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...die Tränen fliehend: Sicht 2
"Lache... und die ganze Welt lacht mit dir. Weine... und du weinst allein."
Ich glaube nicht, dass du schon einmal so gerannt bist. Vorbei an Häusern. Briefkästen. Bäume. Autos. Kläffenden Köter. Dazu das schwache Laternenflimmern. Du fasst dir an deine Brust. Die ganze Zeit bist du gerast. Die Umstände werden dich früher oder später in die Knie zwingen. Du weißt es, doch du läufst weiter. Und ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken.
Und im Rausche der Nacht ringst du um Luft. Deine Beine müssten sich längst wie Gummi anfühlen, doch du läufst weiter. Ich auch. Ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken.
Ich sende dir meine Bestie. Du kannst sie bellen hören, doch du drehst dich nicht um. Du läufst weiter. Nicht wissend, dass dich der Weg früher oder später zu mir führen wird. Und ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken.
Du stolperst. Fängst an zu torkeln. Ich hole auf, doch du läufst weiter. Und ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken.
Ich greife nach dir. Finde Halt an deinem Hemd. Du kannst schon meinen kalten Atem in deinem Nacken spüren, doch du kämpfst dagegen an. Versuchst es zu verdrängen. Ich muss grinsen. Du verlierst dein Hemd, doch du läufst. Ich auch. Denn ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken.
Ich knipse das Licht aus. Lasse das Moor nach dir greifen. Du verlierst deine Schuhe, doch du läufst weiter. Ich auch. Ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken
Ich rufe den Wind auf meine Seite. Drehe ihn nach belieben, lasse dich armes Wesen direkt hinein laufen. Der Wind bläst dir jedes einzelne Haar aus dem Gesicht. Du springst über einen Abhang. Es bläst dir die Hose weg, doch du läufst weiter. Ich auch. Ich werde dir folgen, dir die Tränen entlocken.
Du drehst dich um. Du hörst etwas ticken. Tick Tack Tick Tack Tick. Du kannst mich nicht sehen, doch du weißt, dass ich es bin. Tick Tack Tick Tack Tick. Ich spüre deine Angst. Tick Tack Tick Tack Tick. Ich komme weiter auf dich zu, sehe die Tränen kommen. Tick Tack… die Tränen kommen.
TickTackTickTickTick Tiiiick Tiiiick. Du siehst dein Leben and dir vorbeiziehen Es zerhämmert dir die Schädeldecke. Tiiiick, Tiiiiick, Tiiiick, Tiiiick.
Du wirst immer schwächer...
TICK! TICK! TICK! TIIICKK!
…fällst auf deine Knie. Die Hände schützend über deinen Kopf geschlungen, ringst du nach Luft. TickTickTickTick TickTackTickTack.
Ich lasse etwas locker. Nehme etwas Druck von dir. Tick Tack Tick Tick Tack.
Du atmest tief ein und aus. Du schaust auf. Und da stehe ich. Eine Uhr. Eine stinknormale Uhr. Du hast so lange, dagegen angekämpft, dich auch nur einmal umzudrehen. Hast du wirklich geglaubt du kannst mir entkommen. Ich weiß du wünschtest, du könntest mich abschalten, doch ich werde gnadenlos weiterlaufen, bis ans Ende deiner Tage. Und nicht ich bin es, der deine Wunden heilen wird. Und ich werde auch nie derjenige sein der sie dir zufügt. Doch jetzt musst du dich mir stellen. Mir bloß gegenüberstehen. Auf der Straße halt machen, die Tränen fließen lassen.
