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Der Online-Therapeut

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21.03.2003
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Der Online-Therapeut

Was man dreimal schiebt, hat man verloren.

Und es ergab sich, dass diese junge Frau Mitte zwanzig in mein Leben trat. Sie stieß über meine Homepage auf mich. Ich mailte ihr zurück, dass mein Terminkalender eigentlich so gut wie voll sei und keine weitere Patientin erlaube. Ihre Reaktion: Sie überwies das Geld für die ersten fünf Sitzungen und übersandte mir ihren Lebenslauf, mit Zeugnissen, Urlaubsfotos, genauen Beschreibungen bedeutender Erlebnisse und Erfahrungen. Alle Kriterien, die sie auf meiner Page fand, waren minutiös ausgearbeitet.
Ich war beeindruckt. Sicher, ich hätte das Geld zurückweisen können. Aber einen Beruf wie den meinen ergreift man nicht aus Sicherheitsbedenken heraus, sondern weil man an das Neue und Große glaubte, daran dass es Unmengen an menschlichen Geheimnissen zu entdecken und zu erkunden gebe. Dieser Glaube, durch alltägliche Praxis beinahe erstickt, ward durch ihre Dokumente zu neuem Leben erweckt.

Ich willigte also ein und fernschriftlich vereinbarten wir zwei Termine die Woche zu den einzigen Zeiten, die uns beide möglich waren: Dienstags und Donnerstags, jeweils um 20:00 Uhr. Ich brauchte sie nicht anzuhalten, sich eine Webcam zu kaufen, da sie bereits im Besitz einer solchen war. Bei einem spontanen Probelauf traten keine technischen Mängel auf. Zu dem Probelauf kam es am Samstagnachmittag vor Therapiebeginn, als sie mich auf meiner Homepage bemerkte, dies in einer Blitzmail zu erkennen gab und selbstbewusst ihren Anspruch bekundete, dass ich sofort zu antworten habe, da sie sich sonst tagelang unnötigerweise um den reibungslosen Ablauf der ersten Sitzung sorgen würde.

Bei selbiger Begebenheit widerstand sie der Versuchung nicht, unser bis dato professionelles Vorgespräch auf einer privateren Ebene fortzusetzen. Routiniert ging ich mit dieser Situation um und spürte, eine Art Test ihrerseits bestanden zu haben. Bedauerlicherweise verfügte sie über einiges psychologisches Vorwissen, so dass ich augenblicklich den Fehler zu spüren bekam, den es bedeutete, von den Vorzügen der Online-Therapie, insbesondere im Hinblick auf die „Übertragung“, gesprochen zu haben. Nach kurzem fachlichen Hin und Her, erhielt ich zu lesen, dass es zu einer solchen doch längst gekommen sei, da eine derart ungewöhnliche Form der psychologischen Betreuung sofort Scharlatanerie assoziieren ließe. Hart und ohne Wenn und Aber empfahl ich den Abbruch der Behandlung. Abermals selbstbewusst, dreist geradezu, verließ sie sich auf die Wirkung, die sie bereits bei mir hinterlassen hatte und darauf, dass es nicht in meinem Interesse lag, den Kontakt zu ihr abbrechen zu lassen. Wie würde es mir nun gelingen, sie von diesem Eindruck abzubringen? Fände sie ihn bestätigt, würde ich augenblicklich große Teile meiner Autorität unwiderruflich einbüßen und damit das gesamte Vorhaben gefährden.

Da ich schwieg, machte sie glücklicherweise das Erhoffte und geriet in einen Redeschwall, der schließlich darin mündete, dass eben doch volles Vertrauen bestehe, was schließlich das Entscheidende sei, und sie könne es sich zwar nicht vorstellen, doch wenn sie tatsächlich einem Scharlatanen aufsitzen sollte, was interessiere es sie, solange er gute Arbeit abliefere, sprich ihr bei ihren Problemen helfen könne. Des Weiteren habe sie meine Reputationen gesehen und könne es sich in ihrer Not nicht erlauben, einen solchen Fachmann nicht zu konsultieren.
Auf ihren Monolog entgegnete ich nichts, verwies auf die erste Sitzung und verabschiedete mich.
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Haben Sie Ihren Therapeuten schon mag gefragt, warum er Psychologe geworden ist? Sie kennen keinen? Irgendeiner Ihrer Bekannten hat bestimmt diese Richtung eingeschlagen. Was vermuten Sie, weshalb? Um das eigene Leben mit Bekloppten zu verbringen? Nein, die plausibelste Antwort scheint doch folgende zu sein: Diese Leute haben ihre überdurchschnittliche Intelligenz und Begabung erkannt und stellen sie nun der Gesamtheit zur Verfügung. Sie sind Altruisten, Philanthropen, ganz einfach gute Menschen.

Wie selbst dem Laien schnell klar geworden sein dürfte, handelte es sich bei meiner neuen Klientin um eine Persönlichkeit, die das Verlangen hat, möglichst viel Kontrolle über die Therapie zu gewinnen. Das ist nicht ungewöhnlich, vielmehr neigen zwanghafte Charaktere dazu, sich für die Online-Therapie zu entscheiden. Sie fühlen sich Zuhause sicherer, haben die Möglichkeit, schnell auszusteigen und umgehen auf diese Weise all die Unannehmlichkeiten, die physische Präsenz ihnen bereiten könnte. Dieses Sicherheitsgefühl ist es aber, die ein erfahrener Onliner ( wie wir von unseren Kollegen genannt werden ) für die Zwecke der Behandlung zu nutzen versteht und ihn wider früherer Einschätzungen, sehr früh sehr tief in alle Bereiche eindringen lässt. Der Gebrauch gewisser Stimulanzen, wie er bei Online – Therapeuten vermutet wird, also als da wären Cafe, Zigaretten, Musik u. ä., lassen sehr schnell zutage treten, bei welchen Punkten Stimmungsschwankungen auftreten und es fällt leichter zu entlarven, wann gelogen wird, da Sprache hemmungsloser unbedacht eingesetzt wird, gewisse Widerstände zu kaschieren. Haben viele unserer Kunden auch Bücher wie Grundlagen der Psychologie gelesen, die Mühe, sich in die viel bedeutendere linguistische Textanalyse einzuarbeiten, haben sie meist nicht auf sich genommen. Und so braucht der Therapeut nur noch zu beobachten, wie die Patienten ihren Sprachmeißel einsetzen und alles weghauen, was nicht Geheimnis ist. Wir hören zu, warten und sammeln und setzen unsere Kachel genau dort an, wo ihr Meißel endete.

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Es verwundert nicht, dass ich vor Dienstag Abend eine weitere Nachricht erhielt. Die Absicht ließ sich schnell erkennen: Selbst zu bestimmen, was Gegenstand der ersten Sitzung werden würde. Die Mail war folgenden Inhalts:

Sehr geehrter Herr Lücking,

vorab möchte ich um Verständnis für die nächsten Zeilen bitten. Sie fielen mir nicht leicht, dennoch habe ich mich durchgerungen sie zu schreiben, da ich gewisse Interessen mit den vereinbarten Terminen verbinde und sie möglichst effektiv genutzt sehen möchte. Aus diesem Grunde stelle ich kurz und knapp dar, worin meines Erachtens mein Hauptproblem liegt und konfrontiere Sie so mit den Punkten, wo ich Hilfe erwarte.

Ich führe ein aktives Leben. Dennoch plagt mich seit früher Jugend ein Gefühl, mein Leben und meine Möglichkeiten nicht ausreichend auszuschöpfen. Ich spreche jetzt nicht von Karriere oder Beziehungen. Doch in gewisser Weise auch davon. Aber was ich primär meine, ist ein Gefühl, mehr mit sich und den Körper anzufangen, nicht so viele unbefriedigende Leerlaufzeiten zu haben. Früher, als ich noch zur Schule ging, hasste ich das Warten an den Bushaltestellen und es wuchs die Angst in mir, dass ich noch als Erwachsener an Bushaltestellen stehe und warte und nur damit beschäftigt bin, keine Anfälle zu bekommen. Denn Erwachsene leben genauso, dachte ich damals und denke ich immer noch, egal wo man hingeht, sie leben immer so als warten sie gerade auf den Bus. Darin liegt kein Genuss, kein Gewinn für die Zukunft, im Gegenteil man akzeptiert und lernt zu warten, man stumpft ab. Auf den Bus warten ist wie sterben, nicht so ganz, das geschieht erst, wenn man tatsächlich begraben wird, aber man eignet sich Verhalten an, das nur dient um sich ruhig zu stellen, sich sterbend zu stellen. Damals begann es auch, dass ich anfing Jungens zu beneiden. Nicht alle, vielmehr die, die ich im Grunde verachtete, ja es klingt komisch, aber ich verachtete die Burschen, die kein Benehmen haben, sich in keiner Weise um ihre Schulleistungen kümmerten. Aber ich beneidete, wie sie sich an der Bushaltestelle amüsierten, sie hatten einen Ball dabei oder prügelten sich oder gingen einfach unverschämt mit den umherstehenden Mädchen um. Ich wollte nicht so werden wie einer von ihnen, aber ich dachte, wenn ich Junge wäre, dann wäre ich in der Schule gut sein und würde da alles mitnehmen und Zeit nutzen und gleichzeitig würde ich die Zeit an der Bushaltestelle nutzen, mit Dingen den Jungen nun mal Spass machen, Wasserbomben schmeißen usw.
Und dann irgendwann fragte ich mich, inwiefern sind Jungen denn anders? Was macht sie anders und es dauerte nicht lange und ich kam zu der Kernfrage, die mich bis heute nicht loslässt: Wie bin ich denn eigentlich? Diese Frage und das Gefühl in meinem Leben, dass ich meiste Zeit am Tage im Grunde nichts anderes mache, wie damals, als ich auf den Bus wartete macht mich unzufrieden, es macht mich unglücklich und lähmt mich und ist der Grund dafür, dass ich manchmal gar nichts mehr tun mag, weil ich denke, letztlich ist es nichts anderes als auf den Bus zu warten.
Ich will mehr Leben, zumindest wissen ob da mehr Leben möglich ist. Könnte ich wenigstens ausschließen, dass es da keine Alternativen gibt, dass ein Großteil des Lebens nun mal für alle immer so ist wie das Warten auf den Bus, dann könnte ich es akzeptieren und damit umgehen. Aber das ist es ja nicht, manche leben an den Bushaltestellen des Lebens regelrecht auf; und das will ich auch, überall aufleben!

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Ich las den Text und war erleichtert. Was da stand war pubertär, in keiner Weise so, dass ich fürchten müsste in der Sitzung nicht Oberhand zu behalten. Es war der Text eines jungen Mädchens, das Freude an einer langweiligen Metapher fand, sich geradezu reinsteigerte. Doch ist sie so naiv einzuschätzen, ist es als bare Münze zu nehmen, was sie mir hier auftischt? Sie wolle die Stunden effektiv nutzen; der Text aber war nicht effektiv! Oder habe ich etwas übersehen?

Der Dienstag Abend kam, die erste Sitzung begann.

Guten Abend Frau Knigge. Worüber möchten Sie sprechen?

Nabend Herr Lücking. Haben Sie meine Mail gelesen?

Ja, habe ich. Mir ist aber nicht ganz klar, was Sie mir damit sagen möchten, oder was sie von mir erwarten?

Eigentlich habe ich etwas ganz anderes schreiben wollen. Der Anfang ist schon okay, aber dann, ich hatte so viele Gedanken und musste immer erst etwas anderes sagen, bevor ich schreiben konnte, was ich eigentlich ausdrücken wollte und schließlich geriet die Mail völlig anders als sie geplant war. Schlimm? Ich überlegte, ob ich sie dennoch abschicken sollte, und nach längerem Hin und Her entschied ich mich dafür. Auch weil ich dachte, vielleicht enthält die Mail doch wichtige Informationen, und wollte lieber Sie beurteilen lassen, ob man sie löschen sollte oder als Grundlage in die Therapie einfließen lassen.

Ja, das haben Sie richtig gemacht. Starten sie doch einen zweiten Anlauf, versuchen Sie doch jetzt noch mal, das auszudrücken was ihnen mit der Mail misslang.

So attock. Das kann ich jetzt nicht so schnell.
Sie haben die Mail noch zur Hand? Schauen sie doch noch mal kurz rein und versuchen Sie zusammen zu fassen, was Se mit ihr mitteilen wollten.

Ja, das ist mein Problem. Ich weiß in mir, also ich fühle in mir eine Frage, eine Sache auf die ich unbedingt eine Antwort brauche. Es rührt mich auf, lässt mich nicht schlafen, dieses etwas, aber ich bin nicht in der Lage zu formulieren, was es ist. Ich komme da nicht richtig ran, ich kann es nur umkreisen.

Umkreisen Sie!

Es hat etwas damit zu tun, ob so viele Dinge, die ich mache, mir im Grunde wichtig sind, ob ich die wirklich machen will, oder ich sie nur mache, weil ich mal angefangen habe sie zu machen. Ungefähr so wie man zum Kindergarten und in die Schule geschickt wird mache ich jetzt immer noch die Dinge weiter, die man eben so nach der Schule macht, ohne zu wissen ob ich das will, ob es das Beste für mich ist. Aber ich kann auch nicht einfach aufhören, weil wenn es doch richtig ist, und ich höre plötzlich auf, dann werde ich mich immer für die verlorene Zeit ärgern, werde das Versäumte nicht wieder aufholen können.

Ach doch depressiv, denke ich so zu mir. Typische Anzeichen sind gegeben. Sie bringt viel; wird vermutlich schnell erschöpft sein, dann folgt die Enttäuschung, dass ich nicht so viel zurückgeben kann, einfach weil sie ihre Leistung nicht an dem tatsächlich Erbrachten misst, sondern an ihrem Einsatz, ihrer Erschöpfung. Gut, darauf werde ich wie gewohnt reagieren. Zu ihr: Und sie möchten von mir nun die Antwort haben, was für Tätigkeiten man im Leben machen sollte, wenn man bestmöglich leben will?

Na ja, ganz so plump nicht. Aber die Richtung stimmt. Ich möchte wissen, was von dem was ich fühle und tue, was von dem was ich lebe, gehört wirklich zu mir, was ist sozusagen genetisch vorbestimmt und was erlernt. Bei welchen Dingen empfinde ich Freude, weil mein Körper von vornherein so festgelegt ist, dass ich dabei Freude empfinde, und welche Sachen sind mir einfach aufgezwängt worden, ja ich kann das Wort durchaus verwenden, ich fühle mich irgendwie geistig vergewaltigt, weil man mir Sachen „eindoktriniert“ hat, die ich jetzt im Geiste für gut halte, die für mich aber gar nicht gut sind. Ich kann nicht sagen, welche es sind, aber ich fühle dass da solche Doktrinen in mir sind, die da nicht hingehören, ich kann sie nicht outen, aber diese sind es, die mein ganzes Gleichgewicht stören und mich manchmal so elend fühlen lassen.

Und diese – ich nenne sie jetzt mal Fehlprogrammierungen – diese Fehlprogrammierungen sollen wir nun gemeinsam suchen und stellen, und dann mit einem Seziermesser von den guten und körpereigenen Programmen entfernen?

Ja genau, irgendwie so!

Darf ich Sie fragen, ob sie an Gott glauben.

Nein, bin Atheistin.

Schon immer ? Und glauben sie sonst an irgendwas Übersinnliches?

Na ja, bin katholisch, aber mir wurde schnell klar, dass das alles murks ist mit der Bibel und noch schlimmer mit der Kirche und so. Und Übersinnliches, na ja schon, dass unser Geist da nicht alles erfassen kann, aber nur weil wir nicht beschaffen sind alles zu verstehen oder weil die Wissenschaft noch nicht so weit ist, aber ich glaube, dass sich alles wissenschaftlich erklären ließe.

So wie sich auch alles über den Körper und die Psyche exakt sagen ließe, wäre nur die Forschung schon weit genug fortgeschritten.

Ja genau, das ist auch so ein Punkt unter dem ich manchmal leide, ich denke alle Nachgeborenen werden es besser haben als ich, besser leben als ich, einfach weil sie sich psychisch röntgen lassen oder so was und dann genau wissen, was es mit ihnen auf sich hat, wie sie leben müssen, um immer glücklich zu sein oder so ähnlich. Aber das habe ich eher früher gedacht, heute interessiert mich nicht mehr wie zukünftige Generationen leben. Ich sage mir, was habe ich davon, und ändern kann ich es auch nicht.

Haben sie etwas gegen eine kurze Pause einzuwenden? Sagen wir 5 Minuten.

Ja, okay.


Verehrte Leser, eventuell verehrter Kollege, verehrte Kollegin, wie wären Sie an dieser Stelle verfahren? Es ist augenscheinlich, dass das Phänomen Tod als schreckliches Erlebnis, mindestens aber als plötzliche schreckliche Erkenntnis in ihr Leben Platz fand, oder um es platt zu sagen: Gäbe es den Tod nicht, hätte sie all die Sorgen und Gedanken nicht, die sie derart beschäftigen und vom Leben abhalten. Ich vermute zwar, dass sie mehr in dieser Thematik steckt, als sie zu zeigen und zuzugeben bereit ist, ich glaube aber nicht, dass ihr der eigentliche Zusammenhang zu ihrem eigenen Ableben bewusst ist. Sollte ich es ihr auf den Kopf zusagen? Es ihr auseinandersetzen, dass das Warten an der Bushaltestelle oder dass das Leben der Nachgeborenen sie nicht interessierte, würde sie ewiglich leben ( Dass ein ewiges Leben psychisch viel gravierendere Probleme nachsichziehen würde, ist allenfalls hypothetisch von Interesse, könnte aber in einer späteren Sitzung als eine Art Trost „genutzt“ werden.). Nein, ich werde es ihr nicht sagen, was nützte es auch, der Tod wäre dadurch nicht aus der Welt, auch kann ich ihr nicht sagen, dass wenn sie sich selbst nicht so wichtig nähme, peut à peut auch ihre Probleme behoben wären. Nur geht das leider deshalb nicht, da alle ihre Lebensmotivation dem Umstand entwächst, dass sie sich gerade sehr wichtig nimmt. Sie ist noch nicht so weit, man spürt es an jedem Satz. Die Folge wäre eine nicht kontrollierbare Depression, in die sie an dieser telle gestoßen werden könnte. Sozusagen ein zweites Schockerlebnis, wie es damals der Tod gewesen sein muss. Würde ich sie jetzt direkt nach dem Tod fragen, bekäme ich vermutlich Bilder geliefert, die dem Tod das Grauen nehmen, liebe Kollegen, ich denke Sie werden mir zustimmen, dass sie antworten würde, dass sie den Tod nicht sonderlich fürchte, die Schmerzen ja, aber nicht den Tod.

So, Frau Knigge, ich bin wieder zurück. Also, ich schlage vor, wir ziehen ein Zwischenresümee. Ihren Antworten entnehme ich, dass Sie sich darüber im Klaren sind, dass es ein, wie nannten Sie es gleich, Röntgengerät für die Psyche nicht gibt, anderenfalls hätten Sie sich auch nicht an mich, sondern an eine einschlägige Adresse gewendet. In diesem Punkt kann ich Sie auch vollkommen beruhigen, Sie versäumen da nichts, derartiges gibt es nicht. Ferner müssen wir hier auch unterscheiden, zwischen dem Nervlich-Hormonellen und dem Ich-Gefühl, also das eine, das man theoretisch von außen chirurgisch oder medikamentös steuern könnte und dem Einfluss, den Sie selbst von innen über Ihr Ich-Gefühl auf sich ausüben. Ihre Frage ist nun, so habe ich Sie bisher verstanden, wie finden Sie erstens heraus, welches Tun in Ihrem Körper als positiv oder freudebringend verankert ist und welches von außen an Sie herangetragen wurde, sozusagen rein geistiger Natur ist; und zweitens, wie können Sie auf sich selbst Einfluss nehmen und die lokalisierten „geistig-psychischen“ Parasiten aus ihrer Psyche heraustrennen.
Liege ich soweit richtig in meiner Zusammenfassung?

Moment bitte, Herr Lücking, ich möchte es noch Mal lesen. Ja, also, hm, also mit der Zusammenfassung liegen Sie insofern richtig, wie es diese Stunde betrifft, aber ich weiß nicht, ob das allumfassend ist.

Worum geht es denn noch, was müssen wir außerdem beachten?

Das weiß ich jetzt nicht, nur fühle ich, das damit allein mein Problem noch nicht ausformuliert ist.

Wie fühlen Sie das?

Na ja, ich meine, das ist ja noch keine Lösung und ... , also, wenn es wirklich ginge, was sie da schreiben, die Parasiten lokalisieren und dann heraustrennen. Ich meine, wie wollen Sie das machen. Das Lokalisieren scheint schon schwierig genug, wie kann ich denn nun sicher sein, dass wir auch das Richtige heraustrennen. Und überhaupt, heraustrennen, wie soll das gehen, durch Autosuggestion, liebe Parasiten nun geht, ich will euch nicht mehr.

Erwarten Sie, dass ich nun lache oder missgestimmt bin?

Nein, entschuldigen Sie, ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf der Sitzung bisher, aber das ging so schnell, und letztlich ist mir ja noch kein bisschen geholfen, also ich weiß nicht wie das nun weitergehen soll?

Na nun, nicht so hektisch. Also ein Wundermittel haben wir natürlich nicht und was Sie da wollen, müssen sie letztlich selbst tun, ich kann Ihnen da nur beratend zur Seite stehen.
Außerdem denke ich , das kommt jetzt nicht überraschend, sind da diverse weitere Punkte noch anzusprechen und abzuklären. Beispielsweise müsste ich von Ihnen wissen, ob Ihrer Einschätzung nach der Körper so beschaffen ist, dass der Mensch sich glücklich fühlen soll und jedes Unglücksgefühl nur zustande kommt, da der Geist falsch - bleiben wir bei dem Wort – programmiert ist, man falsch oder ungeschickt mit dem eigenen Körper umgeht?

Ja, gut, also ich weiß schon, dass wir Ängste empfinden müssen, damit wir vorsichtig sind und unseren Körper schützen. Aber im Grunde, ja, welchen Sinn sollte es denn sonst ergeben, dass es Körper oder Menschen gibt. Auch ist es irgendwie logisch, geht es dem Körper schlecht, also misshandelt man seinen Körper, dann fühlt man sich auch schlecht. Verletzungen beispielsweise, der Schmerz. Den gilt es zu vermeiden, dann fühlt man sich auch gut. Oder sehen Sie das anders?

Dazu möchte ich mich nicht äußern!

Ach sie wissen es nicht! Vom wichtigsten überhaupt, vom Körper, verstehen sie nichts? Wie wollen Sie mir dann helfen, wenn Sie mir nichts sagen können!!!

Die erste Sitzung ist leider seit mehreren Minuten zu Ende. Sie können wählen, ob wir hier einen Break machen oder aber, ob wir ausnahmsweise eine weitere Sitzung direkt anschließen.

Nein, ich möchte an dieser Stelle schon gern weitermachen. Wollten sie gerne die Gelegenheit nutzen, um nachzulesen, was sie mir dann erzählen? Ich bin enttäuscht und fürchte fast, dass es keinen weiteren Zweck mehr macht.

Sie sind also enttäuscht, soso. Und sie sind verärgert, spüren Aggressionen gegen mich.

Ja, weil Sie mir nichts sagen können.

Frau Knigge, Sie wissen schon, dass es nicht Aufgabe eines Psychologen ist, den Wissensdurst seiner Patienten zu befriedigen. Auch sage ich Ihnen ganz offen, wovon eigentlich jeder gesunde Menschenverstand ausgehen sollte, dass Psychologen nicht grundsätzlich mehr über die Beschaffenheit der Welt wissen als andere Menschen auch, und über den Körper vermutlich weniger als ein Mediziner. Wir sind nicht da, um für Sie zu sehen, zu beurteilen, wir sind da, um Sie sehend zu machen.

Heißt das, ich soll selbst lesen in medizinischen Fachbüchern?

Warum nicht? Vor allem aber heißt es ....

Ich werde vom Autor, von der anderen am Geschehen beteiligten Person, dem Therapeuten also, von nun an in der Er-Form berichten.

Es blieb an jenem Dienstag Abend nicht bei der der einen Sitzung. Es wurde hektisch. Besser Nadine ( der Name ist geändert ) wurde hektisch und bisweilen unverschämt. Sie durchlebte eine Panik. Für den Therapeuten eine gute Situation, die ihn schneller als erwartet in die Lage versetzte, eine Diagnose zu erstellen, da er schon am ersten Abend eine Fülle an Symptomen ausmachen konnte.

Es lag daher nahe, von einer Ausnahme Gebrauch zu machen und die zweite Sitzung unmittelbar anzuschließen. Sie erklärte sich einverstanden.
Es gelang dem Therapeuten nicht, seine Person unangetastet der Sitzung beiwohnen zu lassen. Aufgrund mehrerer Fragen zur Molekularbiologie sah er sich genötigt, lehrerhaft darüber aufzuklären, dass es nicht Aufgabe eines Psychologen sei, den Wissensdurst seiner Patienten zu befriedigen. „Auch sage ich Ihnen ganz offen, wovon eigentlich jeder gesunde Menschenverstand ausgehen sollte, dass Psychologen nicht grundsätzlich mehr über die Beschaffenheit der Welt wissen als andere Menschen auch, und über den Körper vermutlich weniger als ein Mediziner. Wir sind nicht da, um für Sie zu sehen, zu beurteilen, wir sind da, um Sie sehend zu machen.“ Diese Aussage stimmte sie aber in keiner Weise ruhiger, vielmehr offenbarte sie nun ihre aggressive Ader und wütete ihre Texte nur so auf den Bildschrim als wolle sie ihn damit niederringen.
Er erinnerte sich an sein damaliges Studienseminar „Praxis der psychoanalytischen Therapie“, an die vielen Diskussionen darüber, wie es denn nun richtig sei, sich in einer solchen Situation zu verhalten. Er entschied sich für die Variante aus dem Lehrbuch seines Heidelberger Professoren und schwieg, bis sie erschöpft und leer war, um dann die Patientin mit einer Zwischenbilanz zu konfrontieren: Also, ich schlage vor, wir ziehen ein Zwischenresümee. Ihren Antworten entnehme ich, dass Sie sich darüber im Klaren sind, dass es ein, wie nannten Sie es gleich, Röntgengerät für die Psyche nicht gibt, anderenfalls hätten Sie sich auch nicht an mich, sondern an eine einschlägige Adresse gewendet. In diesem Punkt kann ich Sie auch vollkommen beruhigen, Sie versäumen da nichts, derartiges gibt es nicht. Ferner müssen wir hier auch unterscheiden, zwischen dem Nervlich-Hormonellen und dem Ich-Gefühl, also das eine, das man theoretisch von außen chirurgisch oder medikamentös steuern könnte und dem Einfluss, den Sie selbst von innen über Ihr Ich-Gefühl auf sich ausüben. Ihre Frage ist nun, so habe ich Sie bisher verstanden, wie finden Sie erstens heraus, welches Tun in Ihrem Körper als positiv oder freudebringend verankert ist und welches von außen an Sie herangetragen wurde, sozusagen rein geistiger Natur ist; und zweitens, wie können Sie auf sich selbst Einfluss nehmen und die lokalisierten „geistig-psychischen“ Parasiten aus ihrer Psyche heraustrennen.
Liege ich soweit richtig in meiner Zusammenfassung?“

Daraufhin schwieg sie. Vielleicht war es ihr peinlich. Denn sie äußerte sich dahingehend, dass sie schon wisse, dass derartiges vermutlich nicht möglich sei. Doch, entgegenete er, das sei schon möglich, nur anders als sie es sich bislang vorstelle. Wenn man etwas über seinen Körper erfahren wolle, nutze es nichts Medizinbücher zu lesen, da gebe es nur einen Weg: Man überlege sich, wie man sein wolle, als Mensch, irgendwas, vielleicht jemanden nachahmen, den man bewundert. Bei der Umsetzung des gedanklich Vorgenommen trifft man dann auf Reibungspunkte, auf Stellen, an denen die Umsetzung nicht glatt vonstatten geht. An diesen Stellen erfährt man etwas über seinen Körper, man erfährt, was er will, was ihm guttut, was er kann. Man erhält ein Gefühl für seinen Körper. Wir werden auf diese Therapieform später zurückgreifen und einiges von ihr umsetzen. Vorher aber hätten sie beide noch einiges zu tun und er fügte ausnahmsweise ein Smilie seinem Text bei.

So machte er darauf aufmerksam, dass es noch viele Punkte zu besprechen gebe, bevor man sich für eine Therapieform entscheiden könne. Da sie nicht wusste, wovon er sprach, stellte er beispielhaft die Frage, ob sie glaube, dass der Körper geschaffen sei, um glücklich zu fühlen und immer dort, wo ein Unglücksgefühl zutage tritt, es auf eine Fehlprogrammierung zurückzuführen sei.
Ja, gut, also sie wisse schon, dass wir Ängste empfinden müssen, damit wir vorsichtig sind und unseren Körper schützen. Aber im Grunde, ja, welchen Sinn sollte es denn sonst ergeben, dass es Körper oder Menschen gibt. Auch ist es irgendwie logisch, geht es dem Körper schlecht, also misshandelt man seinen Körper, dann fühlt man sich auch schlecht. Verletzungen beispielsweise, der Schmerz. Den gilt es zu vermeiden, dann fühlt man sich auch gut. „Oder sehen Sie das anders?“

Er ließ sich nicht mehr auf Versuche ihrerseits ein, sich auf diese Weise in einen gleichberechtigten Dialog zu ziehen. Aber er schloss an diesem Thema an und es gelang ihm, sie gedanklich in die frühen Zeiten menschlichen Daseins zu entführen, er ließ sie den damals typischen Tagesablauf beschreiben und fragte, mit welchem Gefühl die Menschen damals wohl aufgestanden sind, und mit welchem sie sich schlafen legten. Rasch kam sie dazu, dass der Mensch ein Mangelwesen ist, morgens aufsteht und einen Mangel empfindet, jagen muss oder ähnliches, um sein Überleben zu sichern. Und habe man am Tage seine Aufgabe erfüllt, fühle man sich am Abend wohl und zufrieden über das Geleistete.
Es war sehr plakativ, ihre Darstellung, aber er ließ es stehen, da es doch eines deutlich machte, was sie von ihren buddhistischen Büchern her schon kannte, dass es immer beides ist, oder in ihren Worten: man das Hungergefühl braucht um Freude am Essen zu haben.

Es dauerte noch eine Weile, aber sie sagte es schließlich: Der Körper sei nicht nur da, um glücklich zu sein.
Eine harte, eine schwere Erkenntnis, die er ihr aber schon in der zweiten Sitzung unbedingt zumuten wollte. Denn ist es ihr ernst mit der Therapie, dann wird es sie beschäftigen und sie zwangsläufig dahin führen, dass Spass oder Freude als Lebenszweck, als Selbstzweck nicht ausreichen, auch gar nicht funktionieren können. Es Werte braucht, und seien sie imaginärer Art, für die man arbeitet und lebt, in denen man Sinn und Bedeutung sieht. Darüber, und zwar ausschließlich darüber gelangt man zu einem zufriedenen Leben. Medikamentöse Mittel nützen auf Dauer nichts, das Leben braucht Realität und Sinn, oder um Nadines Vergleich zu ergänzen, dass Leben braucht täglich Mangelgefühle und in der Beseitigung derselben liegt Lebenszweck und Lebensglück. Derartiges oder Ähnliches erwartete er in der dritten Sitzung von ihr zu hören.

Soviel vorerst zur Mechanik der Psyche, um eine Lieblingsformulierung des Autoren zu verwenden. Die zweite Sitzung allerdings war noch nicht beendet, man hatte noch einige Minuten und um nicht mit Neuem zu beginnen, fragte er so ganz beiläufig, wie und wo sie ihr Privatleben verbringe. Sie gab breitwillig Auskunft, wusste sie doch nicht, dass er aus derselben Stadt kommt.
Auch hätte sich ein Telefonat angeboten. Er war Stolz auf seinen Eindruck, den er am Telefon hinterlassen konnte, meist hielt man ihn danach für noch kompetenter. Auch bat sie ihn um eins, aber eine Ahnung ließ ihn von Anfang an davon abraten.

Was Menschen am Leben interessiert – der Psychologe weiß am meisten davon. Er weiß, woher die Motivation kommt, sich durch Bücher über die Relativitätstheorie zu quälen und er weiß sogar, woher die Motivation kam, solche Bücher ( Abhandlungen ) zu schreiben. Einsteins Psyche liegt heute offen wie ein Buch.

Doch wie wirkt sich all dieses hohe Wissen auf das Leben der Psychologen aus. Leben sie anders, ja lieben sie auch anders als andere?
Über Frauen vermag ich hier nichts zu berichten, ohne auf des Autors Studentenjahre zurückzugreifen. Doch verbietet es sich, da alle seine Publikationen von seinen ehemaligen Kommilitoninnen aufmerksam verfolgt werden und es mit einzelnen noch immer zu spontanen lustvollen Begegnungen kommt. Diese zu riskieren, sieht sich er sich und sähe sich mit ihm wohl jeder Mann außer Lage.

Bei Männern verhält es sich da einfacher. Es gibt im Grunde nur zwei Typen. Die einen, die wie Buchhalter leben, sich Sichtweisen und Handlungsstränge ausgearbeitet haben, die sie als ihr ICH festigen, an denen sie sich minutiös halten, wie etwa Tagesablauf, Reaktionsweisen bei Konflikten, beständiges und zuverlässiges Auftreten nach außen. Und die anderen, die immer weitermachen, keinen Lebensentwurf beibehalten, gar nicht mehr erst einen machen, alles geschieht aus der Idee des Momentes, ihm hängen sie nach. Diese beiden Typen kristallisieren sich schon im Studium heraus und Beobachtungen zufolge, darf man sagen, dass es die ersten sind, denen es gelingt, sich in der Psychologie einen Namen zu machen. Die anderen schaffen es meist nicht mal zur eigenen Praxis, geschweige denn zu großartigen Forschungen. Talentierter, so mein Eindruck, sind die letzteren, nur interessieren sie sich zu sehr für das eigene Leben statt für die psychischen Phänomene. Warum ich ihnen davon erzähle? Nun denn, lesen Sie selbst!

Am Donnerstag erhielt er abermals eine außerplanmäßige Nachricht. Sie wolle sich für den Abend abmelden. Sie begründete es nicht weiter, ließ aber durchblicken, dass das schon deshalb in Ordnung sei, da man die Donnerstagssitzung schon am Dienstag vorgezogen habe. Sie fürchtet also Unangenehmes. Arbeitet es schon in ihr oder ist es ihr am Dienstag zu lebendig, für sie abschreckend, zugegangen? Er überlegte, ob er auf den Termin bestehen solle, ihr schreiben solle, dass er den Termin auf jeden Fall abrechnen werde, immerhin habe er dadurch einen Verdienstausfall, da er sich darauf eingerichtet habe. Aber er verzichtete auf einen langen Text und schrieb lediglich, dass er ihre Nachricht zur Kenntnis genommen habe.

Am Abend dann geschah es. Er setzte sich in sein Auto und fuhr zu ihrem Hause. Was er dort wollte, wusste er selber nicht. Er blieb im Auto sitzen, hörte Radio, rauchte und hörte Musik. Denken tat er nichts. Doch sein Instinkt zeigte sich wie ehedem zuverlässig. Sie kam aus dem Haus, stieg in ihr Auto und fuhr vom Hof. Gedanken machte er sich immer noch keine, wie automatisiert drehte er seinen Zündschlüssel um und folgte ihr.

Er folgte ihr bis zu einer bekannten Discothek. Dort stieg sie aus dem Auto und ging hinein. Er blieb sitzen. Er schaute in den Rückspiegel. Er war nicht geduscht. Die Haare waren fettig und lagen fürchterlich. Erst hier unterbrach er seinen Automatismus und kam zum Denken. Was machte er hier, sie wolle tanzen, sollte er sich das ansehen, ansehen wie sie sich amüsierte, beobachten, wie sie sich vielleicht mit einer Verabredung traf? Verabredung, dachte er sich, eigentlich interessierte es ihn alles nicht, aber der Gedanke einer Verabredung motivierte ihn nun doch, ihr nachzugehen. Es war Langeweile, die ihn zu ihr fahren ließ. Was solle er den Abend über sonst tun, fragte er sich, wenn er jetzt wieder zurückfahren würde. Außerdem sei es der ideale Tummelplatz für eine Beobachtung, sie würde ihn nicht mal sehen, ganz sicher aber würde er ihr nicht auffallen. Er formte seine fettigen Haare und ging in die Disco.

Was er dort sah, überraschte ihn. Sagte sie nicht, dass sie für ihr Leben gern tanzte, einfach rumflippte? Sie tanzte aber nicht. Sie saß auf einem Hocker und trank aus der Flasche, irgendein alkoholisches Mixgetränk. Da fiel ihm auf, dass er es versäumt hatte, sie nach ihrer Clique, nach Freunden zu befragen. Hatte sie überhaupt eine Beziehung. Warum geht sie allein aus? Erwartet sie angesprochen zu werden? Sie saß da, starrte auf die Tanzfläche, hin und wieder nahm sie einen Schluck, aber nichts geschah.

Dann stand sie auf und sprach einen Burschen an. Sie schienen sich nicht zu kennen. Jedoch schien er desinteressiert oder fühlte sich übertölpelt, verhielt sich ungeschickt und sie entfernte sich wieder von ihm. Das ist es also, dachte er sich.

Minuten später trank sie die Flasche mit mehreren großen Schlücken aus, ließ sich an der Garderobe ihre Jacke geben, bezahlte an der Kasse ihre Getränkekarte und verschwand.

Draußen sah er sie nicht auf dem Weg zu ihrem Auto. Sie war verschwunden. Sie kannte ihn nicht, er konnte sich frei bewegen. Dann sah er sie. Sie befand sich zu Fuß auf den Weg Richtung Innenstadt. Sie schlug in eine bekannte Kneipenstraße ein. Er kannte die Gegend unweit des Rotlichtmilieus. Junge Leute waren dort kaum zu finden, schon gar keine alleinstehenden jungen Frauen. Er machte auch mal einen Zug durch diese Straße und er fand nur Kneipen, die er für sich als abgefuckt titulierte, wo nichts zu holen war, wo nur Alkoholiker auf Deckel soffen, die sie zum ersten dann gerade so bezahlen konnten. Gelegentliche Schlägereien waren dort die Highlights.
Und tatsächlich, sie ging in eine hinein. Der Reiz, ihr nachzugehen ist groß. Doch wenn er es täte, würde sie ihn sehen, und immer mit dieser Kneipe in Verbindung bringen, sein Gesicht zumindest präsent haben. Konnte er das riskieren? Er musste es riskieren. Im Zweifelsfall fürs Leben zu entscheiden, war sein Motto. Genau das tat er nun und ging ihr nach.

Was an unglücklichen Verwicklungen von nun an seinen Lauf genommen hat ( oder sagt man: genommen haben wird; man sieht, auch die deutsche Sprache ist nicht widerspruchsfrei ), findet seinen Ursprung in eben dieser Entscheidung des Autoren, seinen Schritt in die Kneipe zu wagen.

Verzeihen Sie, wo denken Sie hin? Mit grobem fahrlässigen Verhalten hat das nichts zu tun. Doch zeigt es, in welche Gefahren ein Therapeut im Zuge seiner gewissenhaften Berufsausübung hineinschlittern kann. Oder ist es nicht als gewissenhaft zu bezeichnen, wenn ein Nervenarzt unter Aufopferung seiner Freizeit alle legitimen Wege beschreitet, um einen vollständigen und lebensnahen Eindruck von seiner Patientin zu bekommen? Diese Frage muss doch erlaubt sein: Liegt Observation nicht mittelbar im Interesse der Klientin? Dient es nicht über den mehr oder weniger direkten Weg einer treffenderen Diagnose dem Heilungsprozess? Fakt ist, dass Persönlichkeitsrechte nicht berührt werden. Jedem Menschen oder auch Detektiv steht es frei, eine andere Person zu beobachten, solange Verstöße gegen die Sitte vormieden werden, beziehungsweise nicht nachweisbar sind. Ebenso wird auch das Vertrauensverhältnis zwischen Therapeut und Patientin nicht verletzt, vielmehr und wie bereits erläutert, wird mittelbar Schaden abgewendet, da sich das Risiko einer Fehldiagnose verringert.


Als er die Wirtschaft betrat, fühlte er sich beklommen auf eine Weise, die er von sich längst abgelegt glaubte. Wenn Patienten von diesem Gefühl sprechen, den der erste Moment in einer neuen unbekannten Umgebung verursachen kann, bezeichnet er das gerne als Taumeln und findet meist Zustimmung. So taumelte er also in die Kneipe und war froh, auf den ersten Blick einen freien Hocker in einer günstigen Ecke gesichtet zu haben. Fachlich spricht man hier von Regression. Alles Neue wird blitzartig mit bisherigen Erfahrungen abgeglichen und entsprechend eingeordnet, ohne dass es auf dem Bildschirm erscheint, sprich einem bewusst wird. Wir bekommen nur dieses Gefühl des Taumelns. Und selbst danach, wenn unser Sicherheitssystem keine Verbindungen zu negativen Erlebnissen ausmachen konnte, betrachten wir die Anwesenden als Gruppe, sehen sie als Einheit, obwohl sie es nicht mehr oder weniger sind, als man selbst bereits Teil dieser Gruppe ist. Er durchlebte es und dachte, „in der Tiefe bleibt man doch immer wer man war, man kann sich erweitern, aber wer man einmal war, wird man immer sein“.

Er zwang sich, nicht im Regressverhalten zu verharren, setzte sich an die Theke und bestellte, als der Wirt ihn wortlos durch Blickkontakt dazu aufforderte, einsilbig „Pils“. Diese kurze nonverbale Begebenheit reichte aus, um in Sekundenschnelle ein Psychogramm vom Wirt erstellt zu haben. „Regress oder Berufskrankheit“ fragte er sich, verlor aber schnell das Interesse an dieser Frage und ließ seine Gedanken zur Person des Wirtes kreisen: Mitte vierzig, körperlich noch nicht ganz kaputt, vermutlich seit Jahren berufsbedingt Alkoholiker, und daher mit allem Tun darauf bedacht, souverän zu erscheinen. Gerne hätte er jetzt gesehen, wie sich dieser Mann bei einer Schlägerei verhalten würde. Wahrscheinlich einen Baseballschläger ziehen. Vor einigen Jahren noch hätte dieses innere Interesse an das Verhalten einer Person ausgereicht, eine Schlägerei selbst anzuzetteln. Heute ist ihm nicht mehr Wissen oder Neugier, sondern der Körper das Heiligste. Seine letzte Schlägerei hatte er mit 29 und üble Verletzungen davon getragen. Seitdem meidet er körperliche Auseinandersetzungen zu fast jedem Preis. Seine Sorge war, dass nun das Publikum hier ihm genau das ansehen könnte. Mochten die Leute hier auch zur Aggression neigen, sie waren nicht mehr auf ihrem Besten und die Tatsache, dass er jünger und gesunder war würde ihn schützen. Oder wäre das gerade aggressionsauslösend. Er ging dem nicht weiter nach und erinnerte sich, weshalb er überhaupt gekommen war.

Die Kneipe war um die Theke herum gut gefüllt. Knapp 20 Leute schätzte er. Und mitten drin sie; als eine von drei Frauen. Sie hatte sich Zigaretten geholt, kehrte zurück zum Tresen und bat den Wirt um Streichhölzer. Der Wirt machte Anstalten zu werfen, sie zeigte sich bereit, die Streichhölzer kamen freundlich geworfen, dennoch konnte sie nicht fangen und sie fielen zu Boden. Sie bückte sich und zeitgleich drehte sich ihr dicker Nachbar auf seinem Hocker so, dass sich ihr Kopf zwischen seinen Beinen auf Kniehöhe befand. Warum sind gerade dicke Leute so dreist? Oder fällt Dreistheit umso mehr auf, wenn es sich um Dicke handelt? Würde man sein Verhalten möglicherweise nicht für dreist halten, wenn er gut aussähe? Eine Frage, die ihn schon öfter beschäftigte. Er fand aber auch diesmal nicht die Muße länger darüber nachzudenken, denn was geschah empfand er als ungeheuerlich. Er konnte es zwar nicht genau sehen, da er diagonal gegenüber saß und der Halbkreistresen ihm die Sicht versperrte, doch er vermutete folgendes: Der Dicke tat als wolle er mit einem Feuerzeug leuchten, damit sie besser sehen könne, was aber aufgrund der Beleuchtung gar nicht nötig war. Sie fand die Streichhölzer nicht auf Anhieb und da sie länger zum Suchen brauchte, also länger in der Hocke bleiben musste stützte sie sich mit einer Hand auf seinem Schenkel auf, worauf der Fette spielerisch genussvoll seine Gesichtszüge gleiten ließ. Als sie wieder auftauchte und sie die Blicke der Umhersitzenden bemerkte, die nicht genau erkennen konnten, was geschehen war, sagte sie unpassend: „War super da unten.“ Es lachte keiner und ich meinte er kannt zu haben, dass es ihr unangenehm war, sie etwas tun wollte um das Gefühl der Kontrolle wieder zu gewinnen. Sie wandte ihren Blick zu dem Dicken und fragte, „na Süßer, wie sieht´s aus, gibste einen aus?“

War ihr klar welche Mechanismen sie jetzt auslöste, in welches Rollenverhalten sie sich selbst drückte. Sie tat es freiwillig, hatte also das Gefühl, dass das was geschah ihr Wille sei, nur weil sie sich in dem Moment nicht anders zu helfen wusste. Hoffentlich bemerkt sie ihre Rolle und spielt sie nicht gesichtswahrend immer weiter. Doch genau dazu neigen Bestätigung-Suchende: sie spielen in einer fremden Umgebung genau die Rolle, die sie sich im vorhinein vorgenommen haben, um in gewisser Weise zu wirken und sich darzustellen oder aber sie versuchen sich genau so zu geben, wie sie glauben, dass sie von anderen gesehen werden. Und es konnte ihr nur um Wirkung gehen. Sie konnte diesen Typen doch nicht ernsthaft attraktiv finden. Überhaupt ist ihr ganzes Auftreten nicht normal und gleicht eher einer Absicht. Nur welche Absicht verfolgte sie? Er konnte sich kein Bild machen.

Der Dicke schaute sie an, reagierte aber vorerst nicht. Dann fragte er, was er denn dafür bekäme, wenn er sie einlade; machte dann zeitgleich mit der Bestellung den Vorschlag zum Bruderschaft-Trinken, wie er das nannte. Zwei Sambuca. Wirklich nichts Besonderes, doch die Tatsache, das da eine Flamme auf dem Aniszeugs brannte, begeisterte sie, anstatt sie vor dem Hochprozentigen abzuschrecken.


Plötzlich kam ein neuer Gast herein, nahm neben Lücking Platz und begrüßte den Wirt mit Vornamen. Dieser ging auf ihn zu, reichte ihm die Hand und sagte: „ Gut dass du kommst, muss dir noch was zeigen“. Der Wirt griff unter den Tresen und holte das Städtische Tageblatt hervor, blätterte darin rum, bis er fand was er suchte, legte dem neuen Gast die Zeitung lesebereit vor und zeigte auf einen Randartikel im Lokalteil: „Weißte wer das ist“, darauf der Neue: “Frau, 34 Jahr, ne keine Ahnung.“ „Das ist Melanie“ und da der Neue erstaunt schaute: „ ja genau die“. „Ach das kann doch nicht sein.“ „Wenn ich’s dir doch sage“ belehrte der Wirt, „ was hat die uns hier manches mal damit dicht gelabert und alle sagten nur, komm, hör auf zu sülzen, wenne das vorhast dann tu es einfach, aber erhasch hier kein Mitleid, wer drüber spricht macht es doch nie. Ich selbst redete auch so, und mir ist schon mulmig jetzt, wir haben alle keine Schuld, jeder ist selbstverantwortlich für sein Tun, aber wenn man das gewusst hätte, hätte man sich eben doch anders benommen.“ Darauf der Neue: „ Bist du dir sicher, das ist ja ein Hammer, dieses zierliche Ding ist da echt runtergesprungen. Ich meine welche Verzweiflung muss da vorhanden gewesen sein, um diesen Mut zu haben. Oh Mann Selbstmord ist doch keine Lösung.“ Der Wirt nickte und ging ein Pils zapfen für den Neuen.

Über dieses Gespräch vergaß Lücking seine Patientin. Als er wieder zu ihr rüberschaute, sah er dass sie sich mit dem Dicken über irgendetwas amüsierte, sie lachten beide. Außerdem war der Wirt dabei Sambucca nachzuschenken. Doch er konnte seine Beobachtung nicht weiter fortsetzen, da er von dem Neuen angestoßen wurde, der immer noch den Kopf schüttelte, Lücking den Artikel zeigte und seinen Satz wiederholte, dass Selbstmord doch keine Lösung sei. Klar sei das schwer, wenn man sich so richtig elendig fühle, aber dann müsse man sich eben ablenken und dann verfliege das auch wieder. Überhaupt vertrete er die Meinung, dass solange man sich drauf verlassen könne, dass das Körperliche erträglich bliebe, alles seelische in den Griff zu kriegen sei. Schaffe man das nicht aus eigener Kraft, dann eben mit Hilfe von Medikamenten. Nichts sei so schlimm, als dass man es wirklich fürchten müsse. Wir fühlen uns nicht elendig, weil eine Situation wirklich schlimm sei, sondern weil wir befürchten, es könne schlimm werden. Jeder Moment, hätte man nicht die Erwartung, es würde bald schrecklich werden, wäre erträglich. Es sei denn man habe zu hohe Erwartungen an das Leben und sei enttäuscht darüber, dass Leben nicht mehr hergäbe und es einen anwidert, nichts Großes tun zu können oder intensiv leben zu können. „Dann kann ich mir vorstellen, dass man des Lebens überdrüssig wird. So oder so sind es aber immer die falschen Erwartungen, die zum Selbstmord führen. Das ist jedenfalls meine Meinung“, endete er seinen Monolog.

Die ganze Situation ärgerte Lücking. Nicht nur, dass er sich nicht seiner Beobachtung widmen konnte, das Thema langweilte ihn. Hätte er BWL studiert, hätte er möglicherweise seine Freude daran gehabt, sich über Suizid auszulassen, seinen Senf dazuzugeben. So aber empfand er es schlimmer als bei einem Fussballspiel, wo jeder Zuschauer es besser weiß als der Trainer. Denn mit der Psychologie verhält es sich nicht anders. Jeder weiß Bescheid. Und das Nervige daran: Es stimmt ja auch. Bei allen wirklich großen Themen ist der Laie so schlau wie der Fachmann. So fand er das, was der Neue sagte, auch gar nicht dumm; hatte aber keine Lust darüber nachzudenken und ließ stattdessen seinen Standardspruch ab. „Ja, Leben müsste umgekehrt sein. Man müsste alt geboren werden, sozusagen im Sarg zu Leben erwachen und mit jedem Tag jünger und gesünder werden, bis man wieder jung und kräftig ist und am Ende wird man wieder zum Kind, lebt verquickt in den Tag hinein ohne sich groß Gedanken zu machen und verschwindet schließlich in Mamas wohligem Bauch. So müsste es sein.“

„Ja“, mischte der Wirt sich ein, das ist gar nicht so uninteressant“. Er habe letztens auf arte eine Doku über Antimaterie gesehen, wonach Physiker davon ausgingen, dass es zu allem Existierenden sozusagen eine Gegenwelt gebe, wo praktisch alles was hier vorhanden sei, auch vorhanden wäre, nur mit anderem Vorzeichen. Demzufolge hieße das ja, dass man eben im Sarg erwache und wieder im Mutterleib entschwinde. „Das sei jetzt keine Esoterik oder Religion, sondern Stand der Wissenschaft“ schloss der Wirt seine Ausführungen.

An dieser Stelle hätte Lücking am liebsten abgekotzt. Verzeihen Sie diesen Ausdruck, aber er trifft es nun mal am besten. Er konnte es einfach nicht vertragen. Und warum nicht ? Es liegt auf der Hand. Nicht das Thema ist schuld. Ohne Gefühlsregung hätte er sich jeden Unsinn angehört. Aber er fühlte sich eben doch als was Besseres, überlegen, und deshalb der Ekel, wenn Gescheiterte und Arbeitslose hohes und höchstes Wissen mal eben locker aus dem Ärmel wischen. „Gib dich mit Leuten ab, die einer regelmäßigen Arbeit nachgehen“ dachte er zu sich selbst, „ bei denen hat man nicht mit solchen widerlichen Überraschungen zu rechnen, die wollen sich abends unterhalten und nicht bilden.“ Aber er kannte sich gut genug und wusste er besser, denn den Normalos neidete er die Häuser und Autos und die Tausender, die sie jederzeit spontan locker machen könnten, wenn sie es nur wollten und auf was Bestimmtes Lust hatten.

„Ja das Leben sei schon verrückt“, sagte der Neue, „wenn man zuviel drüber nachdenkt, wird man kirre“ woraufhin er Lücking ein zweites Mal anstieß und fragte, ob er ein Bier und einen Kurzen mittrinke. Lücking verneinte und sagte, dass er nur noch ein Bier wolle und danach losmüsse, „ein andermal aber gerne“. Er wollte ganz einfach keine weiteren Vertraulichkeiten, eventuell fragten sie ihn noch, woher er käme, da sie ihn zum ersten Mal sähen und dergleichen. Nicht, dass Lücking um eine Lüge verlegen wäre, nur kam ihm die Lust am Ganzen abhanden. Ferner erklärte er die Observation für beendet. Er sah zwar wie der Dicke die ganze Zeit ihren Po betätschelte, doch hatte sie Nummerntausch und Verabredung ausgeschlagen, „man würde sich wieder in dieser Kneipe treffen“, besänftigte sie ihn. Außerdem bekundete der Dicke öffentlich seine Unlust darüber, dass er bald zur Nachtschicht müsse und Lücking hielt es für günstig, noch vor dem Dicken das Lokal zu verlassen, solange sie eben noch beschäftigt sei, um so zu sichern, dass sie ihn nicht registriert und wiedererkennen würde.

Dennoch verbuchte er die Observation als einen Erfolg. Denn wie kommt sie als adrette Person dazu, diese Kneipe aufzusuchen und sich auf den Dicken einzulassen. Weiß sie nicht, dass sie recht ordentlich aussieht. Wie steht es um ihr Selbstwertgefühl und um ihre Selbsteinschätzung. Fehlte es ihr zeitlebens an positivem Feedback? Diese Fragen hatten von diesem Abend an Priorität.

Am nächsten Tag durchstöberte er die Unterlagen, die Nadine Knigge ihm vor Therapiebeginn zur Verfügung stellte. Ihn interessierte, welchen Eindrucke die Urlaubsfotos auf ihn machen, ob sie mit denen übereinstimmen, die er gestern Abend gewann.

Wie viele Information kann man überhaupt aus statischen Momentaufnahmen, ob nun sprachlicher oder bildlicher Art ziehen? Oder besteht nicht das ganze Leben aus Momentaufnahmen? Auf diese Grundfrage der Psychologie hat man bis heute noch kein einheitliches Konzept gewinnen können. Die Heidelberger tendieren zu einem Gesamtbild, dass es zu erkennen gelte, um damit die Grundstruktur einer Persönlichkeit zu beschreiben.

Neuere Untersuchungen hingegen legen nahe, sich von einem Gesamteindruck in der Therapie zu lösen und statt dessen die Psyche kernlos zu betrachten. Gemeint ist damit, dass die menschliche Psyche – um es plastisch auszudrücken – nicht auf einem festen unveränderlichen Kern basiert, um den sich herum dann die Psyche formiert, sondern eine Vielzahl solcher Kerne existieren, die je nach Situation und Stimmulation hervortreten, während sich die anderen Kerne der Persönlichkeit in den Hintergrund verschieben. Diese Theorie ist nicht neu, nur wurde sie bis weit in die 90er insbesondere in Heidelberg verschrien, und zwar nicht weil sie falsch sei, vielmehr weil in einem solchen Falle der verschiedenen Ich-Kerne man bereits von einer Ich-Störung zu sprechen habe. Beispielsweise glaubten Theoretiker lange Zeit, dass Menschen, die immer gerne Mettbrötchen aßen und dies plötzlich nicht mehr tun, weil sie am Nachmittag eine Exkursion durch einen Schlachthof machten, am nächsten Tag aber wieder mit großen Genuss zu den Mettbrötchen griffen, dass eben diese Menschen schon, wenn auch lediglich geringe, Persönlichkeitsstörungen und schizophrene Züge aufwiesen. Nach letzten Erkenntnissen ist dies aber nun gerade nicht der Fall, es zeige nur, dass eine gewisse Vernetzung von Einzelerfahrungen oder Erfahrungen und angeborenen Ich-Kernen bisher nicht stattgefunden habe

Dies alles ist deshalb so interessant, weil es eine völlig neue Sicht auf das ergibt, was bisher unter den Stichwörtern Neurose und Psychose zusammengefasst wurde. Schreckliche Erfahrungen oder selbst Wahnvorstellungen wären den Berlinern zufolge gar nicht das Problem, diese trägt jeder in irgendeiner Form in sich und sei es, dass manche Menschen, die einen stark geregelten Tagesablauf und darüber auch einen relativ geregelten Gedankenverlauf haben, lediglich nachts von ihnen heimgesucht werden.

Das Problem stellt die Verknüpfung dieser Erlebnisse mit den anderen Ich-Kernen und Erlebnissen oder Erfahrungen dar. Mit anderen Worten: Der, der viel denkt, viele Dinge und somit auch Persönlichkeitskerne miteinander in Verbindung bringt, läuft Gefahr, gesunde Kerne mit kranken zu verseuchen. Das was einen intelligenten Menschen ausmacht, dass er sein Ganzes Wissen durchdenkt und miteinander in Relation setzt ( es vernetzt: beispielsweise wird einem gut vernetzten Geist – um es wieder plastisch zu formulieren - das Mettbrötchen auch am Abend nach dem Besuch einer Schlachterei schmecken, es sei denn er mochte es vorher schon nicht ) ist als schädlich einzustufen, wenn sich dabei die Vernetzung gesunder Ich-Kerne mit weniger guten vollzieht.

Dies alles wirft ein völlig neues Bild auf bisherige Theorien der Persönlichkeitsspaltung
Man wird künftig, sollte sich die Berliner Sicht durchsetzen, nicht mehr so leichtfertig Schizophrenie diagnostizieren, da ein paralleles Vorhandensein verschiedener Ich-Kerne als Normalfall zu begreifen ist. Das Kuriose: Die Krankheit, die Leidensgeschichte beginnt dort, wo es zu einer unguten Vernetzung einzelner Kerne kommt. Nicht an dem Erlebnis selbst wie bisher, sondern an deren Vernetzung gilt es in einer Therapie zu arbeiten. Dies kann auf dem Wege der Gedankenarbeit geschehen, bei der die nervlichen Informationsträger derart aufgewühlt werden, dass sie sich neu zusammenfinden und ablagern; oder auf dem anderen Wege, dass man per Medikamente auseinanderhält, was nicht zusammengehört.
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Er litt. Im Grunde hätte er sich nie mit Psychologie befassen dürfen, denn er selbst litt an einer vernarbten Seele, unzählige geheilte Wunden, die, wenn man sie zu sehr belastete, aufzuplatzen drohen. Natürlich abbonierte er die einschlägigen Fachzeitschriften, doch stellten sie für ihn immer eine Lektüre dar, die mit Vorsicht zu genießen sind. Wenn er Artikel las wie über die oben erwähnten Göttinger Forschungen, so suchte er Trost in den Gedanken zu finden, in seinem Studium nicht gebüffelt, sondern gelebt zu haben. Der Gedanke, sich im Studium Wissen angeeignet zu haben, das nur wenige Jahre später als veraltet, mitunter als regelrecht falsch galt empfand er demütigend. Hatte er nicht sein eigenes Leben danach ausgerichtet? Und seine Diagnosen! Er würde sie nie mehr so stellen können, wie er es bisher tat. Sicher, die Diagnose und die auf ihrer Grundlage gewählten Therapieformen sind nicht so entscheidend, wie der Laie vermutet, für den Heilungsprozess ist die Gutgläubigkeit des Patienten die entscheidendste Voraussetzung. Ist Gutgläubigkeit gegeben, führen auch weniger geeignete Therapieformen zur Genesung. Hauptaufgabe des Psychologen bleibt es zu motivieren. Und darin lag doch seine wesentliche Stärke. Nein, die Berufswahl war schon die richtige.

Aber dennoch: Dass sich die Berliner und Heidelberger verbal beschießen und die gegenseitigen Errungenschaften durch Gegenforschungen schmälern, ist ein altes Lied. Doch dass nun allgemeiner Konsens sich darin zu bilden scheint, dass alle Erkenntnisse, wie man sie in der Psychologie bis in die 90 er Jahre gesichert glaubte, als unrichtig einzustufen sind, da sie zu wenig auf physisch Erforschtem, sondern auf heuristisch Gewonnenem basierten, ließ ihn Verzweiflung fühlen.

Wenn er in den Fachzeitschriften blätterte, schmerzte es ihn, er fühlte sich zu früh oder zu spät geboren. Zu spät, um es als einziger durch Beobachtungen und Gedanken zu Ruhm zu bringen wie Freud es gelang; zu früh, weil der Schlüssel zum echten Wissen erst um die Jahrtausendwende gefunden worden zu sein scheint. Wenn weltweite Einigkeit in der Psychologie herrscht, dann darin, dass alles was bisher war, als Begriffsdichtung abgetan werden kann, man Wörter für psychische Phänomene suchte, die alleine dem Geiste des Forschenden entsprangen, für die es jedoch in der Realität keine Entsprechung gibt. Und dort, wo man die Symptome klar beschreiben konnte, war man bisher nicht in der Lage die tatsächliche Ursache bis auf den Grund zu verfolgen und blieb auf halbem Wege und im Hypothetischem stecken. Sicher, das ist zu stark formuliert, doch ist es das, worauf es letztlich hinausläuft. Die Psychologie steht am Anfang, und zwar ganz am Anfang!


Man hat keine Alternative als immer das Beste aus den Umständen zu machen. Das ist die banale Wahrheit. Was nützte es, sich weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Er wird die Entwicklung verfolgen, einfach am Ball bleiben, sich dort, wo die Schulpsychologie widersprüchlich bleibt, eben von ihr lösen: er würde experimenteller werden, und möglicherweise eigene Erkenntnisse und Wege finden, die bei bestimmten Prodromen eine Milderung oder gar Heilung herbeiführen können.

Plötzlich hatte alles wieder Zukunft, so werde er weitermachen können. Vielleicht würde er auch publizieren. Seine Sache war nicht das Medizinische. Die Frage, wann Gedankliches pathologisch wird, welche Negativauswirkungen allein psychisch motiviert sind, schien ihm interessanter zu sein. Und hier könnte er im Privaten mindestens so nah an der Sache forschen als mit großen Geldern ausgestattete Institute. Hierzu brauche es Menschenmaterial und nicht Geld und dazu hatte er ohne Zweifel leichteren Zugang als irgendwelche reglementierten Forschungslabore.

Er fühlte sich belebt und nutzte die neu gewonnene, mentale Vitalität, um eine Akte „Knigge“ anzulegen. Er druckte Mails und Gespräche aus, bespickte sie mit Randbemerkungen, schrieb seine Observationsergebnisse nieder, durchstöberte die zugesandten Unterlagen.

Welchen Vorteil es doch manchmal hat, sich ablehnend, mindestens aber abwartend zu verhalten. Vermutlich wäre er sonst nicht so leicht in den Besitz so vieler Zeugnisse ihres bisherigen Lebens gekommen, die sie zu Beginn herausgab, um ihren guten Willen zu bekunden. So stieß er auf einen unscheinbaren Auszug, den er bisher völlig übersehen hatte.

Es handelte sich dabei um einen Artikel aus ihrem Jahrgangsbuch, dem so genannten Abibuch, der pietätloser kaum sein könnte.

Geschrieben ist er von einem Marek M., der aus demselben Dorf stammt wie sie und mit ihr gemeinsam eingeschult wurde. So zumindest seine einleitende Argumentation, wonach er sich geradezu prädestiniert fühle ihren Abiartikel zu schreiben.

Warum er so hämisch schrieb, geht aus dem Text nicht hervor. Alle Loyalität wurde dem Witz geopfert. Der Text war zweifelsohne gelungen, wenn er so beabsichtigt war wie er wirkte. Selbst ein Fremder kann sich beim Lesen das Schmunzeln nicht verkneifen. Warum es allerdings keine Zensur gab, ist schleierhaft. Immerhin handelt es sich nicht um eine Person des öffentlichen Interesses wie es juristisch heißt. Oder entspricht tatsächlich alles der Wahrheit und sah man deshalb nicht das Risiko einer Verleumdungsklage? Und wie ist es mit der Wahrheit? Darf sie jeder über jeden beliebeigen Menschen kundtun? Er war sich über diese Fragen nicht ganz sicher und notierte sie sich, da sie ihm von Bedeutung erschienen, auch für seine eigenen Vorhaben.

Hier nun eine kurze Inhaltsangabe: Nadine Knigge war Einzelkind. Ihre Eltern erwirtschafteten ihr Einkommen mehr schlecht als recht auf einem rückständigen Hofe, der sich allerdings seit Urzeiten im Familienbesitz befand. Tier und Mensch lebte unter einem Dach. Der Misthaufen direkt vor dem Hause. Alles sehr traditionell.

In der Schule wurde sie gehänselt und blieb die ganzen ersten Jahre Einzelgängerin. Die Mitschüler ekelten sich vor dem ungewohnten Gestank, der an ihrer Kleidung haftete. Ferner war sie ein ungewöhnlich dickes Kind.

Ihre Ungeschicklichkeit und ihr mangelndes Selbstvertrauen wurde reichhaltig ausgenutzt und sie wurde, teils durch eigenes Verschulden, Opfer jahrelanger Schikanen, die detailliert und mit großer Schadenfreude beschrieben werden. Beispielsweise kam es in den Schulpausen zu Striptease ähnlichen Handlungen, an denen auch Mitschüler anderer Klassen unter Eintrittsgeldern teilnahmen. Inwieweit sie gewaltsam entkleidet wurde, ist dem Text nicht zu entnehmen. Es wurde so dargestellt, als reichten leere Versprechungen aus, dass sie sich freiwillig zur Belustigung aller zur Verfügung stellte.

Nach dem sechsten Schuljahr ging sie auf die Realschule, wechselte danach aufs Gymnasium.
Ihr Ruf blieb ihr erhalten. Doch hatte sich eine Wandlung vollzogen. Sie war nicht mehr dick, der Kinderspeck war entfallen, teils durch die Pubertät glücklich verwachsen, teils durch ihren Sport. Auch begegnete man ihr nun erwachsener, doch schien sie daran kein großes Interesse zu haben, suchte beispielsweise keine Freundschaften, die über den Schulalltag hinausgingen. Mit großem Eifer widmete sie sich den schulischen Anforderungen, hatte die anfänglichen Probleme in Mathe und Englisch bald aufgeholt und sich in der zwölften Klasse zu den leistungsstärksten Schülern gemausert. Von einer Beziehung zu einem Jungen wurde nichts berichtet. Allerdings machten neue Geschichten um ihre Person die Runde. Nicht nur dass sie sich jetzt auffällig und schrill, mitunter auch abschreckend kleidete ( Gothic ). Angeblich soll sie sich einen Sommer lang regelmäßig mit einer Clique minderjähriger Jungens im Alter von 13 – 15 Jahren in einem Schwimmbad getroffen haben, und zwar immer an Schlechtwettertagen, wenn also garantiert war, dass das Schwimmbad gar nicht oder kaum besucht war. Der Abiartikel regte hier geschickt alle Fantasien an, denen wir an dieser Stelle aber nicht weiter nachgehen wollen.

Schließlich endete der Artikel mit dem Satz, dass man sich sicher sei, egal was Nadine auch zukünftig machen werde, es werde außergewöhnlich sein und man werde auf indirektem Wege schon davon erfahren.


Dem Artikel waren mehrere Fotos und die damalige Adresse beigefügt. Die Idee hinzufahren, kam ihm spontan, wurde aber wegen der vielen hundert Kilometer genauso rasch wieder verworfen. Doch ließ ihn die Neugier nicht los und so nutze er die Gelegenheit, als er am Samstag früher als gewöhnlich erwachte.

In ihrem Heimatort angekommen, fand er den betreffenden Hof schnell. Nur stieß er keinesfalls auf das, was ihm beschrieben wurde. Kein Misthaufen, kein Gestank, sondern vielversprechende Fachwerkgemäuer, an denen für Handwerkerarbeiten Gerüste angebracht waren.

Nach erstem Vorbeifahren, wendete er, fuhr auf den Hof, nahm seine Landkarte, weitete sie auf der Motorhaube aus und tat als jemand, der sich verfahren hatte. Es gelang ihm tatsächlich mit Handwerken ins Gespräch zu kommen. Er fragte, ob sie Eigentümer dieses schönen Hauses sein und am Wochenende so ihrem Hobby nachgingen. Der Ältere der beiden verneinte, den Hof habe vor einem guten Jahr ein Unternehmer gekauft und lasse ihn nun restaurieren. Auf die Frage, wo die früheren Besitzer lebten, bekam er zu hören, dass es sich da um ein älteres Ehepaar handelte. Die Frau sei verstorben und der Mann, wesentlich älter, schon leicht krüppelig gewesen habe den Tod nicht verkraftet und sich aufgehängt. Und wer war Erbe? Die hatten eine Tochter, die lebt aber jetzt inner Stadt. „Wenn Sie mich fragen, hat die es richtig gemacht. Sie hat Hof, den gesamten Viehbestand und den Maschinenpark verkauft, ein Schweinegeld bekommen und die Ländereien behalten und verpachtet. Das heißt, bis auf die sieben Hektar, die sich direkt am Hof befanden. Die zu bekommen, machte der Unternehmer zur Bedingung, wenn er den Hof kaufte, da er sie als Weidefläche für seine Pferde braucht.“

„Und Schweinegeld“, fragte Lücking, „was mag die Tochter denn bekommen haben?“ „Darüber spricht sich keiner genau aus“ antwortete der jüngere der beiden Handwerker, „bekannt ist nur, dass an den sieben Hektar noch ein anderer Nachbar interessiert war und der hat, da es sich auch um Bauland handelt, 30 € pro Quadratmeter geboten.“ „Das kann doch nicht sein“, entgegnete Lücking. „Haben Sie ne Ahnung“, raunte der Ältere, „was denken Sie wie die Preise sind, auch auf dem Dorfe.“ „Und wie viel Hektar hat die Tochter noch?“ „Nun, sagte wiederum der Ältere, der Hof war zwar nicht mehr überlebensfähig, aber an die 50 Hektar werden das wohl noch sein. Allerdings handelt es sich da nicht mehr um Bauland, zumindest weitgehend nicht.“

Um sich nicht verdächtig zu machen, wechselte er das Thema und befragte die Handwerker nach Epoche und Baustil des Fachwerkhauses. Er bekam Antwort, war aber nicht mehr in der Lage zuzuhören. Seine Gedanken kreisten jetzt um anderes. Abschließend gab er noch einen Ort vor, den er suchte und nicht finden konnte, ließ sich den Weg von den beiden beschreiben, verabschiedete sich und fuhr davon.

Unbewusste Fantasien sind unsere täglichen Begleiter. Wir nehmen sie nicht wahr und dennoch wirken sie sich unaufhörlich auf unser Handeln aus. Dass dergleichen wieder mal geschehen ist, bemerken wir erst hinterher. Dann gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: Dem Ganzen Einhalt zu gebieten und sich abzukehren oder sich hinzugeben und auch weiterhin führen zu lassen.

Im aktiven Leben ist es selbst für den Profi schwer, über sein Verhalten gegenüber anderen Menschen nachzudenken. Unbewusste Fantasien erheben ihren Anspruch auf Zukunft und lenken ab von der eigenen Person, hin zu den Interessen. So denkt man im Alltagsleben kaum über sich nach, vielmehr gilt alles Denken immer der Zukunft. Man reflektiert nicht die eigenen inneren Abläufe, sondern malt sich bestimmte Situationen aus, malt sich aus, wie sich Mitmenschen wohl verhalten mögen und wie man selbst darauf reagieren sollte. Dass man dann letztlich meist wieder anders reagiert als vorgenommen, wird nachträglich nicht mehr reflektiert.

Lücking war klar, dass, wenn er weiterhin verantwortungsvoll arbeiten wollte, sich spätestens zu diesem Zeitpunkt einer Supervision hätte unterziehen müssen. Diesen Gedanken lehnte er jedoch entscheidend ab. Würde er einen Kollegen einweihen, würde ihn das von dem Zeitpunkte an einschränken und ihm keine freie Hand mehr lassen. Lücking begriff nie, wie andere es zeitlebens schafften, erst Analytiker und dann Mensch zu sein. Leben war anders.
Ud Lücking wollte es auch anders. Er wurde Analytiker, da er es für das Beste für sein Leben hielt.

Offengestanden kam er zur Psychologie, weil er in Jugendjahren Opfer falscher Vorstellungen wurde. Er nahm mit Freunden an einer Hypnoseshow teil und nahm für bare Münze, was er da sah. Nur ein Idiot hätte nach einem solchen Erlebnis weiterleben können wie zuvor. Einfach nur Hausaufgaben machen und dann Banker werden, war von dem Moment nicht mehr für ihn drin. Psychologie war einfach das Umwerfendste, was es überhaupt geben konnte. Ferner wuchs in ihm die Wahnvorstellung, dass andere, die hier alles wüssten, ihn nicht nur durchschauen könnten, sondern auch manipulieren. Seine Horrorvorstellung war es, für andere eine Marionette zu sein , wie die Hypnotisierten für den Hypnotiseur. Warum sollte er nun,wo es wirklich mal interessant werden könnte und das Leben ihm eine Chance bot, feige werden und „Dienst nach Vorschrift“ machen? Dafür mögen andere studiert haben, er nicht.


Den ganzen Dienstag freute er sich bereits auf den Abend. Abends wandelte sich dieses Gefühl. Es erging ihm so wie anderen, wenn sie sich manchmal auf eine Party am Wochende freuen, doch ist es dann soweit, schwindet die Freude und wandelt sich in Unlust. Das ist einfach dem Umstand zuzurechnen, dass man aus der Ferne das Angenehme sieht und aus der Nähe das Abschreckende. So wuchs ihn ihm zunehmends die Sorge, dass es ihm nicht gelänge, sie langfristig für die Therapie zu binden.

Von nun an, war sein Plan klar. Doch alles kam anders. Nach kurzer Beziehung, in der er seine Vorteile ausnutzte für seine Experimente, wendete sich das Blatt. Er geriet in große Abhängigkeit von ihr. Sie aber erwartete noch immer mehr vom Leben. Schließlich brachte sie ihn um und schrieb, nachdem sie wegen Totschlag in minderschweren Fall verurteilt war, im Gefängnis ihre - uns nur in Bruchstücken vorliegende - Geschichte.

 

Die Geschichte hat mich bis zum Ende mitgerissen. Ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen, du hast einfach einen 1a Spannungsbogen eingebaut.

Was du dir mM nach sparen hättest können, ist dies hier:

"Ich werde vom Autor, von der anderen am Geschehen beteiligten Person, dem Therapeuten also, von nun an in der Er-Form berichten."

 

Der Meinung bin ich auch,das war unnötig

Ansonsten gefiel mir die Geschichte sehr,vom Schluss war ich ein wenig entäuscht,aber im großen und ganzen...

 

hey,
Ihre geschichte ist sehr sehr gut. ungeheuer spannend und ineterssant. mist, will nicht NOCHMAL meinen beruf ändern und psychologie studieren wollen...!! aber den wunsch hat ihre Geschichte gerade wieder neu geweckt! mit vielen grüßen
und danke für dieses tolle leseerlebnis! schreiben Sie mehr solches!!

 

Hey ihr drei,

ich freu mich so, ihr habt mich glücklich gemacht. So etwas spürte ich lange nicht mehr. Insbesondere von Leuten, die nur lesen, .... also , dass ihre euren ersten Beitrag mir widmet und dann ganz lange niemandem, dasist eine echt Freude, dafür möchte ich euch daken, habe mich noch nie so sehr über Beiträge gefreut wie über die von happysia und sickboy.


Kuss,

euer Schriftbild

 

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