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Der Aufstand

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02.01.2004
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Der Aufstand

„Hast du ihn getroffen? Hast du gebetet, dass du eine gute Note schreibst und hat es dann plötzlich „Puff“ gemacht und dein Zeugnis war voller Einsen?“ Er kannte meine Schwächen, wie z.B meinen Misserfolg in der Schule, um auf einer für mich leicht zu verstehenden Ebene zu bleiben, er war ein Genie.
Er hatte mich schon zu so manch einer asozialen Tat animiert, ganz zum Zwecke der mentalen Freiheit, oder was auch immer eine zerbrochene Schaufensterscheibe so alles bezwecken kann. Er wusste es selbst nicht so recht, aber Unsicherheit sah man ihm nicht an, er war unmenschlich. Ich erkannte in seinem Verhalten keinen einzigen Fehler, er war eine wandelnde Perfektion. Ich konnte es mir nicht erklären. Nun waren wir bereits 4 Tage weg, er rief mich an und es hieß: „Du willst nicht lernen? Also tu es nicht, komm mit mir mit, wenn du zuhause unglücklich bist, dann wirst du wohl draußen glücklich sein, oder?“ so animierte er mich dazu, von zuhause wegzulaufen. Nicht nur das: Ich nahm sämtlichen Brieftascheninhalt meiner Mutter, ein wenig zu Essen, und schon konnte es losgehen. Wir waren in diesem Moment in einer Diskussion verwickelt, eine Diskussion über Religion, in der ich scheiterte. Er machte alles lächerlich, was ich in meinem kurzem Leben gelernt hatte, ohne Skrupel, alles Schwachsinn, alles Scheisse, das ganze Gerede, die haben nichts auf den Kasten, sind nur Wichser usw.. Mein schlechtes Gewissen, ausgelöst durch die Tatsache, dass ich gegen meine gesammte Erziehung rebellierte, dass ich gegen das Gesetz rebellierte, dass ich gegen Gott rebellierte, verflog mit wenigen Sätzen, die er sagte. Er war gerademal so alt wie ich, doch was er sagte, klang so viel klüger, sinnvoller, verständlicher und logischer als dass, was ich mein Leben lang von allen ertragen musste, alles was mich erziehen sollte, mich auf eine gerade Bahn bringen sollte. “Was dich vom Weg abringt, leitet dich oft auf einen besseren“ , meinte er und sprühte das Anarchie-Zeichen auf das Auto. Ich hörte auf das Fernsehen zu vermissen. Ich hörte auf mir Gedanken zu machen was Mami und Papi wohl sagen, ich hörte auf mir Gedanken zu machen wie der allmächtige Herr mich bestraft. “Wenn er uns nicht belohnt und uns nicht hilft, unsere Gebete nicht erhört, wie und warum sollte er uns dann bestrafen?“, meinte er, während er eine wirklich realistische und detailgetreue Hand auf den Kircheneingang sprühte, die den Mittelfinger ausstreckte. Ich wehrte mich jedoch gegen seine deprimierend, pessimistischen Theorien über das Leben, machte aber dennoch mit, fühlte mich frei, fühlte mich bestätigt, ich fühlte mich als würde ich bald sterben und noch meine letzte Rache ausüben ,die Welt in ein Chaos versetzen, meine Eltern, die Lehrer, die Gesellschaft, die Politiker anrotzen und bepissen.
Er ging immer weiter, richtete immer mehr Schaden an, gezielt, spontan, während er diese schockierenden Dinge sagte, die ich nicht hören wollte. Er war in jeder Hinsicht besser als ich, ich wusste es, und er wusste, dass ich es weiss, und aus diesem Grund war es kein Problem. „Sollten wir nicht nach Hause gehen, irgendwie ist mir ganz mulmig dabei.“, entgegnete ich während ich auf die Laterne einschlug. “Damit du wieder vor dem Fernseher sitzt, deinen Eltern gehorchst, dich von deinen Lehrern schickanieren lässt, deine gesammte Zeit des Tages verplemmperst, nicht mehr weißt wer du bist, weil du dich nur noch durch Leistung identifizieren kannst. Willst du das? Hör zu, ich werde das nicht zulassen, das ist der größte Moment deines Lebens, wir haben die Grenze schon überschritten, jetzt sind wir Frei von allem!“. Er war wütend. Plötzlich durchfuhr eine unglaubliche Energiewelle meinen Körper, gefolgt von einer Welle von Wut und Ablehnung. Nun konnte ich das empfinden, was ich empfinden wollte. Ich schlug mit der Metallstange fester und fester gegen die Scheibe des Autos, so eine Kraft hatte ich noch nie. Ich fühlte mich wie neu geboren. Nun gehörte die Welt mir, nun konnte ich entscheiden,über mich,über mein Schicksal,nun war ich frei. Sein Handy klingelt. Sein Handy? „Hallo?...was?...oh....oh Gott...“ ,oh Gott? „Ja o.k....es tut mir leid...“.Ich sah ihn verwundert an. “Wir müssen nach Hause, meine Mutter, sie hat Herzkreislaufschwierigkeiten, sie liegt im Krankenhaus.“ .Er umarmte mich, ich war angeekelt von ihm. Er schluchze laut, während er mich fester und fester drückte. Wie ein Baby. “Lass uns nach Hause, ich habe Hunger“ .Plötzlich sah ich in ihm mehr Menschlichkeit als mir lieb war.

 

Hi SickBoy!
Vom Inhalt her gefällt mir dein Text gut, aber vom "Handwerklichen" her überzeugt er mich nicht wirklich. Durch die Kommasetzung und durch doch einige Schreibfehler ist es zum Teil schwierig, den Text lesen zu können. Abgesehen davon ist er recht gelungen.
Die Formulierungen widerspiegeln meiner Meinung gut, was der Protagonist fühlt bzw. denkt. Einerseits das "Wütende", das durch den anderen erzeugt wurde, andererseits Worte wie "Mami und Papi" - so überzeugt ist er ja doch nicht.

Gut gefallen hat mir:

Plötzlich durchfuhr eine unglaubliche Energiewelle meinen Körper, gefolgt von einer Welle von Wut und Ablehnung. Nun konnte ich das empfinden, was ich empfinden wollte.
Wobei es ja nicht unbedingt das ist, was er empfinden wollte...

Sein Handy klingelt. Sein Handy?
Zweimal nacheinander "Handy"?! Na gut, oben hast du ebenfalls zweimal "empfinden", aber da hat es mich nicht gestört. Zudem halte ich diese Stelle nicht so gelungen, obwohl sie die Abhängigkeit zur geordneten Welt zeigt. Aber sie wirkt doch etwas holprig, jedenfalls in meinen Augen.

Plötzlich sah ich in ihm mehr Menschlichkeit als mir lieb war.
Gelungener Schlusssatz! Aus einem göttlichen Wesen wird auf einmal nur ein Mensch. Irgendwie auch ziemlich ernüchternd für deinen Protagonisten. Dieser Schlusssatz wertet für mich die Fehler der Geschichte wieder auf. Wenn du diese Fehler umgehst, kannst du dem letzten Satz noch mehr Stärke verleihen.

LG,
Marana

 

Hallo SickBoy,

die zwischen den beiden Jungen wirkenden Mechanismen hast Du ganz gut beschrieben.

Ganz interessant finde ich:

Zitat:
.Plötzlich sah ich in ihm mehr Menschlichkeit als mir lieb war.

Eigentlich hätte der Prot. sich über die Entdeckung freuen sollen, aber klar - in diesem Moment. ist der Preis der Desillusionierung zu hoch…

Tschüß… Woltochinon

 

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