarinsel, besucht…

»Du solltest dich lieber im Erdgeschoß aufhalten, Mutter«, sagte er. »Vor allem, wenn Luftalarm gegeben wird. Dort ist es um vieles sicherer.«
»Das sähe aber seltsam aus«, erwiderte sie schneidend. »In den Küchenräumen? In der Wagenremise? Im Ballspielzimmer? In der Kapelle? Bin ich ein Soldat, daß ich irgendwo kampieren muß? Die Idee dieses Krieges ist an und für sich schon lächerlich genug, auch ohne daß man in Extreme verfällt.«
»Mutter, du mußt diesen Krieg ernst nehmen«, ermahnte er sie nicht ohne Schärfe. Es gab Augenblicke, in denen er mit der Autorität des Priesters statt mit der Stimme der Sohnespflicht sprechen durfte; das erforderte großes Feingefühl und bedeutete, daß er streng sein mußte und sie fügsam – eine Umkehrung der Rollen, die den Lebenszyklus durcheinanderbrachte.
Dun Salvs Nichte, Marija, verliebt sich obendrein schwer in einen britischen Piloten und bespricht ihre Gefühle, Wünsche und Ängste mit Onkel Salvu. – Was sonst noch so alles passiert, dürft Ihr aber selbst lesen … ;)

Monsarrat hat die fiktive Geschichte des Dun Salv ausgesprochen gekonnt in den realen Hintergrund eingearbeitet, es wirkt nichts unglaubwürdig, die Spannung bleibt aufrecht bis zum Schluß, und auch Kritik an der Kirche fehlt nicht. Der Roman ist auch keineswegs trocken (wie man das bei dem Thema und dem Titel vielleicht erwartet), etwa bei den Stellen mit der Baronin mußte ich immer wieder lachen.


Leider ist dieses Buch nur mehr auf Malta erhältlich (dort aber in mehreren Sprachen). Da wird gerade aktuell ein gebrauchtes angeboten, ansonsten kann man es z. B. hier bestellen oder vielleicht irgendwo ausleihen.

 
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Ok, nachdem Der Name der Rose bereits erwaehnt wurde und ebenfalls meine #1 ist, kommen jetzt noch:

Thomas Keneally: Schindlers Liste (ist vermutlich seit dem Kinofilm jedem bekannt) beschreibt die Versuche des Fabrikanten Schindler moeglichst vielen Juden waehrend des Nazi-Regimes zumindest ein Ueberleben zu ermoeglichen.

Sten Nadolny: Die Entdeckung der Langsamkeit - beschreibt einen Forscher, der aufgrund seiner besonderen Faehigkeit (er ist besonders langsam) am besten geeignet ist, eine Expedition in die Arktis zu leiten. (Es gibt sogar eine Meerenge, die posthum ihm benannt wurde). Wie weit sich jedoch die Geschichte in den Bereich der Fiktion vorwagt ist eine andere Sache, da besagte Expedition tragisch endete.

Christoph Ransmayer: Die letzte Welt - ist eine Mischung aus historischem Roman, antiker Mythologie und Fiktion, die im Wesentlichen die Metamorphosen des Ovid, dessen Exil und die antike Sagenwelt einer neuen Metamorphose und Synthese unterzieht. Fuer Neusprachler ist der Anhang vermutlich als Vorauslektuere anzuraten, da sonst das Meiste einfach verloeren geht. Kenntnis der Metamorphosen von Ovid in Grundzuegen waere ebenfalls nicht schlecht :D

Jorge Semprun: Was fuer ein schoener Sonntag! - geschrieben von einer Person, die Freiheitskaempfer in Spanien und fuer die Resistance war, mehrere Jahre in Buchenwald ueberlebte, danach fuer die Sozialisten/Kommunisten in Frankreich, Tschechoslowakei, UDSSR und Spanien taetig war, schliesslich sogar spanischer Kulturminister wurde (wenn ich das alles aus dem Kopf und ohne das Buch in der Hand noch so richtig zusammenkriege ...) und alle diese Dinge mit einem einzigen Tag in Buchenwald Revue-passieren laesst. Wer sich fuer die Geschichte der letzten 70 Jahre interessiert findet in diesem Buch eine (wenn auch teilweise etwas langatmige) Goldgrube.

Marion Zimmer-Bradley: Die Nebel von Avalon - (ich hoffe mal, ich oute mich damit nicht zusehr :D) ist mehr Fiktion den Historie, da im Mittelpunkt die Arthussage und einige weitere Legenden Britanniens aus dem naeheren Umfeld mit historisch belegten Ereignissen verquickt und mit einer Frau als Hauptperson neu nacherzaehlt werden. (ist das jetzt historisch?)

Leo N. Tolstoi: Chadshi Murat (auch Hadschi Murat oder andere moderne Schreibweisen) - ist eine Erzaehlung, in der Tolstoi die wichtigste Episode dieses beruehmten Freiheitskaempfers nacherzaehlt und dabei seine eigenen Erfahrungen bei den Feldzuegen gegen die Tschetschenen (damals schon!) mit einfliessen laesst.


... nachdem ja Geschmaecker verschieden sind, will ich mal nicht behaupten, dass man diese Buecher gelesen haben muss. Mir haben sie allerdings groesstenteils gefallen.

and finally:
@Blackwood: der Tip mit Petrionius ist Klasse! Da laesst Du sogar mich alt - aahem "jung" - aussehen ...

 

Der Name der Rose: Angeblich eine brilliante Sherlock-Holmes-Allegorie von Umberto Eco. Ich habe mich drei Mal drangesetzt und es bis gut zur Hälfte gelesen, ohne, dass da auch nur im Entferntesten so etwas wie Interesse aufkam. Ich habe mir sogar den Film angeguckt - der Plot ist tatsächlich interessant. Trotzdem habe ich es nicht geschafft, dieses Machwerk durchzustehen.

Schindlers Liste von wem auch immer. Noch ein Buch, dass ich nicht durchlesen konnte. Irgendwie kam mir das normale Buch ständig vor wie das Buch zum Film (den ich allerdings nicht kenne). Irgendwann habe ich die Personen durcheinandergeworfen, was im Zweifelsfall für mich immer schriftstellerisches Versagen bedeutet, besonders sympathisch fand ich Schindler auch nicht, die Juden haben mir nicht Leid getan und die Nazis waren nicht besonders böse. Außer ein, zwei einigermaßen ergreifenden Szenen ist das Buch komplett an mir vorbeigegangen, bis ich es irgendwo habe liegenlassen...

 

Darf hier nicht fehlen, wie ich finde:

Das Parfüm. Die Geschichte eines Mörders von Patrick Süßkind ...

... ist die Geschichte des am 17. Juli 1738 auf dem Fischmarkt in Paris geborenen Jean-Baptist Grenouille, dessen Mutter wegen Kindesmordes hingerichtet wird, der seine frühen Jahren bei bezahlten Ammen und dann als Gerberlehrling verbringt. Der ohne körperliche Geruchsaura geborene Grenouille verfügt zugleich über einen genialen Geruchssinn, der seinem im proletarischen Abschaum des Paris des 18. Jahrhunderts wurzelnden kümmerlichen Ich nur ein einziges Ziel weist, nämlich die Essenz einer absoluten Schönheit zu erzeugen in einem Parfüm, das die perfekte Geruchsaura junger wunderschöner Mädchenkörper einfängt. Um ihre Schönheit verewigen zu können, muß er die Mädchen töten. Grenouille wird zum unerkannten Massenmörder, dessen Blutspur die Leichen von fünfundzwanzig jungfräulichen Mädchen bezeichnen...

Fand ich sehr lesenswert

 

Ich habe vor Ewigkeiten die Trilogie Die Inkas von Antoine B. Daniel gelesen (das ist ein Pseudonym, die Autoren heißen eigentlichAntoine Audouard, Jean-Daniel Baltassat und Bertrand Houette). Die Klappentexte versprechen „ein fantastisches Epos (…), begleitet von einer stürmischen Liebesgeschichte“.
Na ja:
Die Grundhandlung der Geschichte ist nicht sonderlich komplex. Das Indianermädchen Anamaya kommt an den Hof des sterbenden Inka Huayna Capac und weil er ihr, fasziniert von ihren blauen Augen, wichtige Geheimnisse anvertraut, steigt sie in den Stand einer geachteten Priesterin auf. Der junge Gabriel Montelucar y Flores ist in Spanien gerade den Gefängnissen der Inquisition entronnen und schließt sich jetzt Francisco Pizarro an, der sich aufmacht, das legendäre Goldland Peru zu erobern. Ein geheimnisvolles Band herrscht zwischen Anamaya – die vermutlich Tochter eines europäischen Abenteurers ist - und Gabriel – der seltsamerweise auf seiner Schulter ein Mal in Form eines Pumas trägt - und führt sie zusammen, noch ehe sie sich mit Worten verständigen können. Während der Krieg zwischen den Inka und den Spaniern ausbricht, versuchen der junge Konquistador und die Priesterin ihre Liebe zu leben und einen Weg für ihre Zukunft zu finden. Dabei werden sie immer wieder getrennt und nur ihre grenzenlose Liebe zueinander erhält sie aufrecht.
So ist in erster Linie zu sagen, dass dieser Handlungsstrang nicht eben spektakulär ist. Mehr noch, vor allem am Anfang bewegt sich die Erzählung oftmals sehr nah am Rand zum Kitschroman. Dass Anamaya und Gabriel füreinander bestimmt sind, dass Gabriel auf der Schulter das geheimnisvolle Mal trägt und sein Kommen von den Göttern angekündigt wurde sind nette, fast mystische Zutaten in einem Historienepos, aber man kann es damit leicht übertreiben. Eindeutig übertrieben haben die Autoren mit der Schilderung der Liebesszenen zwischen Gabriel und Anamaya. Vor allem dann, wenn nebenan eine Inkastadt in Brand steht und eigentlich eher die Handlung vorangehen müsste, geht einem das detailliert beschriebene Liebesspiel der beiden Protagonisten leicht auf die Nerven.
Die Geschichte der überirdischen Liebe ist aber Gott sei Dank nicht das Einzige, was diese Trilogie zu bieten hat. Beim Lesen entsteht ein lebendiges und farbenprächtiges Bild der Welt von damals. Viele Gestalten in den Büchern sind historisch und die meisten Geschehnisse auch historisch belegt. Und gerade diese nicht fiktiven Personen, wie zum Beispiel Francisco Pizarro, haben zumeist einen deutlich umrissenen Charakter. „Don Francisco ist nicht brutal, aber er ist sehr gut darin, die Augen zu verschließen, wenn es ihm in den Kram passt. Und es passt ihm sehr oft in den Kram“, charakterisiert Gabriel den Eroberer. Francisco Pizarro ist in diesem Buch mit der ganzen Zwiespältigkeit erfasst, mit der wir ihn noch heute in die Geschichte einordnen. Er ist ein väterlicher und zutiefst religiöser Mensch auf der Suche nach einem großen Abenteuer und auch nach Macht.
Auch die Inkaherrscher Atahuallpa und Manco begegnen dem Leser als lebendige Menschen. Vor allem Manco: Er ist ein stolzer und kluger Mann, aber bis aufs Blut gedemütigt durch die Spanier, zornig und stur wie ein kleines Kind.
Dann gibt es noch eine Reihe von Nebenfiguren wie den Schwarzen Sebastian, der sich in der Neuen Welt vom Sklaven zum feinen Herrn aufschwingen kann, oder dem Mönch Bartholomäus, der hin und her gerissen ist zwischen Missionierungseifer und der Überzeugung, dass auch die Indios Gottes Kinder sind und nicht misshandelt werden dürfen. Viele Figuren sind auf ihre Weise liebenswert und man freut sich, ihnen nach hundertseitiger Abwesenheit wieder zu begegnen.
Von der Charakterzeichnung her ist paradoxerweise gerade bei den Protagonisten zu vermelden, dass Anamaya eher blass bleibt. Sie ist eine beinahe perfekte Frau, schön und klug, wird im Laufe der Zeit immer selbstbewusster und verbringt die meisten Seiten der Trilogie damit, sich um Gabriel Gedanken zu machen. Während ihr Geliebter in allen drei Bänden geprügelt und geschlagen wird, was das Zeug hält, kommt Anamaya bei allem Grauen immer mit dem Schrecken davon. Das macht sie für den Leser schon bald beinahe langweilig, da man schon weiß, dass ihr ohnehin nie etwas passieren wird, weil immer jemand da ist, um sie in letzter Sekunde zu retten. Gabriel ist interessanter gezeichnet. Er glaubt nicht an Gott und hat auf fast alles eine ironische Antwort parat. Er mutiert öfter zum Moralapostel, der den Spaniern ihre Unmenschlichkeit vor Augen hält (also auch hier mal wieder die reichlich moderne Perspektive), aber er gerät auch immer wieder in Gewissenskonflikte, weil er nicht weiß, zu welchem Volk er letztendlich stehen soll, und er macht Fehler. Mit diesen Problemen scheint Anamaya nicht zu kämpfen zu haben. Überhaupt gestaltet sich die kulturenübergreifende Romanze als erstaunlich komplikationslos und wenn beide getrennt werden, hat es nicht zwangsläufig damit zu tun, dass er Spanier und sie eine Inka ist. Das Konfliktpotential liegt meist anderswo und wird auch nicht immer ausgeschöpft.
Der Handlungszeitraum der Geschichte erstreckt sich von 1526 bis 1542, deckt also die Eroberung Perus mit allen frühen Konsequenzen ab.
Die drei Autoren nehmen sich viel Zeit, ihre Geschichte zu erzählen, reichern sie aber mit einer Menge Geschehnisse an und haben sie überdies im Präsens geschrieben, was ihr zusätzliche Lebendigkeit verleiht und sie flüssig zu lesen macht. Man wird sich nicht unbedingt an der Liebesgeschichte zwischen Anamaya und Gabriel begeistern, die eigentliche Faszination geht von der historischen Handlung und all den geschichtlich belegten Episoden aus, die in diesem Epos verarbeitet worden sind und genauso perfekt recherchiert scheinen wie die Details aus dem Alltagsleben des 16. Jahrhunderts und die Schönheit peruanischer Landschaften.
Fazit: Keine hohe Literatur, aber immerhin ein lesenswerter Historienschmöker. Und billiger als ein Flug nach Perú.

 
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Nur mal eine frage in den Raum: Ist "historischer Roman" auch dadurch definiert, dass die Geschichte auf einer tatsaechlichen Begebenheit basiert oder nur dadurch, dass sie in der Vergangenheit spielt (zum Zeitpunkt des Schreibens, da sonst alle Romane, die in der Gegenwart spielen, einmal historisch sein werden ...).

Ich hatte mir auch ueberlegt, Patrick Suesskinds Parfuem zu nennen, habe es aber wegen der rein fiktiven Handlung unterlassen. Die Handlung in Ecos Rose ist ebenfalls frei erfunden (soweit ich weiss), das Buch glaenzt allerdings nicht durch Handlung, sondern durch die philologischen und philosophischen Inhalte, sowie der exakten Darstellung der Epoche (was soll man anderes von einem Historiker und Philosophen auch erwarten koennen).

Allsoo: Wat is nu "historisch" und wat nicht?

http://de.wikipedia.org/wiki/Historischer_Roman

Aus der Seite von Wikipedia werde ich auch nicht so ganz schlau, da dort ebenfalls Romane genannt werden, die eigentlich nur (zu ihrer Entstehungszeit) die Gegenwart beschreiben (siehe Lederstrumpf, siehe Tolstoi ... etc.)

so long,

sarpenta

[Nachtrag: hab' gerade nochmal gegraben: die Lederstrumpfreihe beschreibt Dinge, die sich 20-100 Jahre vor der Niederschrift ereigneten, ist also doch "historisch", ebenso der erwaehnte Roman von Tolstoi, den er etwa 50 Jahre nach den Ereignissen schrieb ... so kann man sich irren ... ]

 

Ich hatte beim Erstellen des Threads eigentlich eher an Dinge gedacht, die schon ne Weile her sind und auf realen Tatsachen basieren. Aber die Grenzen sind da natürlich fließend - schnell schreibt irgendein Schreiberling irgendwelchen real existierenden Kulten fantastische Kräfte zu... ich würde sagen, das darf jeder für sich selbst definineren? :)

 

"Historisch" im wissenschaftlichen Sinne kann Fiktion nur sein, wenn sie sich mit dem auseinandersetzt, was die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Entstehung als "Geschichte" bezeichnet. Ein historischer Roman oder Film reflektiert über eine vergangene Epoche, zeigt Vergangenheit aus einem Blickwinkel, der mit einem zeitlichen Abstand von 20, 40, 100 oder 1.000 Jahren entsteht. Das Römische Reich wurde vor 100 Jahren mit anderen Augen gesehen als heute, und wer vor 50 Jahren einen historischen Roman über das Neandertal geschrieben hat, wird seine Bewohner anders beschreiben und anders über sie urteilen, als es heute üblich ( oder Mode? )ist.
Historische Fiktion sagt zum Beispiel für einen Historiker deshalb immer nur etwas über die Gegenwart ihrer Entstehung aus, niemals über die Epoche, in der die Handlung spielt.

Die Definition, was ein historischer Roman ist, ist also eindeutig.

 

svg schrieb:
Darf hier nicht fehlen, wie ich finde:

Das Parfüm. Die Geschichte eines Mörders von Patrick Süßkind ...

... ist die Geschichte des am 17. Juli 1738 auf dem Fischmarkt in Paris geborenen Jean-Baptist Grenouille, dessen Mutter wegen Kindesmordes hingerichtet wird, der seine frühen Jahren bei bezahlten Ammen und dann als Gerberlehrling verbringt. Der ohne körperliche Geruchsaura geborene Grenouille verfügt zugleich über einen genialen Geruchssinn, der seinem im proletarischen Abschaum des Paris des 18. Jahrhunderts wurzelnden kümmerlichen Ich nur ein einziges Ziel weist, nämlich die Essenz einer absoluten Schönheit zu erzeugen in einem Parfüm, das die perfekte Geruchsaura junger wunderschöner Mädchenkörper einfängt. Um ihre Schönheit verewigen zu können, muß er die Mädchen töten. Grenouille wird zum unerkannten Massenmörder, dessen Blutspur die Leichen von fünfundzwanzig jungfräulichen Mädchen bezeichnen...

Fand ich sehr lesenswert

Ach ja, das hab ich ja total vergessen, ist ja auch eine Historienroman. Und sehr packend geschrieben. Ich fand es genial wie der Autor Bilder erzeugt hat, indem er Gerüche beschrieben hat. Ich hatte oft das Gefühl mittendrin zu sein. - So möchte ich auch mal schreiben/beschreiben können -. Bin sehr auf die Verfilmung gespannt.

 

sarpenta schrieb:
Nur mal eine frage in den Raum: Ist "historischer Roman" auch dadurch definiert, dass die Geschichte auf einer tatsaechlichen Begebenheit basiert oder nur dadurch, dass sie in der Vergangenheit spielt (zum Zeitpunkt des Schreibens, da sonst alle Romane, die in der Gegenwart spielen, einmal historisch sein werden ...).

Ich hatte mir auch ueberlegt, Patrick Suesskinds Parfuem zu nennen, habe es aber wegen der rein fiktiven Handlung unterlassen. Die Handlung in Ecos Rose ist ebenfalls frei erfunden (soweit ich weiss), das Buch glaenzt allerdings nicht durch Handlung, sondern durch die philologischen und philosophischen Inhalte, sowie der exakten Darstellung der Epoche (was soll man anderes von einem Historiker und Philosophen auch erwarten koennen).


Wenn alle Begebenheiten wahr wären und z.B. Süskinds Buch auf dem Leben eines geisteskranken Mörders basieren würde, wäre es dann nicht eine Biographie? Selbst wenn die Person real existiert hätte, könnte man über ihr Innenleben doch nur spekulieren, wo also ziehst du da die Grenze?

Ich geb's zu, ich habe mich für historische Romane nie besonders interessiert. Geschichte fand ich generell eigentlich nur dann spannend, wenn ich durch ein Buch/einen Film eine Art emotionalen Zugang zu der Zeit hatte.

Ich erinnere mich eigentlich nur an ein paar Romane. "Quo Vadis" habe ich mit 10/11 gelesen, ist also schon ein Weilchen her. Damals fand ich es sehr gut, wenn auch ziemlich grausam. In etwa demselben Alter habe ich auch "Vom Winde verweht" gelesen und wollte am Liebsten auch mal sowas schreiben. Lang, lang ist's her. In dem Stil habe ich noch ein paar Bücher gelesen, die daheim so im 'Erwachsenen'-Bücherregal rumstanden. ;)

Gut haben mir auch die Bücher von Janina David gefallen ("Ein Stück Himmel" etc.).

Von den "Avalon"-Büchern hat mich "Nebel" noch ziemlich beeindruckt (aber streckenweise auch gelangweilt). Das zweite Buch fand ich dann eher enttäuschend, und das dritte habe ich mir nur noch aus Prinzip gekauft und nie gelesen. Aber gebunden sehen die im Regal wirklich gut aus. ;)

Später musste ich irgendwann mal "The Pioneers" lesen (Lederstrumpf und Co.). Ich glaube, ich bin über das Vorwort nie hinausgekommen. "The Scarlet Letter" war vom Stil her auch ziemlich grausam zu lesen, das kann ich also leider auch nicht empfehlen.

Sonst fällt mir jetzt auf Anhieb nichts ein.

 

Kennt jemand von euch Die Kerzenhalterin von Kai Pirigna? Eins der wenigen historischen Romane, die mich überzeugt haben.
Die Geschichte spielt im Norditalien des 18. Jahrhunderts, genauer gesagt in Ravenna, und handelt von der Magd Alena, die in einem Patrizierhaus arbeitet. Im Laufe der Handlung steigt sie zur Kerzenhalterin des um 16 Jahre älteren Patriziersohn Fabrizio auf. Entgegen aller Widerstände verloben sie sich, doch Fabrizios Vater Mauro di Castigliano versucht mit allen Mitteln, die Ehe zu verhindern. Fortan schwebt Alena in ständiger Todesgefahr und muss die Flucht ergreifen.
Die fesselnde Sprache und die überaus farbig gezeichneten Figuren Alena und Fabrizio haben dazu geführt, das 798 Seiten starke Buch zu lesen. Ich habe es nicht bereut, die 16,80 € investiert zu haben.

Den zweiten Band, Das Vermächtnis der Kerzenhalterin, habe ich noch nicht gelesen, aber schon bei Amazon bestellt. Hat den schon jemand gelesen?

 

Hey, das ist ja cool!
Ich habe nämlich grade Das Geheimnis der Kerzenhalterin (Band 3) ausgespackt - Geschenk vom Osterhasen :).
Band 2 habe ich auch schon verschlungen, nachdem eine Freundin mir Band 1 geliehen hatte. Aber Das Vermächtnis der Kerzenhalterin ist mMn nach noch besser als der erste Teil. Er spielt in Venedig, Fabrizio hat sich als Gondoliere verdingt und Alena hütet noch immer die bronzene Kerze. Aber als sie Alessandro Humaboldo begegnet, ist sie ihrer Gefühle plötzlich nicht mehr sicher. Schließlich entdeckt sie, dass sie schwanger ist ...
Einziger Nachteil des 840-Seiten-Wälzers: Er endet mit einem ziemlich fiesen Cliffhanger. Deshalb werd ich mich gleich mal an Band 3 machen, der Klappentext ist sehr vielversprechend.
Insgesamt gefällt mir die Reihe auch extrem gut, vor allem löst sie sich von den klassischen Klischees sonstiger Historikromane. Pirigna versteht sein Handwerk wirklich und hat brilliant recherchiert. Kann ich nur empfehlen.

 

Ich glaub es einfach nicht...

Ich habe noch niemanden getroffen, der das Buch kannte, endlich versteht mich jemand! Meine Ausgabe ist schon ganz ramponiert, weil ich es einfach immer wieder lesen muss. Jedes mal, wenn es mir schlecht geht, blättere ich ins 23. Kapitel und lese die Stelle wo Alena und Fabrizio den Sonnenaufgang in der Adria bewundern und ihnen bewusst wird, was auch geschehen mag, man wird sie nicht trennen können, nicht in ihren Herzen.
"Und die uralte Bronzekerze verstrahlte ein seltsames licht, als sie von den ersten blassen Strahlen der Adriasonne getroffen wurde und die Flamme nahm die unendliche Magie des Augenblicks in sich auf, um sie für immer zu behalten."
*seufz*
ich wünschte ich könnte auch wie Alena die teuersten Augenblicke in Licht gefasst mit mir herumtragen.
Ich glaube ich muss jetzt gleich nochmal lesen, ich bin auf einmal so schwermütig,
lieben Gruß,
Xulius

 

Ach so, was ich eigentlich sagen wollte!
Malinche du bist echt langsam! Die Sonder-Vorab-Edition auf italienisch kam doch schon am 26. Februar raus. Das Geheimnis setzt wirklich nochmal was obendrauf, gerade auf italienisch sprüht und funkt die Sprache nur so in den wildesten farben. Die Geschichte geht zuerst auf Giacomo und sein Verhältnis zu der Plantagenarbeiterin ein, was ja im zweiten Band nur kurz angerissen wird. Alenas Tochter erhält einen Hinweis auf die Klosterkerzen des Abts von Giagiogiumi und mus sich auf die Reise machen, aber Kardinal Krziczywontek ...tja, ist er wirklich tot? Ich erzähl mal nichts weiter, aber es ist echt toll, wenn es teilweise auch mehr an band 1 anknüpft und sich stilistisch von den Beiden anderen unterscheidet, Pirignas Erzählstil wird kühler und rauher, wie der Wind des Nordens, der plötzlich in Italien weht. Aber ihr habts ja sicher schon bald ausgelesen (1052 Seiten - geil!!).
Schreibt unbedingt, wie ihr es fandet!
Gruß,

Xulius

 

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