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Der Übergang war wunderbar. gekürzte Fassung

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12.02.2004
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Der Übergang war wunderbar. gekürzte Fassung

Seit zehn Jahren leben wir gemeinsam eine herrliche und glückliche Zeit. Unsere Liebe kennt keine Grenzen. Sie erscheint mir größer als das Universum. Würde sie eines Tages doch an eine Grenze stoßen, dann müßte sich eben ein neues Universum auftun. Liebe macht so etwas möglich. Wir tanzen die Nächte durch und gehen bei Sonnenaufgang durch die Stadt nach Hause. Die hohen Türme der Marienkirche, sind noch in weiße Nebel gehüllt, es sieht aus, als ob sie die Nacht auf einem weichen Federkissen verbracht haben. Gleich, wenn die Sonne hoch kommt, wird alles zerfließen und dann werden sie majestätisch über die Stadt schauen. Wir laufen lachend heim.

Aber nun ist durch eine furchtbare Krankheit alles zerstört worden. Bernhard, meinem Mann, geht es sehr schlecht. Wir sind auf dem Weg in einen langen, schwarzen Tunnel, und die Fratze der Angst lacht uns höhnisch entgegen. Aber das Schlimmste ist, es ist überhaupt kein Ende ab zu sehen.
Das Leben ist eingeschränkt durch Chemotherapie, Schmerzen, Schlaflosigkeit, Angst, Tränen - von Anfang an keine Hoffnung.
Wir verbringen nun nachts immer viele Stunden vor dem Fernseher. Da gibt es diese neue Sendung.
< Unglaubliche Geschichten. >
Tote können mit ihren Angehörigen sprechen, heißt es in der Vorschau. Die sogenannte Tonbandstimmen Forschung wird den Fernsehzuschauern vorgestellt. Bernhard ist wie elektrisiert als er das zum ersten Mal hört.
Ich lachte, „glaubst du das etwa“, sagte ich zu ihm. „Da will sich doch nur einer interessant machen.“
Aber die Sache mit den Tonbandstimmen läßt meinem Mann keine Ruhe. Immer wieder sitz er nachts vor dem Fernseher und verfolgt diese Sendungen. Ich auch.
„Also, wenn es wirklich ein Leben nach dem Tot gibt, dann werde ich erst mal faul in der Sonne liegen und mich richtig ausschlafen.“
„Das kannst du auch als Rentner haben“ ,sage ich, ziemlich wütend, zu ihm.
Ich will keine Gespräche führen, die mit seinem Tod zu tun haben.
„Also gut, dann mache ich es eben als Rentner, wenn dich das beruhigt, aber ich möchte dabei nicht von dir gestört werden,“ meint er dann schmunzelnd. Fügte aber noch hinzu, daß er von mir erwartet, daß, im Falle seines Todes, wann immer das auch sei, es können ja noch Jahre ins Land gehen bis dahin, ich mich aber über diese Geschichte mit ihm in Verbindung setzten soll.
Gott sei Dank, denke ich bei mir, er macht schon wieder seine Scherze, das ist doch ein gutes Zeichen.
Doch das Schicksal macht keine Ausnahme. Einige Tage später, er ist mal wieder für einige Tage im Krankenhaus, kam der schlimmste Anruf den ich je bekommen habe:
„Ihr Mann ist heute Nacht gestorben“, sagt einen Männerstimme zu mir. Ich stehe da wie versteinert und bin nicht in der Lage, den Hörer aufzulegen.
Tot, tot, tot dröhnt es in meinem Kopf. Mein Herz schreit vor Schmerz. Wir werden nie mehr gemeinsam die Sonne aufgehen sehen.

Einige Monate nach diesem Ereignis, fällt mir eine Telefonnummer in die Hand, die eine Anlaufstelle für die sogenannte Tonbandstimmenforschung ist. Bernhard hatte sie noch eigenhändig aufgeschrieben. Ich nehme Kontakt zu dieser Dame auf, und lasse mir die Sache noch einmal genau schildern. So, wie sie mir das erzählt, hört es sich ganz toll an. Es ist wie telefonieren. Ja, man kann mit den Toten sprechen. Sie würde mir zeigen wie es gemacht wird. Es gehört auch etwas Übung dazu.

So langsam erkannte ich die Dimension dieser Behauptung, daß es ein Leben nach dem Tot geben sollte. Will ich das überhaupt alles so genau wissen? Bis jetzt ist es so etwas wie ein Abenteuer gewesen, diese Tonbandstimmen--Theorie einmal aus zu probieren. Aber nun schien ich an einem Scheideweg zu stehen.
Ja, oder nein. Doch ich bin eine neugieriger Mensch. Also, Ja. Ich treffe mich mit dieser Dame und sie macht für mich eine Einspielung, wie sie es nennt. Über einen Kopfhörer hört sie es für mich ab.
„Hier ist ein merkwürdiger Satz, können sie etwas damit anfangen?“ fragte sie mich. „Hier sagt doch eine Männerstimme:“
„Bernhard in der Sonne liegt.“
Schlagartig fällt mir das Gespräch ein, das ich mal mit meinem Mann geführt habe. Wenn er das jetzt zu mir sagt, will er mir doch beweisen, daß es ein Leben nach dem Tot gibt. Dann muß ich auch mit dieser Geschichte anfangen. Ich gehe völlig aufgeregt nach Hause. Tausend Gedanken schwirren mir durch den Kopf.
Wird der Mensch nur geboren um einige Zeit auf der Erde zu leben?
Ist ein Leben auf dieser Erde für jede Seele ein muß? Wird sie daran gemessen? Und wie muß sie sein? Gütig? Strebsam? Erfolgreich? Gottesfürchtig?
Oder kommt es nur darauf an, eine bestimmte Zeit auf dieser Erdkugel zu zu bringen. Egal wie?
Vielleicht ist ja der Aufenthalt auch freiwillig. Die Seele denkt, mal sehen was so los ist auf dieser Erde, und bucht ihr < Dasein > hier, in dieser Welt, in allen Einzelheiten. Nach dem Motto: < Einmal Erde und zurück, > wie so eine Art Abenteuerurlaub.
Der erste Satz den ich selber verstehen kann ist:
"Der Übergang war wunderbar."
War damit der Übergang vom Leben zum Tod gemeint?

„Die Toten leben, wir sind die Toten.“ Diesen Satz hörte ich in der folgenden Zeit immer wieder aus dem Lautsprecher meines Aufnahmegerätes.
< Die schönen roten Rosen da auf meinem Grab. Doch mein Herz gehört da jetzt dem Himmel. Erst hier wirst du die wahre Liebe kennen lernen. Diese Liebe gibt Freiheit. Die Liebe blüht an unseren Ufern. Diese und ähnliche Sätze hörte ich immer wieder. Und auch immer wieder den Satz: „Lebe dein Leben.“
Ja, ich lebe mein Leben, das Leben geht weiter, es zeigt immer neue Wege die man gehen kann. Neue Menschen, neue Ideen, aber das Vergangene wird mich auch immer begleiten.
Von Zeit zu Zeit stelle ich noch mal die Geräte auf den Tisch und suche mir einen Sender. Und dann sage ich leise in das Gerät: Hallo Bernhard, hörst du mich? © 2001

 

Hallo karina!

Nette Geschichte. Das Experiment habe ich allerdings gesucht und nicht gefunden. Wo ist es denn? :confused:

dayvs GE-ve
Stefanie

 

hallo, ich dachte, daß die Tonbandstimmen ,sprechen mit Verstorbenen, als Experiment gewertet werden können. Oder hätte es besser in eine andere Rubrik gepasst?Ich nehme gerne Vorschläge entgegen. Danke für den Beitrag, karina

 

In den Informationsthread steht, dass es keine experimentellen Inhalte gibt. Und Tonbandstimmen zählen zum Inhalt. Ich würde die Geschichte in "Sonstige" verschieben lassen. Danach gibts dann zur Belohnung ne ausführlichere Kritik von mir ;)

dayvs GE-ve
Stefanie

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

hallo, ich würde ja gerne diese Geschichte in die vorgeschlagenen Rubrik verschieben lassen, aber wen muß ich dabei ansprechen. Habe bereits eine Email an Hendek gesand. Aber noch keine Antwort bekommen.Hast du einen Tipp?



P.S.: Nichts für ungut, habe nur meinen Nick korrigiert. ;)
Außerdem wurde deine Nachricht an die richtige Stelle weitergeleitet, siehe Resultat. ;)

Hendek

 

Hallo karina!

Zur Belohnung gibt es jetzt die versprochene Kritik.

Als ich deine Geschichte zum ersten Mal gelesen habe, stand sie in Experimente und ich habe sie nur überflogen.
Jetzt habe ich sie zum zweiten Mal gelesen und mir dabei Zeit gelassen. Hey, und ich muss sagen, beim ersten Mal habe ich etwas verpasst!

Die Idee deiner Geschichte gefällt mir sehr. Noch mehr aber gefällt mir dein Stil. Er ist bildhaft, aber nicht überladen - es passt einfach. Sehr poetisch, wirkt dabei aber natürlich - das ist toll! :thumbsup:

Der Aufbau der Handlung ist gut gemacht. Eigentlich hast du dir für jede Situation genau die richtige Länge ausgesucht - bis auf eine Stelle:

Wir werden nie mehr gemeinsam die Sonne aufgehen sehen.

Einige Monate nach diesem Ereignis, fällt mir eine Telefonnummer in die Hand

An dieser Stelle ist ein Bruch in der Geschichte. Da fehlt etwas. Und zwar ein Absatz: Du solltest einen Absatz einfügen, in dem du die Trauer der Frau schilderst: Die ersten Tage sind vielleicht noch erfüllt von Trubel, Verwandte besuchen sie, sind betroffen, es treffen Beleidsbekundungen ein. Dann ist das Haus plötzlich leer. Sie lebt einige Monate vor sich hin, sie fühlt sich einsam, ihr Mann fehlt ihr einfach. Ich stelle mir da eine Art Alltagsbeschreibung vor, das ist vielleicht etwas schwierig, aber ich bin mir sicher, dass du das kannst.
Und dann findet sie die Telefonnummer: Du könntest den Absatz ein bisschen abändern, die Situation einleiten. Vielleicht hat sie gerade heute zum ersten Mal beschlossen, dass das Leben weitergehen muss. Sie räumt gründlich auf, macht sauber - und in diesem Augenblick fällt ihr die Telefonnummer in die Hand.
So würde mir die Handlung noch besser gefallen.

Die restliche Handlung ist eigentlich perfekt - exakt die richtige Länge, genau der passende Ton getroffen. Finde ich super!

Du hast allerdings einige Rechtschreibfehler drin, die suche ich eben raus:

Die hohen Türme der Marienkirche sind noch in weiße Nebel gehüllt, es sieht aus als ob
es sieht aus, als ob

< Unglaubliche Geschichten. >
Es sieht nicht schön aus, wenn man die Pfeiltasten der Tastatur als Anführungsstriche missbraucht. Ich nehme an, du möchtest da französische Anführungszeichen haben.
Im Korrekturcenter steht dazu:
» wird mit der Tastenkombination „Alt“ (gedrückt halten) und Eingabe von „0187“ erzeugt, « mit Alt+0171
Damit sollte es ganz leicht gehen. Die Zeichen > und < tauchen mehrmals in deiner Geschichte aus; du solltest sie mal durchgehen und die Pfeile durch die frz. Anführungsstriche ersetzen.

Die sogenannte Tonbandstimmen Forschung wird den Fernsehzuschauern vorgestellt. Bernhard ist wie elektrisiert als er das zum ersten Mal hört.
Tonbandstimmen-Forschung
elektrisiert, als

Ich lachte, „glaubst du das etwa“, sage ich zu ihm.
Ich lache. "Glaubst du das etwa?", sage ich zu ihm.

„Also, wenn es wirklich ein Leben nach dem Tot gibt, dann werde ich erst mal faul in der Sonne liegen und mich richtig ausschlafen.“
Tod

„Das kannst du auch als Rentner haben“ ,sage ich, ziemlich wütend, zu ihm.
vor "sage" ist das Komma verrutscht

Fügte aber noch hinzu, daß er von mir erwartet, daß, im Falle seines Todes, wann immer das auch sei, es können ja noch Jahre ins Land gehen bis dahin, ich mich aber über diese Geschichte mit ihm in Verbindung setzten soll.
daß, im Falle seines Todes- wann immer das auch sei, es können ja noch Jahre ins Land gehen bis dahin - ich mich ...

Einige Tage später, er ist mal wieder für einige Tage im Krankenhaus, kam der schlimmste Anruf den ich je bekommen habe:
Einige Tage später - er ist mal wieder für einige Tage im Krankenhaus - kommt der schlimmste Anruf, den ich je bekommen habe.

Einige Monate nach diesem Ereignis, fällt mir eine Telefonnummer in die Hand
nach "Ereignis" kein Komma

Ich nehme Kontakt zu dieser Dame auf, und lasse mir die Sache noch einmal genau schildern.
hinter "auf" kein Komma

Sie würde mir zeigen wie es gemacht wird.
Sie wird mir zeigen, wie es gemacht wird.

So langsam erkannte ich die Dimension dieser Behauptung, daß es ein Leben nach dem Tot geben sollte.
Tod

Bis jetzt ist es so etwas wie ein Abenteuer gewesen, diese Tonbandstimmen--Theorie einmal aus zu probieren.
ein Bindestrich zuviel

Ja, oder nein. Doch
Ja oder nein?

Also, Ja.
Also ja.

„Hier sagt doch eine Männerstimme:“
„Bernhard in der Sonne liegt.“
"Hier sagt doch eine Männerstimme: 'Bernhard in der Sonne liegt."

Wird der Mensch nur geboren um einige Zeit auf der Erde zu leben?
geboren, um

Ist ein Leben auf dieser Erde für jede Seele ein muß?
ein Muß

Der erste Satz den ich selber verstehen kann ist:
Der erste Satz, den ich selber verstehen kann, ist:

< Die schönen roten Rosen da auf meinem Grab. Doch mein Herz gehört da jetzt dem Himmel. Erst hier wirst du die wahre Liebe kennen lernen. Diese Liebe gibt Freiheit. Die Liebe blüht an unseren Ufern. Diese und ähnliche Sätze hörte ich immer wieder. Und auch immer wieder den Satz: „Lebe dein Leben.“
"Die schönen roten Rosen [...] an unseren Ufern." Diese Sätze ... etc.

Ja, Ich lebe mein Leben, das Leben geht weiter, es zeigt immer neue Wege die man gehen kann. Neue Menschen, neue Ideen, aber das vergangene wird mich auch immer begleiten.
Ja, ich lebe mein Leben, das Leben geht weiter. Es zeigt immer neue Wege, die man gehen kann. Neue Menschen, neue Ideen, aber das Vergangene wird mich auch immer begleiten.


Insgesamt ist dir eine richtig tolle Geschichte gelungen, die vor allem sehr realistische Verhaltensweisen der Protagonisten zu bieten hat, wie z.B. die Scherze des Mannes, den Unwillen der Frau, über seinen Tod zu sprechen.
Die Gedanken der Frau am Schluss über das Leben und auch die Berichte Bernhards aus dem Jenseits finde ich sehr tröstlich - wie überhaupt die ganze Geschichte.

Schöne Leistung!

dayvs GE-ve
Stefanie

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für die Hinweise, es freut mich, so eine tolle Kritik zu bekommen. Ja, die Geschichte ist gekürzt. Ich habe sie aus einem Buch, das ich darüber geschrieben habe, heraus kopiert. Alles zu bringen, würde den Rahmen sprengen. Es sollen ja Kurzgeschichten sein.Aber nochmal danke. karina

 

Hi Karina,

ich weiß garnicht was ich sagen soll.
Auch ich beschäftige mich seit zwanzig Jahren mit der Tonbandstimmenforschung und könnte aus meinen Ergebnissen mehrere Bücher schreiben.
Nur, braucht man dafür eine Menge Zeit, die ich leider nicht habe.
Doch aufgehoben ist nicht aufgeschoben.

Die in deiner KG beschriebenen Sätze von "Drüben" kommen mir in ihrer Art, sehr bekannt vor.
Vor allem, das Wörtchen "da", höre ich immer wieder im Satzzusammenhang.
Freue mich sehr eine Gleichgesinnte gefunden zu haben.
Vieleicht können wir uns über PM mal austauschen.

glg, coleratio

 

coleratio schrieb:
Hi Karina,

ich weiß garnicht was ich sagen soll.
Auch ich beschäftige mich seit zwanzig Jahren mit der Tonbandstimmenforschung und könnte aus meinen Ergebnissen mehrere Bücher schreiben.
Nur, braucht man dafür eine Menge Zeit, die ich leider nicht habe.
Doch aufgehoben ist nicht aufgeschoben.

Die in deiner KG beschriebenen Sätze von "Drüben" kommen mir in ihrer Art, sehr bekannt vor.
Vor allem, das Wörtchen "da", höre ich immer wieder im Satzzusammenhang.
Freue mich sehr eine Gleichgesinnte gefunden zu haben.
Vieleicht können wir uns über PM mal austauschen.

glg, coleratio

hallo,coleratio, leider war ich einige Zeit nicht da. Danke für den Eintrag. Ja, ich freue mich auch immer Gleichgesinnte zu treffen. Zum Gedankenaustausch bin ich gerne mal bereit. Also setzt Dich auch mal hin und schreibe über die Tonbandstimmen. Gruß karina

 

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