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Der Spiegel von Ater

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12.04.2004
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Der Spiegel von Ater

1

Schon als sein erster Funkruf zur Mazellan nicht beantwortet wurde, wusste er, dass etwas nicht stimmt. Trotzdem rief er immer wieder sein Schiff, das im Orbit von Ater auf ihn wartete. Zumindest sollte es dort auf ihn warten, bis er seine Mission auf der Oberfläche des Planeten beendet hat. Nach etlichen Versuchen einen Kontakt zur Mazellan herzustellen, die allesamt erfolglos blieben, entschied Alex, dass es besser wäre, zurück zur Landefähre zu gehen und von dort aus zu versuchen, Jerry oder einen von den anderen zu erreichen. Vorsichtig verstaute er die Gesteinsproben in den Plastikzylindern, die in einer Art Trägersystem an seinem Raumanzug befestigt waren. Dann überprüfte Alex mit seinem visuellen Überwachungssystem den Status seiner Sauerstofftanks, die er wie ein Taucher auf dem Rücken trug. Obwohl eine Fehlfunktion unmissverständlich in seinem Display aufgetaucht und von einem akustischen Signal begleitet worden wäre, hatte er sich angewohnt, die Anzeigen in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Nichts war bei einem Außeneinsatz wichtiger als ein tadelloser Raumanzug, er war der Garant für eine unversehrte Rückkehr zur Landeeinheit, und die sichere Rückkehr zur Landeeinheit war Voraussetzung für einen problemlosen Flug zurück zum Mutterschiff. Alex machte ein paar Schritte über den kiesartigen Boden des Planeten. Er wich behäbig einem etwas größeren Stein aus, der ihn ein wenig an einen geplatzten Kürbis erinnerte. Nur das der Stein pechschwarz war, genau wie die gesamte Oberfläche des Planeten Ater, der erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhundert entdeckt wurde und eher bedeutungslos für die Wissenschaft war. Doch seitdem das Wissenschaftsministerium im Jahre 2099 beschlossen hatte, ein Laborschiff in Betrieb zu nehmen, welches fünf Jahre lang alle bekannten Planeten noch einmal genauer unter die Lupe nehmen sollte, da kamen sie auch zwangsläufig zum Planeten Ater, der ihre letzte Station vor der Rückbeorderung zur Erde sein sollte. Irgendwie hatte Alex den Eindruck, dass das Ministerium sich immer noch nicht damit abgefunden hatte, dass auf keinem der Planeten Leben gefunden wurde. Allerdings bezweifelte er, dass ein futuristisches Laborschiff, ausgestattet mit allem Schnickschnack der menschlichen Technik, einer Hand voll Wissenschaftler, die sich fünf Jahre in einem Sarg aus Kunststoff einsperren lassen und einmal in der Woche ihre körperlichen Befriedigung in einer künstlichen Lustmatrix holten, Jerry nannte es immer den digitalen Flüssigkeitsabsorbierer, irgendwelche Aliens aus ihren gemütlichen Sesseln locken könnte. Sie alle waren froh zurück zur Erde zu kommen, wirklich froh nach dieser langen Zeit in der sie wie Ölsardinen aufeinander hockten. Dieser letzte Stopp bei Atar war reine Routine, deshalb ging Alex allein zu diesem Außeneinsatz, was laut der Vorschriften absolut verboten war. Aber niemand scherte sich mehr um die Vorschriften, sie hatten mittlerweile ihre eigenen Regeln. Ein paar Steine sammeln, etwas schwarzen Sand mitnehmen, einen Blick auf den honiggelben Himmel ohne Wolken werfen und dann schwupp ab nach Hause. Na ja, jetzt saß er hier auf diesem Planeten, der aussah als hätte eine Feuersbrunst alles zu Asche verbrannt. Die Landeeinheit war nur etwa 50 Meter entfernt. Mit der silbrigen Außenhaut und der ovalen Form wirkte die Fähre aus der Entfernung wie ein in Aluminiumfolie eingepacktes Riesenei. Die beiden roten Landekissen, die ein gefahrloses Aufsetzen auf nahezu jede Oberfläche garantierten, kauerten an der Seite der Fähre wie ein überdimensionaler Rettungsring. Alex machte gerade einen Schritt nach vorn, vorbei an dem Steinkürbis, als ihm sein linker Fuß wegknickte, wie ein brüchiges Streichholz und er langsam Richtung Boden fiel. Er würde sich nicht besonders hart aufschlagen, das verhinderte die Schwerelosigkeit, dennoch war es gefährlich sich auf diesem Minenfeld aus schwarzem Kies den Raumanzug zu beschädigen. Alex spürte sofort, als er an dem spitzen Stein vorbeischrammte, dass etwas nicht in Ordnung war. Ein verdächtiges Zischen, laut und unüberhörbar, kam etwa aus der Gegend, wo sein Sauerstofftank auf seinem Rücken hing. Keine Sekunde später flimmerte eine blinkende Warnmeldung über sein Display, und die reizende Computerstimme machte ihn darauf aufmerksam, dass sein Raumanzug eine Fehlfunktion hat. Alex blieb ruhig, er war auf Krisensituationen vorbereitet worden, und er wusste, dass das Sauerstoffsystem über einen Nottank verfügte, der in einem Notfall die Versorgung mit Atemluft für 30 Minuten gewährleistete. Alles was er machen musste, war die Ruhe bewahren und zu warten, bis die Computerstimme ihm mitteilen würde, dass der Nottank ihn mit Sauerstoff versorgt. Alex tippte derweil auf der kleinen Tastatur am Handgelenk herum und checkte den Sauerstoffvorrat am Haupttank. Das Leck war groß, so groß, dass nur noch Luft für zwei Minuten übrig war. Ein ungutes Gefühl stieg in Alex auf, denn noch immer hatte der visuelle und akustische Alarm nicht aufgehört, ihn zu warnen. Weitere 10 Sekunden später war es ihm klar, dass die Notversorgung nicht funktionierte. Sofort prüfte er seine Optionen, und mit Schrecken stellte er fest, dass er keine hatte. Mit dem verbleibenden Sauerstoff würde er es nicht bis zur Fähre schaffen. Er hatte noch Luft für 90 Sekunden, danach könnte er höchstens weiter 2 Minuten ohne Atemluft auskommen, bis zum Schiff brauchte er mindestens sechs Minuten. Es war hoffnungslos, er würde hier auf diesem fremden Planeten sterben. Alex setzte sich auf den Kürbisstein und ließ seinen Blick über die karge Landschaft des Planeten schweifen. Das Zischen aus dem Sauerstofftank wurde bereits leiser und kündigte seine baldigen Tod an. Nur die Computerstimme quasselte unermüdlich weiter, aber auch von dieser Nervensäge würde er bald erlöst sein. Ein letztes Mal versuchte er Kontakt zur Mazellan aufzunehmen, aber sie hörten ihn nicht, und selbst wenn sie ihn gehört hätten, die Zeit wäre zu knapp gewesen, um ihn zu retten. Dann hört das Zischen auf! Es dauerte nicht lang, bis Alex diesen leichten Druck in seinem Kopf spürte, der sich allmählich zu einem brennenden Schmerz in seinen Schläfen steigerte. Sein Hals trocknete aus, und es schmeckte, als ob er eine ganze Packung Knäckebrot verschlungen hätte. Alex versuchte zu atmen, doch es war nur ein scharrendes Keuchen, dass die ewig schwätzende Computerstimme übertönte. Die Landschaft verschwamm vor seinen Augen, der gelbe Himmel schien verwaschen, als hätte jemand mit Wasserfarben gespielt, dann sah Alex diesen kleinen hellen Punkt mitten in der gelben Waschküche. Mit rasender Geschwindigkeit kam er auf ihn zugeschossen, wurde immer größer, und als er durch ihn hindurchschoss, da musste er die Augen schließen, um nicht blind zu werden, von dem gleisenden Licht, dass alles um ihn herum erhellte. Dann verlor Alex das Bewusstsein.

2

Ein leuchtend blauer Himmel, kleine weiße Schäfchenwolken und der Duft von saftigem Gras und bunten Tulpen war das Erste, was Alex wahrnahm, nachdem er langsam wieder zu sich kam und die Augen einen winzigen Spalt öffnete. Dann spürte er die frische Luft, die seine Lungen durchfloss, ein fast unvergessener Genuss, nach so vielen Jahren mit künstlichem Sauerstoff. Als er die Augen weiter öffnete, da sah er die pralle Sonne lachend am Himmel stehen. Alex lag auf dem Rücken, doch irgendetwas stimmte nicht, denn er spürte keinen Druck von irgendeiner Unterlage. Er drehte seinen Kopf und bemerkte, dass er etwa einen halben Meter über einer tiefgrünen Wiese schwebte. Er konnte Pusteblumen sehen, Bienen, die durch das hohe Gras summten und die erbsengroßen Überreste, die irgendein Kaninchen zwischen den Halmen verloren hatte. Dann bemerkte er, dass er nackt war, der Raumanzug war verschwunden, und auch die eintönige Dienstunterwäsche war nicht mehr da. Vorsichtig legte er seinen Kinn auf die Brust und schaute an sich herunter. Er hob die Arme, begutachtete seine Finger, zufrieden taxierte er seinen Penis, der schlaff zwischen seinen Schenkeln lag. Es gab keine Schwerelosigkeit, das spürte er an seinen Muskeln, an jeder Faser seines Körpers. Sofort schwirrte nur ein Gedanke durch den Kopf von Alex: ich bin im Himmel! Ich habe es geschafft, ich bin zwar tot, aber wenigstens habe ich es bis in den Himmel geschafft, dachte er zufrieden und genoss dabei die vorbeiziehenden Wolken und die angenehme Wärme dieses Sommertages.
>>Du bist hier, nicht im Himmel, auch wenn ich nicht weiß, was ihr mit Himmel meint!<<, flüsterte ihm eine wohlbekannte Stimme in das Ohr. Blitzartig drehte Alex seinen Kopf zur Seite und starrte in das schönste Gesicht, das er je gesehen hatte. Eine junge Frau, hübsch, nein, wunderschön, mit einer Haut, die seidig glänzte, und die so rein war, als wäre sie aus seiner Fantasie entsprungen. Augen, grün wie Smaragde und tief wie ein unerforschter Meeresgraben verliehen ihrem Gesicht eine grazile Eleganz, die Alex nie zuvor gesehen hat. Sie stand genau neben ihm und hatte ihre schmalen Lippen an sein Ohr gelegt. Ihre Haut duftete nach frischer Milch, und ihre halblangen schwarzen Haare, die sanft an seinen Wundwinkeln kratzten, versprühten das Aroma eines frischen Apfels. Sie richtete sich auf und streichelte Alex über den Rücken seiner rechten Hand, und erst jetzt bemerkte er, dass sie genauso nackt war wie er. Ihre schmalen Schultern wirkten zerbrechlich. Ihre weiche Haut spannte sich glatt um ihre kleinen Brüste, und der flache Bauch glitt eben in ihren leicht beharrten Schoß. Ihre Beine konnte Alex nicht sehen, doch das braucht er nicht, denn vor ihm stand seine Traumfrau. Aber die Stimme, die Stimme kam ihm so bekannt vor, und bevor es bei ihm klickte, da sprach sie ihn wieder an.
>>Ich hörte diese Stimme, als ich dich fand. Sie kam aus der Hülle, in der du gesteckt hast!<< Alex Mundwinkel wanderten in Richtung Backenknochen und ein leichtes Lächeln, eine Mischung aus Verstehen und Amüsement, huschte über sein Gesicht. Er schaute die nackte Frau an.
>>Das ist wirklich nicht der Himmel, das ist das Paradies!<<, dachte Alex.
>>Das verstehe ich nicht, ihr denkt sehr seltsam!<<, antwortete sie ohne die Lippen zu bewegen. Erst jetzt bemerkte Alex, dass sie direkt in seinem Kopf sprach, sie kommunizierte mit ihm, ohne wirklich zu sprechen, und er antwortete, ohne seine Lippen zu bewegen.
>>Wo bin ich?<<, fragte Alex.
>>Du bist hier bei uns, ihr nennt es Atar!<<
>>Wer seit ihr?<<
>>Wir sind wir! Was ist das für eine Frage? Wir leben hier!<<, antwortete sie mit einem Unterton aus Verwirrung und Unverständnis.
>>Ihr lebt auf Atar? Ihr seit Außerirdische?<<
Die Frau lachte mit der Stimme, die ihn noch gerade eben aus seinem Helm tönte und ihn so sehr nervte. Jetzt war sie wie Musik in seinen Ohren, klar, lieblich und süchtig machend, so wie die ganze Gestalt, die dort vor ihm stand.
>>Eure Heimat heißt Erde?<<
>>Ja!<<
>>Dann sind wird außerirdisch!<< Alex versuchte sich nun aufzurichten, die unbekannte Frau stützte ihn sanft mit ihrem Arm und half ihm in eine sitzende Position zu kommen. Dann blickte er ihr tief in die Augen, streichelte über ihre Haare, taxierte ihren Körper, der so weich und samtig war, wie er es nie zuvor gefühlt hatte.
>>Aber du bist ein Mensch! Du siehst aus wie ein Mensch, du fühlst dich an wie ein Mensch!<<
>>Du siehst, was du sehen willst! Du fühlst, was du fühlen willst! Das ist nicht unsere wahre Gestalt. Wir sind anders als ihr, wir sind nicht festgelegt auf eine Körperlichkeit, aber trotzdem existieren wir.<<
>>Ich verstehe das nicht!<<, murmelte Tim, diesmal laut vor sich hin.
>>Das spielt keine Rolle!<<, antwortete die Stimme in seinem Kopf. Alex saß nun praktisch in der Luft, nur seine Beine baumelten herunter, und seine Fußspitzen berührten das Gras unter ihm. Er war verwundert, wie echt und real es sich anfühlte, obwohl es nicht wirklich sein konnte. Alex tippte, dass dieses Wesen seine Wünsche projizieren konnte, so etwas wie ein Hologramm, deshalb auch diese Traumfrau, die es eigentlich nur in seiner Fantasie geben konnte.
>>Du hast mein Leben gerettet!<<, überlegte er.
>>Das habe ich getan.<<
>>Kannst du mich zurückbringen?<<
>>Das werde ich, aber zuerst möchten ich dir etwas zeigen.<< Die Frau drehte sich um und ging langsam durch die Wiese davon. Nach ein paar Metern drehte sie sich um.
>>Komm!<<, tönte es durch seinen Kopf. Alex zögerte einen Moment, dann stellte er einen Fuß komplett auf den Boden und belastete ihn mit seinem Gewicht. Diesmal schwebte er nicht, er spürte den weichen Boden und das feuchte Gras unter seinen Fußsohlen. Die Frau, oder besser gesagt das Frau wartete auf ihn, als er zu ihr aufgeschlossen hatte griff sie seine Hand und führt ihn. Sie gingen ein Stück, dann sah Alex in einiger Entfernung ein Flimmern, etwa so, wie an einem besonders heißen Sommertag die Luft am Horizont flimmert. Es schien sehr weit weg zu sein, doch plötzlich, von der einen Sekunde auf die andere, standen sie vor einer trüben Wand aus milchigem Nebel, der sich zu beiden Seiten unendlich weit ausdehnte.
>>Was ist das?<<
>>Das ist der Spiegel! So würdet ihr es wohl nennen.<<
>>Spiegel? Was spiegelt es?<<, rätselte Tim.
Die Frau griff mit beiden Händen in den trüben Brei, so als würde sie einen Schwimmzug machen. Mit den Innenseiten ihrer Hände drückte sie den Nebel beiseite und eröffnete den Blick auf eine Art Stadt. Mit großen Augen starrte Alex durch das klaffende Loch in der Nebelwand. Er sah eine gigantische Kuppel, nicht aus Glas, sondern lichtähnlich, fast wie eine künstliche Ozonschicht. Darunter sah man riesige Bauten, Wolkenkratzer, wie auf der Erde. Unter der Kuppel kreuzten Flugzeuge, und Schiffe fuhren auf künstlichen Seen. Gigantische Fabriken, in denen Bagger mit riesigen Schaufeln in der Erde gruben, waren überall am Rande der futuristischen Stadt verteilt. Alles wurde taghell von ganzen Batterien künstlichen Lichts beleuchtet. Außerhalb der Kuppel konnte Alex die karge Landschaft sehen, die ihm wohl bekannt vorkam. Er sah den honiggelben Himmel und die schwarze Kieserde von Atar, so wie er sie noch vor kurzem durch das Kunststoffglas seinen Helmes erblickt hatte.
>>Um Himmels willen, was ist das?<<, fragte Alex mehr als erstaunt.
>>Das könnte Atar in 100 Jahren sein!<< Die fremde Frau beobachtete Alex dabei, wie er durch das Loch in eine mögliche Zukunft schaute.
>>Könnte?<<
>>Ja, nichts steht fest. Alles kann sein, aber nichts muss sein. Es gibt keine Vorbestimmung, nur Wege, die man beschreitet. Wege, die nicht zwangsläufig ein Ziel haben, sondern viele Gabelungen mit vielen verschiedenen Zielen. Es sind oft Kleinigkeiten, die zu einem bestimmten Ende führen. Gesten, Worte oder eine unbedachte Tat. Nicht das Große entscheidet, sondern die kleinen Dinge, von denen man nicht glaubt, dass sie irgendetwas lenken können.<< Alex blickte weiter durch das Loch. Er verstand, dass er in eine Art Glaskugel schaute, die eine Möglichkeit der Zukunft zeigt, nicht eine vorbestimmte, zwangsläufige Entwicklung. Er wandte sein Blick von der imaginären Stadt ab und schaute die nackte Frau an.
>>Das sind wir Menschen da unten in der Stadt, nicht wahr?<<
>>Ja, das ist eure Spezies!<<
Alex wurde blass, in ihm brodelte ein schlechtes Gewissen, wenn er durch das Loch auf die Stadt schaute. Immer wieder blickte er auf die fremde Frau, dann wieder durch den Nebel auf die riesige Kuppel. Nach einigen Minuten erfasste ihn eine riesige Woge der Angst. Sie überschwemmte seine Sinne und spülte seine Gedanken frei. Dann schien es ihm klar, es lag auf der Hand, so offen und unübersehbar, als wäre es ausgesprochen worden. In dem gleichen Moment, in dem die Erkenntnis Einzug in seine Gehirnwindungen hielt, schloss sich das Loch im Nebel, und die Wand war wieder eine ebene Einheit. Langsam drehte sich Alex um, es fiel ihm nicht leicht die fremde Frau anzusehen, denn er wusste nun, warum er das alles zu sehen bekam. Trotzdem fragte er sie, obwohl er die Antwort kannte.
>>Wann hat der Spiegel diese Stadt zum ersten Mal gezeigt?<<
>>In dem Moment, als ich dich in unsere Welt geholt habe.<<, antwortete die Stimme prompt und ohne Umschweife. Alex wusste genau, was das bedeutete. Dann nahm er die Hand dieses Wesens und legte sie in seine.
>>Soll das heißen, dass meine Rettung diese mögliche Kaskade angestoßen hat?<<, sagte er. Diesmal sprach er wirklich, denn er war zu aufgeregt und vergaß einen Augenblick, dass er nicht wie mit einem Menschen kommunizieren muss. Alex’ Frage wurde mit einem leichten Nicken beantwortet, dann wandte sich die Frau von ihm ab und entfernte sich einige Schritte von ihm. Sie ging langsam, schwebend über das tiefgrüne Gras. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verschwand sie plötzlich aus seinem Sichtfeld. Alex wollte sie noch einmal rufen, doch mit einem Schlag wurde es dunkel, und Alex verlor das Bewusstsein.


3

>>Alex hörst du mich? Hier ist Frank! Alex antworte! Die Mazellan ruft Raumfähre Basic One! Alex melde dich!<< Diesmal sah Alex kein leuchtendes Himmelsblau, als er seine Augen vorsichtig öffnete. Vielmehr fiel sein Blick auf die blinkenden Displays auf der Steuerkonsole seiner Raumfähre. Sofort merkte er die hämmernden Schmerzen, die seinen Kopf marterten, und ihn an einen heftigen Kater nach einer durchzechten Nacht erinnerten.
>>Alex, so melde dich doch! Was ist denn los?<<, hallte es wieder durch die Lautsprecher des Kommunikationsmoduls. Durch den Schleier seiner Kopfschmerzen registrierte Alex die Stimme von Frank dem Bordingenieur der Mazellan. Er versuchte sich aufzurichten, wobei er feststellte, dass er wieder seinen Raumanzug trug, der passende Helm lag neben ihm auf dem Sitz des Copiloten. Nachdem er sich mühsam in eine sitzende Position gebracht hatte, schaute Alex neugierig aus dem Fenster des Shuttles. Nichts hatte sich verändert, der Planet war immer noch so düster und karg wie zu Beginn seiner Mission. Der Himmel war immer noch genauso honiggelb, nirgends ein Anzeichen für eine blühende Landschaft, geschweige denn einer wunderschönen nackten Frau. Es war doch alles so real, das duftende Gras, die Pusteblumen und dieses Bild von einer Frau, dachte Alex ein wenig enttäuscht.
>>Das kann doch keine Illusion gewesen sein!<<, murmelte er vor sich hin.
>>Basic One melden sie sich! Was ist denn los da unten?<<
Die Stimme von Frank riss ihn aus seiner Lethargie. Er wollte gerade auf dem Pult mit der Steuerungseinheit der Fähre die Taste für die Aktivierung der Sprechfunkverbindung drücken, als sein Blick auf den Sitz des Copiloten fiel. Unter dem Helm seines Raumanzuges lugte irgendetwas heraus, was Alex auf Anhieb nicht zuordnen konnte. Zumindest gehörte es nicht zum Helm, das sah man sofort. Alex nahm das Kopfteil seines Helmes hoch und ihm stockte der Atem, als er sah, was unter dem Helm lag. Es war der Stiel einer Pusteblume, nicht alt und vertrocknet, sondern frisch und mit saftigem Stumpf, genauso so, als wäre sie gerade eben erst gepflückt worden. Bedächtig nahm er den Stiel der Pusteblume in die Hand, musterte ihm mit einem Lächeln und einem lebhaften Gedanken an das nackte Wesen in der Gestalt seiner Traumfrau.
>>Alex, Herrgott melde dich Alex! Ist da unten alles in Ordnung!<<
>>Hallo, hier ist die Basic One! Alles in Ordnung hier unten!<<, antwortete Alex, nachdem er die Blume unter seinem Raumanzug versteckt hatte.
>>Wir hatten eine seltsame Interferenz! Sämtliche Systeme waren down, für fast drei Stunden. Wir wissen nicht, was der Auslöser war. Ist bei dir alles in Ordnung? Wir haben uns tierische Sorgen gemacht!<<, brüllte die Stimme des Bordingenieurs durch den Äther.
>>Drei Stunden?<<, fragte Alex ehrlich erstaunt, denn in seinem Gefühl waren es höchstens 15 Minuten, die er mit dem fremden Wesen verbracht hatte.
>>Gab es da unten irgendetwas Besonderes?<< Alex stutzte einen Moment, bevor er antwortete. Er dachte an diese riesige Stadt, die den Planeten zerstört hatte und den Bewohnern das zu Hause genommen hatte. Schließlich nahm er noch einmal die Pusteblume aus seinem Anzug und dachte an die Worte, die das Wesen direkt in seinen Kopf gesprochen hatte.
Ja, nichts steht fest. Alles kann sein, aber nichts muss sein. Es gibt keine Vorbestimmung, nur Wege, die man beschreitet. Wege, die nicht zwangsläufig ein Ziel haben, sondern viele Gabelungen mit vielen verschiedenen Zielen. Es sind oft Kleinigkeiten, die zu einem bestimmten Ende führen. Gesten, Worte oder eine unbedachte Tat. Nicht das Große entscheidet, sondern die kleinen Dinge, von denen man nicht glaubt, dass sie irgendetwas lenken können.

Alex wusste genau, dass er jetzt an einer solchen Weggabelung stand und er war sich bewusst, dass er es war, der die Dinge jetzt lenken konnte. Nur ein kleines Wort konnte jetzt darüber entscheiden, ob der Spiegel von Atar die kommende Zukunft gezeigt hat und das Ende des Planeten besiegelt ist. Alex steckte die Blume zurück in den Anzug, dann aktivierte er die Verbindung zur Mazellan.
>>Ob hier unten etwas Besonderes passiert ist? Auch hier waren alle Systeme ausgefallen, und deshalb saß ich hier drei langweilige Stunden fest und durfte mir die öde Landschaft bis zum Erbrechen anschauen. Sonst ist hier nichts Erwähnenswertes passiert. Ich aktiviere jetzt die Fähre und komme zurück. Stellt mir schon mal eine Flasche Bier kalt und setzt endlich diesen verdammten Kurs zu Erde! Übrigens Mazellan, hier unten gibt es nichts anderes als schwarzen Kies und einen honiggelben Kitschhimmel. Ich glaube wir können Atar bei unserem Bericht als absolut unwichtig einstufen. Hier gibt es wirklich nichts von Belang für die Menschheit! Bis gleich Jungs!<<
Als Alex die Triebwerke startete und langsam von der Oberfläche abhob, blickte er neugierig aus dem Fenster. Irgendwie hatte er gehofft, dass er sie noch einmal sehen würde, doch als er durch den gelben Himmel flog, da wusste er, dass er sie nicht noch einmal sehen brauchte, denn sie war ein für alle Mal in seinem Gedächtnis eingebrannt. Sie hatte ihn gerettet und war dafür bereit, den ganzen Planeten in Gefahr zu bringen. Vielleicht konnte er nicht verhindern, dass die Menschheit irgendwann zurück nach Atar kommen würde, um den Planeten zu besiedeln, doch er hatte das Richtige getan, Alex hatte die richtige Weggabelung genommen.

 

Hi Fosca,
ich muss gestehen, dass ich Deine Geschichte nicht ganz gelesen habe. Vielleicht helfen Dir meine Anmerkungen trotzdem.

- Tempusfehler schon im ersten Satz: "nicht stimmte" Und es gibt weitere.
- Standardfehler, in der SF besonders schlimm: Show, don't tell. "einer Art Trägersystem": Beschreib es! "seinem visuellen Überwachungssystem" Das auch! Ansonsten ist das nicht mehr als eine pseudo-moderne Phrase.
- Du schweifst ab. Bei einer Kurzgeschichte solltest Du Dich auf das wesentliche konzentrieren. Beispiel: "Nichts war bei einem Außeneinsatz wichtiger als ein tadelloser Raumanzug" Dieser Satz ist völlig überflüssig und hält Dich nur davon ab, die Geschichte weiter zu erzählen.
- Ein paar Rechtschreibfehler, z.B. "Nur das der Stein" -> Nur, dass ...
- Du stehst auf Kriegsfuß mit dem Plusquamperfekt, der Vorvergangenheit, oder Du hast beschlossen, sie einfach zu ignorieren. Das ändert aber nichts daran, dass sie in Sätzen wie den folgenden absolut unausweichlich ist: "dass auf keinem der Planeten Leben gefunden wurde" -> worden war.
- Logische bzw. physikalische Fehler: "Er würde sich nicht besonders hart aufschlagen, das verhinderte die Schwerelosigkeit" Dies ist ein Planet. Er hat ein Schwerefeld. Vielleicht ein geringes, wenn er klein ist wie unser Mond. Aber nichts ist hier schwerelos.
- Die Anführungszeichen sind alle verkehrt. Benutz einfach diese hier: "
- Die Rechtschreibprüfung von Word ersetzt weder einen Duden noch das Einschalten des Gehirns! ">>Wer seit ihr?<<" -> Wer seid ihr?

Ungefähr da habe ich aufgehört, weil der Rest der Handlung vorhersehbar war. Seltsame, fremde Wesen erscheinen ihm, er hat eine Vision, er wird gerettet. Und am Ende noch der moralische Zeigefinger. Okay, Du hast Dir wirklich eine nette Handlung ausgedacht, aber sie ist sehr klassisch und haut mich daher nicht von Hocker. Irgendwie kommt einem das alles bekannt vor.
Die Aufteilung in die drei Abschnitte ist von der Erzählstruktur her sinnvoll, ebenso sind ein paar ganz gute sprachliche Wendungen drin. Aber insgesamt ist mir die Story einfach zu konstruiert, bemüht und uninteressant.

Fazit: sprachlich verbesserungsfähig, inhaltlich schwach.

Uwe
:cool:

 

danke für die deutliche kritik! als ich mir meine geschichte gerade noch einmal durchgelesen habe, da habe ich selbst ein wenig geschmunzelt. ich habe zwar noch nicht sehr viel geschrieben, aber das ist mit abstand das schlechteste, das muß ich zugeben. ich bin halt oft ein wenig zu ungeduldig und will so schnell wie möglich etwas "veröffentlichen".
danke
fosca

das mit den anführungszeichen kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen. die werden doch in jedem buch so benutzt, oder wie war das von dir gemeint?

 

@ Fosca:

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Viele Grüße,

Michael :)

 

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