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Die Wilde Jagd -Ueberarbeitet

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07.02.2004
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Die Wilde Jagd -Ueberarbeitet

Desiree hatte schon als kleines Kind eine Faszination für die Nibelungensaga entwickelt und später aus ihrer Leidenschaft den Wunsch entwickelt, es zu ihrem Beruf zu machen.
So hatte sie sich nach dem Abitur in der Uni Darmstadt eingeschrieben und studierte jetzt im 2. Semester Geschichte. Unter anderem natürlich. Doch das Andere war ihr nicht so wichtig.
Sie arbeitete grade an einer eigenen Übersetzung der Edda aus dem Alt-Nordischen und war wie gebannt von den Erzählungen über Sigfrid und seinem Sohn Sinfjotli, von Hagan und
Siegfried und der Hinterlist der alten Götter.
Auch an diesem Vormittag saß sie wieder an ihrem Computer und bearbeitete eine Passage, in der die wilde Jagd der Götter beschrieben wurde. Völlig gefesselt von der anschaulichen Beschreibung der Hatz des Obersten Gottes Wodan, oder Odin, auf seinem riesigen, sturmgrauen Hengst, gefolgt von seinen Walküren auf ihren Wölfen über den Wolken in einer Gewitternacht vergaß sie alles um sich herum. Stunde um Stunde brütete sie über ihrer Arbeit.
Sie vergaß auch, mal wieder, das sie mit Kücheputzen dran war, und ihre Mitbewohnerin in der WG erinnerte sie lautstark daran.
„Desiree! Verdammt noch mal! Du bist dran mit Küchendienst. Muss ich dir jetzt immer nachrennen oder was?“ Schuldbewusst schrak Desiree auf und stürmte dann aus ihrem Zimmer und machte sich ans Putzen. „Tut mir echt leid. Wirklich. Ich arbeite grad an...“
„Ach schwätz nicht rum! Du arbeitest doch immer an was fürchterlich Wichtigem. Spiel dich nicht so auf.“ fauchte Julia und wandte sich ab. Und noch ehe Desiree was erwidern konnte, verschwand die Andere in ihrem Zimmer und knallte die Tür zu.
„Oh scheiße, ist die sauer.“ murmelte Desiree vor sich hin und beeilte sich mit dem Putzen.
Sie hatte die Küche in Rekordzeit fertig und verschwand dann wieder in ihrem Kabuff und machte sich an die Arbeit.

Desiree machte sich eine Liste mit den keltischen Runen und ihrer Beschreibung, die in der Edda vorkamen und lernte sie auswendig. Für sie hatten die alten Beschwörungen nichts an Kraft und Bedeutung verloren. Ehrfürchtig schlug sie ihren kostbarsten Schatz auf, eine Ausgabe der Edda aus dem letzten Jahrhundert, die angeblich eine exakte Wiedergabe des skandinavischen Originals war. Die Seiten waren stark vergilbt und brüchig und mussten mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden. Sie hatte das Buch schon so oft gelesen, das sie es auswendig herunterbeten konnte, doch das machte nichts. Sie las es immer wieder und es war im Laufe der Zeit zu ihrer Bibel geworden.
Den ganzen Tag saß sie in ihrem Zimmer und arbeitete, während alle anderen den herrlichen Frühlingstag im Biergarten oder den Stadtparks genossen. Julia hielt sie für einen totalen Freak, aber das kümmerte sie kaum. Desiree blieb lieber für sich allein.
Als sie an der Stelle angelangt war, in der Hagan die Götter beschwor und eine wilde Jagd stattfand über den Dächern Passaus, stolperte sie über eine kleine Ungereimtheit in der Übersetzung. Das Mädchen runzelte die Stirn und las es noch mal. Richtig! Da war es!
Im altnordischen Original fand sie den Schlüssel zu der Beschwörung der Jagd, die sich in den gängigen Übersetzungen verloren hatte. „Was für eine Entdeckung!“ hauchte sie atemlos und spürte, wie die Erregung über ihren Fund ihr Rückrat hinunterkroch und sie schütteln machte. Sie überprüfte die Stelle noch mehrere Male, doch es bestand kein Zweifel mehr.
Sie hielt den Schlüssel in der Hand, mit dem man die Tore zwischen den Welten öffnen konnte. Ihr stockte der Atem. Das würde bedeuten, das....... Sie wagte kaum, sich das auszumalen. Eine wilde Jagd sehen! Wodan sehen! Ihr Götter!!!

Und während sie über ihre Entdeckung nachdachte, grollte draußen der erste Donner.

Eine Stunde später hörte sie, wie die ersten Regentropfen ans Fenster schlugen. Überrascht blickte Desiree auf und stellte fest, das sich der strahlend blaue Frühlingshimmel in ein schwarzgraues Wolkenmeer verwandelt hatte. „Na das ging aber schnell“ wunderte sie sich.
Sie starrte hinaus und dann fiel ihr plötzlich auf, wie schnell die grauen Wolken über den Himmel zogen. Der Regen wurde heftiger und schon bald prasselten dicke, schwere Regentropfen auf die Erde. Kalter Wind fegte herein, als sie das Fenster öffnete und sie konnte die Bäume im Herrengarten sehen, die sich im heftigen Wind beugten und schüttelten.
Als sie den eisigen Wind und den Regen im Gesicht spürte, konnte sie die Macht, die in der Luft lag, im ganzen Körper fühlen. Uralte Kräfte pulsierten in der Luft. Die Welten waren einander so nah wie schon seit Tausenden von Jahren nicht mehr. Es durchfuhr sie wie ein Blitz und ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust und ließ sie vor Anspannung aufkeuchen.

Dann hielt es sie nicht länger. Sie schnappte sich ihre Jacke und rannte hinaus in den Regen.

Nach wenigen Minuten war sie völlig durchnässt und ihr kinnlanges schwarzes Haar klebte ihr in dicken Strähnen im Gesicht. Die Wolkendecke wurde immer finsterer und der Donner grollte nun unaufhörlich. Desiree kämpfte gegen die heftigen Sturmböen an und erreichte 10 Minuten später die Rosenhöhe. Ihre Turnschuhe knatschten vor Nässe. Sie zog sie aus und ließ sie achtlos am Wegesrand liegen. Sie lief den kleineren Weg entlang, durch die Tannen und am alten Mausoleum der Prinzen von Hessen-Darmstadt vorbei. Der weiße Marmorengel, der betend und mit halb ausgebreiteten Schwingen an einem der Gräber wachte, schien fast lebendig. Weinte er? Sie hastete weiter.
Mit starken Seitenstechen kam sie im Rosengarten an. Durchs Gatter hindurch, die Stufen hinauf zum Aussichtspunkt rannte sie und starrte dann ungläubig zum inzwischen pechschwarzen Himmel hinauf.

Desiree drehte sich im Kreis, spürte die dunkle, uralte Kraft wie heißes Blut durch ihre Adern pulsieren. Sie streckte die Arme gen Himmel und versank in tiefer Trance. Die Worte der Beschwörung kamen wie von selbst aus ihrem Mund und vermischten sich mit dem Heulen des Windes und den tiefen Donnerschlägen.
Dunkel und kühl war die Macht aus der Tiefe, der sich in schweren Strömen aus der Erde ergoss. Es blitzte. Wie ein greller Speer zerteilte der gleißende Blitz die nächtliche Finsternis, zerriss den Schleier der Finsternis und erhellte für einen Moment die unnatürliche Dunkelheit. Die Wolken waren nicht mehr zu bändigen. Voll tosender Energie jagten sie dahin. Die Tore zwischen den Welten öffneten sich und dann sah sie sie kommen.
Angezogen durch die entfesselten Kräfte des Himmels und der Erde, aufgepeitscht durch die Ströme der uralten Macht gewann die Wilde Jagd an Macht in dieser Welt. Desiree sah den riesigen sturmgrauen Hengst im wilden Galopp mit den Wolken jagen, Wodan mit gezogenem Schwert auf seinem Rücken und die Gier nach Blut im verzerrten Antlitz.. Die Walküren ritten auf ihren Wölfen, deren Heulen Desiree Schauer des Entsetzens durch den Körper jagte. Sie sah Hagan, den Finsteren, den Mörder Siegfrieds auf einem nachtschwarzen Pferd reiten. Die Totenblumen glühten fahl im widernatürlichen Feuer an seinem Hals und ließen seine fahle Haut noch bleicher wirken. Die Klingen der Krieger und die Speerspitzen der Walküren gleißten im matten Licht des Todes. Die Macht ihrer Gegenwart durchströmte Desiree und raubte ihr fast das Bewusstsein.
Die Kräfte in ihrem Körper waren zur Unerträglichkeit gesteigert. Desiree riss den Kopf empor gen Himmel und schrie. Wodan hörte ihren Schrei und sah auf sie herab. Dann grinste er und schleuderte seinen glühenden Speer nach ihr. Wie ein greller Blitz durchstieß er ihren Körper und schien sie von innen zu verbrennen. Sie flog empor. Urplötzlich fand sie sich im wilden Getümmel wieder. Sie saß auf einem Pferd und als sie nach links sah, blickte sie Hagan ins verzerrte Gesicht.
Bleich wie der Mond war seine Haut und Schwarz wie die tiefste Mitternacht sein Haar, das in wirren Flechten seine Stirn umpeitschte. Die Totenblumen an seinem Hals gleißten heller und verderbter als zuvor.
Sein grauenhaftes Lachen durchstieß schauerlich die tobenden Winde und als die Walküren sein Gelächter mit dem ihren beantworteten und die Wölfe zu heulen anhoben, war es für Desiree, als ob sich die Pforten zur Hölle geöffnet hätten. Ein Teil von ihr sehnte sich zurück in die Welt der Lebenden doch ein anderer Teil von ihr wusste: Es gab kein Zurück.
Etwas strahlte Kälte aus an ihr. Benommen sah sie an sich herab und bemerkte ein fahles Licht an ihrem Hals. Entsetzt wurde ihr klar, was das war: Jetzt trug auch sie die Totenblumen!

Ihr Geist trübte sich im Bann der wilden Jagd und das letzte was sie hörte, war Hagans schauriges Gelächter.

 

Wieder einmal eine nette Geschichte von dir, die aber nicht an "Die Pforte zur Hölle" rankkommt. Diesmal ist sie zu flach.

Lestat

 

Hi Christiane,

Um vieles besser ist jetzt die Story . Gerafftere Sicht- Direktere Handlung bis zum Ende.
-aber es fehen ihr 2 Dinge-
1) das lässlichere: Die Totenblumen um ihren Hals können mich nur erschrecken, wenn ich vorher schon ihre schreckliche Bedeutung weiß. Hier muss ich es mir mühsam zusammenreimen und da geht der Schrecken verloren
2) das schlimmere -Hier sehe ich ein fast unlösbares Problem. I
ch will die Geschichte mal aus meiner Sicht raffen: verträumtes Mädchen übersetzt Edda neu und findet Beschwörungsformel für Wilde jagt. Spricht sie aus und ist dabei-

Kannst du schon sehen, auf was ich abziele?
Es geht einfach geradeaus, ohne wirkliche Probleme und es kommt, wie man es sich denken kann. Es gibt keine Interaktionen - nur wenig gefühle und die sind mir zu aufgesetzt.
Da kommt kein extra Grusel auf und irgendwie ließ mich diese Geschichte kalt.

Hoffe, ich konnte dir damit helfen

Bernhard

 

Hallo Christiane!

Deine Geschichte gefällt mir recht gut. Vor allem gegen Schluss hat sie schön Tempo und man liest gefesselt mit.
Auch deinen Stil finde ich ganz okay, manchmal sogar sehr gut. Bisweilen aber wieder etwas umgangsprachlich, schade.

Das Freak-Bild deiner Protagonistin ist dir gut gelungen, ohne zu langweilen.

Den grössten Kritikpunkt hat Bernhard schon erwähnt. Es lässt sich schwer in Worte fassen, aber es ist wohl wirklich das Problem, dass dir eine Interaktion oder eine direktere Begegnung mit dem Bösen fehlt. Mit direkter meine ich jetzt auch gefährlicher. Der Leser darf weder wissen, dass die Protagonistin entkommt, noch dass sie am Schluss draufgeht. Es fehlt gewissermassen der 'Kampf', der Widerstand und die Überraschung.
Du hättest es zum Beispiel so gestalten können, dass die Götter in die Strassen heruntersteigen und dort erbarmungslos zu jagen beginnen. So könnte Desiree der Verfolgung ihrer Kollegin Julia assistieren und einen Versuch starten, ihr zu helfen.
Naja, es gibt noch mehr Möglichkeiten und ich weiss, dass eine soche Änderung im Nachhinein schwierig ist, vor allem wenn man bereits eine Überarbeitung hinter sich hat, aber es ist jetzt auch nicht immer das Ziel einer Kritik, sich auf die betroffene Geschichte zu konzentrieren, sondern der Autor sollte vielmehr in späteren Geschichten die Negativpunkte vor Augen haben.

Details:

Das würde bedeuten, das....... Sie wagte kaum, sich das auszumalen.
Drei Punkte genügen ;)
die sich im heftigen Wind beugten und schüttelten.
'sich schütteln' erzeugt bei mir irgendwie das falsche Bild. beugen ist gut und danach würde eine Steigerung passen, vielleicht in Richtung 'knicken', 'beinahe bersten' oder so? Schütteln tue ich mich, wenn ich kalt habe oder noch nicht ganz wach bin. Hunde schütteln sich, wenn sie nass sind.
Wie ein greller Speer zerteilte der gleißende Blitz die nächtliche Finsternis, zerriss den Schleier der Finsternis und erhellte für einen Moment die unnatürliche Dunkelheit.
Wortwiederholung Finsternis. Dunkelheit hast du schon, also vielleicht etwas mit 'Schwärze der Nacht', oder 'zerteilte der gleissende Blitz die Nacht, zerriss den Schleier der Finsternis...'

mfg,

Van

 

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