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Drunter und drüber
Drunter und drüber
In der Untergrundbahn saß mir so ein überkandidelter, untersetzter Herr mit überstehendem Unterkiefer gegenüber und schnarchte ohne Unterbrechung. Mit der Zeit wurde er immer lauter und ich überlegte, ob ich etwas unternehmen sollte. Ich traute mich nicht, ihm eine überzubraten, denn ich fühlte mich unterlegen.
Er brachte jedoch meine überstrapazierten Nerven zur Verzweiflung. „Unterstehen Sie sich, so laut zu schnarchen“, sagte ich, „sie übertönen sogar die Untergrundbahn!“
Er zeigte überhaupt keine Reaktion. Es machte für ihn wohl keinen Unterschied, dass er nicht alleine da war. Überdies beobachtete ich, wie sich unterhalb seines Nasenloches ein überdimensionaler Tropfen bildete, der schließlich herunter floss und hinter seiner überstehenden Unterlippe überaus geräumigen Unterschlupf fand. Ich stellte mir vor, seine Mundhöhle irgendwann überlaufen zu sehen, und unterdrückte den Reflex, mich übergeben zu müssen.
Unterdessen machte es meinem Gegenüber nichts aus, mit den unterschiedlichsten Tönen in dem überfüllten Zug für Unterhaltung zu sorgen.
Hastig überflog ich die Zeitung, nur um mich abzulenken. Da plante ein Unternehmen eine feindliche Übernahme, hier war das Bild eines Sonnenuntergangs zu bewundern…
Überraschend quietschen die Zugbremsen. Mein Körper plumste vom Sitz hinunter und ich sah dabei schon meine Überreste in einem Sarg ruhen. Meine Wenigkeit weilte aber doch noch unter den Lebenden. Davon überzeugte mich irgendein Ellenbogen, der sich gerade in meinen Unterleib bohrte. Es war an Frechheit kaum zu überbieten!
Im Waggon herrschte ein Drunter und Drüber. Man unterschätzt doch oft die Geschwindigkeit. Sich eine Übersicht zu verschaffen war für mich schwer, denn mein Unterschenkel hatte sich zwischen zwei Sitzen verheddert. Die Vollbremsung war wohl eine Überreaktion des Zugführers als er dachte, unterwegs ein Signal übersehen zu haben. Der war ja wohl unterbelichtet! Wen sollte der Zug in einem Tunnel schon überfahren.
Der untersetzte Herr stand plötzlich über mir und begann an mir zu zerren.
„Mann, lassen Sie sich doch untersuchen! Sind sie übergeschnappt!?“, schrie ich.
„Sorry, I don’t understand.“
„Na toll, auch noch einer aus Übersee. Unter aller Sau! Kann mir das jemand mal übersetzen?!“