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Finderlohn

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05.07.2020
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Finderlohn

„Zum Deibel.“ Mit der Fußspitze berührt Schwär den Müllsack. Reingeschaut hat er noch nicht. Hat das mit Dreck beschmierte Ding ja gerade erst aus der Erde gezogen. Er greift in die Hosentasche und holt Tabak und Blättchen hervor. Verteilt den Tabak auf dem Papier, rollt es zusammen und leckt den Klebestreifen ab. Dann steckt er sich die Zigarette zwischen die Lippen. Mit dem Feuerzeug in der Hand sieht er zum Himmel. Für den Nachmittag haben sie Regen angesagt. Vermutlich, schätzt er, wird es nicht mal so lange dauern.

Auf der Straße kommt ein Auto entgegen. Der Fahrer hebt die Hand. Schwär grüßt nicht zurück. Den Traktor parkt er in der Scheune. Das Geräusch des knackenden, warmen Motorblocks vermischt sich mit dem Prasseln einsetzenden Regens auf dem Wellblechdach. Einen Moment bleibt er sitzen und hört zu. Dann nimmt er den Müllsack in die Hand und springt vom Bock. An der Tür zieht er die lehmigen Stiefel aus und läuft auf Strümpfen durch die Waschküche. Drinnen macht er Licht, legt den Sack auf den Tisch und geht zum Herd. Er greift nach einer Dose im Regal. Drei Löffel Kaffeepulver. Die Kanne stellt er auf die Herdplatte und dreht den Regler auf. Vom Tisch räumt er einen Teller mit Wurstresten ab. Den Teller stellt er in die Spüle, die Wurstreste wirft er weg. Regen schlägt gegen die Fensterscheibe. Er blickt nach draußen. Kann kaum etwas erkennen. Als die Kanne zischt, nimmt Schwär sie herunter, gießt Kaffee in einen Becher und setzt sich an den Tisch. Er trinkt einen Schluck. Hilft ja nichts, denkt er und greift nach dem Müllsack. Raschelnd wickelt er das schwarze Plastik auseinander. Erde rieselt auf den Tisch und den Boden. Im Innern ist ein weiterer Müllsack. Und darin hatte jemand einen Rucksack eingewickelt. Ein hässliches, kleines Teil mit knallgrünem Schultergurt. Schwär zögert nur kurz. Zieht den Reißverschluss auf und sieht einen Augenblick lang hinein. Dann zieht er den Reißverschluss wieder zu und legt den Rucksack zurück auf den Tisch. Er überlegt. Denkt darüber nach, das Telefon herzuholen und bei der Polizei im Ort anzurufen. Am Ende lässt er es bleiben.

„Ich also schnell raus. Kann kaum was sehen, hab den Helm ja immer noch auf. Der Schweiß läuft mir runter wie noch was. Ich spring ins Auto, Helm und Rucksack auf'n Beifahrersitz und gib ihm. Nach ner halben Minute bin ich raus aus´m Ort. Immer noch voll am Zittern. Das Adrenalin, weißte? Fahr also die Landstraße lang. Hatte sicher so neunzig Sachen drauf. Plötzlich denk ich: Scheiße, die Bullen kommen ja auch hier lang! Gibt ja nur die eine Straße. Kennste das, wenn dir vor Schreck die Spucke wegbleibt? Ist wirklich so! Nen ganz trocknen Hals hatt ich auf einmal. Also greif ich auf'n Beifahrersitz und schmeiß den Rucksack und den Helm innen Fußraum rein. Damit die das nich sofort sehen, wenn die mir entgegenkommen, dacht ich. Wenigstens das. Nach ein, zwei Kilometern seh ich plötzlich son Feldweg links vonner Straße abgehen. Hab nicht lange überlegt. Bin da natürlich sofort rein. Vielleicht so hundertfünfzig Meter oder was. Dann hab ich angehalten und das Licht ausgemacht. Dacht mir, vielleicht sehen die mich ja gar nicht, wenn die jetzt die Straße langkommen. Und war wirklich so. Hinter mir Blaulicht, aber die Penner rauschen vorbei. Richtung Ort. Dann hab ich angefangen zu überlegen. Die kommen ja auch wieder, dacht ich mir. Und wenn die dann den Rucksack bei dir finden … Kann dir sagen, ich wusst erst überhaupt nicht mehr, was ich machen soll. Bin ausgestiegen. Einmal ums Auto rum. Wieder zurück, eingestiegen. Wollt schon den Motor anmachen und einfach abhauen. Aber dann dacht ich: Den Rucksack, den musste erst loswerden! Und später, in nen paar Wochen oder was, da holste dir dein Zeug wieder. Also wieder raus. Einmal rum, Rucksack geschnappt, zum Kofferraum und alles in nen paar Müllsäcke gepackt. Wegen der Feuchtigkeit, dacht ich mir. Nicht, dass die ganzen Scheine noch das Schimmeln anfangen oder so. Dann bin ich auf die Wiese rauf. Da stand son Baum. Ziemlich verkrüppeltes Ding. Ich also hin, werf mich auf'n Boden und fang an zu graben. So, und jetzt kommt´s. Buddel du mal nen Loch mit den Händen. Ne Scheiße ist das! War zum Glück alles ziemlich feucht, deshalb ging´s. Trotzdem, richtig tief kam ich nicht. Aber ich hatt ja auch nicht so viel Zeit. Also hab ich´s irgendwann gelassen, die Tüte rein ins Loch und die Erde wieder drauf. Dann bin ich zurück zum Auto gerannt und ab.
Tja, und zwei Stunden später lieg ich auf nem Parkplatz auf'm Boden, hab nen Knie im Rücken und son Drecksbulle schreit mir ins Ohr. Die Flachwichser von der Sparkasse hatten sich mein Nummernschild gemerkt. Und den Helm hatt ich ja auch noch im Auto. Na, was willste machen? Fünfzigtausend Mark. Also hab natürlich nich gezählt, aber so was rum wird’s schon gewesen sein. Wo das Geld is?, ham se mich gefragt. Aber ich hab natürlich mein Maul gehalten. Im Grunde sowieso egal. Sitz ja hier drin, was? Bewaffneter Raubüberfall. Sieben Jahre. Fünfeinhalb Minimum, wenn ich mich zusammenreiße. Ist das ne Scheiße oder was?“
Henning schweigt. Wendet den Blick nicht von einer bestimmten Stelle an der Wand.
„Redest nicht so viel, was?“
Henning schüttelt mit dem Kopf.
„Na ja. Macht ja nichts. Wann darfst'n du wieder raus?“
Henning antwortet nicht. Aber er grinst.

Später in der Nacht steht er auf. Langsam, ohne das Licht anzumachen, geht er zu dem kleinen Waschbecken in der Ecke. Nimmt dort das Geschirrtuch vom Haken. Wickelt es zusammen und zieht es straff. Mit dem Tuch stellt er sich hinter das Bett seines Zellengenossen. Einen Augenblick wartet er ab. Sieht mit unbewegtem Blick auf den Schlafenden. Dann schlingt er es um dessen Hals und zieht zu. Der andere zappelt, röchelt, zerrt mit beiden Händen am Handtuch. Henning lässt nicht locker. Er beugt sich hinunter. „Ruhig“, flüstert er. „Ganz ruhig.“ Mit der linken Hand verringert er ein wenig den Druck. „Wo genau, hast du den Rucksack vergraben?“, fragt er.

Am nächsten Tag schlendert Henning alleine über den Parkplatz in Richtung Straße. Niemand da, der ihn abholt. Die Sporttasche mit seinen Sachen trägt er über der Schulter. Während er an den abgestellten Autos vorbeigeht, zieht er die Nase hoch und spuckt auf die Frontscheibe eines Mercedes. Einem dieser Schweine von drinnen wird’s schon gehören, denkt er.
Mit dem Bus fährt er in die Stadt. In einem Schnellrestaurant in der Nähe des Bahnhofs bestellt er etwas zu essen. Die Pommes sind labberig, das Fleisch feuchtkalt. Neben ihm sitzt eine junge Frau und blättert in einer Zeitschrift. Ihr ungefähr zweijähriger Sohn sieht ihm mit großen Augen beim Essen zu. Henning öffnet seinen Mund und zeigt dem Kleinen Teile seines zerkauten Burgers. Der Junge lächelt. Henning grinst und blinzelt ihm zu. Dann tritt er unter dem Tisch gegen das Schienbein des Kindes. Der Junge schreit. Die Mutter legt die Zeitschrift beiseite und beugt sich besorgt zu ihrem brüllenden Sohn hinüber. Henning greift in ihre Handtasche. Mit einem Schluck spült er Fleisch- und Brötchenreste herunter, greift sich das Tablett, steht auf und geht.
Beim dritten Wagen passen die Schlüssel. Ein alter Golf mit vollem Tank. Den Kindersitz stellt Henning neben einem Mülleimer auf dem Parkplatz ab und fährt los.

Das Wasser in der Toilette ist rot. Seit drei Wochen pisst er Blut. Mal mehr, mal weniger. Ein leichtes Ziehen in der Leiste kommt und geht. Noch war er nicht beim Arzt gewesen. Ob er´s noch tun wird, weiß er nicht. Henning spuckt ins Pissoir, betätigt die Spülung und zieht den Reißverschluss seiner Hose zu. Beim Waschbecken betrachtet er sein Gesicht im Spiegel. Das Glas ist zerkratzt, an einer Stelle hat jemand dagegen geschlagen. Bin alt geworden, denkt er. Die Tür geht auf. Man hört das Rauschen des Verkehrs von draußen. Ein dicker Mann im Anzug betritt den Toilettenraum. Henning sieht ihn im Spiegel. Der Mann nickt ihm zu. Henning verzieht keine Miene. Der andere verdrückt sich auf eine der abschließbaren Kabinen. Man hört ihn an seinem Gürtel herumfingern. Henning wäscht sich die Hände, zieht die Nase hoch und verlässt die Autobahntoilette.

Schwär sieht im Rückspiegel ein Auto näherkommen. Mit seiner linken Hand signalisiert er, dass der andere überholen soll. Langsam fährt der Wagen an ihm vorbei. Ein Golf. Den Fahrer kennt er nicht. Für einen kurzen Moment treffen sich ihre Blicke. Der andere fährt weiter. Schwär schaut auf das Nummernschild. Auswärtig. Er spuckt aus. Den Traktor parkt er in der Scheune. Zieht die Stiefel aus, geht durch die Waschküche ins Haus. Im Schlafzimmer öffnet er den Schrank. Das Geld lässt er im Rucksack aber die Pistole, die nimmt er heraus. Das Gewicht überrascht ihn. Einen Moment behält er sie in der Hand, dann steckt er sie sich in den Gürtel.

Es gibt keinen Baum. Keinen einzigen. Und die Wiese ist auch weg. Stattdessen hat man Felder angelegt, den Boden umgepflügt und irgendwas angepflanzt. Raps, Mais, was weiß er schon? Henning hält gar nicht erst an, sondern fährt direkt weiter in den Ort. Vor einem Supermarkt stellt er das Auto ab. Die Heizung läuft und die Scheibenwischer quietschen. Drinnen fragt er: „Das Feld da draußen vorm Ort. Wem gehört´n das?“

Er biegt in die Einfahrt. Die Tür des Hauses geht auf. Man hat ihn wohl erwartet. Er parkt, schaltet den Motor ab und steigt aus. „Du bist der Schwär, richtig?“, fragt er.
„Kennen wir uns?“
Henning schüttelt den Kopf.
„Dann sollten wir uns nicht duzen.“
Henning grinst. „Sicher. Es ist so, ich habe ein kleines Problem. Ich hab was verloren. Drüben, auf dem Feld. Schon ne Weile her.“
Schwär spuckt aus. „Ist das so?“
Henning nickt. „Ist so.“ Er macht einen Schritt.
„Das reicht jetzt.“ Schwär zieht die Pistole aus seinem Gürtel.
Henning bleibt stehen. „Kannst du damit überhaupt umgehen?“
Schwär hebt die Pistole. „Verzieh dich.“
Henning macht einen weiteren Schritt. „Was sagste den Bullen, warum du einen Unbewaffneten vor deinem Haus erschossen hast, hm?“ Er macht noch einen Schritt.
„Gar nichts sag ich. Ich zerleg dich und verteil dich bei mir aufm Feld. Das Auto versenke ich im See. Den Schuss hört hier draußen niemand.“
Henning lacht und schüttelt mit dem Kopf. „Du bist ein Schwätzer.“
Sie stehen sich gegenüber. Schwär drückt die Waffe gegen Hennings Stirn. Henning grinst. „Gut. Dann zieh's durch“ Leise beginnt er zu zählen: „Fünf. Vier. Drei.“
„Verschwinde einfach.“
„Zwei. Eins.“
Henning fasst nach der Pistole. Langsam nimmt er sie Schwär aus der Hand und steckt sie ein. Einen Augenblick sehen sie sich an. Dann schlägt er mit voller Wucht in Schwärs Gesicht und steigt über ihn ins Haus. Es dauert nicht lang, da hat er den Rucksack gefunden. Er sieht hinein. Zählt fünftausend Mark ab. Im Hinausgehen wirft er Schwär die Scheine auf den Bauch. „Hier. Als Finderlohn. Aber lauf mir besser nicht mehr über den Weg.“ Schwär, der heftig aus der Nase blutet, sieht ihn verständnislos an. Mit blutbeschmierten Fingern greift er nach den Scheinen.

Das Polizeiauto hinter ihm beschleunigt und überholt. Man macht ihm ein Zeichen, dass er anhalten soll. Henning blickt auf die Tankanzeige. Kurz vor Reserve. Er schaltet den Blinker an und fährt nach rechts auf den Seitenstreifen. Macht den Motor aus. Beide Polizisten steigen aus. Also haben sie sein Nummernschild bereits durchgegeben. Henning dreht das Autoradio leise. Seine Blase drückt, die Leiste schmerzt. Er öffnet die Tür und steigt aus.
„Abend. Gibt's ein Problem?“
Die Polizisten greifen sofort nach ihren Waffen. „Bleiben Sie im Auto sitzen!“
Henning macht eine beschwichtigende Geste. Lässt sich wieder auf den Sitz zurückfallen. Die Autotür lässt er offenstehen. Seine rechte Hand wandert an die Stelle, an der er die Pistole unter seiner Jacke trägt.

 

Hallo @Habentus,

vielen Dank für deine Geschichte, habe sie gerne gelesen, vor allem weil sie sehr lebendig geschrieben ist.
Besonders hervorhebenswert finde ich die Figuren, die aus meiner Perspektive authentisch erscheinen, was sicher an der jeweils gewählten Sprachmuster liegt. Sympathisch war mir allerdings keine der Figuren, ich vermute aber, dass das auch nicht in deiner Absicht lag.

Die Handlung ist nicht unbedingt super spannend, und spätestens ab der ersten Rede des etwas tumben ist es doch recht vorhersehbar, welche Szenen und welcher "Showdown" sich ergeben wird. Ich finde es dennoch lesenswert, weil du wie gesagt durch die Sprache viel wettmachst und es sich dadurch flüssig lesen lässt.

Folgend noch einige Detailanmerkungen:

Und Hehner war ein unerträglicher Schwachkopf. Man kannte sich.
"Man kannte sich" würde ich streichen, ergibt sich aus dem Kontext.
Ein Jahr wollte er abwarten
Diese Handlungsweise erschließt sich mir nicht ganz, warum überhaupt warten, und wenn warten, warum ein Jahr?
Er hatte Hunger.
Finde ich überflüssig, er würde nicht essen gehen, wenn er keinen Hunger hätte.
Mit dem Bus fuhr er in die Stadt. Er hatte Hunger. In einem Schnellrestaurant in der Nähe des Bahnhofs bestellte er etwas zu essen. Die Blicke der Kassiererin blieben an seinen verwaschenen Tätowierungen hängen, während er bezahlte. Henning ignorierte das. Mit dem Tablett in der Hand setzte er sich auf eine lang gezogene, mit Leder bespannten Bank. Die Pommes waren labberig, das Fleisch feuchtkalt. Neben ihm saß eine junge Frau und blätterte in einer Zeitschrift. Ihr ungefähr zweijähriger Sohn sah ihm mit großen Augen beim Essen zu. Henning öffnete seinen Mund und zeigte dem Kleinen Teile seines zerkauten Burgers. Der Junge lächelte. Henning grinste ebenfalls und blinzelte ihm zu. Dann trat er unter dem Tisch gegen das Schienbein des Kindes. Der Junge schrie. Die Mutter legte die Zeitschrift beiseite und beugte sich besorgt zu ihrem brüllenden Sohn herüber. Henning griff in ihre Handtasche. Mit einem Schluck seines Getränks spülte er Fleisch- und Brötchenreste in seinem Mund herunter, griff sich das Tablett, stand auf und ging.
Beim dritten Wagen passten die Schlüssel. Ein alter Golf mit vollem Tank. Den Kindersitz stellte Henning neben einem Mülleimer auf dem Parkplatz ab und fuhr los.
Diesen ganzen Absatz finde ich überflüssig. Er bringt nichts weiter als weitere Exposition, die die Handlung nicht voranbringt und den Charakter noch unsympathischer zeichnet, was eigentlich nicht nötig ist, da das durch seine (voranschreitenden) Handlungen eigentlich schon deutlich wird.

Rot. Das Wasser in der Toilette war rot. Seit drei Wochen pisste er Blut. Mal mehr, mal weniger. Ein leichtes Ziehen in der Leiste kam und ging. Noch war er nicht beim Arzt gewesen. Ob er´s noch tun würde, wusste er nicht. Henning spuckte ins Pissoir, betätigte die Spülung und zog den Reißverschluss seiner Hose zu. Das Wasser vermischte sich mit Blut und Urin. Beim Waschbecken betrachtete er sein Gesicht im Spiegel. Der Spiegel war zerkratzt, an einer Stelle hatte jemand dagegen geschlagen. Das Glas war teilweise zersplittert. Alt war er geworden. Die Tür hinter ihm ging auf. Man hörte das Rauschen des Verkehrs. Ein dicker Mann im Anzug betrat den Toilettenraum. Henning sah ihn im Spiegel. Der Mann nickte ihm zu. Henning verzog keine Miene. Schaute ihn nur an. Der andere verdrückte sich auf eine der abschließbaren Kabinen. Man hörte ihn drinnen an seinem Gürtel herumfingern. Henning wusch sich die Hände, zog die Nase hoch und verließ die Autobahntoilette.
Auch die Motivation dieser Szene erschließt sich mir nicht ganz. Offenbar hat der Prot eine ernstzunehmende Krankheit, für die Handlung der Geschichte ist das aber kein zusätzlicher Treiber oder habe ich etwas verpasst?

Insgesamt war es sehr unterhaltsam zu lesen.

Viele Grüße,
Sarah

 

Hallo Habentus,

danke für die wirklich schlüssige Story - mir waren manchmal die Sätze zu kurz, fast stakkatomäßig, aber vielleicht ist das ja dein Stil. Figuren, Handlungen und die zugeordnete "Sprache" konnten meine Phantasie vortrefflich antriggern und machten die Geschichte zum Film. Spürbar deine Erfahrung mit Kurzgeschichten. Zum Schluss überkam mich das Gefühl, dass sich die einzelnen Stränge fast zu konstruiert aufdrängten - das "Chaos" des Lebens schien von der Schippe gesprungen und gehorchte deinem gedachten roten Faden. Ich kann dir nur schreiben, was ich fühle beim Lesen, es aber nicht an genauen Sätzen fest machen.
Aber genug geunkt - wirklich ein kleines Meisterwerk.
Gern gelesen - Grüße
Detlev

 

Hallo @Rob F, @Sarah996 , @Willibald , @Detlev

ich danke euch für euere Zeit und eure Kommentare! Ich gehe der Reihe nach darauf ein.

Hi Rob!

Sprachlich finde ich die Geschichte gut geschrieben, auch durch die ganz eigene Art, wie die Protagonisten sprechen. Du beginnst einige Sätze mit einem großgeschriebenen Verb, es sorgt zwar m.E. für einen guten Lesefluss, aber es wirkt teilweise etwas seltsam.
Freut mich, dass dir die Geschichte sprachlich gefällt. Du hast recht, ich habe versucht, sprachlich mal etwas auszuprobieren, die Sätze kurz zu halten, mit Verben zu beginnen usw. Hatte ich so ähnlich auch bereits bei meiner letzten KG versucht. Ich bin ehrlich gesagt selbst noch nicht so sicher, wie ich das finde. Hier fand ich das aber eigentlich ganz passend. Aber vielleicht hast du recht, und ich gehe noch mal drüber und reduziere an der einen oder anderen Stelle.

Ich konnte der Handlung gut folgen, auf den Geschehnissen basiert deine Geschichte ja auch hauptsächlich, demnach weniger auf den Charakteren. Ich konnte mir die Personen zwar soweit vorstellen, sie wirken jedoch eher als Mittel zum Zweck, um genau diesen Handlungsverlauf zu erzählen.
Das stimmt zumindest bei Schwär. Finde, dass das auch noch eine Schwäche der Geschichte ist. Schwär ist noch ein wenig blass. Bei Henning habe ich mir aber schon Mühe gegeben, ihn als Charakter (trotz der begrenzten Länge) Fleisch zu geben. Einzelne Szenen stehen ja auch hauptsächlich deshalb in der Geschichte. Aber vielleicht muss ich da noch mal drüber und das noch etwas verdeutlichen.

Das Ende fand ich zwar eine gute Idee, es wirkt halt nur, als würde es dir hauptsächlich darum gehen, zu dieser "Pointe" zu kommen. Demnach bleibt bezogen auf die Handlung und die Personen bei mir nach dem Lesen leider auch nicht viel hängen.
Das ist natürlich schade, aber so ist das eben manchmal. Hoffe, du hattest trotzdem Spaß beim Lesen. Deine Anmerkungen, was Rechtschreibung und Zeichensetzung angeht, werde ich einbauen. Danke dir dafür!

Hallo Sarah!

Besonders hervorhebenswert finde ich die Figuren, die aus meiner Perspektive authentisch erscheinen, was sicher an der jeweils gewählten Sprachmuster liegt. Sympathisch war mir allerdings keine der Figuren, ich vermute aber, dass das auch nicht in deiner Absicht lag.
Freut mich :) Aber ja, richtig sympathisch sollte keiner wirken. Andererseits habe ich den Figuren ja auch nicht wirklich die Möglichkeit gegeben, sich sympathisch zu verhalten. Wer weiß, vielleicht sind die beiden ja unter anderen Umständen ganz nette Typen? Aber im ernst, mir gings schon drum, zumindest den Henning als kühlen und unaufgeregten Typen darzustellen, der halt sein Ding durchziehen möchte. Dazu später noch mal.

Diese Handlungsweise erschließt sich mir nicht ganz, warum überhaupt warten, und wenn warten, warum ein Jahr?
Es ist ja so, dass der Überfall noch nicht so lange her ist. Wenn jetzt Schwär plötzlich damit beginnt, Geld für alles Mögliche auszugeben, wo im Nachbarort vor nicht soo langer Zeit eine Sparkasse überfallen worden ist und das Geld noch immer nicht aufgetaucht ist ... dann ergeben sich vermutlich ein paar Fragen. Weil er das auch weiß, will er erst mal abwarten. Und gibt sich eben ein Jahr.

Diesen ganzen Absatz finde ich überflüssig. Er bringt nichts weiter als weitere Exposition, die die Handlung nicht voranbringt und den Charakter noch unsympathischer zeichnet, was eigentlich nicht nötig ist, da das durch seine (voranschreitenden) Handlungen eigentlich schon deutlich wird.
Ich finde ja, dass das eine sehr wichtige Szene in der Geschichte ist. Weil sie gleich mehrere Dinge verdeutlichen soll. Sie soll zeigen, dass Henning weiß, wie er an Dinge herankommt und bereit ist, dafür auch Dinge zu tun, die unangenehm und rücksichtslos sind. Es geht hier ja nicht drum, dass er gerne Kinder tritt, weil er so ein Arschloch ist. Im Gegenteil. Er macht das mit einer ganz klaren Absicht. Der Autoschlüssel. Es soll zeigen, dass Henning Dinge nicht aus einer Laune heraus tut, sondern immer aus klarer Absicht. Er ist kein Sadist. Aber er ist eben auch kein Menschenfreund. Es geht ihm darum, die Dinge zu bekommen, die er möchte (Das Versteck des Rucksacks, die Autoschlüssel, das Geld). Mir ging es eigentlich nicht darum, ihn noch unnötigerweise besonders unsympathisch darzustellen. Das wäre der Fall, wenn er das Kind einfach so treten würde. Aus einer Laune heraus. Aber er tut das ja einzig, um an die Schlüssel zu kommen. Er ist fokussiert und rücksichtslos.

Auch die Motivation dieser Szene erschließt sich mir nicht ganz. Offenbar hat der Prot eine ernstzunehmende Krankheit, für die Handlung der Geschichte ist das aber kein zusätzlicher Treiber oder habe ich etwas verpasst?
Die Krankheit und die Zeit im Gefängnis sind schon beides wichtige Momente. Weil sie dann ein wenig auf das Ende zulaufen. Es ist ja nicht klar, was passiert, aber wirklich gut ausgehen wird es wohl nicht. So oder so. Hätte er die Krankheit nicht, hätte er wahrscheinlich nicht so eine große Motivation, am Ende tatsächlich nach der Waffe zu greifen. Warum auch? Ist ja ein hohes Risiko. Mit der Ahnung um seine Krankheit aber ... vielleicht zieht er eben die Waffe. Hoffe, es wurde ein wenig klarer.

Insgesamt war es sehr unterhaltsam zu lesen.
Das freut mich :)

Hallo Willibald!

eine ungewöhnlich sauber und präzis und lakonisch montierte Geschichte mit zwei plot-Lines, Schwär und Henning. Das gilt auch für Details wie diese Passage hier mit der Handtasche und dem - was man dann später sofort kapiert - Autoschlüssel.
Freut mich wirklich sehr, wie du die Geschichte wahrnimmst und es freut mich ebenfalls sehr, dass dir solche Szenen (Autoschlüssel, Tankfüllung) positiv aufgefallen sind. Darum ging es mir ein wenig.

Und genauso einleuchtend hier das offene Ende. Egal was Henning macht, das Ende ist keine Lösung. Und Henning hat - Blut im Urin - nur noch wenig und viel zu verlieren. Nicht zu vergessen, die groteske Komik der Überschrift, die sich nach der Lektüre ergibt, das funzt und ist prima.
Ich muss sagen, dass ich ja ziemlich gehadert habe mit dem Ende. Ich fand es mal schlüssig, mal nicht so gelungen. Dein Kommentar macht mir Mut! Danke dir dafür.

Marginal: Mit dem Kopf schütteln vielleicht besser doch den Kopf schütteln?
Gekauft.

Respekt für den Schreiber einer makellosen Story samt ihrer Engführung der Plot-Lines.
Vielen Dank!

Hallo Detlev!

mir waren manchmal die Sätze zu kurz, fast stakkatomäßig, aber vielleicht ist das ja dein Stil. Figuren, Handlungen und die zugeordnete "Sprache" konnten meine Phantasie vortrefflich antriggern und machten die Geschichte zum Film.
Kann ich total nachvollziehen. War ein Versuch, wie das wirkt. Fand das hier in der Geschichte einigermaßen passend. Kann mir aber vorstellen, dass das nicht allen gefällt. Und werde ich bei der nächsten Geschichte vermutlich auch wieder anders machen. Freut mich aber sehr, dass die Bilder bei dir im Kopf entstanden sind. So soll es ja sein.

Zum Schluss überkam mich das Gefühl, dass sich die einzelnen Stränge fast zu konstruiert aufdrängten - das "Chaos" des Lebens schien von der Schippe gesprungen und gehorchte deinem gedachten roten Faden.
Auch das absolut nachvollziehbar für mich. Das ist ja immer so ein schmaler Grat. Zwischen angemessener, nachvollziehbarer Konstruktion und viel zu viel Konstruktion. Hier ist es schon so, dass alles aufeinander basiert und alles einer ziemlich genauen Richtung folgt. Finde bei einer KG geht das schon mal klar. Bei längeren Texten würde das so wohl aber nicht funktionieren. Ich sehe auf jeden Fall deinen Punkt!

Aber genug geunkt - wirklich ein kleines Meisterwerk.
Gern gelesen - Grüße
Vielen Dank für deine Worte! Das gibt mir Mut!

Wünsche euch allen noch einen schönen Sonntag!
Viele Grüße
Habentus

 

Hallo @Habentus =)

habe mich gut unterhalten gefühlt! Ich kann dir, wie gesagt, nur ein paar Anmerkungen geben. Einfach Dinge, die mir aufgefallen sind.

Leider schreibe ich sehr kritisch. Je mehr kritisch hinterfragt wird, desto eher scheint der Text ins gefürchtete "Schlecht" abzurutschen. Diesen Eindruck möchte ich bei dir nicht hinterlassen. So. Soviel dazu =).

Dein Text unterhält, wie gesagt, sehr gut, er ist spannend geschrieben, Aktion folgt Reaktion folgt Aktion. Irgendwo verzerrt aber jeder Text das Reale wie eine Landkarte das Erdstück, das sie beschreibt. Das Zeichnen einer Karte ist das Ansammeln vieler Rundungsfehler (jetzt spinne ich ein bisschen). Vielleicht ist es eine besondere Kunst, zwischen Realität und Text jene schmale Fläche zu treffen, die eine perfekte Distanz einhält und zur Spielfläche der eigenen Figuren werden kann. Leider neige ich entweder zu einem oder anderen Extrem, ich entdecke überall Logikfehler oder ich entdecke überall Sprachspielerei. Bei deinem unmittelbar formulierten Text, der Wirkung durch den Blick auf Details erzielt, bin ich mir an einigen Stellen unsicher, ob er wirklich der Logik genügt. Aber für eine gute Story darf man auch gerne Abstriche in Kauf nehmen. Aber dazu später mehr.

Text frei!

Er trank einen Schluck. Hilft ja nichts, dachte er und griff nach dem Müllsack. Raschelnd wickelte er das schwarze Plastik auseinander. Erde rieselte auf den Tisch und den Boden. Im Innern befand sich ein weiterer Müllsack.
Du schreibst sehr unmittelbar, fast stakkato-artig. Ich als Leser bin in der Situation. Ich sehe das, was die Figur in ihrer Welt identifiziert. Du als Autor führst mich durch diese Eindrücke. Nicht jeder mag diesen Stil, nicht jeder kann mit harten Aussagesätzen, dem Punkt-Punkt-Punkt, etwas anfangen. Ich mag diesen Stil sehr (Geschmacksfrage, klar). Dennoch lese ich gelegentlich dich als auktorialen Erzähler heraus, der mir als Leser ein gewisses "mehr" mitteilt. Er weiß, was Schwär denkt. Er interpretiert gelegentlich. Ich bin mir unsicher, ob solche Stellen im Text enthalten sein sollten. Sauberer wäre es definitiv, den Text auf das Dingliche, das äußerlich Sichtbare, zu reduzieren. Aber ja, wenn es unterhält, wenn die Spannung erhalten bleibt, warum nicht.

Was mich sofort gewundert hat: Warum schreibst du nicht im szenischen Präsens? Das ist ein Text, der im Präsens sein will. So mein Eindruck. Harte Brüche, hart an der Situation formuliert, hier das Ding, da der Blick. Das schafft einen sehr unmittelbaren, zielorientierten Eindruck und das ist der Antrieb der Figuren deiner Story: Tausende von Mark in einem Rucksack irgendwo auf einem Feld.

Er überlegte. Für einen winzigen Moment dachte er darüber nach, das Telefon herzuholen und bei der Polizei im Ort anzurufen. Aber die Gefahr bestand, dass dieser Hehner dranging. Und Hehner war ein unerträglicher Schwachkopf. Man kannte sich. Also ließ er es bleiben, griff sich den Rucksack, stand auf und verräumte alles im Schrank in seinem Schlafzimmer. Ein Jahr wollte er abwarten.

Also, wie gesagt, ich fand deine Geschichte spannend und interessant. Ja, und irgendwo wirke ich jetzt wie so ein doofer Mehrfachkorinthenk*****, der unbedingt etwas finden will und sich seiner gefundenen Logikfehler rühmt und denkt, er sei irgendwie besser logisch konstituiert als der Autor. Aber, wie jeder guter Krimi, steckt eben in deiner Story eine Logik. Bei der Begründung, warum er die Polizei nicht anruft, habe ich kurz gezweifelt. Okay, es besteht die Gefahr, dass Hehner ans Telefon geht. Idee: Er ruft von einer anderen SIM-Karte an, wartet ab, ob er Hehners Stimme hört, legt entweder auf oder ruft später an. Oder er ruft bei einer anderen Polizeidienststelle an.

Schwierig. Ich weiß es nicht.

Mit dem Bus fuhr er in die Stadt. Er hatte Hunger. In einem Schnellrestaurant in der Nähe des Bahnhofs bestellte er etwas zu essen. Die Blicke der Kassiererin blieben an seinen verwaschenen Tätowierungen hängen, während er bezahlte. Henning ignorierte das. Mit dem Tablett in der Hand setzte er sich auf eine lang gezogene, mit Leder bespannten Bank.
Da denke ich direkt an Knasttätowierungen. Hier könntest du vorsichtiger sein. Sind eben die typischen Klischees. Oder nicht Klischees, eher das, was die Menschen denken, die mit dem System JVA wenige Berührungspunkte bilden. Ach ja, die Knasttätowierungen, die mit Tinte, Bindfaden und Nadel gemacht werden, vielleicht wird noch per Feuerzeug die Nadel sterilisiert und der Bindfaden per Schnaps aseptisch. Wir hatten mal einen Mann in der Pflege, der in den 50er Jahren, verurteilt 1949, acht Jahre wegen eines blöden Witzes (Wie heißt der Erfinder der Laterne? Laternowitsch!) in Torgau einsaß. Natürlich, ganz andere Zeit, aber Tätowierungen kannte er beispielsweise gar nicht. Das nur als Nebenanektdote zur Beschreibung, wie unglaublich vielfältig Subkulturen in institutionalisierten Lebensräumen sein können. Klingt jetzt sehr ethnographisch-arrogant. Möchte ich nicht!

Vielleicht kannst du auch die Situation anders gestalten. Vielleicht gibt es ja in der Nähe der JVA ein Schnellrestaurant und die Angestellten erkennen die Freigänger an einem Detail, an der Art, wie sie sich verhalten, an irgendwas. Als ich noch ein kleiner Junge war, damals, in der Weizenfelderzeit, gab es im Nachbarort den Plan, eine Forensik zu einer bestehenden Psychiatrie hochzuziehen. Volles Protestprogramm, Bürgerinitiative, Petition, große Transparente am Ortseingang, Demo und Weigerung, dem Ministerpräsidenten den Handschlag zu geben. Die Forensik kam aber, manche ruinierten sich finanziell durch Gerichtsprozesse, die Forensik blieb und weil der Ort so klein war, fanden sich Freigänger immer im selben Café ein, immer dort, nirgendwo anders,sie nahmen immer denselben Taxi- oder Regionalbus. Ich bin mir sicher, dass das die Angestellten die Freigänger erkennen. Ist ja oft der Mehrwert von Literatur, die Eindrücke sprachlich so aufzuweiten, dass ich als Leser überrascht und interessiert bleibe. Dass ich weiß, wo ich bin und der Logik des Textes vertraue und gleichzeitig merke, wie neu mir die Welt geschildert wird. Man verändert eben seine Blicke durch Lesen, Schreiben, Rechnen. Man differenziert und wühlt in neuen Welten 'rum. Du schreibst einen sehr szenischen Text, sehr echt, da wirken, glaube ich, Details, die mich als Leser in den eigenen Erwartungen nicht bestätigen, umso stärker. Aber das nur als Idee.

Rot. Das Wasser in der Toilette war rot. Seit drei Wochen pisste er Blut. Mal mehr, mal weniger. Ein leichtes Ziehen in der Leiste kam und ging. Noch war er nicht beim Arzt gewesen. Ob er´s noch tun würde, wusste er nicht. Henning spuckte ins Pissoir, betätigte die Spülung und zog den Reißverschluss seiner Hose zu. Das Wasser vermischte sich mit Blut und Urin.
Irgendwie kam mir diese Nebengeschichte über das Blut im Urin recht spät. Also, hier baust du ein Nebengleis auf, eine Art Spannungsergänzer, den meiner Meinung nach die Geschichte nicht braucht. Er wird auch nicht weiter ausgeführt.
„Das reicht jetzt.“ Schwär zog die Pistole aus seinem Gürtel.
Henning blieb stehen. Sie waren noch ungefähr fünf Meter voneinander entfernt.
„Man sollte eine Waffe nur dann ziehen, wenn man sie auch einsetzen will.“ Er machte einen weiteren Schritt.
Schwär hob die Pistole. „Stehenbleiben, hab ich gesagt.“
Ja, die Endsituation. Henning und Schwär mit Waffen. Hier lese ich einen Film als Text. Hm, vielleicht wäre ein Dialog passender, ein Gespräch in der Küche, eine Art sprachliches Duell. Ich weiß nicht, irgendwie wirkte das Ende auf mich sehr hastig, sehr höhepunkt-gewollt. Aber gut, das ist subjektiv. Du greifst hier auf typische us-amerikanische Motive zurück: Männer, die einsam am Rande großer Felder wohnen und Waffen pflegen und bedienen, Männer, die Knochen und Gesetze brechen und ihren eigenen Plänen folgen. Männer halt.

Sprachstellen:

Drei Löffel Kaffeepulver, mehr nahm er nie
Braucht es die Information?

Auf der Straße kam ihm ein Auto entgegen. Der Fahrer hob die Hand. Schwär grüßte nicht zurück. Den Traktor parkte er in der Scheune. Das Geräusch des knackenden, warmen Motorblocks vermischte sich mit dem Prasseln einsetzenden Regens auf dem Wellblechdach.
Der erste Satz gibt mir die Vorstellung einer schnellen Bewegung, plötzlich bin ich in der Scheune. Vielleicht direkt mit der Scheune beginnen?

knackender Motorblock ... vielleicht eher stampfend? Der Motor erlischt jedoch, er parkt ja ein.

Er trank einen Schluck. Hilft ja nichts, dachte er und griff nach dem Müllsack. Raschelnd wickelte er das schwarze Plastik auseinander. Erde rieselte auf den Tisch und den Boden. Im Innern befand sich ein weiterer Müllsack.
Vielleicht betrachtet er kurz den Müllsack, bevor er ihn öffnet. Er sieht ihn liegen, dann denkt er: Okay, hilft alles nichts.

Dann trat er unter dem Tisch gegen das Schienbein des Kindes. Der Junge schrie. Die Mutter legte die Zeitschrift beiseite und beugte sich besorgt zu ihrem brüllenden Sohn herüber. Henning griff in ihre Handtasche. Mit einem Schluck seines Getränks spülte er Fleisch- und Brötchenreste herunter, griff sich das Tablett, stand auf und ging.
Beim dritten Wagen passten die Schlüssel. Ein alter Golf mit vollem Tank. Den Kindersitz stellte Henning neben einem Mülleimer auf dem Parkplatz ab und fuhr los.
Hm, hm, Henning ist nicht der sympathischste Genosse auf diesem Planeten, klar. Gewaltfreie Kommunikation zählt nicht zu seinen Stärken, auch aktives Zuhören, empathische Gesprächsführung oder das Klein-Klein des sozialen Miteinanders beherrscht er nicht. Vielleicht auch eine sadistische Neigung in seiner Persönlichkeit. Ich weiß nicht, ob es die beschriebene Szene braucht.

Inwiefern das Szenario des Autodiebstahls logisch ist, weiß ich nicht. Schwer zu sagen. Er klaut die Schlüssel, okay, er wird vielleicht die Automarke erkennen, er wird den Parkplatz nach Volkswagen absuchen ... interessant, wie ruhig er wirkt. Mir erscheint Henning planvoller als sein Zellengenosse. Jemand, der einen Plan schmiedet, ausführt, ein Mensch, der instrumentell denkt und mögliche Eventualitäten auch berücksichtigt. Aber das ist ein subjektiver Eindruck. So ganz spontan hätte ich Henning einen Diebstahl während eines Freigangs (oder wird er entlassen?) gar nicht zugetraut.

Das war's!

Lg
kiroly

 

Normalerweise schau ich in Räuberpistolen eher nicht hinein, weil Verbrechen – gleich welcher Art – ja geschehen, um nicht aufgeklärt zu werden (dem widersprechen keineswegs die derzeitigen Verbrechen in der Ukraine, denn die sollen ja Furcht und Angst verbreiten und zumindest einschüchtern). Und immer noch warte ich darauf, dass ein Kriminalist den schrägsten Überfall, von dem ich weiß, verarbeitet, als nämlich in meiner Heimatstadt vor Jahr und Tag ein Banküberfall in die Hose ging, weil der Täter vor Nervosität immer wieder nach draußen schaute, ob die Polizei schon komme … Schreit eigentlich nach Satire …

Aber Deine Geschichte ist auch ganz schön und alles schon gesagt bis auf ein paar Kleinigkeiten, die nicht unbedingt – wie jetzt gleich als erstes – „falsch“ sind, mich aber hier

Schwär griff in seine Hosentasche und holte Tabak und Blättchen hervor.
fragen lassen: warum das Possessivpronomen?
M. E. wäre es erwähnenswert, wenn er die Eigentumsordnung und Besitzverhältnisse in Frage stellte und in eine fremde Hose „ein-griffe“

Drinnen machte er Licht, legte den Sack auf den Tisch und ging zum Herd herüber.
Besser „hinüber“, weil „her“ auf ihn zielt (komm her [zu mir], aber geh da hin)

Im Innern befand sich ein weiterer Müllsack.
Ja, das mit der Befindlichkeit nimmt im schön-Formulierungswahn überhand und das schlichte Vollverb „sein“ zählt schon zu den bedrohten Arten.

Also ließ er es bleiben, griff sich den Rucksack, stand auf und verräumte alles im Schrank in seinem Schlafzimmer.
Warum das Reflexivpronomen, wenn er schlicht „den Rucksack greift“ – für keinen und von keinem andern?!

Wegen der FeuchtigkeitKOMMA dacht ich mir.

Ne´ Scheiße ist das!
Einfach „ne“, und gleich
nochmal die Frage nach dem Apostroph

Während er an den abgestellten Autos vorbeiging, zog er die Nase hoch und spuckte auf die Frontscheibe eines parkenden VW's.
Unnötiger Denglizisimus

„Sicher. Es ist so, ich habe ein kleines Problem. Ich hab was verloren. Drüben, auf ihrem Feld. Schon ne Weile her.“
„auf Ihrem ...“

Man machte ihm ein Zeichen, dass er anhalten solle.
Warum Konj. I, wenn er anhalten „soll“?
Ich weiß gar nicht, ob man in Zeichensprache auch nur den eher harmlosen Konjunktiv I hinkriegt ...

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo @kiroly

Leider schreibe ich sehr kritisch. Je mehr kritisch hinterfragt wird, desto eher scheint der Text ins gefürchtete "Schlecht" abzurutschen. Diesen Eindruck möchte ich bei dir nicht hinterlassen. So. Soviel dazu =).
Ich freue mich sehr über deinen Kommentar. Und ich freu mich umso mehr darüber, weil er ehrlich ist und Dinge anspricht, die dir auffallen. Darum geht es mir. Ich bin froh, wenn eine Rückmeldung so durchdacht ist wie deine, weil ich da eben etwas daraus ziehen kann und diese Überlegungen sich (hoffentlich) irgendwann in meinen folgenden Texten niederschlagen. Also vielen Dank dir!
Das Zeichnen einer Karte ist das Ansammeln vieler Rundungsfehler (jetzt spinne ich ein bisschen)
Ist doch ein schönes Bild, das du da aufmachst. Ich denke, dass ich verstehe, was du meinst.
Vielleicht ist es eine besondere Kunst, zwischen Realität und Text jene schmale Fläche zu treffen, die eine perfekte Distanz einhält und zur Spielfläche der eigenen Figuren werden kann.
Da hast du sicherlich Recht mit. Es ist schwierig. In meinem Text ist dieser schmale Grat auch sicherlich nicht perfekt getroffen. Und ja, gerade bei solch einem Text, der darum bemüht ist, sich relativ nahe an der Realität zu bewegen, fallen Unstimmigkeiten umso mehr ins Gewicht. Ich denke, dass das auch immer ein wenig auf die Art des Textes ankommt. Manchen Texten verzeiht man sehr viel, bei manchen Texten fallen Unstimmigkeiten viel mehr ins Gewicht. Grundsätzlich ist es aber natürlich immer wichtig, den richtigen Ton, eben jenen zwischen Realität und Text zu treffen.

Er weiß, was Schwär denkt. Er interpretiert gelegentlich. Ich bin mir unsicher, ob solche Stellen im Text enthalten sein sollten. Sauberer wäre es definitiv, den Text auf das Dingliche, das äußerlich Sichtbare, zu reduzieren.
Mmh. Da hast du einen ziemlich guten Punkt getroffen, über den ich mir bei dem Text noch gar keine Gedanken gemacht hatte. Aber jetzt wo du es so schreibst, bringst du mich zum Nachdenken. Ich werde mir das unbedingt noch mal anschauen.

Was mich sofort gewundert hat: Warum schreibst du nicht im szenischen Präsens? Das ist ein Text, der im Präsens sein will.
Gute Frage :) Ehrlich gesagt hatte ich das so konkret im Vorfeld gar nicht überlegt. Es hat sich beim Loslegen einfach richtig angefühlt. Aber du magst recht haben, dass das im Präsens vielleicht insgesamt besser passen würde. Ich werde es mal probieren und ggf. die Geschichte umschreiben. Danke dir!

Aber, wie jeder guter Krimi, steckt eben in deiner Story eine Logik. Bei der Begründung, warum er die Polizei nicht anruft, habe ich kurz gezweifelt. Okay, es besteht die Gefahr, dass Hehner ans Telefon geht. Idee: Er ruft von einer anderen SIM-Karte an, wartet ab, ob er Hehners Stimme hört, legt entweder auf oder ruft später an. Oder er ruft bei einer anderen Polizeidienststelle an.
Logik ist total wichtig. Bei Krimis und Texten, die versuchen, nah an der Realität zu bleiben vermutlich noch etwas mehr. An dieser Stelle habe ich mir tatsächlich was bei gedacht. Das kommt wohl nur leider nicht richtig durch (werde ich wohl anpassen müssen). Natürlich könnte Schwär die Polizei rufen. Wahrscheinlich will er es aber gar nicht. Er zögert ja wirklich nur einen ganz kurzen Moment, kommt dann zu dem (zugegeben etwas weit hergeholten) Schluss, dass er nicht mit Hehner sprechen möchte und redet sich dann ein, dass dann halt nur der Schrank bleibt. Ich wollt schon zeigen, dass er eigentlich das Geld behalten will und der Anruf bei der Polizei für ihn eigentlich gar nicht infrage kommt (Hehner hin, Hehner her). Aber das muss ich vielleicht etwas deutlicher machen.

Da denke ich direkt an Knasttätowierungen. Hier könntest du vorsichtiger sein. Sind eben die typischen Klischees.
Das stimmt. Das ist schwierig. Ich hatte eine bestimmte Figur im Kopf. Aber ich verstehe, was du meinst. So was kann schnell zu viel werden. Ich werde überlegen, ob ich das besser rausnehme.
Vor allem weil du damit:
Ist ja oft der Mehrwert von Literatur, die Eindrücke sprachlich so aufzuweiten, dass ich als Leser überrascht und interessiert bleibe. Dass ich weiß, wo ich bin und der Logik des Textes vertraue und gleichzeitig merke, wie neu mir die Welt geschildert wird.
absolut recht hast!

Das nur als Nebenanektdote zur Beschreibung, wie unglaublich vielfältig Subkulturen in institutionalisierten Lebensräumen sein können. Klingt jetzt sehr ethnographisch-arrogant. Möchte ich nicht!
Klingt nicht arrogant! Ist ja ein berechtigter Hinweis. Es sind eben schon auch immer die Details, die Texte besser oder schlechter machen.

Irgendwie kam mir diese Nebengeschichte über das Blut im Urin recht spät. Also, hier baust du ein Nebengleis auf, eine Art Spannungsergänzer, den meiner Meinung nach die Geschichte nicht braucht.
Ja, hatte die Stelle relativ am Ende noch hinzugefügt. Weil ich dachte, dass er eine Motivation braucht, bestimmte Risiken eben doch einzugehen. Gerade weil er ja eigentlich ein sehr zielorientierter/ professioneller Typ ist. Trotzdem klaut er am hellichten Tag ein Auto, trotzdem fragt er im Supermarkt nach Schwär, trotzdem riskiert er, dass Schwär vielleicht doch schießt. Das konnte ich mir nur so herleiten, dass er eine starke Motivation braucht. Und diese hatte ich in der (eventuell tödlichen?) Krankheit gefunden. Hehner, der gerade eine längere Haftzeit verbüßt hat, offensichtlich keine Sozialkontakte, kein Haus, kein Geld usw. hat und dann auch noch mit einer Krankheit konfrontiert wird, die ihn evtl. zeitnah dahinrafft? Dann wägt er eben ab und beschließt, dass die Risiken, den Ertrag (das Geld und die Möglichkeit, sich noch ein paar schöne Wochen/ Monate zu machen) wert sind. Jetzt, wo ich es so aufschreibe, merke ich, dass es vielleicht ein wenig zu dünn ist.

Hm, vielleicht wäre ein Dialog passender, ein Gespräch in der Küche, eine Art sprachliches Duell. Ich weiß nicht, irgendwie wirkte das Ende auf mich sehr hastig, sehr höhepunkt-gewollt. Aber gut, das ist subjektiv. Du greifst hier auf typische us-amerikanische Motive zurück: Männer, die einsam am Rande großer Felder wohnen und Waffen pflegen und bedienen, Männer, die Knochen und Gesetze brechen und ihren eigenen Plänen folgen. Männer halt.
Völlig richtig. Und ich sehe absolut, was du kritisierst. Denn ich habe ähnliche Probleme damit. Hatte ich in einem anderen Kommentar auch schon geschrieben. Hier ist es schlicht am Handwerklichen gescheitert. Ich kann das Ende noch nicht so schreiben, wie ich es vermutlich gerne haben würde. Das ist auch eine Erkenntnis aus dem Text. Aber kann ja alles noch werden.

Hm, hm, Henning ist nicht der sympathischste Genosse auf diesem Planeten, klar. Gewaltfreie Kommunikation zählt nicht zu seinen Stärken, auch aktives Zuhören, empathische Gesprächsführung oder das Klein-Klein des sozialen Miteinanders beherrscht er nicht. Vielleicht auch eine sadistische Neigung in seiner Persönlichkeit. Ich weiß nicht, ob es die beschriebene Szene braucht.
Tja, diese Stelle wurde bereits vorher mal aufgegriffen. Vielleicht funktioniert sie doch nicht so, wie ich mir das dachte. Ich dachte ja, das wäre die beste Stelle im ganzen Text, haha. So kann man sich täuschen. Es ging mir drum, darzustellen, dass Henning eben KEIN Sadist ist, sondern tut, was er tun muss, um seine Ziele zu erreichen. Hier: Er braucht Fahrzeug -> Er erkennt die Gelegenheit -> Er muss die Frau ablenken -> Er tritt das Kind, weil er weiß, dass es ihn nicht verraten kann, aber die Frau definitiv ablenken wird -> Er klaut das Auto.
Dabei ging es keinesfalls darum, dass er gerne kleine Kinder tritt. Sondern darum, dass es ihm im Zweifelsfall eben wert ist, kleine Kinder zu treten. Und zwar völlig emotionslos.

Jemand, der einen Plan schmiedet, ausführt, ein Mensch, der instrumentell denkt und mögliche Eventualitäten auch berücksichtigt. Aber das ist ein subjektiver Eindruck. So ganz spontan hätte ich Henning einen Diebstahl während eines Freigangs (oder wird er entlassen?) gar nicht zugetraut.
Achso, nee, er wird entlassen. Und dann, gepaart mit seiner Krankheit, beginnt er eben abzuwägen. Risiko vs. Ertrag. Hatte ich oben beschrieben. Deshalb macht er das dann so. Aber freut mich, dass er planvoll wirkt. Das war das Ziel!

Danke dir Kiroly für deinen sehr guten Kommentar!
Hilft mir definitiv weiter!


Hallo @Friedrichard

Normalerweise schau ich in Räuberpistolen eher nicht hinein,
umso mehr freut es mich, dass du diese Geschichte gelesen und mir einige gute Anmerkungen dagelassen hast. Danke dir!

Und immer noch warte ich darauf, dass ein Kriminalist den schrägsten Überfall, von dem ich weiß, verarbeitet, als nämlich in meiner Heimatstadt vor Jahr und Tag ein Banküberfall in die Hose ging, weil der Täter vor Nervosität immer wieder nach draußen schaute, ob die Polizei schon komme … Schreit eigentlich nach Satire …
Würdest du einen solchen Text schreiben, ich würde ihn lesen :)

Aber Deine Geschichte ist auch ganz schön und alles schon gesagt bis auf ein paar Kleinigkeiten, die nicht unbedingt – wie jetzt gleich als erstes – „falsch“ sind, mich aber hier
Freut mich, dass es dir gefällt und danke dir für deine Anmerkungen, die ich alle übernehmen werde.

Viele Grüße an euch beide
Habentus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @AWM
danke dir für deinen Kommentar!

Ich finde aber, es gibt ordentlich Streichbedarf. Das mag dir jetzt echt viel vorkommen. Aber probiere es mal aus und lies es mal mit den Streichungen.
Da hast du ja tatsächlich eine Menge Stellen angemerkt, die du streichen würdest. Ich bin aber ohnehin dabei, die Geschichte noch mal ein wenig abzuändern (auch bezogen auf @kiroly s Zeitenvorschlag) und werde daher mal probieren, wie es mit deinen Streichungen wirkt. Ob ich am Ende wirklich alles so umsetze, wie du es vorschlägst, kann ich noch nicht sagen, weil es ja wirklich eine Menge ist und ich mir auch vorstellen könnte, dass die Geschichte dann vielleicht auch zu ausgedünnt wirkt. Ich werde es aber in jedem Fall ausprobieren. Danke dir für deine Mühe und deine Vorschläge!

Habe zwischenzeitlich tatsächlich viele von deinen Streichungsvorschlägen übernommen. Und du hast recht, es wirkt dadurch straffer! Danke dir für die Tipps :)

Ich mag deine kurzen Sätze. Manchmal passt es aber vom Rhythmus für mich nicht. Weil du zusammengehörende Handlungen durch Punkte elliptisch unterbrichst. Hier würde ich z.B. ein Komma machen
Ja, das wurde ja auch davor schon mal angemerkt, dass es manchmal noch nicht so ganz passt. Und ich denke, dass es da noch ein paar so Stellen gibt, wo ich es wohl ein bisschen übertrieben habe. Werde ich noch mal drüber gehen müssen.

Das könntest du schöner zeigen, finde ich. Wie er mit sich hadert hineinzusehen. Zum Beispiel sieht er hin und dann wieder weg, nimmt einen Schluck Kaffee, macht das immer wieder und irgendwann "trink" er ins Leere, weil gar nichts mehr in der Tasse ist und er steht auf und sieht endlich hinein.
Ich wollte dieses Abwarten und Hadern eigentlich dadurch darstellen, dass ich vorher alles recht genau beschreibe. Also das Kaffeekochen, die Wurstreste, das aus dem Fenster schauen usw. Muss ich mal schauen, ob ich das noch ein wenig besser darstellen kann.

Würde für mich ohne die beiden ersten Sätze stärker wirken
Gekauft.

Das ist mein persönlicher Geschmack. Aber gefühlt habe ich schon Millionen Figuren gelesen, die so reden. Fände es erfrischend einen Kleinganoven mal anders darzustellen, weißte?
Ja, hast recht. Ich hatte diesen ganze Teil in mehr oder weniger einem Rutsch runtergeschrieben und dann den Rest drumrum gebaut. Und dieser Typ sollte im Prinzip ein bisschen das geschwätzige, vielleicht ein bisschen blöde Gegenstück zu Henning sein. Aber ich sehe, was du meinst. Im Prinzip wieder mal ein Abziehbildchen. Mal schauen, wenn ich sowieso den Text umändere, ob ich vielleicht auch diesen Teil irgendwie abändere. Muss ich mal sehen.

Warum macht er das? weil er brav abräumt? Passt irgendwie nicht zu ihm
Mmh. Das finde ich schon passend. Deshalb hatte ich das extra erwähnt. Er ist ja schon eher der kontrollierte und überlegte Typ. Dass er jetzt noch ordentlich sein Tablett wegräumt, fand ich da eigentlich schon ganz gut.

Viele Grüße
Habentus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Habentus

Coole Geschichte, habe ich sehr gerne gelesen. Ich habe die Beiträge meiner VorkommentatorInnen nur überflogen, hoffe, es doppelt sich nicht allzu viel.

Das Adrenalin[KOMMA] weißte?
Ich hätte da ein Komma gesetzt.

Also hab ich´s irgendwann sein gelassen, hab die Tüte rein ins Loch und die Erde wieder drauf.
Würde ich streichen, finde der Satz liest sich etwas unvollständig, wenn Du das Verb stehen lässt. Ausserdem vermeidest Du so die Doppelung von "haben" in dem Satz :-) Ach ja: "sein" könntest auch streichen.

Was ich nicht ganz verstanden habe: Wieso erzählt der Typ Henning von seinem Raubüberfall so detailreich? Also auch noch, wie und ungefähr wo er die Beute versteckt hat etc. Ist das nicht sehr fahrlässig von ihm? Er müsste doch ahnen können, dass sein Zellengenosse danach suchen könnte. Und es rächt sich ja dann in der Nacht auch gleich, dass er das alles ausgeplaudert hat, weil der Henning ihn im Schlaf überfällt. Dachte erst, die kennen sich schon ziemlich gut und das deshalb so eine Art Vetrauensbasis zwischen den beiden herrscht, aber er weiss ja dann nicht einmal, dass Henning am nächsten Tag entlassen wird ... Und dann, bei der Szene wo Henning ihn mit dem Handtuch würgt: Er erzählt ihm einfach so den Rest? Er weiss zu diesem Zeitpunkt, der Henning kommt morgen raus, der riskiert doch nicht seine Freiheit, würde ihn nicht umbringen. Wieso also schweigt er nicht einfach, hält dich? Ich fand das irgendwie nicht ganz realistisch. Vielleicht habe ich auch was verpasst und bin komplett aufm Holzweg? :D

Während er an den abgestellten Autos vorbeigeht, zieht er die Nase hoch und spuckt auf die Frontscheibe eines parkenden Mercedes.
Hätte geschrieben: ... eines parkierten Mercedes. Ich denke jedoch, Du könntest das Wort auch weglassen, ich finde es ergibt sich aus dem Kontext (bzw. aus dem ersten Satzteil), dass der Mercedes parkiert ist. Braucht es also nicht. Nachtrag: Upsi, ist wohl so ein Klassiker. DE = parken, CH = parkieren :D

Das Wasser in der Toilette ist rot. Seit drei Wochen pisst er Blut. Mal mehr, mal weniger. Ein leichtes Ziehen in der Leiste kommt und geht. Noch war er nicht beim Arzt gewesen. Ob er´s noch tun würde, weiß er nicht. Henning spuckt ins Pissoir, betätigt die Spülung und zieht den Reißverschluss seiner Hose zu.
Fällst Du da bei diesen beiden fett markierten Sätzen nicht aus der Zeitform? Ich stockte deshalb beim Lesen etwas. Wieso nicht: Noch ist er nicht beim Arzt gewesen. Ob er's noch tun wird, weiss er nicht. (?)

Der Spiegel ist zerkratzt, an einer Stelle hat jemand dagegen geschlagen. Das Glas ist teilweise zersplittert.
Das ergibt sich mMn aus dem vorherigen Satz. Bei "jemand hat dagegen geschlagen" hatte ich zumindest sofort das Bild eines teilweise zersplitterten Spiegels vor Augen ;-)

„Kennen wir uns?“
Henning schüttelt den Kopf.
„Dann sollten wir uns nicht duzen.“
Haha, bei Schwärs Antwort musste ich grinsen. Das wirkt so naiv. Aber ich glaube, das passt schon zu ihm.

Henning bleibt stehen. Sie waren noch ungefähr fünf Meter voneinander entfernt.
Wieso ist die Angabe der Entfernung hier wichtig? Würde ich streichen.

Gutes Ende! Das gefällt. Wie gesagt: Gerne gelesen, insgesamt spannende und unterhaltsame Story.

So long,
d-m

 

Hallo @deserted-monkey

Coole Geschichte, habe ich sehr gerne gelesen.
Freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat!
Würde ich streichen, finde der Satz liest sich etwas unvollständig, wenn Du das Verb stehen lässt. Ausserdem vermeidest Du so die Doppelung von "haben" in dem Satz :-) Ach ja: "sein" könntest auch streichen.
Da hast du recht. Werde ich so übernehmen.
Was ich nicht ganz verstanden habe: Wieso erzählt der Typ Henning von seinem Raubüberfall so detailreich? Also auch noch, wie und ungefähr wo er die Beute versteckt hat etc. Ist das nicht sehr fahrlässig von ihm? Er müsste doch ahnen können, dass sein Zellengenosse danach suchen könnte.
Das ist schon so eine Sache. Du hast natürlich recht, wenn du dich fragst, ob das so realistisch ist. Oder vielleicht einfach zu konstruiert, damit die Geschichte funktioniert. Ich hatte zuerst diese Szene im Kopf. Also ein Typ im Knast, der seinem Zellengenossen seine Geschichte erzählt und sich das dann rächt. Das ist ja auch ein eher, sagen wir mal einfacher Typ. Daher dachte ich, dass er sich vielleicht einfach keine großen Gedanken darüber macht, ob seine Erzählung ein Nachspiel hat. Auch weil er selbst ja gerade erst ins Gefängnis gekommen ist, erst mal mit der Situation klar kommen muss usw. Aber ich sehe schon deinen Punkt. Mmh. vlt. fällt mir noch etwas ein und ich ändere die Stelle noch mal um. Muss ich mal schauen. Danke dir für den Impuls.
Und dann, bei der Szene wo Henning ihn mit dem Handtuch würgt: Er erzählt ihm einfach so den Rest? Er weiss zu diesem Zeitpunkt, der Henning kommt morgen raus, der riskiert doch nicht seine Freiheit, würde ihn nicht umbringen.
Das wiederum finde ich schon in Ordnung so. Stell dir vor, du wachst nachts auf und ein schweigsamer und dir körperlich überlegener Typ, würgt dich mit einem Handtuch. Denkst du dann wirklich: Moment, eigentlich kann er mich ja gar nicht erwürgen, weil es hätte ja auch Nachteile für ihn. Das glaube ich nicht. Ich denke, dass du aus Todesangst schon das tut, was die andere Person von dir möchte. Außerdem traue ich Henning durchaus zu, dass er auch weitergewürgt hätte ...
Upsi, ist wohl so ein Klassiker. DE = parken, CH = parkieren :D
Haha, ich dachte erst parkieren? Aber jetzt wirds klar :) Ich werd deinen Vorschlag aber übernehmen.
Fällst Du da bei diesen beiden fett markierten Sätzen nicht aus der Zeitform?
Das stimmt. Ändere ich. Der ganze Text hat sich auch seit Einstellen noch mal verändert. Ich habe viele Anmerkungen übernommen, einige Dinge gestrichen und ins Präsens gewechselt. Deshalb gibt es evtl. noch die eine oder andere Stelle, an der ich ein wenig aus der Zeit falle.
Haha, bei Schwärs Antwort musste ich grinsen. Das wirkt so naiv. Aber ich glaube, das passt schon zu ihm.
Mh. Eigentlich sollte Schwär gar nicht naiv erscheinen. Sondern damit wollte er dem Henning eigentlich Kontra geben. So im Sinne von: Freundchen, hier auf meinem Grundstück Siezt du mich.
Wieso ist die Angabe der Entfernung hier wichtig? Würde ich streichen. Gutes Ende! Das gefällt. Wie gesagt: Gerne gelesen, insgesamt spannende und unterhaltsame Story.
Ich fand die Angabe der Entfernung und der Umstand, dass sie einander immer näher kommen, ganz nett. Weil je näher, desto gefährlicher dachte ich mir.

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Anmerkungen!
Grüße Habentus

 

Hallo @Rob F @Sarah996 @Willibald @Detlev @kiroly @Friedrichard @AWM @deserted-monkey , ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich euch anpinne. Ich habe die Geschichte noch mal überarbeitet und dabei viele eurer Tipps und Anmerkungen versucht umzusetzen. Ich habe den Text ins Präsens gesetzt, einiges gestrichen und ein paar kleinere Stellen umgeschrieben. Ich habe das Gefühl, dass das jetzt straffer und direkter wirkt. Würde mich interessieren, was ihr sagt. Auf jeden Fall vielen Dank für eure wertvollen Anregungen!

Was ich leider nicht verändern konnte, ist dieses:

Ja, die Endsituation. Henning und Schwär mit Waffen. Hier lese ich einen Film als Text. Hm, vielleicht wäre ein Dialog passender, ein Gespräch in der Küche, eine Art sprachliches Duell. Ich weiß nicht, irgendwie wirkte das Ende auf mich sehr hastig, sehr höhepunkt-gewollt. Aber gut, das ist subjektiv. Du greifst hier auf typische us-amerikanische Motive zurück: Männer, die einsam am Rande großer Felder wohnen und Waffen pflegen und bedienen, Männer, die Knochen und Gesetze brechen und ihren eigenen Plänen folgen. Männer halt.
Und @kiroly ich sehe da voll deinen Punkt. Vielleicht wäre es tatsächlich besser, sich von dem altbekannten Motiv zu lösen und das Ganze in ein sprachliches Duell umzuändern. Interessanter vermutlich auf jeden Fall. Nur habe ich es leider nicht hinbekommen, die Stelle so aufzulösen. Daher habe ich die Stelle einfach ein wenig gekürzt, um es dann wenigstens kurz und schmerzlos zu machen. Außerdem ist Henning ja auch kein großer Redner ;)

Frohe (Rest-)Ostern
Habentus

 

Moin @Habentus,

vielen Dank für diese kleine, feine Räuberpistole.
Ich bin der Meinung, die Umsetzung ins Präsens war genau richtig.
Das, in Kombination mit den kurzen, prägnanten Sätzen, zwei solide gearbeiteten Hauptfiguren und deren (oft beiläufige) Handlungsbeschreibung, ließ in meinem Kopf einen lebendigen Kurzfilm entstehen, der mich an seinen besten Stellen ein klein wenig an Tarantino erinnerte:

Drinnen macht er Licht, legt den Sack auf den Tisch und geht zum Herd. Er greift nach einer Dose im Regal. Drei Löffel Kaffeepulver. Die Kanne stellt er auf die Herdplatte und dreht den Regler auf. Vom Tisch räumt er einen Teller mit Wurstresten ab. Den Teller stellt er in die Spüle, die Wurstreste wirft er weg. Regen schlägt gegen die Fensterscheibe. Er blickt nach draußen. Kann kaum etwas erkennen. Als die Kanne zischt, nimmt Schwär sie herunter, gießt Kaffee in einen Becher und setzt sich an den Tisch. Er trinkt einen Schluck. Hilft ja nichts, denkt er und greift nach dem Müllsack.
Diese Szene z.B. hat mich an den Schnitt von "Once upon a Time in Hollywood" erinnert, als QT uns über Minuten nichts anderes zeigt, als dass Brad Pitt sich selbst und seinem Hund etwas zu essen zubereitet.


Mit dem Bus fährt er in die Stadt. In einem Schnellrestaurant in der Nähe des Bahnhofs bestellt er etwas zu essen. Die Pommes sind labberig, das Fleisch feuchtkalt. Neben ihm sitzt eine junge Frau und blättert in einer Zeitschrift. Ihr ungefähr zweijähriger Sohn sieht ihm mit großen Augen beim Essen zu. Henning öffnet seinen Mund und zeigt dem Kleinen Teile seines zerkauten Burgers. Der Junge lächelt. Henning grinst und blinzelt ihm zu. Dann tritt er unter dem Tisch gegen das Schienbein des Kindes. Der Junge schreit. Die Mutter legt die Zeitschrift beiseite und beugt sich besorgt zu ihrem brüllenden Sohn herüber. Henning greift in ihre Handtasche. Mit einem Schluck spült er Fleisch- und Brötchenreste herunter, greift sich das Tablett, steht auf und geht.
Oder das hier. Gut gemacht, wie Du die Szene aufbaust. Eigentlich eine Aneinanderreihung von Nichtigkeiten, ergeben sie doch am Ende eine für die Story nicht unwichtige Auflösung.


„Das reicht jetzt.“ Schwär zieht die Pistole aus seinem Gürtel.
Henning bleibt stehen. „Kannst du damit überhaupt umgehen?“
Schwär hebt die Pistole. „Verzieh dich.“
Henning macht einen weiteren Schritt. „Was sagste den Bullen, warum du einen Unbewaffneten vor deinem Haus erschossen hast, hm?“ Er macht noch einen Schritt.
„Gar nichts sag ich. Ich zerleg dich und verteil dich bei mir aufm Feld. Das Auto versenke ich im See. Den Schuss hört hier draußen niemand.“
Henning lacht und schüttelt mit dem Kopf. „Du bist ein Schwätzer.“
Ja, der Showdown. Hier hätte ich eigentlich erwartet, dass der Bauer Schwär zumindest einen Warnschuss vor Hennings Füße abgibt, so Landwirte kennen sich doch bestimmt ein wenig mit Waffen aus (Klischee: Schützenverein und so … :)). Das hätte vielleicht den Spannungsbogen noch ein bisschen ausreizen können und Dir die Möglichkeit gegeben, mehr Dialog einzuflechten.


Die Polizisten greifen sofort nach ihren Waffen. „Bleiben Sie im Auto sitzen!“
Henning macht eine beschwichtigende Geste. Lässt sich wieder auf den Sitz zurückfallen. Die Autotür lässt er offenstehen. Seine rechte Hand wandert an die Stelle, an der er die Pistole unter seiner Jacke trägt.
Das offene Ende mochte ich sehr. Sollen die Leser:innen die Geschichte zu einem Abschluss spinnen.


Auch die Länge der Geschichte hat mir sehr zugesagt.

Sehr gerne gelesen,
beste Grüße
Seth

 

Hallo @Seth Gecko

freut mich, dass du meine Geschichte gerne gelesen hast :)

Ich bin der Meinung, die Umsetzung ins Präsens war genau richtig.
Das, in Kombination mit den kurzen, prägnanten Sätzen, zwei solide gearbeiteten Hauptfiguren und deren (oft beiläufige) Handlungsbeschreibung, ließ in meinem Kopf einen lebendigen Kurzfilm entstehen, der mich an seinen besten Stellen ein klein wenig an Tarantino erinnerte:
Cool! Ja, ich denke auch, dass die Geschichte von der Umsetzung profitiert. Und dass dich der Text an ein paar Stellen an Tarantino erinnert, nehme ich als Kompliment natürlich sehr gerne und errötend an!
a, der Showdown. Hier hätte ich eigentlich erwartet, dass der Bauer Schwär zumindest einen Warnschuss vor Hennings Füße abgibt, so Landwirte kennen sich doch bestimmt ein wenig mit Waffen aus (Klischee: Schützenverein und so … :)). Das hätte vielleicht den Spannungsbogen noch ein bisschen ausreizen können und Dir die Möglichkeit gegeben, mehr Dialog einzuflechten.
Der Showdown. Das ist vermutlich die Schwachstelle des Textes. Wurde ja auch bereits angemerkt. Ich wollte da jetzt nicht so ein shootout draus machen. Sondern ich wollte verdeutlichen, dass Schwär zu keiner Zeit eine Chance gegen den Henning hat. Deswegen ist der ja auch so lässig. Und klar, vielleicht kann Schwär schießen. Aber ob er deswegen auch auf einen Menschen schießen kann, ist ja noch mal eine andere Sache. Mmh. Vielleich schraube ich an dieser Stelle mit ein wenig Abstand noch mal.

Danke dir für deinen Eindruck!
Beste Grüße
Habentus

 

Hallo @Willibald und danke dir für deinen erneuten Kommentar!

Mir scheint relativ unwahrscheinlich, dass Schwär so spät in den Plastiksack guckt und noch dazu mit "Hilft ja nix...". Man könnte ihn relativ früh reingucken lassen, nicht dem Leser verraten, was drin ist, die Überlegung mit der Polizei bringen und dann - wie gehabt - die explizite Auflösung in der Gefängnisszene.
Da hast du recht. Ich hatte mir da auch schon mal Gedanken zu gemacht. Es ging mir drum zu zeigen, dass Schwär schon ahnt, was in dem Sack ist. Weil Überfall im Nachbarort, verschollene Beute usw. Und er eben die ganze Zeit am Grübeln ist, was er machen soll. Sprich, Polizei alarmieren oder Risiko eingehen und Geld behalten. Da entscheidet er sich dann ja für und ahnt zumindest, dass das gefährlich werden könnte. Daher dieses Zaudern. Daher diese lange Szene in der Küche, bis er endlich den Sack aufmacht. Aber ich sehe schon, was du meinst. Ich mache mir da noch mal Gedanken zu und ändere das eventuell doch noch mal um.
Die Mutter bewegt sich hinüber, der Genitiv-Apostroph Schwär´s ist unnötig.
Werde ich ändern. Danke für den Hinweis!

Viele Grüße und eine gute Woche!
Habentus

 

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