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Er gehört zu mir

sim

Seniors
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13.04.2003
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Er gehört zu mir

»Papa!« Henning fliegt vom Ausgang der Schule auf mich zu, breitet seine Arme aus, lässt sich von mir anheben und einmal im Kreis drehen. Ist er so viel schwerer geworden oder ich so viel schwächer? Ich kann ihn kaum halten, wenn die Fliehkraft an seinen Füßen zerrt und die Beine wie Flügel in der Luft schwingen. Nach einem Kuss setze ich ihn zu Boden.
»Schau mal in den Kofferraum meines Wagens.« Aufgeregt läuft er los und öffnet die Heckklappe.
»Du willst fort.« Sein Gesicht betrübt sich, als er die beiden Rucksäcke sieht. Daran hatte ich nicht gedacht, dass er es so auffassen könnte. Ich schüttle den Kopf.
»Nein, Henning. Ich will nicht fort. Wir verreisen.«
»Jetzt gleich?« Ungläubig schaut er mich an. »Kommt Mama auch mit?«
»Deine Mama muss arbeiten. Und da du Ferien hast, hat sie mich gebeten, mit dir wegzufahren.«
Hennings Augen werden immer größer, der Mund ist weit geöffnet. »Aber warum hat sie heute Morgen nichts gesagt?«
»Es sollte eine Überraschung sein.«
Hatte ich erwartet, dass er mir vor Freude noch einmal um den Hals fällt? Ich weiß doch, wie es ist, wenn Überraschungen zu gut gelingen. Man kann sich nicht freuen. Hennings Mund bleibt offen, aber er jubelt nicht. Er sagt nicht einmal etwas. Er steigt wortlos in den Wagen und erst, als er schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, fragt er: »Darf ich vorne sitzen?«
»Klar«, antworte ich und spüre den strafenden Blick Elaines auf mir. Wie mächtig können Menschen sein?
»Wohin fahren wir?«
»Wohin möchtest du?«
»In die Berge.«
Das Meer hat ihn nie gereizt. Immer, wenn wir gefragt haben, wollte er in die Berge. Das muss er von mir haben. Elaine hasst die Berge.
»In Ordnung. Fahren wir in die Berge.«


»Schau mal!« Henning zerrt mit seinen kleinen Händen an meinem Hemd, während er gebannt aus dem Fenster sieht. Vor ihm der aufgeklappte Tisch mit einer Flasche Apfelsaft darauf. Immer näher rückt er an die Scheibe, presst seine Nase ans Glas, um nichts zu verpassen.
»Pass auf, Henning, sonst schmeißt du noch die Flasche um.« Ich fange schon an, wie seine Mutter. Wird man so, beladen von Verantwortung?
Unter uns rattern die Räder über die Gleise, ich gähne und übersehe lieber, dass Henning sich die Schuhe nicht ausgezogen hat, bevor er sich auf den Sitz kniete.
»Schau doch mal!« Kurz dreht er sich zu mir um, während er aufgeregt mit dem Finger nach draußen zeigt. Sachte erheben sich dort die ersten Ausläufer der Alpen. Hinter den Weiden türmen sich Mischwälder auf, aber Henning zeigt in den Himmel. »Siehst du den Vogel dort? Was ist das für einer?«
Hätte ich doch bloß besser aufgepasst in der Schule. Dann wüsste ich, ob es ein Adler ist, der dort oben kreist. Ich stehe auf, stelle mich ans Fenster und umschließe den zarten Körper des Jungen. »Ein Habicht oder ein Bussard? Ich kann es dir nicht sagen.«
Mund und Nase hinterlassen Spuren an der Scheibe.
»Mama hätte es bestimmt gewusst.«
»Ja, deine Mama ist klug.« Henning soll nicht schlecht über sie denken.
Ein paar Stunden Zugfahrt noch, dann werden wir am Ziel sein. Zum Glück ist der Blick aus dem Fenster aufregend für Henning.
»Siehst du einen Hasen oder ein Kaninchen auf den Weiden? Wenn der Vogel so kreist, könnte er sich bald hinab auf sein Opfer stürzen.«
»Nein.« Der Junge muss den Kopf schon weit drehen, um seinen Blick von dem winzigen Punkt im Himmel hinunter ins Tal lenken zu können. Bald wird der Vogel nicht mehr zu sehen sein.
»Schade.« Wie schön ist es, meine Hand auf seine Schulter zu legen, meinen Kopf nah an seinen zu halten und mit ihm in die gleiche Richtung zu schauen. Wie habe ich es vermisst, dass er sich so vertrauensvoll an mich schmiegt.
Die Sohlen seiner Schuhe sind zum Glück sauber. Trotzdem ziehe ich sie Henning sicherheitshalber aus, bevor ich mich wieder auf meinen Platz setze.
Der Vogel ist hinter dem Horizont verschwunden, die Geschwindigkeit des Zuges achtet nicht auf das, was wir sehen wollen, aber sie bringt uns immer weiter in Sicherheit. Die Hügel fangen an, Henning zu langweilen. Er rutscht wieder hinunter auf seinen Platz.
»Wann sind wir da?«
»Ein paar Stunden noch. Hast du Hunger?«
Henning nickt. Ich hole ein paar Brote mit Cervelatwurst und Gurken aus meinem Rucksack. Die hat er immer gerne gegessen, damals.
Damals. Das klingt, als ob es ewig her wäre. Dabei sind zwei Jahre nur dann eine Ewigkeit, wenn sie mit wartender und verzweifelter Sehnsucht gefüllt sind. Damals ist er noch nicht zur Schule gegangen.
Die Alufolie knistert, als ich eines der Brote auspacke und es ihm gebe. Wie vertraut einem Geräusche doch bleiben. Früher habe ich dieses Knistern immer nur gehört, wenn Elaine Henning ein Brot gab, während ich mich auf den Verkehr konzentrierte.
»Warum fährt Mama nicht mit mir in den Urlaub?« Brot quillt aus seinem Mund. Die Ungeduld lässt keinen Raum dafür, erst zu schlucken.
»Deine Mama muss doch arbeiten. Aber sie freut sich schon darauf, dich in zwei Wochen wieder zu sehen.« Wann würde er mich das nächste Mal fragen?
»Früher sind wir immer zusammen weggefahren.«
Früher. Als wir noch glaubten, so viel Glück gar nicht verdient zu haben und gemeinsam tief befriedigt lächelten, wenn wir noch einmal in sein Zimmer schauten, bevor wir ins Bett gegangen sind. Früher ist die Zeit der gemeinsamen Reisen, Henning auf der Rückbank und Elaine, die sich zu ihm umdrehte und dabei lachte.
»Ja, das war schön.«
Früher, als wir uns noch nicht dafür verletzten, dass wir uns auseinander gelebt haben.
Henning nickt bekräftigend. Das Brot hält er mit beiden Händen, wenn er hineinbeißt. Das blonde Haar hat er von Elaine, genau, wie die leicht angestupste Nase und die Sommersprossen. Nur die braunen Augen hat er von mir. Etwas scheint in seinem Kopf vorzugehen. Die Augen bewegen sich unruhig, schauen auf die beiden Rucksäcke, die über uns im Gepäcknetz liegen.
»Ich hoffe, Mama hat Nasi eingepackt.«
Das Nashorn. Wie konnte ich das vergessen. Hatte ich gehofft, dass er es nicht mehr braucht, wenn er in der Schule ist?
»Hey, beim Wandern nimmt Nasi doch viel zu viel Platz weg.«
Wie konnte ich erwarten, dass er sich damit zufrieden geben würde.
»Hat Mama ihn nun eingepackt?«
Ich darf ihn nicht belügen, nicht die Schuld auf Elaine schieben. Schließlich habe ich alle Sachen für ihn neu kaufen müssen. Ich weiß ja noch nicht mal, ob sie ihm passen.
»Nein. Ich habe es vergessen.«
Einen Moment lang vergisst er, zu kauen, mustert mich aus weit geöffneten Augen. Wenn ich ihm jetzt durch das Haar streichelte, würde der Schweiß meiner Hände es nässen. »Es tut mir Leid.« Ich könnte ihm anbieten, ein anderes Tier zu kaufen, sobald wir am Urlaubsort angekommen sind. Aber wäre das ein Ersatz für sein Nashorn?
»Armer Nasi«, sagt Henning. »Jetzt muss er zwei Wochen ohne mich auskommen.« Dann legt er seine Hand auf mein Knie. »Mach dir nichts draus, Papa. Ich vergesse ja auch manchmal etwas.«

Es muss schön sein, wenn man noch so klein ist, dass man mit zwei Sitzen auskommt, um sich hinzulegen. Es ist gut, dass er schläft. So kann er Kraft tanken für die Wanderungen von Hütte zu Hütte.
Gleich morgen in der Früh werden wir aufbrechen. In der Einsamkeit der Berge können wir verschnaufen, Vater und Sohn sein und gemeinsam etwas erleben. Dort werden sie uns hoffentlich nicht suchen.
Was spricht dagegen, dass er seinen Kopf so selig auf meine Beine bettet und ich ihn sacht streichle, während er schläft? Wie gefährde ich ihn in seinem Wohl? Was hat sie mir nicht alles angedichtet, nur damit ich ihn nicht sehen darf? Er würde nicht zu mir wollen, käme verstört von mir zurück. Er würde sich neuerdings im Bad einschließen, nachdem er bei mir war. Wie kommt sie auf solche abstrusen Ideen?
Ahnt er, dass Elaine mir hat verbieten lassen, mich ihm zu nähern? Weiß er um die Aufsicht, die immer dabei sein muss, wenn wir uns legal sehen wollen? Weiß er um die Bannmeile von fünfzig Metern? Wäre er dann so hoffnungsvoll auf mich zu gelaufen?
»Henning, wir müssen gleich umsteigen.« Ich mag ihn kaum wecken, so friedlich schläft er auf meinem Schoß. Er blinzelt leicht, murrt ein bisschen, bevor er die Augen öffnet.
»Was ist los?«
»Wir sind gleich in München.«
Langsam reckt er sich hoch, die Augen sind noch verklebt, die Haare verwuselt und platt gedrückt. Er schaut sich im Abteil um, blickt aus dem Fenster, dann auf mich.
»Guten Morgen Papa«, sagt er verwundert. »Dann habe ich ja doch nicht geträumt.«
So unwirklich bin ich schon für ihn.
»Nein, du träumst nicht.«
»Wo fahren wir hin?« Er blickt aus dem Fenster, sieht die Häuser an der Bahnlinie.
»Heute Abend erst mal nach Ainring.«
»Zum singenden Wirt?« Langsam kommt Leben in ihn. Den singenden Wirt kennt er aus der glücklichen Zeit. Aber darauf würde Elaine kommen. Ich reiche ihm seine Schuhe.
»Nein«, antworte ich währenddessen. »Dort hatten sie leider kein Zimmer mehr frei. Wir übernachten im Ainringer Hof. Und morgen früh kaufen wir dir neue Stiefel und wandern über das Steinerne Meer.«
»Ich kann das alleine«, wehrt er ab, als ich ihm die Schuhe zubinden will. So viele Fortschritte ohne mich. Also hole ich das Gepäck aus der Ablage. Einen Rucksack wird er tragen müssen. Aber ich habe nur ganz leichte Dinge darin.
»Ich habe es nur gut gemeint.« Irritiert schaut er kurz auf, bevor er den Knoten ein letztes Mal festzurrt.
»Wie kommt es, dass du auf einmal wieder etwas von mir wissen willst?« Er schaut mich nicht an, als er das fragt. Meine Hand schüttelt er ab, als ich seinen Kopf zu mir drehen möchte.
»Wieso denkst du, dass ich das nicht mehr wollte?«
»Mama hat es gesagt.«
Wütend beiße ich die Zähne zusammen. Wie schaffe ich es, ihm die Wahrheit zu erzählen, ohne Elaine schlecht zu machen? Wie schaffe ich es, ihr nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen, was sie mit mir tut. Sie ist seine Mutter. Er soll sie lieben. Wir sind doch noch nicht einmal im Streit auseinander gegangen.
»Ich wollte immer etwas von dir wissen.« Den Zusatz - ich durfte ja nicht – verkneife ich mir. Damit hat er nichts zu tun. »Ich konnte nur nicht. Aber jetzt habe ich Zeit für dich.« Ob er sich damit zufrieden gibt? Ich halte ihm seinen Rucksack hin, sodass er mit seinen Armen durch die Träger greifen kann. Die Gurte zieht er sich alleine zurecht. Er hat viel gelernt in den zwei Jahren. Wir stolpern im Gang, als der Zug bremst. In München wollen viele Passagiere aussteigen. Ich nehme Henning an die Hand. Wir müssen uns beeilen, denn der Zug nach Freilassing fährt schon bald ab.


Hat jemand gesehen, wie Henning zu mir ins Auto gestiegen ist? Ich sollte Henning bei Elaine anrufen lassen, damit sie weiß, dass es ihm gut geht und er in zwei Wochen wieder kommt. Sie würde mir selbst diese zwei Wochen nicht gönnen. Vielleicht war es keine gute Idee, ausgerechnet nach Ainring zu fahren. Oder ist es nur Zufall, dass ein Polizeiwagen am Bahnhof steht?
Wir könnten überall sein. Das schlechte Gewissen redet mir Gespenster ein. Ich hoffe, Henning spürt meine Angst nicht. Bisher hat er mir geglaubt, dass seine Mutter mich gebeten hatte, mit ihm zu verreisen. Als ob wir noch anders als über Anwälte miteinander reden würden.
Wir sind nur Vater und Sohn, kein Grund zur Panik. Wir werden jetzt das Gepäck schultern, aus dem Zug aussteigen und den schmalen Weg zum Gasthof gehen.
Einer der Beamten lächelt freundlich, als wir auf den Bahnsteig treten. Bin ich auffälliger, wenn ich grüße, oder wenn ich an ihm vorbeischaue?
Wir müssen warten. Die Schranke öffnet sich erst, wenn der Zug fort ist. Dann können wir über die Gleise. Henning ist hellwach. Zum Glück redet er pausenlos auf mich ein, zeigt auf die Berge der Umgebung, auf den Watzmann, auf den Hundstot und auf den Untersberg, der sich als gewaltiges Massiv über das Tal erhebt und es dominiert.
Es ist erstaunlich, wie gut sich Henning die Namen der Berge merken kann. Fast, als wäre er hier zu Hause. Solange die Schranke unten ist, knie ich mich zu ihm, lasse mir alles erklären, was ich ihm gezeigt habe, als wir das erste Mal mit ihm hier waren.
Im Rücken spüre ich den Schatten, der auf mich zukommt.
»Herr Gravensen?«


Die Wörter des Illusionisten waren Zugfahrt, kreisen, hoffnungsvoll, beladen, Tal

 

Hallo goldene Dame,

ja, der Rücken der Kinder muss leider bei Scheidungen häufig sehr breit sein.
Den Horizont werde ich abändern. Auch die andere erwähnte Stelle noch etwas ausbauen. Mir können meine Geschichten ja nie lang genug sein. ;)

Hallo Anea,

stimmt, das ist wirklich noch eine offene Frage. Ärgerlich, da mir die Beantwortung eigentlich so einleuchtend war. Aber ich werde sie auch noch mal in die Geschichte einbauen.

Euch beiden vielen Dank fürs Lesen, fürs Lob und für eure Anregungen. :)

Liebe Grüße, sim

 

Gut, dass Anea die Frage danach stellt, weshalb der Vater zwei Jahre lang sein Kind nicht hat sehen dürfen.
Ich habe vor lauter Betriebsblindheit diesen Punkt in meinen Erläuterungen nicht dargestellt und hole dies hiermit nach.

Die Antwort sei vorangestellt:
es kann zwei oder noch mehr Jahre dauern, bis so ein Gerichtsverfahren beendet und damit erst die Entscheidung über die Besuchskontakte endgültig gegeben ist.

Das hat viele Faktoren, die ich jetzt versuche kurz aufzuzeigen.

Ausgangslage ist ja, dass das Kind bei z.B. der Mutter lebt (es kann natürlich auch umgekehrt sein, aber ich folge hier mal sims Beispiel in der Geschichte).
Nun beschließt die Mutter, aus welchen Motiven auch immer, das sei dahingestellt, dass der Vater keinen Umgang mehr mit dem Kind haben soll.
Sie blockt also seine Wünsche, das Kind zu sehen und mit ihm ein wenig Freizeit zu verbringen ab, indem sie entweder radikal gar nicht reagiert oder eben laufend Ausflüchte hat.

Nun muss man verstehen, dass der ausgegrenzte Elternteil keineswegs sofort zum Anwalt geht und das Gericht bemüht, denn schließlich bedeutet so ein Schritt ja schon, dass man dem anderen Elternteil damit den "Krieg" erklärt und gelinde gesagt ist die Anrufung eines Gerichts irgendwie auch eine Bankrotterklärung gegenüber einer gütlichen Einigung.
Mit andren Worten: der Vater wird eine Weile benötigen, bis er sich zu diesem Schritt entschließt, bis er keine anderen Lösungsmöglichkeiten mehr sieht.

Sodann geht er also zum Anwalt oder, wenn er das Verfahren allein betreiben möchte, was auch geht, zum Gericht und erhebt Klage und zwar Klage auf das Recht des regelmäßigen Umgangs.
Die Klage ist, ob nun allein oder via Anwalt, schnell erhoben, aber die Gerichte benötigen ihre Zeit und immer ! muss auch der Gegner darüber informiert werden, was gerade gegen ihn läuft.
Dies bedeutet, dass vom Eingang der Klage beim Gericht bis zur ersten wieder beim Kläger eintreffenden Antwort insgesamt ein Zeitraum von 1-2 Monaten vergehen kann.

Die unwillige Mutter wird zunächst erstmal alles Mögliche abstreiten, selbst einen Sachverhalt vortragen, der Angriffe gegen den Vater enthält, so dass diesem wiederum erstmal die Gelegenheit gegeben werden muss, darauf zu antworten. Hierzu setzen die Gerichte meist Fristen von 2-3 Wochen.
Bis zur dann wieder eintreffenden Antwort geschieht meistens nichts.
Ein vorausschauender Richter schaltet jedoch schon mal das zuständige Jugendamt ein, welches stets die Aufgabe hat, einerseits zwischen den streitenden Eltern zu vermitteln und zum Wohle des Kindes zu wirken und dem Richter eine Art sachverständige Stellungnahme über den Stand der Dinge zu geben.

Das Jugendamt selbst bearbeitet meistens derartig viele Fälle, dass es nicht sogleich an den Fall gehen kann und ebenfalls, je nach Vorgehensweise ein paar Monate benötigt, um entweder zwischen den Eltern einen Vermittlungsversuch zu untenehmen oder am Ende dem Richter einen Sachstandsbericht über die Lage vor Ort zu geben, wobei zuvor auf jeden Fall der Kontakt zu den Eltern und dem Kind hergestellt worden ist.
Bis zum Eintreffen dieser schriftlichen Stellungnahme vergeht meist wieder ein Zeitraum von mehreren Monate.
Zu jedem Schriftstück, welches bei Gericht eingeht, also auch zu dieser Stellungnahme dürfen die Parteien ebenfalls schriftlich Stellung nehmen, was wiederum Zeit beansprucht.
Meist wird jedoch in dieser Phase dann der erste Verhandlungstermin stattfinden, der zum Ziel hat, die Situation zu klären und zu bereinigen.
So ein Verhandlungstermin kann so enden, dass die Eltern einen Vergleich schließen, sich also gütlich einigen,
oder dass sie so streitig neue Dinge vortragen, dass erstmal nach dem Termin wieder schriftlich einiges richtig gestellt werden muss,
oder
dass man aufgrund des Sachvortrages weitere Ermittlungen anstellen muss.

So kann es durchaus passieren, dass die Mutter behauptet, das Kindeswohl sei gefährdet, wenn der Vater weiterhin mit dem Kind Kontakt hat. In diesem Fällen ist das Jugendamt meistens argumentativ überfordert, dazu abschließend Stellung zu nehmen, weswegen dann ein Sachverständiger eingeschaltet wird.
Dieser benötigt auf jeden Fall Monate für sein Gutachten, weil er erstens nicht nur diesen Fall zu bearbeiten hat und zweitens selbst erstmal die Aktenlage studieren muss, sondern auch dann mit den Parteien und dem Kind persönlichen Kontakt aufnehmen muss und am Ende natürlich das Gutachten verfassen muss.
Für die Einschaltung eines Gutachters bis zum Eintreffen seines Gutachtens bei den Parteien kann man mindestens ein halbes Jahr veranschlagen.

Übrigens, in dieser ganzen sog. Zwischenzeit findet kein einziger Besuchskontakt statt, denn man hat ihn ja zuvor grade mit der Behauptung unterbunden, dass es fürs Kind schädlich sei.
Ich muss hier natürlich etwas pauschalieren, jeder Fall liegt etwas anders, aber was ich darstellen wollte ist, dass jede Menge Zeit vergehen kann, bevor eine endgültige Entscheidung durch das Gericht entstanden ist.
Nachdem also die Parteien nun schriftlich Gelegenheit hatten, zum Gutachten Stellung zu nehmen, wird ein weiterer Verhandlungstermin anberaumt, in welchem zwar nochmals eine gütliche Beendigung des Streites angestrebt wird, jedoch haben sich bis dahin die Fronten schon meistens so verhärtet, dass kaum noch Chancen darauf bestehen.
Am Ende wird dann das Gericht ein Urteil schreiben, zu welchem es ebenfalls etwas Zeit benötigt und dieses Urteil wird im Prínzip die Vorschläge des Gutachters beeinhalten.
Das Urteil wird nun den Parteien zugestellt, welche ab diesem Datum einen Monat lang Zeit haben, zu überlegen, obs ihnen gefällt und ob sie dagegen Rechtsmittel einlegen wollen.
Ein Elternteil, der perfiderweise vorhat, den anderen von dem Kind zu entfremden, wird selbstredend die Möglichkeit dieses Rechtsmittels ausschöpfen und Berufung bzw. Beschwerde einlegen.
Dann geht das alles (bis auf vielleicht das Gutachten) nochmals von vorne los und dauert dann nochmal so eine lange Zeit wie soeben beschrieben.
Weitere Verzögerungen können eintreten durch:
Anträge auf Verlängerungen der Schriftsatzfristen, wenn also eine der Parteien nicht pünktlich in Frist antworten kann,
Wechsel im Jugendamt, wenn der Elternteil mit dem Kind in einen anderen Bezirk (innerhalb der Großstädte) oder anderen Wohnort umgezogen ist,
Terminsverschiebungen seitens eines verhinderten Richters, eines Anwalts oder einer der Eltern,
Zusatzfragen an den Sachverständigen, der dann wiederum Zeit benötigt, um sein Gutachten zu vervollständigen.
Also alles Situationen, die direkt zu einer Zeitverzögerung führen.

Wichtig ist, dass in all dieser Zeit der Vater nicht das Recht hat, eigenmächtig den Kontakt zum Kind aufzunehmen! Tut er es dennoch, was ja nur zu verständlich wäre, so gereicht ihm dieses Vorgehen regelmäßig zum Nachteil und verschärft das Gerichtsverfahren deutlich.

Und nicht unerwähnt lassen möchte ich zum Abschluss, dass bei allem IMMER DAS KIND AUF DER STRECKE BLEIBT!

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo, sim

Hier müsste ich dich erstmal loben, für die unterhaltsame und fesselnde Geschichte, was bei solcher Länge eher eine Seltenheit ist. Die einzige Stelle, die meine Mißgunst erregt hatte, war der letzte Absatz. Da musste ich mich nahezu ärgern, das du es so abhandelst, so gezwungen klang das. Also. Warum nicht ein offenes Ende? Hättest du gleich nach "...denn der Zug nach Freilassing fährt schon bald ab" aufgehört, hätte mir diese Geschichte besser gefallen. Hat es einen edukativen Grund? Wolltest du vermeiden, dass die Handlungen des Vaters als eine Lösung des Problems dargestellt werden?

 

Hallo Anton von Mi,

erst mal vielen Dank für das Lob an den ersten Teilen der Geschichte.
Ich habe mir deine Überlegung lange durch den Kopf gehen lassen, denn beim Schreiben stand das Ende für mich von Beginn an fest. Weniger als pädagogischer Aspekt, der wäre mir schnuppe, sondern als Verstärkung der Auweglosigkeit, in der sich Elternteile befinden, denen das Kind vorenthalten wird.
Aus diesem Grund wollte ich keine positive Ausgangsmöglichkeit zulassen, auch wenn es trotz aller polizeilicher Suchaktionen und Fahndungen eventuell sogar möglich wäre, dass es dem Prot gelingt, die zwei Wochen Urlaub zu überstehen.
Meines Erachtens wäre aber dann der dramaturgische Bogen gekappt worden.

Lieben Gruß, sim

PS.: Die Geschichte ist doch kurz. ;)

 

Lieber sim!

Tut mir Leid, daß ich erst jetzt dazukomme, Dir hier eine Kritik zu schreiben. Dabei ist die Geschichte ganz nach meinem Geschmack. :) Jedenfalls, was die Intention betrifft, sowie das Stilistische und Deine gekonnte Art, zugleich die Handlung spannend voranzutreiben und den Leser mit Informationen zu füttern.

Dennoch hab ich ein paar Kritikpunkte. Du willst den Vater als so »korrekt« beschreiben, daß der Leser ihm wünscht, seinen Sohn auf legalem Weg sehen zu dürfen. Dazu paßt aber nicht, daß er gesetzlich verbotene Dinge erlaubt, um Henning eine Freude zu machen – damit meine ich das Vornesitzen im Auto. Zumindest bei uns dürfen das Kinder erst ab zwölf, so alt ist er aber noch nicht, da er zwei Jahre zuvor noch gar nicht in die Schule ging, er ist also maximal acht.

Der zweite Punkt ist die Polizei, die schon am Bahnhof wartet – ich denke, das geht ein bisschen zu schnell. Bis man bei der Polizei erst einmal ernst genommen wird, vergehen schon Stunden, und daß die Zuginsassen sie erkannt haben, glaube ich nicht, denn dazu müßten die bereits davon in den Nachrichten gehört haben (auch dorthin dauert es einige Zeit), da die Mitreisenden aber ebenso unterwegs sind, ist das wohl auszuschließen.
Warum die beiden die Schultasche mit dabei haben, ist mir nicht ganz klar – die hätten sie ja im Kofferraum des Autos lassen können. Vielleicht wolltest Du damit das Paratstehen der Polizei erklären, aber das funktioniert in meinen Augen eben nicht.
Ich würde die Geschichte noch weiterschreiben, die beiden noch ein, zwei Tage Urlaub machen lassen, und dann das Erwischtwerden vielleicht an »Nasi« festmachen, indem Henning in irgendeinem Lokal zufällig die Fernsehnachrichten sieht, in denen auch das Kuscheltier (am Schoß der Mutter) gezeigt wird. Henning würde vorm Fernseher stehen und vor allen Gästen im Lokal sagen: »Mein Nasi…« – Das ist natürlich nur ein Vorschlag, aber vielleicht gefällt er Dir ja. ;)

Noch ein paar Kleinigkeiten:

»Hennings Augen werden immer größer, der Mund ist weit geöffnet. »Warum hat sie …«
– Würde er – vom geöffneten Mund ausgehend – nicht eher mit einem »Aber« zu sprechen beginnen?

»Mann kann sich nicht freuen.«
Man

»und erst als er schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, fragt er:«
– erst, als

»Henning patscht mit seinen kleinen Händen nach mir,«
– Hm, also irgendwie ist mir der Junge schon zu groß, um mit den Händen zu patschen, das ist doch mehr bei Kleinkindern der Fall. Eher würde er vielleicht an der Kleidung ziehen oder so.

»Das Brot hält er in beiden Händen, wenn er hineinbeißt.«
– Fände schöner »mit beiden Händen«

»Das blonde Haar hat er von Elaine, genau, wie die leicht angestupste Nase und die Sommersprossen. Nur die braunen Augen hat er von mir.«
– Das klingt etwas kitschig, und es ist auch selten, daß ein Kind so eindeutig aus den Merkmalen der Elternteile zusammengesetzt ist; bis zu fünf Generationen weit können die Erbanlagen wirken.

Alles Liebe,
Susi :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Mist, jetzt habe ich mich durch die ganzen Kommentare gelesen (die durchaus aufschlussreich und interessant waren) und die Gefühle bezüglich deiner Geschichte haben sich geglättet.

Hallo sim erstmal.

So, ich erinnere mich zurück (komische Satzkonstruktion). Immer wieder bin ich bei deinen Geschichten über die Charakterisierung begeistert. Einfach wundervoll!!!

Der Plot ist durchaus nachvollziehbar und stark darauf ausgelegt, Mitleid mit dem Vater zu erreichen. Aber (irgendjemand hat es hier schon erwähnt), was geht in der Mutter vor, wenn ihr Sohn nicht nach Hause kommt?
Immerhin muss sie von einer Entführung ausgehen (war es ja auch, aber ich meine eine Entführung durch einen Fremden).
Sie wird die Berichte über Vergewaltigungen, Kindestötungen, Leichenfunde vor Augen haben. Sie wird von dem Gefühl, erdrückt zu werden, übermannt; wird "sterben" vor Angst.

Sosehr ich dem Vater in deiner Geschichte den "Urlaub" mit seinem Sohn gönne, so froh bin ich doch darüber, dass sie nach einem Tag schon gefunden wurden. Dass Henning LEBEND gefunden wurde.

Ich weiß nicht, ob ich als Vater in einer solchen Situation nicht ähnlich handeln würde, doch muss ich das Handeln aufs Schärfste verurteilen. Zumal du ihn charakterlich so darstellst, dass sein Groll auf die Ehefrau nicht sooo ausgeprägt ist. Ein kurzer Anruf hätte genügt. "Hallo, ich fahre mit Henning in den Urlaub. Mach dir keine Sorgen. Wir melden uns zwischendurch."
Du erwähnst diesen Gedankengang kurz, doch mMn für deinen Prot zu spät. Und dass er ihn nicht ausgeführt hat, passt auch nicht zu seinem Charakter.
Aber: das ist wirklich nur mein subjektives Gefühl (logisch, wessen sonst? :hmm: )
Und, wie bereits erwähnt, ich weiß nicht, wie ich gehandelt hätte. Dazu fehlt auch der nötige Hintergrund in deiner Geschichte.

So, lange Rede usw. Wollte nur mal kurz die "andere" Seite darstellen, die hier doch sehr vernachlässigt wurde. Ich möchte an diesem Tag wahrhaftig nicht in der Haut der Mutter stecken ...

Fazit: Eine sehr traurige Geschichte, die (zumindest bei mir) ein wahres Gefühlschaos ausgelöst hat. Vielen Dank für die gute Unterhaltung!

Lieben Gruß! Salem

 

Aber (irgendjemand hat es hier schon erwähnt), was geht in der Mutter vor, wenn ihr Sohn nicht nach Hause kommt?
Immerhin muss sie von einer Entführung ausgehen (war es ja auch, aber ich meine eine Entführung durch einen Fremden).
Sie wird die Berichte über Vergewaltigungen, Kindestötungen, Leichenfunde vor Augen haben. Sie wird von dem Gefühl, erdrückt zu werden, übermannt; wird "sterben" vor Angst.
Ich hatte mit der Mutter kein Mitleid, weil sie selbst ja offensichtlich diejenige ist, die den Streit ums Kind überhaupt heraufbeschworen hat. Hätte der Protagonist normales Besuchsrecht, hätte er sein Kind wohl nicht entführt. Und sie hat dem Kind ja sogar noch vorgelogen, daß der Vater es nicht sehen wollte - mit der hab ich wirklich kein Mitleid.

 

Und sie hat dem Kind ja sogar noch vorgelogen, daß der Vater es nicht sehen wollte - mit der hab ich wirklich kein Mitleid.
Habe ich etwas überlesen? Und selbst wenn, das arme Kind ist der Zankapfel, um den es geht.

 

Goldene Dame schrieb:
Habe ich etwas überlesen?
Vielleicht war das ja noch nicht drin, als Du die Geschichte gelesen hast? ;)

»Wie kommt es, dass du auf einmal wieder etwas von mir wissen willst?« Er schaut mich nicht an, als er das fragt. Meine Hand schüttelt er ab, als ich seinen Kopf zu mir drehen möchte.
»Wieso denkst du, dass ich das nicht mehr wollte?«
»Mama hat es gesagt.«

 

@ Häferl

goldene Dame schrieb:
Es kann aber auch sein, dass der Vater überfordert von seiner Rolle zutrinken angefangen hat....oder spielsüchtig wurde.....

Ich habe die Passage ganz anders gesehen: Als Schutz seitens der Mutter, damit der Junge sich nicht schuldig fühlt

 

Zitat Susi
Ich hatte mit der Mutter kein Mitleid, weil sie selbst ja offensichtlich diejenige ist, die den Streit ums Kind überhaupt heraufbeschworen hat.
Wenn dem so ist, gebe ich dir natürlich Recht, aber das wissen wir hier ja nicht. Vielleicht wollte sie ja wirklich nur, wie Goldene Dame vermutete, ihren Sohn beschützen.
Da sim das aber bewusst offen gelassen hat, bin ich der Meinung, man muss beide Seiten betrachten, und wenn der Vater wirklich "böse" war ...

Meine Vermutung zu der Geschichte geht allerdings auch in deine Richtung, Susi. Ich bin beim Lesen davon ausgegangen, dass der Mann, genervt vom Beziehungsalltag, seine homosexuelle Seite entdeckt hat.
Er verließ daraufhin die Familie. Ich denke, daher auch die (natürlich unberechtigte) Angst der Mutter, dass ihr Exmann ihren Sohn auf den Schoß nimmt und streichelt.
Aber, wie gesagt, ist nur meine Intention, die ich mit der Geschichte verband.

Salem

 

Hallo ihr alle,

bevor ihr jetzt denkt, ich kümmere mich gar nicht mehr um meine Geschichte, schreibe ich doch jetzt endlich mal etwas.

Liebe Häferl,

der Vater handelt eindeutig illegal, so nachvollziehbar es aus seiner Situation auch sein mag. Er sollte bei mir weder gut, noch schlecht sein. Seine Handlung wird eher dazu führen, dass er seinen Sohn nie wieder zu sehen bekommt. Jedenfalls liefert er der Mutter eine perfekte Begründung, ihm den Kontakt auch weiterhin vorzuenthalten. Die goldene Dame hatte es richtig gesehen. Beide Erwachsenen könnten sich nicht einigen. Leidtragender ist das Kind (Dazu auch noch einmal ein herzlichesDankeschön an lakita für ihren tollen rechtlichen Exkurs)

Ab wann Kinder bei uns im Auto vorne sitzen dürfen, weiß ich gar nicht so genau. Aber das war dem Vater zu dem Zeitpunkt auch egal. Es war eine Möglichkeit, dass Kind nicht nur an, sondern auf seine Seite zu bekommen.

Zu deiner zweiten Kritik. Darüber habe ich schon beim Schreiben sehr gegrübelt. Auf der einen Seite ist es unwahrscheinlich, dass der Vater sehr weit kommen wird, auf der anderen Seite könnte er sich bei einer Hüttenwanderung durch die Berge eine Zeitlang recht gut verstecken. Die Hütten des Alpenvereins haben dort oben im steinernen Meer keine Fernsehgeräte. Sie haben vorzügliches Essen, aber wenig Luxus. Die Betten sind eher MAtratzenlager und nur die wenigsten Hütten sind mit Duschen ausgestattet. So sehr mir deine Idee also gefällt. Jeder, der sich in diesem Zipfel des Berchtesgadener Land auskennt, hätte mir den Fernseher angekreidet. ;)
Normalerweise gilt jemand erst nach 24 Stunden als vermisst. Im Falle eines Sorgerechtsstreit dieser Form könnte ich mir aber vorstellen, dass die Mutter schon eher bei der Polizei Erfolg hätte., erst Recht, wenn noch ein Mitschüler gesehen hat, wie Henning auf einen Mann zugelaufen und in dessen Auto gestiegen ist. So einsam kommt kein Schüler aus der Schule, dass es nicht jemand sehen würde.
Bei der Schultasche kommt die Praxis der Mutter durch. An diese einfache Möglichkeit habe ich glatt nicht gedacht. Vielen Dank für den Hinweis. Auch für all die anderen Anregungen. Ich werde das auf alle Fälle noch überarbeiten.

Hallo Salem,

natürlich verurteile auch ich das Handeln des Vaters. Ich kann deine Bedenken gut verstehen. Wie du an dir siehst, funktioniert dieses Bemerken der anderen Seite auch ohne, dass ich sie darstelle. Ich wollte die Haltung des Vaters nicht in einem korrekten Verhaltenskontext schreiben. Diskussionen darüber finden mE über das Gewähren lassen der "falschen Lösung" statt.

Auch dir vielen Dank fürs Lesen und für deine schönen Gedanken.

Zu der Frage, ob die Mutter Mitleid verdient hat. Angesichts der Sorgen, die sie sich machen muss, wenn das Kind nicht nach Hause kommt, sicherlich schon. Sie belügt ihr Kind tatsächlich in der Überlegung, es zu schützen, gleichwohl beschützt sie natürlich auch sich. Und wie edel das Motiv sein mag, es bleibt eine Lüge.

Aus welchem Grund die Ehe in die Brüche gegangen ist, habe ich bewusst offen gelassen, denn solange sich die Eltern nicht wie Erwachsene verhalten und einigen können, bleibt das Kind der Spielball zwischen ihnen. Dafür ist der Trennungsgrund unerheblich. Die eventuelle Homosexualität ist zwar möglich, aber aus der Geschichte nicht zu entnehmen.

Leider ist es so, dass Mütter, um den Kindskontakt zu unterbinden oft zu dem Argument des (möglichen) Missbrauchs greifen. Damit schaden sie sowohl dem Kind, wie auch denen, die tatsächlich mssbraucht wurden. Die Überlegungen zur Zärtlichkeit sollten ein bisschen in die Richtung gehen, denn natürlich verunsichern sie auch den Vater, der im Leben nicht an so etwas gedacht hätte.

Lieben Gruß und vielen Dank euch allen, sim

 

der Vater handelt eindeutig illegal, so nachvollziehbar es aus seiner Situation auch sein mag. Er sollte bei mir weder gut, noch schlecht sein. Seine Handlung wird eher dazu führen, dass er seinen Sohn nie wieder zu sehen bekommt. Jedenfalls liefert er der Mutter eine perfekte Begründung, ihm den Kontakt auch weiterhin vorzuenthalten. Die goldene Dame hatte es richtig gesehen. Beide Erwachsenen könnten sich nicht einigen. Leidtragender ist das Kind

Daß die Entführung nicht zurecht geschehen ist, ist schon klar, auch, daß er sich damit vermutlich alle Chancen verbaut hat. Aber der Streit scheint mir doch nicht von beiden Erwachsenen zu gleichen Teilen verschuldet zu sein, wenn die Mutter dem Kind vorlügt, der Vater wollte es nicht, der Vater aber bei jedem Wort darauf achtet, die Mutter nicht schlecht zu machen; das wäre etwas anderes, würde er sie in den Augen des Kindes runtermachen – was er aber nicht tut. Daher kommt es für mich so rüber, daß er tatsächlich unfair behandelt wird.
Daß das Kind Leidtragender ist, ist sowieso klar, noch mehr aber doch, wenn es in dem Glauben leben muß, daß der Vater es gar nicht will. Einem Kind sowas einzureden, wenn es gar nicht stimmt, ist niemals zu dessen Schutz, selbst wenn der Vater tatsächlich Alkoholiker wäre (was er im Fall der Geschichte ja offensichtlich nicht ist).
Wenn Du also klarmachen willst, daß dem Vater das Kind zurecht entzogen wurde, würde ich die Gründe in der Geschichte erwähnen.

Zu Lakitas rechtlichem Exkurs hab ich noch eine Frage: Bei uns ist es so, daß in solchen Streitfällen vom Gericht für die Dauer des Verfahrens ein vorläufiges Besuchsrecht festgelegt werden kann, was in den Fällen, wo es keine offensichtlich schwerwiegenden Gründe gibt, die dagegen sprechen, normalerweise auch gemacht wird. Gibt es das bei Euch nicht?

Alles Liebe,
Susi :)

 

Zu Lakitas rechtlichem Exkurs hab ich noch eine Frage: Bei uns ist es so, daß in solchen Streitfällen vom Gericht für die Dauer des Verfahrens ein vorläufiges Besuchsrecht festgelegt werden kann, was in den Fällen, wo es keine offensichtlich schwerwiegenden Gründe gibt, die dagegen sprechen, normalerweise auch gemacht wird. Gibt es das bei Euch nicht?

Klar gibt es das hier auch.
Die Betonung sollte aber darauf liegen, dass es sich um keine offensichtlich schwerwiegende Fälle handelt. Nur dann geht es. Wenn die Mutter andeutet, der Vater habe das Kind sexuell belästigt, wird kein Richter ein vorläufiges Umgangsrecht einräumen.
Wenn die Mutter behauptet, Vater ist bei den Besuchskontakten immer besoffen gewesen, auch nicht.
In streitigen Fällen läuft es ganz häufig nur schwarz oder weiß. Also entweder die Eltern einigen sich sehr rasch, obwohl sie mal ganz unterschiedlicher Auffassung waren oder sie führen einen sehr harten Rechtsstreit um das Umgangsrecht und dann würden sie selbstredend auch ein vorläufiges Umgangsrecht mit allen Mitteln torpedieren.

 

Ja, so gesehen müßte man in der Geschichte davon ausgehen, daß es einen Grund gibt, der zu dem Besuchsverbot geführt hat. Da aber wie gesagt die Mutter sich negativ äußert, der Vater aber Acht gibt, was er sagt, liegt für mich der Verdacht nahe, daß es sich um - krass aber ehrlich ausgedrückt - Verleumdung seitens der Mutter handelt.
Beziehe ich nun die weiteren Gegebenheiten der Geschichte mit in meine Urteilsfindung ein, habe ich nicht das Gefühl, daß es sich um einen schlechten Vater handeln kann: Er hat ein Auto und kann sich den Urlaub leisten - das spricht dagegen, daß er Alkoholiker oder dergleichen ist. Der Sohn freut sich, ihn zu sehen - das spricht dagegen, daß er ihm irgendwann etwas getan hat (oder zumindest nichts, was er nicht von der Mutter auch gewöhnt wäre...). Der Sohn schläft auf seinem Schoß - ein Zeichen dafür, daß er keine Angst vor seinem Vater hat, sonst würde er da wohl nicht die Ruhe finden, einzuschlafen.

Diese Indizien sind es vor allem, die mich zu dem Schluß bringen, daß der Vater hier unfair behandelt wird - und damit natürlich auch das Kind, das offensichtlich auch den Vater braucht, beide lieben zum Beispiel die Berge, was ihm die Mutter nicht bietet.

Gleichzeitig, lieber sim, sind das natürlich jene Punkte, die ich ändern würde, sollte die Geschichte tatsächlich anderes aussagen. Denn so sehe ich wirklich das Vornesitzen-Lassen im Auto als den einzigen Punkt, der den Vater negativ belastet (was aber weit nicht so schwer wiegt, wie die Lüge, der Vater wollte den Sohn nicht). - Die Entführung an sich sehe ich, wenngleich sie natürlich gesetzeswidrig und erst recht zum Nachteil der Vater-Sohn-Kontakte ist, als menschliche Reaktion auf die - vermutlich - verleumderischen Vorwürfe der Mutter und deren Resultat.

Alles Liebe,
Susi :)

 

Ich meine mich zu erinnern, dass Kinder mit einem entsprechenden Kindersitz vorne sitzen dürfen, sofern sie durch diesen so groß sind, dass sie sich nicht am Gurt strangulieren können - d.h. er muss um die Brust, nicht um die Kehle führen. Meines Wissens sind diese Kindersitze auch Pflicht für die hinteren Plätze, da der Gurt dort derselbe ist. Und den Gurt nur um die Tallie zu legen anstatt zusätzlich um die Brust ist seit Einführung der Kindersitzregel Pflicht geworden. Wenn der Vater also so ein Ding für seinen Sohn gekauft hat, spricht nichts dagegen, dass der Kleine vorne sitzt. Ohne dürfte er nicht mal hinten mitfahren.

 

Was ich hauptsächlich so gut an der Geschichte finde ist, dass sie polarisiert. Ich kann Häferls Interpretation durchaus nachvollziehen. Sie ist möglich, wenn man es so sehen will. Genauso wie meine Interpretatiom möglich ist. Und genau das zeichnet eine gute Geschichte aus. :)
Goldene Dame

 

Hallo ihr Lieben,

ich versuche mal, einigermaßen schlau aus der angezettelten Diskussion zu werden.

Ob man in einem solchen Fall von mehr oder weniger "Schuld" sprechen kann, weiß ich nicht. Die Gründe, welche die Mutter angegeben hat, müssen nicht stimmen. An der Verunsicherung des Prot, wenn er seinen Sohn berührt, kann man einen unterstellten Missbrauch (oder die Möglichkeit) sehen. Ein Gericht ist hier verständlicherweise zur sorgfältigen Überprüfung verprflichtet und wird diese so lange auch einhalten. Trotzdem geschieht dem Mann unrecht. Es ist bestimmt kein schlechter Vater. Er versucht, sich seine Wut auf die Mutter dem Kind gegenüber nicht anmerken zu lassen. Das ist bestimmt schwer, wenn er mitbekommt, dass die Mutter das Kind bemüht. Die Perspektive des Vaters ist natürlich geeignet, Partei für den Mann zu ergreifen. Das ist auch beabsichtigt. Gleichwohl ist die Entführung nicht in Ordnung. Das Kind hat keine Angst, weil der Vater sich ihm gegenüber nichts zu schulden kommen lassen hat. Dem Vater geschieht Unrecht und in seiner Verzweiflung darüber begeht er selber ein Unrecht. Da der Urlaub einer gewissen Planung bedarf, kann man auch bestimmt nciht von einer Kurzschlusshandlung sprechen.

Der Vater kann zu trinken angefangen haben, er kann auch einfach eifersüchtig gewesen sein. Oder er ist fremd gegangen. An einer Trennung sind immer beide beteiligt. Im Umgang mit dem Kind bei der Reise war jedenfalls kein Alkohol im Spiel. Für den Vorwurf des Alkoholismus reicht ja auch die Behauptung, der Mann hätte immer eine Fahne, wenn er das Kind nach Hause bringen würde.

Es gibt ja die Möglichkeit, eines Umgangsrechts unter Beaufsichtigung. Diesbezüglich werde ich sicher noch genauer etwas einbauen. Das kann dauern, weil zur Zeit ein anderes Projekt von mir die zeitliche Priorität genießt. Aber ich behalte es auf alle Fälle als Änderung im Kopf.

Der Junge ist zwischen sechs und acht Jahre alt. Da bedarf es keines Kindersitzes. Er sollte aber auf alle Fälle zu seiner eigenen Sicherheit hinten angeschnallt sitzen.

Auf alle Fälle freut es mich, für so viel Diskussionsstoff gesorgt zu haben.

Lieben Gruß, sim

 

Der Junge ist zwischen sechs und acht Jahre alt. Da bedarf es keines Kindersitzes.

Bis 12 Jahre ist Pflicht, laut Regelung der 90er. :klug: Habs nachgeforscht. Das ist dann nur so ein Erhöhungsding, keins für Kleinkinder mit extra-Gurt. Es geht einfach darum, dass sich das Kind nicht am Gurt stranguliert.

Daran soll es aber nicht scheitern, wenn die Geschichte Anfang der Neunziger spielt ist es eh egal :D .

 

Danke für die Information, Anea, auch wenn ich sie in dieser Geschichte nicht verwenden werde, denn egal, wie das Gesetz auch lautet, der Vater wird sich nicht dran halten und seinen Sohn vorne sitzen lassen. Schon, um bei ihm gute Stimmung zu machen. :)

Lieben Gruß, sim

 

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