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Der Wind über uns

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31.07.2001
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Der Wind über uns

Null Meter: Ein Kasten Bier

„Leute, wir haben ein Problem“, eröffnete uns Emo, als er den Kasten Bier neben seinem Stuhl abstellte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und ließ sich fallen. Es war ein warmer Samstagvormittag im August.
Emo ist natürlich nicht sein richtiger Name; laut Geburtsurkunde begingen seine Eltern das Verbrechen, ihn Baldemar zu nennen. Sobald er alt genug gewesen war, sein Dilemma zu begreifen, hatte er angefangen, sich Spitznamen zu geben. Davon waren bis auf ein oder zwei alle völlig daneben und irgendwann, vor fünf Jahren vielleicht, hatte ich angefangen, ihn Emo zu nennen. Das rührte daher, dass er seitdem nur noch diese Musik hörte, deren Stilrichtung er so betitelte. Irgend etwas, das weder richtig gesungen, noch richtig gebrüllt wurde; mal schwuchtelig ruhig und dann wieder unpassend laut. Es passte zu seinem unsteten Charakter. Also nannte ich ihn so und irgendwann tat es jeder.
„Ist dein Schwanz abgefallen?“, fragte Mira und sah ihn mit großen Augen ernst an. „Dann sollten wir ihn schnell finden, bevor ihn eine von Arians Ameisen zu fassen kriegt.“
Ich sah mit einem Grinsen zu ihr hinüber. Die Spitze galt eher mir. Schon den ganzen Tag regte sie sich über die Tiere auf. Aber in meinem Garten würde ich kein Gift versprühen - somit hatten die vielen Kleintierkolonien freie Bahn.
„Lass es, okay“, erwiderte Emo mit einem Grinsen, das nicht ganz ehrlich war. Die beiden waren sicher schon vier oder fünf Jahre zusammen, aber die Tatsache, dass ich davor diese Rolle in ihrem Leben gespielt hatte, ließ ihn manche Sachen ernster sehen, als er es sollte. Bemerkungen über Schwänze - was er unweigerlich auf deren Größe bezog - gehörten dazu. Ich verzichtete auf einen Kommentar. Wahrscheinlich fragte er sich immer noch, wie er es geschafft hatte, diese tolle Frau abzubekommen und sie über eine so lange Zeit zu halten. Manchmal frage ich mich das auch.
„Was ist das Problem, Baldemar?“ Mira nahm sich ein Bier, öffnete es und lehnte sich wieder zurück.
Emo beschloss, sie zu ignorieren und wandte sich mir zu. „Hast du ´ne Kühlbox oder sowas Ähnliches? Ich hab echt keine Lust auf warmes Bier.“
Ich nahm mir auch eine Flasche und sah ihn nachdenklich an. „Das ist mir eigentlich scheißegal, Emo. Ich feiere mit warmem Bier genauso gut wie mit kaltem. Und zum Feiern haben wir doch einen Grund.“ Ich nahm eine weitere Flasche aus dem Kasten und warf sie ihm zu.
„Leute, auf unser erstes abgeschlossenes Projekt und auf unser Bankkonto, das seit heute Morgen um einiges fetter geworden ist.“ Wir ließen die Flaschen klirren.
Den Grund zum Feiern hatten wir tatsächlich. Noch vor einigen Monaten hätte ich nicht auf einen so schnellen Erfolg gewettet. Sich sofort nach der Ausbildung – oder, wie in meinem Fall – noch während des Studiums selbstständig zu machen, war riskant genug. Es mit Leuten zu machen, die man schon seit einer Ewigkeit kennt, ist noch gewagter. Ich meine, wir alle kannten unsere Stärken, aber genauso wussten wir von unseren Schwächen, unseren wunden Punkten und im echten Geschäftsleben kann so etwas schief gehen. Dabei geht es um Verantwortung, um Entscheidungen, die am besten emotionslos getroffen werden sollten. Aber wir hatten den Anfang geschafft. Und wir waren alle verdammt heiß auf das, was folgen mochte.
„Arian, was hat der Kerl heute Morgen eigentlich genau gesagt?“, fragte Mira.
„Naja, dass Geniusus genau die Lücke gefüllt hat, die in ihrem Unternehmen offen war. Workflow, Effizienz, alles steigert sich, alle sind glücklich und schütteln sich gegenseitig die Schwänze. Und das verdanken sie nur euren süßen Programmierfingern, Kinder. Klingt das gut?“
„Yepp. Klingt gut.“ Mira hob ihre Flasche und nahm einen langen Schluck.
Das ist eine der Sachen, die ich an Frauen liebe. Ich kann es nicht genau begründen, aber Frauen, die gerne Bier trinken, sind für mich einfach der Hammer. Wenn sie nebenher noch rauchen, aus ihrem Aussehen was besonderes machen und gut ficken können, sind sie perfekt. Mira ist so eine.
Emo grinste mich an. „Naja, etwas hast du ja auch dazu beigetragen. Ohne dich wäre Geniusus jetzt nicht im Einsatz.“ Ich lachte und wir prosteten uns wieder zu. Er hatte recht; die beiden tippen und ich erzähle den Leuten, dass sie es brauchen. Das kann ich gut, das ist mein Job in dem Unternehmen – neben dem ganzen Papierkram.
Ich kramte eine neue CD aus dem Karton neben mir, tat Emo einen Gefallen und zu den Klängen einer seiner Lieblingsbands machten wir uns daran, den Kasten zu leeren.

Die Sonne hatte den Zenit noch nicht lange hinter sich gelassen, als sich unser Biervorrat dem Ende neigte. Wir waren angetrunken, aber meiner Meinung nach hatte das Rennen gerade begonnen. Nach alter Gewohnheit warf ich einen Kronkorken, so weit ich konnte, und jeder zielte mit seiner geleerten Flasche darauf. Emos war am weitesten davon entfernt und damit war es seine Aufgabe, den zweiten Kasten zu holen.
Mira und ich sparten nicht an Sticheleien und nahmen uns die letzten Flaschen. Emo betonte, wie sehr er diese Ausloseverfahren hasse, stand auf und ging zum Haus. Ich sah ihm nach, bis er hinter einem der großen Büsche neben der Terrasse verschwand.
Mit dem Haus hatte ich wirklich Glück gehabt. Es stand nicht weit von der Stadt, in der wir unsere ‚Geschäftsräume’ hatten. Mit dem Auto vielleicht zwanzig Minuten. Viel wichtiger aber war die Lage. Direkt an einem See, am Ende eines kleinen Dorfes. Abseits von anderen Häusern, mit einem großen Garten. Das Gebäude an sich war für mich okay, nicht groß, eingeschossig und vom Äußeren war es annehmbar. Ich schickte einen kurzen Dank Richtung Himmel, der letztes Jahr die Schwester meiner Mutter genommen hatte und mir so zu meinem neuem Heim verholfen hatte.
„Alles okay bei dir?“ Mira sah mich an und diesen Blick kannte ich.
Warum fuhr sie jetzt diese Tour? Der Tag war doch perfekt.
Sie redete gerne über Probleme und anscheinded am liebsten über meine - einer der Gründe, aus dem wir heute nicht mehr zusammen waren. Sie war in allen Belangen eine tolle Frau, aber was sie nie verstanden hatte, war, dass ich Probleme für mich behielt und sie mit mir selbst klärte. Nicht, dass ich welche hätte.
„Klar. Ich hab ein Haus, Geniusus ist auf dem Markt und abends sitze ich auf dem Klo und schüttle mir einen vor deinem Foto.“
Sie lachte. „Aus dem Grund habe ich es doch bei dir liegen lassen. Ist immer noch das beste Stück Frau, das du für den Rest deines armseligen Lebens haben wirst.“
„Natürlich. Hoffe, Emo weiß das auch. Hast du ihm wenigstens gesagt, dass mein Schwanz viel größer ist?“
Der unangenehme Moment war passé. Durch diese Scheiße kamen wir immer wieder runter. Das ist wohl der große Vorteil, wenn man schon mal miteinander im Bett war.
„Wichser. Emo legt mit den Jahren an Größe zu. Du sicher nicht.“
Ich warf einen Kronkorken nach ihr und sie trat mit dem Fuß zurück. Wir schwiegen kurz und Mira rückte ihren Stuhl in die Sonne.
„Der Garten ist echt klasse. Möchte wissen, womit du deine Tante so beeindruckt hast.“
„Ich hab ihr dein Foto gezeigt und sie meinte, ihr Garten wäre für unsere Kinder perfekt.“
„Hoffe, du hast das Foto vorher sauber gemacht.“
„Idiot“, sagte ich und ließ meinen Blick durch den Garten wandern, nicht zuletzt, um sie nicht zu lange anzustarren. Dieses Gerede machte mich auf jeden Fall an.
Der Garten ist wirklich klasse. Viele Apfel- und Kirschbäume stechen aus dem Rasen heraus, umgeben von kleinen Beeten. Ich habe eine Abneigung gegen Gartenarbeit, außerdem entspricht es nicht meiner Vorstellung von Freiheit, die Flora in irgend eine Form zu zwängen. Alles wächst, wie es will und mir gefällt es. Ich lebe die Symbiose, zumindest in meinem Garten. Am Ufer des Sees hatte mein Onkel einen Steg gebaut, an dem ein kleines Boot liegt. Manchmal, wenn ich allein bin, fahre ich raus auf den See und rauche etwas Gras. Meine Art, die Natur zu genießen.
„Nachschub kommt.“ Ich folgte Miras Blick. Emo trug den Kasten in einer Hand; in der zweiten Hand hielt er eine Klappschaufel.
„Das ist die Lösung des Hitzeproblems“, begann er. „Wir graben ein Loch, um das Bier kühl zu halten.“ Er setzte den Kasten ab und hielt uns die Schaufel entgegen, als ob wir blind und bescheuert zugleich wären.
„Dann mach mal“, meinte Mira und lehnte sich betont zurück.
„Dass einer von euch beiden Ärschen sich bewegt, habe ich auch nicht erwartet.“ Emo klappte den Spaten auf und fing mit der Arbeit an.
Ich nahm mir ein neues Bier, wechselte die CD und sah ihm zu.
Das Letzte, was ich von mir behaupten könnte, ist, dass ich schwul wäre. Trotzdem gefiel mir das Spiel seiner Muskeln, aber ich betrachtete es als eine der schönen Gegebenheiten der Natur. Dabei wurde mir bewusst, wie wenig ich eigentlich für meinen Körper tat. Wie wenig wir alle drei dafür taten. Hauptsächlich saßen wir vor unseren Rechnern und bewegten dabei nicht mehr als die Finger, wobei die beiden noch etwas mehr den Kopf benutzen, während ich bei meiner Arbeit mehr meiner Intuition folge.
Ich stand auf. „Lass mich auch mal.“ Emo sah mich fragend an: „Wieso? Ich bin gleich fertig.“
„Egal.“ Ich nahm ihm den Spaten aus der Hand und grub.
Vom ersten Stich an gefiel mir die Bewegung meines Körpers. Ich spürte, wie die ungewohnte Arbeit gut tat.
„Geht es dir auch gut?“ Mira beugte sich vor und betrachtete mich. Während ich ihren Blick erwiderte, arbeitete ich weiter. „Klar. Tut irgendwie gut. Ich wusste gar nicht mehr, dass man mit den Händen auch mehr als Tastatur und Telefon bedienen kann.“
Eine Zeitlang grub ich weiter und die beiden sahen mir zu. Dann sagte Mira: „Jetzt bin ich dran.“
Ich schaute zu ihr hinüber. „Hol dir selbst einen Spaten“, sagte ich und wies auf den Schuppen, der nahe dem Ufer stand. Sie stand tatsächlich auf und ging. Als sie zurück kam, hatte sie zwei der Spaten meines Onkels in der Hand.
Mit den Worten „Beweg dich auch mal wieder“ drückte sie Emo einen in die Hand und kurz darauf arbeiteten wir alle zusammen an einem vielleicht drei mal drei Meter großen Areal.
Wir machten viele Pausen, tranken und lachten viel, aber als sich der Abend über uns senkte, hatten wir uns sicher einen guten Meter in das Erdreich vorgearbeitet.
Im Haus machten wir uns ein Abendessen aus Eiern und Bratkartoffeln. Um zehn Uhr waren wir alle in unseren Betten.
Wir waren wirklich erschöpft.

Ein Meter: Meine Entscheidung

Am nächsten Morgen standen wir recht früh wieder vor dem Loch in meinem Garten. Das Gras war noch nass vom Tau und kühl unter meinen Fußsohlen.
Mit einer Mischung aus Stolz und leichter Verwirrung betrachteten wir unser Werk vom Vortag. Um das Loch herum lag die lose Erde, dazwischen einige Bierflaschen, Grassoden und die drei Spaten.
„Wir haben echt was geschafft, was?“ Emo kickte gegen eine Bierflasche vor sich und schob die Hände in die Taschen. Mit einem unsicheren Grinsen sah er mich an. Mira kämmte ihr Haar mit den Händen durch und band es zu einem Zopf zusammen. Sie stöhnte leicht; uns allen machte die Schulter- und Armmuskulatur zu schaffen.
„Ja. Doch.“ Mehr fiel mir dazu im Moment nicht ein und nach einer kurzen Weile drehten wir uns um und gingen ins Haus zurück.
„Ich räume hier später auf“, sagte ich im Gehen.
Nach dem Frühstück fuhren die beiden in ihre Wohnung zurück und ich ging wieder in den Garten. Die Sonne war hinter den Wolken hervor gekommen und alles leuchtete in unzähligen Grünschattierungen.
Ich räumte die Bierflaschen zusammen, stellte sie in den Kasten zurück und nahm einen der Spaten in die Hand. Schon beim Frühstück hatte ich in mir eine leichte Vorfreude darauf verspürt, das Loch wieder aufzufüllen. Obwohl mir der Muskelkater zusetzte, hatte ich schon den ganzen Morgen über die körperliche Befriedigung genossen. Die Arbeit entspannte meinen Geist.
Ich nahm einen Spaten voll Erde und warf sie in das Loch. Fasziniert verfolgte ich die Flugbahn der einzelnen Brocken, die sich einheitlich durch die Luft bewegten. Mit einem trockenen Geräusch landeten sie auf dem Grund der Grube und verteilten sich. Ich hielt inne. Der Anblick war irgendwie deprimierend. Ich könnte genauso gut ins Büro fahren und die Festplatten unserer Rechner killen. Ungefähr so, jedenfalls.
Ich stand einige Zeit da, die Hände auf den Griff des Spatens gestützt und betrachtete die Grube. Drei mal drei Meter, die Ränder sauber abgestochen, wie mit dem Lineal gezogen. Wir hatten wirklich gute Arbeit geleistet.
Mit einem Ruck löste ich den Spaten aus dem Boden und sprang in das Loch.
Kurze Zeit später lief mir der Schweiß am Körper hinab, meine Muskeln sangen im Einklang mit dem Rhythmus, in dem ich mein Arbeitsgerät bediente und langsam wurde das Loch tiefer.
Die Sonne beschrieb über mir ihre Bahn und ich grub.

Bald zwei Meter: Routine erarbeiten

Am Montag erwachte ich ungewöhnlich spät. Zu meinem Erstaunen schien sich mein Körper schnell an die ungewohnte Bewegung gewöhnt zu haben, denn ich stand mit nur leichten Muskelschmerzen auf und machte mir ein gutes Frühstück.
Gegen elf erschien ich in unserem Büro und fand Mira und Emo auf dem kleinen Balkon sitzen. Beide rauchten und genossen die Sonne.
Ich setzte mich zu ihnen und goss mir Tee ein. Wir redeten kurz über Geniusus und die nächsten Schritte, die zu tun waren, doch bald kamen wir wieder auf unsere Aktion vom Wochenende und ich eröffnete ihnen, dass ich weiter gegraben hatte. Sie sahen mich überrascht an und dann überrumpelte mich Mira mit ihrer nächsten Frage: „Wie tief?“
Es war keine Stichelei, keine Ironie, welche ich eigentlich erwartet hatte. Sie wollte es wirklich wissen. Ich sagte es ihr.
„Einen knappen Meter?“, fragte Emo und sah mich ungläubig an.
„Ja, einen knappen Meter“, gab ich zurück.
„Du spinnst ja. Das sind bald neun Kubikmeter. Dafür musst du den ganzen Tag gebraucht haben.“ Ich merkte, dass meine bis eben gute Stimmung abrutschte. Emo schaffte es immer wieder.
„Emo, geh wichsen und lass mich mit deinem Gelaber in Ruhe, okay?“
Er wollte etwas erwidern, doch Mira ging dazwischen. „Das ist echt cool“, sagte sie und das gab mir Aufschwung. Emo sah sie irritiert an, schwieg aber.
Den Rest des Tages vermieden wir das Thema. Die beiden machten sich daran, einen Bug aus einem der Module von Geniusus zu schmeißen, ich bereitete eine weitere Präsentation vor und führte nicht wenige Telefonate, um neue Kunden aufzutun. Noch mehrere Male dachte ich dabei an Miras letzte Worte. Sie hatte Gefallen daran gefunden. Ohne Zweifel. Emo wohl weniger. Mir konnte das nur recht sein. Obwohl es eigentlich ohne Belang sein sollte.

Schon gegen fünf machten wir Schluss. Mira überraschte mich wieder, denn sie schlug vor, zusammen zu mir zu fahren. Den Beinahe-Streit vom Morgen mit einigen Bieren zu ertränken. Emo sah nicht begeistert aus, aber abschlagen wollte er es ihr anscheinend auch nicht und so standen wir einen halbe Stunde später wieder bei mir im Garten vor dem Loch.
Ich spürte, dass ich wirklich stolz auf meine Arbeit war und es tat gut, Anerkennung in Miras Augen zu sehen. Emos Gefühle konnte ich schlecht einschätzen, aber ich sah doch, dass er erstaunt war, da ich tatsächlich mit der Tiefe nicht übertrieben hatte. Er ließ sich in einen der Stühle fallen. Ich ging zurück zum Haus, um einige Biere zu holen.
Als ich zurück kam, machte Mira für mich die dritte Überraschung des Tages perfekt, denn sie grub tatsächlich. Emo sah ihr wenig liebevoll zu und als ich seinen Blick einfing, zuckte er nur die Achseln und sagte: „Sie meint, sie müsse entspannen.“ Ich grinste ihn an, warf ihm eine der Flaschen zu und nahm mir einen Spaten.
Es war schon fast dunkel, als wir aufhörten. Emo hatte bis dahin fünf Flaschen geleert. Ich war mir sicher, dass er mehrere Male kurz davor gewesen war, mit einzusteigen, aber anscheinend war er der Meinung, er könne sein Gesicht besser wahren, indem er sitzen blieb, um ab und an einen Spruch zu reißen. Wir beide beachteten ihn kaum, redeten nicht viel und machten keine Pause.
Mehrere Male sah ich verstohlen Mira bei der Arbeit zu.
Ihr ärmelloses Shirt war nass vom Schweiß. Er lief an ihrem Gesicht und an ihren Armen hinab; ihr Haar klebte an der Haut. Sie atmete in ruhigen und gleichmäßigen Zügen, die sie an ihren Arbeitsrhythmus anpasste.
Auch mein eigener Körper beanspruchte immer wieder meine Aufmerksamkeit. Schon routiniert führten meine Muskeln ihre Bewegungen aus: ramme den Spaten in den Boden, stoße mit dem Fuß nach. Lockere die Erde mit gleichmäßigen Bewegungen und hebe sie heraus. Beschreibe einen Kreis, den Unterarm ungefähr neunzig Grad angewinkelt, den Spaten in einem Schwung über die Schulter, die Erde aus dem Loch bringen. Das Loch tiefer machen. Auf die Frau neben dir achten. Den Spaten wieder in die Erde, um ihr ihre Masse zu entreißen.
Zeitlos. Bis es irgendwann zu dunkel werden wird.
Als wir aufhörten, mussten wir uns bereits gegenseitig stützen, um nach oben zu kommen.

Beinahe drei Meter: Vorbei

Ich erwachte früh. Meine Muskeln machten mir keine Beschwerden.
In der Küche stand die Tür zum Garten offen. Ich machte mir ein belegtes Brot und ging hinaus.
Die Morgensonne strahlte bereits und gab meinem Garten den farbenfrohen Ton, welcher mich immer wieder mit Dank an das Dahinscheiden meiner Tante erinnern ließ.
Was Mira mit Emo angestellt hatte, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls sah ich in regelmäßigen Abständen Erde aus dem Loch fliegen.
„Morgen, du hast was nachzuholen“, sagte Emo, als er mich sah. Er grinste. Ich verkniff mir eine direkte Bemerkung über sein Engagement des letzten Abends, hob einen Spaten auf und stützte mich darauf.
„Was hat sie mit dir gemacht, Mann? Habt ihr überhaupt schon was gegessen?“
„Klar.“ Mira hielt im Graben inne und lächelte zu mir hoch.
„Was ist mit Geniusus? Keine Ambitionen, heute ein paar Bugs zu killen?“
Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und ich bemerkte mit Wohlwollen und frühmorgendlicher Erregung, dass sie das gleiche Shirt trug, welches sie gestern abend schon durchgeschwitzt hatte.
„Nee, das hat Zeit“, sagte sie. „Solange das Wetter so schön ist, können wir auch mal im Garten spielen, ohne gleich ein schlechtes Gewissen zu bekommen.“ Ihr Lachen war echt, doch kurz sah ich in ihren Augen einen eigentümlichen Glanz; es war ein flüchtiges Etwas, ein kurzes Flimmern, irgendwie
krank?
seltsam. Ich dachte kurz darüber nach, während ich ins Haus ging, um den CD-Spieler zu holen.
Nach den ersten Minuten im Loch hatte ich ihren Blick vergessen.
Keiner von uns wechselte die CD und so war nach einer knappen Stunde nur noch das Geräusch stechender Spaten, fallender Erde und ab und an ein leises Keuchen zu hören.

Gegen Mittag warf Mira ihren Spaten zu Boden. Die abrupte Unterbrechung der Routine, dieser plötzliche Störfaktor durchbrach den samtenen Nebel, der um mein Bewußtsein herum aufgezogen war und einen Augenblick lang verspürte ich eine undefinierbare Wut.
„Ich komm nicht mehr hoch genug.“
„Was?“, fragte Emo. Auch ihm war anzumerken, dass er aus einer anderen Welt zurückkam.
„Es fällt mehr Erde zurück, als ich rauskriege. Wir sind zu tief.“ Mira deutete auf den Rand, der inzwischen sicher einen Meter über uns lag.
Sie hatte Recht. Mein Automatismus hatte verhindert, dass ich das Problem von selbst bemerkt hätte. Als ich testweise einen Spaten voll nach oben warf, rieselte das meiste zurück. Über dem Rand hatte sich ein Wall aus loser Erde gebildet, der unser Loch fast ganz umgab.
Nein. Das Wort formierte sich in meinem Kopf zu einer dichten Wolke und ich konnte nichts tun. Vorbei.
Ich warf meinen Spaten zu Miras auf den Boden.
Keiner sagte etwas. Deutlich vernahm ich das leise Rauschen des Windes, der über uns durch die Bäume zog. Zeit verstrich. Ich bin mir ganz sicher, dass jeder von uns das gleiche Gefühl von Verlust empfand.
Irgendwann ging Mira auf Emo zu, bat ihn, ihr hochzuhelfen. Er fasste sie um die Hüften und hob sie hoch. Seine Oberarme zitterten, aber seine Hände hielten sie fest. Ich wurde wütend auf ihn. Sie stemmte sich hinauf und half dann mir. Als Emo mir seine Hand entgegenstreckte, ging ich weg.
Den Rest des Tages verbrachten wir schweigend vor dem Fernseher. Dabei war draußen ein wunderschöner Tag.

Bald vier Meter: Emos Idee

Irgendwann spät in der Nacht gingen wir schlafen und am nächsten Morgen erwachte ich, da Emo mich aus dem Schlaf rüttelte.
Auf meine Beleidigung reagierte er nicht, sagte nur, er hätte die Lösung und verschwand wieder.
Als ich kurz darauf in der Küche erschien, saßen die beiden am Tisch und beugten sich über ein Stück Papier.
„Das könnte gehen“, sagte Mira gerade und gab Emo einen Kuß.
„Was könnte gehen?“, fragte ich, während ich Kaffee in einen Becher goss.
„Emo hat die Lösung“, sagte sie und lachte.
„Das weiß ich schon.“ Langsam begannen die beiden, mich mit ihrer Fröhlichkeit wütend zu machen.
Mira machte sich nichts aus meinem genervten Tonfall und lachte weiter. „Mann, bist du schwer von Begriff. Wir können weiter graben.“
Ich sah sie an und dann begann Emo, seine Idee zu erklären.
Sie war so verrückt, wie sie auch genial war.
Wir würden über dem Loch auf Pfählen eine Art Rutsche aufbauen. Drei Meter breit, vielleicht zehn Meter lang. Auf beiden Längsseiten eine Bande. Die Rutschfläche zehn Meter hoch direkt über dem Loch, drei Meter Höhe am Ende, damit der Winkel steil genug ist. Genau über dem Loch im Boden ein Loch in der Rutsche, dort oben dann eine Winde mit einem Elektromotor installieren. An der Winde würde ein Behältnis – vielleicht eine Art Korb - voller Erde nach oben gezogen werden. Über dem Loch in der Rutsche eine Stange installieren, gegen die das Behältnis mit einer Kante stößt und so ausgekippt wird. Die Rutsche mit Plane auskleiden, damit die Erde ohne Stauungen nach unten gelangt. Somit wäre die lose Erde schon einmal zehn Meter vom Loch entfernt. Dann würden wir an den unteren Pfählen der Rutsche noch eine drei Meter hohe und vielleicht zehn Meter breite Holzwand anbringen; sie würde verhindern, dass sich der entstehende Erdhaufen überhaupt in Richtung des Loches würde ausbreiten können.
Ich saß neben den beiden am Tisch und schaute mir die Skizze an, welche Emo gezeichnet hatte.
„Ihr wisst, dass das nicht nur teuer, sondern auch leicht durchgeknallt ist?“
„Klar“, entgegnete Mira. „Aber Adrian, denk mal nach: Die Idee ist so gut, dass wir das allein schon deshalb durchziehen müssen.“ Mira strahlte mich an. Ich sah zu Emo; er lächelte stolz, wenn auch etwas unsicher. Klar, das erste Mal, dass er eine wirklich abgefahrene Idee hatte. Dann dachte ich an das Loch hinten in meinem Garten. Das Loch, in das wir schon soviel Energie gesteckt hatten; welches mir irgendwie eine neue Sichtweise zu ermöglichen schien. Welches ein direkt zu erreichendes Ziel bot.
Ich stand auf. „Na los, räumen wir den Baumarkt aus.“

Ich war erstaunt darüber, was man alles in einem Baumarkt finden kann. Wir brauchten nur drei Anlaufstellen, um das Material zu bekommen, welches wir für die Umsetzung von Emos Idee benötigten. Dazu kauften wir noch Werkzeug, drei neue Spaten, Spitzhacken, eine Arbeitslampe, einen Scheinwerfer, eine Kabelrolle, sowie Arbeitshandschuhe, eine Strick- und eine normale Leiter.
Wir arbeiteten bis tief in die Nacht und dann den nächsten Vormittag durch. Wie besessen. Obwohl wir während dieser ganzen Zeit keinen Meter weiter in die Erde vorstießen, war die Arbeit in gewisser Weise doch ein Teil des Ganzen und brachte eine grimmige Befriedigung. Wir bekämpften das, was uns von unserem Projekt abhalten wollte. Und wir waren ein gutes Team.
Als die Sonne am Zenit stand, erhob sich vor uns unser fertiges Werk. Es war ein imposantes Bild.
Mächtig.
Wir hatten eine Tür geöffnet und nachdem wir etwas gegessen hatten und etwas ausgeruht waren, nutzten wir das, was wir geschaffen hatten.
Wir gruben. Das Prinzip funktionierte. Alles klappte perfekt. Und wir gruben.

Dreizehn Meter: Der Hund

Es waren Tage vergangen.
Die ganze Zeit über waren wir bei mir gewesen. Einmal war ich losgefahren, um in der Stadt etwas zu essen zu kaufen. Zuhause hatte ich bemerkt, dass ich uns wie für einen Krieg versorgt hatte. Wahrscheinlich könnten wir so mehre Wochen überstehen.
Es musste gegen Mittag sein und wir arbeiteten, waren bereits über zehn Meter in die Tiefe vorgedrungen. Emos Idee funktionierte nach wie vor perfekt. Wir hatten einen großen Behälter aus Aluminium, den wir füllten. War er voll, betätigte einer von uns die Fernbedienung der Winde, die sich inzwischen gut zwanzig Meter über uns befand. Der Behälter – wir nannten ihn Wäschekorb – fuhr nach oben und unten fuhren wir fort, die Erde zu lockern, ihr größere Gesteinsbrocken zu entreissen und – wenn nötig – härtere Erdschichten mit den Spitzhacken aufzubrechen. War der Wäschekorb oben angekommen, kippte er durch die Querstange oben an der Rutsche, leerte sich und kam zurück zu uns. Auf diese Weise erreichten wir einen stetigen Arbeitsablauf.
Während ich schwitzend den Spaten in die Erde stieß, erinnerte ich mich noch einmal schwach an die letzte Nacht – die mir mehr und mehr wie ein Traum vorkam.
Irgendwann gegen zwei Uhr war mir aufgefallen, dass ich die Präsentation verpasst hatte, die für den gestrigen Tag angesetzt gewesen war. Ein Kunden weniger. Sozusagen das erste Opfer unseres neuesten Projekts.
Ich war in die Küche gegangen, um mir etwas zu essen zu machen, einen Tee aufzubrühen, was auch immer.
Dort hatte ich das Licht im Garten bemerkt.
Die Nacht war klar gewesen, viele Sterne am Himmel und ganz automatisch hatte ich den Kleinen Wagen gesucht. Dieses Sternbild leuchtet nur sehr schwach und es zu finden hat mir immer eine sinnlose Genugtuung bereitet. Den Weg zu unserem Projekt konnte ich inzwischen mit geschlossenen Augen gehen und meine Augen hatte ich fortwährend gen Himmel gerichtet, als ich ihn zurücklegte.
Dann war mir das bekannte Geräusch eines grabenden Spatens bewusst geworden.
Ein Blick in die Grube. Die wie mit einem Lot abgemessenen Wände glänzten in dem fahlen Licht der Arbeitslampe, die wir gekauft hatten. Leicht hatte sich das Seil der Strickleiter bewegt, welche an einen der in den Boden getriebenen Stützpfähle gebunden worden war und eben in diesem Moment war der Wäschekorb nach unten gefahren und mein Blick folgte ihm.
Dort sah ich Mira. Mechanisch bewegten ihre Arme die Spitzhacke, mit der sie auf die Erde einschlug. Ihr Shirt hatte sie ausgezogen; achtlos lag es neben ihr. Mit jedem Schlag bewegten sich ihre Brüste und ihre Haut spann sich elegant über Muskeln, Fleisch und Knochen. Ihre Weiblichkeit beherrschte diesen Moment und gab jeder Bewegung den Anschein nie schwindender Energie. Ich hätte ihr für sehr lange Zeit zusehen können.
Irgendwann führte sie den letzten Schlag aus, hielt inne und ließ die Hacke fallen, um den Spaten zur Hand zu nehmen. Dabei sah sie hoch und ich kann es nicht beschwören, aber doch bin ich mir sicher, dass sich unsere Blicke trafen.
Und sie sah mich an; während ihre Brüste bebten, erinnerte ich mich zusammenhangslos an viele Momente, die ich mit ihr allein erlebt hatte. Wie zufällig fuhr ihre Hand über ihren Körper und ihr Schweiß vermischte sich mit einer leichten Spur von Erde und Schmutz. Ein göttlicher Anblick, ein wundervoller Moment und dann sah ich direkt in die Augen.
Sie strahlten. Sandten ein Licht aus, das mich zurücktrieb, einen Trieb in mir weckte, der befahl, sich zu verstecken und besser nicht gesehen zu werden.
Als ich mich umdrehte, hörte ich schon wieder das Geräusch des Spatens und ein leises, rhythmisches Stöhnen.

Am nächsten Morgen hatte ich es vermieden, sie anzusehen und schon bald waren meine Gedanken mit etwas gänzlich anderem beschäftigt gewesen. Denn da war der Hund. Das zweite Opfer unseres Projekts.
Mira war als Erste nach unten geklettert und hatte ihn so zuerst bemerkt.
War wohl in die Grube gefallen. Das Genick war gebrochen.
Wir hatten uns um das tote Tier herum versammelt. Keine Ahnung, was den anderen durch den Kopf gegangen war – ich hatte nicht viel empfunden.
Tiere waren mir immer relativ egal gewesen. Zu meinem siebten Geburtstag hatten meine Eltern mir eine Katze geschenkt. Sie hatte die Zeit davor im Tierheim verbracht und – ich weiß nicht, warum – als sie wieder rauskam, hatte sie einen dicken, fetten Tumor irgendwo in ihren Gedärmen. Das hatten wir natürlich erst erfahren, nachdem wir beim Veterinär gewesen waren und sie zwei Tage später einschläfern ließen. Die Wochen zuvor war sie die Treppen zumeist hinunter gefallen, anstatt sie zu gehen wie jedes normale Haustier. Während meine Eltern vor Mitleid vergingen – die Klagelaute meiner Mutter waren teilweise lauter als die des Tieres -, hatte ich es irgendwann nur noch als störend empfunden. Von der sogenannten eigenen Art der Katzen, still und elegant ihrer Wege zu gehen, war ja nicht mehr viel zu sehen und so war der Tag der Einschläferung mehr ein Tag der Befreiung – für sie und für mich.
Emo hatte die Stille zuerst unterbrochen. „Wie ist der denn hier runter gekommen?“ Ich hatte grinsen müssen und Mira hatte die Augen verdreht. „Weißt du Emo“, hatte ich gesagt, „der hat die Strickleiter benutzt. Unten hat er dann bemerkt, dass das ja eigentlich gar nicht hätte funktionieren können – da ist er durchgeknallt und so oft gegen die Wand gerannt, bis der Hals durch war.“ Emo hatte mich wütend angesehen, doch bevor der schöne Morgen durch häßliche Worte hätte verdorben werden können, hatte Mira den Hund bei den Läufen gepackt und in den Wäschekorb verfrachtet. Nach ihrem auffordernden Blick hatte ich die Fernbedienung genommen und das Tier nach oben geschickt. Das Geräusch des auf der Plane herabrutschenden Kadavers war laut und deutlich zu vernehmen gewesen. Kurz hatte ich an die deutschen Tötungslager während des Zweiten Weltkrieges denken müssen; dann hatten wir uns an die Arbeit gemacht. Bald sandte die Sonne ihre ersten Strahlen zu uns herunter und der Gedanke war vergangen.

Die Erinnerung an die Ereignisse der letzen Nacht – wenn es denn nicht tatsächlich ein Traum gewesen war – verschwand ebenfalls recht bald mit den ersten Erdbrocken des Tages im Wäschekorb. Ich gab mich ganz dem Rhythmus und der wunderbaren Funktionalität meines Körpers hin. Die Maschinerie funktionierte tadellos. Und wir gruben weiter.

Sechzehn Meter: Körper über Geist

Schon relativ früh mussten wir die Arbeitslampe einschalten, denn es wurde in dieser Tiefe schnell dämmrig.
Seit einer guten halben Stunde kämpften wir gegen die steigende Zahl von kleinen und größeren Steinen an. Es war ein langsames Vorankommen und unsere Laune war dementsprechend gesunken.
Irgendwann warf ich die Spitzhacke zur Seite und nahm einen langen Schluck aus der Wasserflasche.Ich hielt sie Emo hin, aber der beachtete mich nicht. Sein Blick war starr und der Rhythmus perfekt. Ich sprach ihn kurz an. Keine Reaktion. Dann sah ich zu Mira. Sie hatte mich anscheinend schon länger betrachtet. Mit einer Handbewegung forderte sie die Flasche und ich gab sie ihr.
Im künstlichen Licht der Lampe war ihre Haut fahl, ihr Haar wirkte strähnig und fettig. Sie setzte die Flasche an ihre trockenen Lippen und ließ das Wasser laufen. Trank keinen Schluck. Die kleinen Rinnsäle schmiegten sich um die forschen Züge ihres Kinns. Verschwanden kurz und vermischten sich dann mit dem Schweiß, der die Haut ihres Halses glänzen ließ. Das Wasser rann. Der Stoff des Shirts, welches sich sanft an ihren Körper drängte, konnte nicht mehr viel Flüssigkeit aufnehmen. Sie sah mich an. In meinem Kopf verfolgte ich den Weg, den das Wasser nehmen würde. Wie es sich in den nicht wahrnehmbaren Bereich zwischen Stoff und wachsenden Zitzen drängte, diese benetzte und weiter nach unten schlich; ein wunderbar langer Weg zu dem nassen Ziel, das auch ihre sich senkende Hand hatte.
Als sie zwischen mir und der kühlen Erde lag, waren Gedanken und Phantasie verschwunden. Ich hatte in den letzten Tagen viel über die Faszination des Rhythmus erfahren, Kraft und Ausdauer gewonnen und beides schätzen gelernt. Wie in der ganzen Zeit hier unten herrschte mein Körper – mein Geist war nicht vonnöten. Ich sah sie nicht einmal an.

Als wir fertig waren und mit der Arbeit fortfuhren, fiel mir auf, dass irgendwer immer noch wimmerte. Anormal, dieser Laut. Nicht Mira, sie arbeitete stumm in ihrem Bereich des Lochs. Es war mehr wie jemand, der mit vernähten Lippen aufheult, es zumindest versucht.
Zu jedem Schlag, den Emo in die Erde trieb, stieß er dieses seltsame Geräusch aus. Aber es war anders, als Miras zuvor. Seines erinnerte mich mehr an das meiner Katze, die ihren Tumor die Treppen meines Elternhauses hinunterschleppte.

Neunzehn Meter: Jemand verlässt die Grube

Es war Nacht geworden. Durch das Loch in der Rutsche über uns leuchteten keine Sterne. Wind war aufgekommen, rauschte durch die Wipfel der Bäume und hatte Wolken mitgebracht.
In dem Loch war es schon lange dunkel. Es war von Vorteil, dass ich meinen Geist inzwischen perfekt von meinem Körper trennen konnte; ansonsten hätte ich Emo sicherlich längst meinen Spaten über den Schädel gezogen. Er hatte sein Gewimmer die ganze Zeit durchgezogen.
Mit Mira arbeitete ich daran, den bislang größten Stein soweit zu lockern, dass wir ihn in den Wäschekorb hieven konnten. Emo grub auf der anderen Seite.
Endlich konnten wir das Ding auf den Weg nach oben schicken. Während die Winde gleichmäßig surrte, sah ich Mira an.
Sie war erschöpft, sicherlich bald am Ende ihrer Kraft. Abstoßend. Im Gegensatz dazu, hatte ich das Gefühl, ewig weitermachen zu können. Meine Arme fühlten sich frisch an und mein Denken beherrschten drei Worte: Es geht voran. Es geht voran.
Über uns das Geräusch des sich aufspulenden Metallseils. Mira versuchte, mich anzulächeln und reckte mir ihren zitternden Arm entgegen, wollte eine Berührung und ich wandte mich gerade ab.
Dann kam der Stein herunter.
Keine Ahnung, warum Emos Prinzip dieses Mal nicht richtig funktioniert hatte. Jedenfalls schlug ihr das Ding den Schädel ein und sie brach mit diesem halben Versuch eines Lächeln auf den Lippen zusammen.
In der Grube herrschte Ruhe, ich stand still da und auch Emo hatte von seinem wimmernden Rhythmus abgelassen. Der Wind wurde lauter, schien kurz herabzusteigen, als wolle er sie mit in die Nacht nehmen.
Dann ging er wieder und hatte sie dagelassen. Zumindest ihre Leiche.
Ich sah zu meinem letzten Mitstreiter, spürte Neugier aufsteigen, wie er mit der Situation umgehen würde. Emo sah auf Miras Körper, seine Hände fuhren fortwährend um den Griff des Spatens – so, als wolle er ihn auswringen. Rote Spuren auf dem dunklen Holz.
Als er zu mir kann, versuchte ich, seinen Blick einzufangen, aber er wich mir aus. Seine Hand hob sich und er hieb auf den grünen Knopf an der Fernbedienung, die neben meiner Schulter an der Wand hing. Der Korb setzte sich in Bewegung und als er bei uns war, griff Emo nach Miras Armen und zog sie über den Rand in den Behälter. Eine einzige kraftvolle Bewegung und ich hörte, wie die Haut ihres Rückens über den Rand schrammte. Das Bild war seltsam. Mira sah aus wie ein Kind in der Wiege, die Arme leicht überkreuzt, die Lippen immer noch zu dem Ansatz des Lächelns verzogen. Sie schien nach oben zu blicken, als könne sie es nicht erwarten, die Fahrt anzutreten und die Grube zu verlassen. Ihre Arbeit war getan.
Emo sah zu mir und machte eine Bewegung mit der Hand. Jetzt sah ich den Glanz in seinen Augen. Sein Blick suchte irgendetwas an einem Ort, den ich nicht sehen konnte. Ich nahm die Fernbedienung und drückte den Knopf. Miras Fuß schaukelte leicht, aber der Aufstieg ging ohne Probleme vonstatten. Auch oben an der Rutsche gab es – zu meiner Überraschung – keine Schwierigkeiten. Unser Wäschekorb kippte über und im schwachen Schein der Arbeitslampe sah ich ihre Haut noch einmal schimmern, dann war sie weg. Es blieb nur das kurze Geräusch, mit dem ihr Körper über die Plane auf der Rutschfläche glitt. Viel lauter als es heute morgen bei dem Hund der Fall war.
Dann fing es an zu regnen.

Knapp zwanzig Meter: Aus meiner Grube heraus

Seit wir unser Projekt begonnen hatten, war es das erste Mal, dass es regnete. Und es machte die Arbeit verdammt schwer.
Der Boden war matschig und schwer. Das Wasser lief an den Wänden herunter und weichte sie auf. Der Griff meines Spatens war rutschig und schwer zu greifen; dennoch arbeitete ich weiter. Wie ein Uhrwerk. In meinem Kopf hämmerten die drei Worte. Die Dunkelheit der Grube wurde nach und nach dichter und meine bewußten Gedanken klammerten sich an die schwachen Strahlen der Arbeitslampe über uns.
Emo hatte vor einiger Zeit wieder mit dem Gewimmer begonnen und es intensiviert. Seine Bewegungen waren schwammig geworden und ab und an knickte er ein. Es war abzusehen, dass er bald Schluß machen würde.
Ich war wieder in meinen Rhythmus gefallen. Zustechen, die Erde losrütteln, heben und weiter in den Wäschekorb. Zustechen, heben, rütteln, Wäschekorb. Meine Gedanken gingen; vielleicht mit Mira in die Nacht hinaus. Vielleicht hatte ich sie mit dem letzten vollen Spaten in den Korb getan und nach oben geschickt. Hier unten gab es sie nicht mehr. Hier unten gab es keine Gedanken, keine Gefühle und keine Erinnerung mehr. Nur noch zwei Körper und ein Ziel.
Ich schaffte noch viele Körbe voll nach oben. Emo war schon vor langer Zeit an der Wand zusammengesunken und ich grub um ihn herum. Durchnässt fand ich viel später zwischen der Erde die Erinnerung wieder, hielt irgendwann einen großen Stein für Miras Kopf. Kurz darauf fand ich die Gefühle wieder und unter das Regenwasser mischten sich meine Tränen und ich sah Miras entkräftetes, um Berührung bettelndes Lächeln. Und ich fiel auf die Knie und barg den Kopf in meinen Händen. Meine Muskeln verkrampften und schüttelten meinen Körper. Das Ziel war außer Reichweite, die Kraft entschwand, machte Platz für Gefühle. Die Dunkelheit der Grube war um mich, drang in mich ein und füllte mich aus. Ich versank in ihr und schlief ein
Weit unter mir, sicher noch Meter entfernt, befand sich die Erkenntnis, dass es nie ein Ziel gegeben hatte. Ich habe sie nie gefunden.

Zweiundzwanzig Meter: Aus unserer Grube heraus, zurück in meine

Es war ein grauer Morgen; weit über uns war der Regen gegangen, hatte aber die Wolken gelassen. Schwer hingen sie über dem Loch in der Rampe.
Mir war kalt. Ich klärte meinen Blick und sah Emo, der mir gegenüber mit angezogenen Beinen an der Wand hockte und mich ansah. Keine Ahnung, wie lange er das schon tat. Ich sah an mir hinunter. Getrocknete Erde haftete an Armen und Beinen.
Natürlich war mir bewusst, was in der Nacht geschehen war – bis zu dem Moment, in dem Mira ihre Fahrt aus der Grube heraus angetreten hatte, waren die Erinnerungen klar und stachen wie Glassplitter. Danach verdunkelte sich alles, die Splitter wurden stumpf und verblassten. Ich vermisste die Erinnerung nicht.
Dann kamen die Gedanken darüber, wie ich aus dieser Sache heraus kommen konnte. Es war klar, dass das Projekt beendet war. Jede Faszination, die mich aufgrund unserer Aktion erfasst hatte, war gegangen. Mit einem Schlag. Ich konnte nicht verstehen, wie ich nach ihrem Tod hatte weitergraben können. Aber etwaige Gedanken darüber mussten warten. Fakt war, dass dort oben irgendwo in dem Erdhaufen Miras Leiche lag; weiterhin war es so, dass Emo nicht den Eindruck machte, als könne er damit vernünftig umgehen. Seine Augen starrten. Jeder Muskel in seinem Gesicht schien verkrampft, schien an etwas zu arbeiten, das er nicht verkraften konnte.
Ich stemmte mich hoch und ging zu der Strickleiter. „Lass uns erst mal raus hier, Emo. Dann schauen wir weiter.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, kletterte ich nach oben und ging zu dem inzwischen gewaltig anmutenden Erdhügel, der sich am Fuße unserer Rampe erhob. Dort sah ich Miras Arm. Wie ein Grabsymbol ragte er an einer Seite aus dem Haufen hervor. Die Hand war leicht abgeknickt, ganz so, wie es Damen in alten Filmen tun, wenn sie einen Handkuß fordern. In dem grauen Licht war die Haut blass, fahl und wirkte völlig unnatürlich.
Als sich Emo kurz darauf neben mich stellte und mehrere Male keuchend versuchte, Worte zu finden, wuchs in mir eine Idee.
So könnte es funktionieren.
Ich ging ins Haus und telefonierte.

Als das Gespräch beendet war, ging ich wieder in den Garten, blieb jedoch auf der Terasse stehen und beobachtete Emo. Er hatte sich nicht bewegt und ich hoffte, dass es auch so bleiben würde.
Zwanzig Minuten später hörte ich die Wagen kommen. Ich gesellte mich wieder zu Emo. Er hatte sich nicht bewegt, stand mit versteinertem Gesicht auf seinen Spaten gestüzt da. Jetzt war es Zeit, das Spiel zu spielen.
„Weißt du“, sagte ich, „immerhin hat sie zum Ende doch noch einmal einen richtig guten Fick gehabt.“
Und kurze Zeit geschah gar nichts. Dann erhob Emo wieder sein verzweifelt hilfloses Winseln und schlug mir mitten in das Gesicht. So, wie es sein sollte.
Ich ging zu Boden – auch das sollte so sein. Weit hinter den Geräuschen, die er von sich gab, hörte ich das Trampeln von Füßen. Und dann kam der Spaten ins Spiel. Damit hatte ich nicht gerechnet, doch im Nachhinein denke ich, dass Emo mein Spiel damit viel realistischer gemacht hatte, als ich es ihm je zugetraut hätte. Seine so schnell erdachte Rolle um so viel besser, intensiver spielte, als es ihm zugedacht worden war. Er hob das Gerät hoch über den Kopf und ich rollte mich zur Seite. Zum ersten Mal das Gefühl, dass das Ganze schiefgehen könnte. Der Spaten fuhr hinunter, seine Spitze spaltete das Fleisch meines Oberarms. Verzerrt sah ich Emo wieder ausholen und dann fielen die Schüsse.
Es kam nicht so wie in vielen Filmen – kein letzter gebrochener Blick, keine Frage in seinen Augen. Ich sah Projektile durch seine Brust brechen, Emo stolperte nach vorn und fiel über mich.

Man hat mir damals geglaubt.
Und noch heute, Jahre später, sitze ich im Schatten der Apfelbäume und denke an Mira und Emo. Denke an jenen heißen Sommer und an unser letztes gemeinsames Projekt. Seltsamerweise habe ich die beiden kaum vor Augen. Aber so ist das wohl mit Leuten, die vor ihrer Zeit sterben.
Wenn die Sonne tiefer sinkt, werde ich das kleine Boot klarmachen und zur Mitte des Sees hinaus rudern. Etwas Gras rauchen.
Meine Art, die Natur zu genießen.
In meiner Grube.


ENDE

 

Hallo baddax!

Da hab ich aber schön geschaut, als mir die Geschichte von Dir bei der Null-Antworten-Inventur untergekommen ist...:shy:

Dabei ist sie, wie auch Deine anderen Geschichten, wirklich gut geschrieben - nur der Plot ist ein bisschen ungewöhnlich, also eigentlich seltsam. Daraus ergibt sich auch mein erster Verbesserungsvorschlag: eine Verschiebung nach Seltsam. :)

Weitere Kritik kommt noch, dafür brauch ich mehr Zeit, als ich sie im Moment habe - Gisi hat nämlich morgen Geburtstag. ;)

Alles Liebe,
Susi :)

 

Hi Susi,

freue mich, dass Du die Geschichte ausgebuddelt hast - und natürlich auf weitere Kritik von Dir. :) Verschiebung nach Seltsam klingt interessant, lass ich mir durch den Kopf gehen.

Liebe Grüße und Glückwünsche an Gisi morgen - feiert schön!

Gruß, baddax

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo baddax!

Abgesehen von seltsam liest sich Deine Geschichte aber auch spannend, da ich mich die ganze Zeit gefragt habe, was denn der Sinn dieses Unternehmens sein soll, denn um Bier zu kühlen muß man ja nicht gar so tief graben. Aber bevor es den Eindruck macht, als wüßten die Protagonisten das auch nicht, bekommt Adrian die neue Sichtweise und ein Ziel vor Augen… Besonders als die Polizei dann kommt, ist das sehr hinterlistig von ihm eingefädelt…:thumbsup:

Beim Schluß stört mich ein bisschen der Satz „Meine Story wurde gekauft“ – ich finde, den hat weder die Geschichte selbst, noch der Schluß nötig. Und daß der Protagonist schreibt, kommt ja in der Geschichte eigentlich gar nicht vor (oder hab ich was überlesen?), so wirkt er auf mich irgendwie wie ein Fremdkörper.

Aber insgesamt hat mir Deine Geschichte wirklich gut gefallen. :)

Ein bisschen sezieren muß ich noch. Zum leichteren Finden hab ich Dir die Überschriften dabeigelassen ;):

»Aber in meinem Garten würde ich kein Gift versprühen - somit hatten die vielen Kolonien frei Bahn.
„Lass es, okay.“, erwiderte Emo«
– freie Bahn
– nach „okay“ ist der Punkt zuviel
– ich würde statt „die vielen Kolonien“ „Kleintierkolonien“ nehmen

»diese tolle Frau ab zu bekommen und sie über eine so lange Zeit zu halten«
– abzubekommen

»Emo beschloß, sie zu ignorieren und wandte sich mir zu. „Hast du ´ne Kühlbox oder was ähnliches?«
– beschloss … was Ähnliches (würde sowas schreiben)

»unser Bankkonto, das seit heute morgen um einiges fetter geworden ist.«
»„Arian, was hat der Kerl heute morgen eigentlich genau gesagt?“, fragte Mira.«
– heute Morgen

»Mira ist so jemand.«
– würde schreiben „so eine Frau“

»Er hatte recht; die beiden tippen …
Ich kramte eine neue Cd aus dem Karton neben mir«
Recht
– „Cd“ wäre Cadmium, Du meintest sicher eine „CD“ (noch ein paar Mal im Text) ;)

»bis er hinter einem der großen Büsche neben der Terasse verschwand.«
– Terrasse

»Ich habe eine Abneigung gegen Gartenarbeit, ausserdem entspricht es nicht«
– außerdem

»Alles wächt, wie es will und mir gefällt es.«
– wächst

»Das Letzte, was ich von mir behaupten kann, ist, dass ich ein Schwuler wäre.«
– würde „behaupten könnte“ schreiben, außerdem „dass ich schwul wäre“

»Dabei wurde mir bewussst, wie wenig ich eigentlich für meinen Körper tat.«
– bewusst

»wobei die beiden noch etwas mehr den Kopf benutzen, während ich bei meiner Arbeit mehr meiner Intuition folge.«
– benutzten, folgte

»Ich wußte gar nicht mehr, dass man mit den Händen«
– wusste

»Ich schaute zu ihr herüber. „Hol´ dir selbst …«
hinüber
– Hol ohne ´

»aber als sich der Abend senkte«
– würde schreiben „als sich der Abend über uns/das Land senkte“, allein hört sich „der Abend senkte“ komisch an

»Einen Meter: Meine Entscheidung«
– Ein Meter

»dazwischen einige Bierflaschen, Grassoden und die drei Spaten.«
– Was sind bitte „Grassoden“? :shy:

»„Ja. Doch.“ Mehr viel mir dazu im Moment nicht ein«
fiel

»Schon beim Frühstück hatte ich
in mir eine leichte Vorfreude darauf verspürt,«
– falscher Zeilenwechsel

Bald zwei Meter: Routine erarbeiten

»Ich setzte mich zu ihnen und goß mir Tee ein.«
– goss

»Ich sagte es ihr.
„Einen knappen Meter?“ sagte Emo und sah mich ungläubig an.«
– würde „fragte Emo“ schreiben, da zuvor bereits ein „sagte“ ist und es sich ja auch um eine Frage handelt. Und der Beistrich fehlt nach der direkten Rede.

»Schon gegen fünf machten wir Schluß.«
– Schluss

»Ich ging zurück zum Haus, um einige Bier zu holen.«
– einige Biere

»indem er sitzen blieb, um ab und an einen Spruch zu reissen.«
– reißen

»Er lief an ihrem Gesicht, an ihren Armen hinab;«
– würde ein „und“ statt dem Beistrich schreiben

»Den Spaten wieder in die Erde, um ihr ihre Masse entreissen.«
zu entreißen

Beinahe drei Meter: Vorbei

»Ich machte mir ein belegtes Brot und ging hinaus.«
– was hältst Du von „Ich belegte mir ein Brot (mit Wurst)“?

»ich bemerkte mit Wohlwollen und frühmorgentlicher Erregung«
– frühmorgendlicher

»es war ein flüchtiges Etwas, ein kurzes Flimmern, irgendwie
krank?
seltsam.«
– fehlplazierter Zeilenumbruch
Seltsam

»dieser plötzliche Störfaktor durchbrach den samten Nebel,«
– den was für einen Nebel? vielleicht „samtenen“?

»Sie hatte recht. Mein Automatismus«
Recht

»nach oben warf, rieselte das Meiste zurück.«
meiste

»Dabei war draussen ein wunderschöner Tag.«
– draußen

Bald vier Meter: Emos Idee

»„Was könnte gehen?“ fragte ich, während ich Kaffee in einen Becher goß.«
– gehen?“, fragte
– goss

»„Aber Adrian, denk mal nach: die Idee ist so gut,«
Die Idee (nach dem Doppelpunkt ist ein vollständiger Satz, daher groß)

»Klar, das erste Mal, dass er eine wirklich abgefahrene Idee hat.«
– hatte

Dreizehn Meter: Der Hund

»Es musste gegen Mittag sein und wir waren arbeiteten. Über zehn Meter in die Tiefe vorgedrungen und Emos Idee funktionierte nach wie vor perfekt.«
– würde das so schreiben: Es musste gegen Mittag sein und wir waren bereits über zehn Meter in die Tiefe vorgedrungen. Emos Idee funktionierte nach wie vor perfekt.

»die Erde zu lockern, größere Gesteinsbrocken der Erde zu entreissen und«
– entreißen
– zweimal „Erde“, würde schreiben „die Erde zu lockern und ihr größere …“

»Einen Kunden weniger.«
– Ein Kunde weniger.

»und meine Augen hattte ich fortwährend gen Himmel gerichtet, als ich ihn zurücklegte.«
– hatte

»Irgendwann führte sie den letzten Schlag, hielt inne und ließ die Hacke fallen«
– würde nach „Schlag“ noch ein „aus“ einfügen: führte sie den letzten Schlag aus

»Tiere waren mit immer relativ egal gewesen.«
– mir

»Die Wochen zuvor war sie die Treppen zumeist herunter gefallen, anstatt sie zu gehen«
hinunter

»wenn es denn nicht tatsächlich ein Traum gewesen war – war dann ebenfalls recht bald mit den ersten Erdbrocken des Tages im Wäschekorb aus der Grube verschwunden«
– statt „war – war“ würde ich schreiben „war – verschwand dann ebenfalls … im Wäschekorb.“

Sechzehn Meter: Körper über Geist

»die ihren Tumor die Treppen meines Elternhauses herunterschleppte.«
hinunterschleppte

Neunzehn Meter: Jemand verlässt die Grube

»Sein Blick suchte irgend etwas irgend wo anders. Ich nahm die Fernbedienung und drückte den
Knopf.«
– Vorschlag: suchte irgendetwas ganz woanders
– vor „Knopf“ ist ein Zeilenwechsel, der da nicht hingehört

Knapp zwanzig Meter: Aus meiner Grube heraus

»Das Ziel war ausser Reichweite, die Kraft entschwand,«
– außer

Zweiundzwanzig Meter: Aus unserer Grube heraus, zurück in meine

»Ich sah an mir herunter.«
hinunter

»Natürlich war mir bewußt, was in der Nacht geschehen war«
– bewusst

»Ohne eine Antwort abzuwarten kletterte ich nach oben«
– ich würde da einen Beistrich machen: Antwort, abzuwarten (außerdem sind da zwei Leertasten)


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Susi,
freue mich über Deine Kritik. :) Werde leider heute und morgen nicht zum Korrigieren kommen, bin bis Sonntag weg, aber danach werde ich die Liste abarbeiten. Vielen Dank auf jeden Fall!

Liebe Grüße

baddax

 

Hey,

so, habe die Liste durchgearbeitet und sage noch einmal meinen Dank für Deine Korrekturen. :) Diese ganzen ß und ss-Dinger: liegt das alles an der neuen Rechtschreibung oder nur zum Teil?

Adrian wurde mir beim Schreiben auch immer unangenehmer, da passt das Ende zu ihm. Der blöde Sack. :D

Das mit „Meine Story wurde gekauft“ soll nicht bedeuten, dass er die oder eine Geschichte geschrieben hat - damit meinte ich eher sowas wie: "Meine Lügengeschichte wurde mir von der Polizei abgenommen." - also, dass er völlig ohne Nachspiel aus der Sache rausgekommen ist. Wenn die Redewendung verwirrend ist, überlege ich mir mal was anderes.

Zu der Liste: die Punkte, die ich folgend unerwähnt lasse, habe ich dankbar geändert. :)

»Mira ist so jemand.«
– würde schreiben „so eine Frau“
Habe geschrieben: "Mira ist so eine."

»dazwischen einige Bierflaschen, Grassoden und die drei Spaten.«
– Was sind bitte „Grassoden“?
Grassoden sind die Grasstücke, die ich mit dem Spaten aus dem Rasen steche, wenn ich ein Loch buddle. Können nachher wieder aufgelegt werden. ;)

»„Ja. Doch.“ Mehr viel mir dazu im Moment nicht ein«
– fiel
Uuups ... :shy:

»Ich machte mir ein belegtes Brot und ging hinaus.«
– was hältst Du von „Ich belegte mir ein Brot (mit Wurst)“?
Da find ich meins - ehrlich gesagt - klangschöner. :shy: Ist, soweit ich weiß, auch eine bekannte 'Redenwendung'.

»es war ein flüchtiges Etwas, ein kurzes Flimmern, irgendwie
krank?
seltsam.«
– fehlplazierter Zeilenumbruch
– Seltsam
Das ist wieder einer der Einschübe, die ich manchmal mache: Das Wort 'krank' wirft sein U-Bewusstsein in den Satz, den er eigentlich denkt. Soll so ne Andeutung sein, dass das alles nicht gut ausgeht. Deswegen auch der Zeilenumbruch (weil das Wort wie ein Einbruch in den Satz ist) und das 'seltsam' klein.


Freut mich, dass die Geschichte spannend war und Du sie gut geschrieben fandest. :)
Schreibe gleich mal nen Mod an, denn Deine Idee mit der Verschiebung nach Seltsam
finde ich gut.

Liebe Grüße, baddax

 

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