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Chrissy-Story oder eine Banker-Lehre

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30.12.2003
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Chrissy-Story oder eine Banker-Lehre

Vorgeschichte
Vor langer Zeit lebte in Kiel ein junges Mädchen namens Chrissy. Sie mühte sich redlich, ihre Bankerausbildung zu absolvieren und war nicht anders als viele Gleichaltrige mit ihren 17 Jahren. Und dann gab es da einen Typen, der sich Rattenfänger nannte.

Sie begegneten sich in der Bank, als er um einen Kredit nachkam. Nicht viel eigentlich, aber ’ne verdammte Menge Kohle für einen wie ihn, der die Freiheit liebte und nicht das Joch. Keine Rede von banküblichen Sicherheiten. Doch er tat das, was er am besten konnte: dummes Zeug quatschen, die Leute besoffen reden.

Also sagte er zu Chissy voller Überzeugung, er wolle ihr eine Geschichte schreiben, die sei so gut wie ein fester Job mit Gehalt nach A13, farbenprächtig wie ein chinesisches Feuerwerk und auf jeden Fall so bunt wie seine Klamotten. Und sie würde irgendwo in wärmeren Gefilden angesiedelt sein als in dem trüben Kiel, das unter der frostigen Kühle die Erinnerung an einen heißen Sommer erfrieren ließ.

Sie trafen, mochten und liebten sich, ein kurzes Aufwallen der Gefühle beim One Night Stand, und ... Rattenfänger bekam den lächerlich kleinen Konsumentenkredit auf das bloße Versprechen nach einer guten Short Story ... doch die gab es nicht, sie musste sich erst entwickeln, bis aus einem faulen Kredit ein gesichertes Darlehen werden konnte.

Irgendwann in einem meiner früheren Leben lernte auch ich den Rattenfänger kennen. Wir trafen uns im „Engel Gabriel“, meiner damaligen Stammkneipe, die von einem Griechen bewirtschaftet wurde, der nach Mitternacht die Gäste freihielt. Dort trafen sich Verrückte aller Couleur, man konnte quatschen und Ouzo trinken oder Sambuca, und, wenn Tzaki, der Wirt, die Gitarre holte, auch tanzen. Rattenfänger war blank, und er verkaufte mir die Geschichte für ein paar Runden, die ich ihm ausgab.

Es liegt kein Copyright auf der Geschichte, deshalb kann ich sie hier posten. Ich schätze, dass sie kein einziges wahres Wort enthält – somit sind Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen rein zufällig.

Die Jagd nach der Story

Irgendwie hab ich mir das ja auch so gedacht, ich renne durch die Welt, suche nach einer Geschichte für dich ... und es ist so unheimlich heiß hier, bin fast in einen Kaktus getreten, weil mir der Schweiß in die Augen rinnt ...
Ach so, wir sind grade auf Oahu, einer Insel zwischen San Francisco und Honolulu - und nirgends, weder am Strand von Waikiki noch an den Hängen der erloschenen Vulkane Punch Bowl und Tantalus, ist auch nur die Spur einer Geschichte zu sehen.

Plötzlich sehe ich sie, unter den Badegästen, die aus einem der zahlreichen Hotels strömen. Sie fällt auf, nicht nur hier; alle Köpfe drehen sich nach ihr um - man möchte nicht glauben, dass diese auffallende Erscheinung einmal ein junges gutaussehendes Mädchen war, unbeschwert, lustig. Mein Jagdfieber ist erwacht - es gibt keine Geheimnisse - nicht für mich, denn die Geschichte muss her!

Okay, sie ist am Heulen, so was von verzweifelt, dass es mir nicht schwer fällt, mich mit einem angebrauchten Tempo einzuschleimen.

"Oh Gooooottttt", schluchzt sie auf und rüsselt erst mal in das Tempo. "Mir ist ja soooooooo schlecht", kommt es rülpsend aus dem einstmals sicher ganz hübschen Mund.

„Na gut“, denke ich, „sicher kleiner Kater vom Saufen, da hat schon mancher schlimmer ausgesehen am nächsten Morgen“. Ich mache eine kurze Bemerkung in dieser Richtung - sie nimmt es gleich übel.

"Kaaaater???" faucht sie entrüstet.

„Na ja, kann mal passieren, im Urlaub haut man schon mal über die Stränge. Du hast doch Urlaub, oder?“

"Urlaub?" blafft sie zurück. "Du Armleuchter! Ich muss hier arbeiten, in einer miesen kleinen verlausten Bankfiliale. Vorher, ja, da war ich Azubi in Kiel, bei einer ersten Adresse!"

Nun ist das Erstaunen auf meiner Seite ... ich meine mit ihrem Aussehen, wenn sie mal nicht am Heulen ist ... also grade gewachsen, um die 17 Jahre alt, hübsches kastanienbraunes Haar (getönt) und grün-braune Augen, und sie schaut ja nicht grad blöd aus. Aber warum ist sie hierher strafversetzt? Wie konnte das nur geschehen? Ich beschließe, dieses Problem sofort zu klären und frage Chrissy, so heißt das Mädchen nämlich, nach den Hintergründen.

"Ganz einfach", sagt sie mir, "ich war in Old Germany ganz gut drauf, machte so meine Bankerausbildung und dachte an nichts Schlimmes. Also am Tag durchgequält und abends Party, logo! Kein Wunder, immer mal 'ne Flasche Asti Cinzano und der Mond konnte so schön lachen. Aber irgendwann hab ich so einen richtigen Dämlack getroffen, ich glaub Rattenfänger oder so ähnlich, war schon so'n verrückter Name ... hätte ich schon stutzig werden müssen."

Nun bin ich zwar nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen ... aber könnte es nicht sein, dass mich Chrissy plötzlich erkennt, wenn sie mal aufhört zu heulen und wieder klar sieht? Ich lasse mir nichts anmerken und frage ganz harmlos: „Wieso? Was war denn mit dem Typen?“

"Also ich kann dir keinen Vortrag halten, aber wenn du etwas Ahnung vom Bankwesen hast...?"

„Na mach schon, werd's schon verstehen“, muntere ich sie auf.

"Ja, er hat einen Kredit-Antrag gestellt bei mir, als Sicherheit Geschichten angeboten ..."

„Und?“, frage ich ganz erstaunt, „was hat das mit deiner Strafversetzung zu tun?“

"Ich hab gedacht er sei ehrlich, meinte er wäre zuverlässig, glaubwürdig. Nahm an, er habe einen ausgewogenen Charakter und sei vertrauenswürdig. Soweit ich es damals konnte, habe ich seinen Leumund gecheckt und es schien alles in Ordnung zu sein."

„Ach du heilige Schiete!“, entfährt es mir unwillkürlich. „Und das hast du geglaubt? Dem?“

"Ja", raunzt mich Chrissy an, "ich hab ihn doch nur ganz kurz gekannt vorher ... und so was hatten wir in der Ausbildung wirklich noch nicht, nicht so extrem *heul*."

Mir ist sofort klar, wie sich das dann abgespielt haben musste. Der FD hatte mich noch mal durchgecheckt: es lag an der Person des Antragstellers, an meiner Person. Chrissy hatte gutgläubig meinem Antrag stattgegeben, obwohl doch die persönliche Kreditwürdigkeit bei mir überhaupt nicht vorhanden war. Und die persönliche Kreditwürdigkeit ist ja eine unbedingte Voraussetzung einer möglichen Darlehensgewährung. Tja, dann nahm das Schicksal seinen Lauf ... Chrissy geschasst, strafversetzt in dieses lausige Nest in der Südsee.

"Bist du etwa dieser blöde Rattenfänger? Ich glaube ich erkenn dich wieder! Dir ist also mein Schicksal ganz egal, wenn du nur zu deiner blöden Story kommst, ja?"

„Ich bin doch nicht Rattenfänger! Seh ich so aus? Also hör mal, ja! Und außerdem, die Geschichte muss ja nicht so aufhören. Erzähl du doch mal, wie das nun weitergehen soll? Ich spendier mal eben 'ne Flasche Asti Cinzano und dann beim Süffeln finden wir schon einen Ausweg, okay?“

"OK du Blödmann! Also so einen guten Schluck kann ich natürlich nicht ablehnen ... ähmmm, krieg ich die Flasche als Andenken, wenn sie leer ist?"

Ist schon geritzt, Chrissy, kannst sie haben, ich hätte sie ja eh weggeschmissen.

Die Rache
Wo kommt die Stille her? Warum ist alles so weiß? Wieso bin ich nicht in meinem Bett? Und wie riecht er hier überhaupt? Ein fremdes Zimmer ... ein Krankenhauszimmer! Und diese wahnsinnigen Kopfschmerzen. Ich fasse an meinen Hinterkopf und fühle eine Riesenbeule. Da geht auch schon die Tür auf und eine dunkelhäutige Schönheit in Schwesterntracht schaut mich aufmunternd an.

„Na, endlich aufgewacht? Wir waren schon etwas besorgt, aber zum Glück ist die Schädeldecke heil geblieben. Warum müssen sich diese Ausländer hier immer prügeln, wo es doch so schön in unserem Land ist?“

"Ich habe mich sicher nicht geprügelt", sage ich, "ich weiß nur, dass ich mit einer netten Bekannten aus Deutschland ein wenig Sekt am Strand getrunken habe ... ich gab ihr noch als Andenken die leere Flasche mit, als wir uns verabschiedeten. Sagen Sie mal, Schwester, können Sie mir einen Gefallen tun?"

„Es kommt darauf an ... was soll es denn sein? Also hier raus lassen darf ich Sie nicht. So zwei bis drei Tage müssen Sie schon rechnen bei einer Gehirnerschütterung. Aber sonst, gerne wenn ich kann.“

"Na ja, also es ist mir zwar etwas peinlich, aber mir fehlt ein Stück Film. Ich weiß nicht mehr, wie das passiert ist. Könnten Sie mal hier in der Bankfiliale nach einer Chrissy fragen? Vielleicht kann sie zur Aufklärung der ganzen Sache etwas beisteuern.“

„Ja, das wird sich machen lassen. Wenn ich diese Chrissy finde, dann frage ich sie mal, ob sie noch etwas mehr weiß.“

Es scheint schon nachmittags zu sein, nach den schrägen Sonnenstrahlen zu urteilen, die durch das Fenster fallen. Ich muss also doch eine ganze Weile geschlafen haben. Wovon bin ich aufgewacht? Da höre ich plötzlich ein leises Klopfen an der Zimmertür.

"Ja? Was gibt’s denn? Immer herein", rufe ich.

Ganz langsam geht die Tür auf ... nur einen kleinen Spalt erst, dann etwas mehr, und ich kann nichts erkennen in dem dunklen Flur hinter der Zimmertür. Plötzlich sehe ich einen kastanienbraunen Haarschopf, und darunter ... das Gesicht von Chrissy! Sofort geht es mir wieder besser und ich will schon aufspringen, als ich wieder diesen puckernden Schmerz im Kopf verspüre und eine unangenehme Übelkeit. Wird wohl stimmen mit der Gehirnerschütterung.

"Hallo Rattenfänger!", ruft sie mit fröhlicher Stimme. "Ich bin ja so froh, dass dich jemand am Strand gefunden und hierher gebracht hat. Hätte mir ja vielleicht doch etwas leid getan, wenn du da gestorben wärst und die Geschichte zu so einem traurigen Ende gekommen wäre."

„Wie nun? Weißt du etwa, was passiert ist? Warum hat mich jemand am Strand gefunden? Bin ich überfallen worden? War ich so besoffen? Was ist denn eigentlich passiert? Wir haben uns doch ganz nett unterhalten, und der Sekt hat uns auch sehr gut geschmeckt. Ich weiß nur noch, dass du allein nach Hause wolltest und dass ich dir noch die leere Flasche als Andenken mitgegeben habe. Danach fällt mir nichts mehr ein ... bis heute morgen.“

„Da kann ich dich ja ganz schnell aufklären, Rattenfänger. Ich habe schon die ganze Zeit überlegt, wie ich mich an dir rächen kann, nur habe ich mir das nicht anmerken lassen. Wenn du wüsstest, was mir alles durch den Kopf gegangen ist.
Na gut, ich hätte dich vielleicht mit meinem Slip erwürgen können ... aber bei euch Männern weiß man ja nie, ob es dir nicht noch Spaß gemacht hätte? Und als ich dann die leere Flasche in der Hand hielt, war alles klar. Ich bin dir heimlich nachgegangen, als du so fröhlich am Strand Richtung Heimat liefst ... und dann hab ich dir von hinten die Flasche über den Kopf gehauen! Mann war das ein Gefühl! Chrissy verarscht man nicht, nicht ungestraft! ...
Aber heute morgen hatte ich doch Gewissensbisse und bin noch vor dem Frühstück zum Strand runter ... und da warst du weg. Als nun die Krankenschwester auftauchte und mir von dir erzählte, war ich doch froh und bin gleich her. Also lass uns einen Strich ziehen ... nun sind wir quitt, oder?“

Ich blinzle Chrissy an, durch die Übelkeit sehe ich alles ein bisschen verschwommen. Sie hat mir die Flasche über den Kopf...? Starkes Stück! Ich hätte ja dabei drauf gehen können! Andererseits ... vielleicht habe ich ihr ja die ganze Zukunft versaut ... und sie ist doch noch so jung und ehrgeizig und voller Pläne. Als ich mir dann vorstelle, wie sie mich mit ihrem Slip zu erwürgen versucht, muss ich grinsen! So ein Aas aber auch, die Kleine!

“Also ok, Chrissy. Wir sind quitt jetzt. Wäre ich tot, könnten wir ja nicht mehr darüber reden, aber nun haben wir uns ausgesprochen und ich schätze, dass du aus deiner Sicht gute Gründe hattest, mich aus dem Wege zu räumen. Schließen wir also Frieden miteinander. Wenn ich hier raus bin, fahre ich sowieso wieder nach Deutschland zurück, und dann werden wir uns ja nicht so schnell wieder über den Weg laufen und keine Gelegenheit mehr haben, uns gegenseitig Gemeinheiten anzutun. Allerdings ... etwas schade ist es ja, wenn du hier nun versauern musst. Vielleicht kann ich dir ja noch behilflich sein, aus diesem Kaff hier wieder raus zu kommen? Denk mal drüber nach ... bist ja eigentlich ne ganz Nette!“

„Ja ist gut, Rattenfänger. Ich denk drüber nach ... mal sehen ... und irgendwie geht das Leben ja immer weiter ... außer deinem Leben, wenn du mich noch mal so in die Scheiße reinreitest nur wegen so 'ner blöden Geschichte. Gute Besserung einstweilen ... Ciao!“

Ja, da liege ich nun wieder allein. Und denke nach. Über das Leben, über das Schicksal, über den Hass und die Liebe, über die Bankkauffrauen und über Chrissy ... und mit einem Lächeln um die Mundwinkel schlafe ich wieder ein.

Die Rehabilitierung
"Moin, moin, der FD schon in seinem Zimmer?" sage ich zu dem Fischblut hinter dem Schreibtisch. Und denke bei mir: "Warum sich die hässlichsten Weiber immer so schminken müssen? Und ein Blond, na da kann einem ja alles vergeh’n!"

„Moin, wer sind Sie denn, wenn ich fragen darf? Was wollen Sie von ihm? Und überhaupt, sind Sie angemeldet? Wir sind ja hier schließlich nicht bei ALDI, wo jeder einfach reinspaziert, sondern in einer Bank ... und ich bin die Chefsekretärin, klar Mann?“

„Ich bin der Rattenfänger aus Storyland, wir hatten ’nen Termin vereinbart. Und es gibt Termine, die kennt nicht mal ne Chefsekretärin, Sie kleine Schlingeline, und nun rufen Sie mal durch und teilen Ihrem Chef mit, dass ich hier bin ... sonst haben Sie schneller 'ne Strafversetzung am Hals als Sie denken. Da können Sie gleich Ihrer Azubi Chrissy Gesellschaft leisten.“

„Ach der sind Sie! Schon von Ihnen gehört. Na ich melde Sie mal eben an, geht schon in Ordnung. Übrigens, bleiben Sie länger hier in Kiel oder müssen Sie gleich wieder weiter?“

"Nö, wollte mich nicht lange hier aufhalten ... hab viel zu tun, wissen Sie? Worum geht’s denn, kann man hier was verpassen?“

„Ich dachte, wir könnten mal ne Tasse Kaffee zusammen trinken nachher. Ich habe zeitig Feierabend ... und ne kleine lustige Story zum Kaffee ... Sie sind doch der Geschichtenerzähler, stimmt’s?“

„Ich denk drüber nach, wenn ich mit Ihrem Chef gesprochen habe. Mal sehen, ob wir da drinnen zu einem Ergebnis kommen, vielleicht komme ich ja auf Ihre freundliche Einladung zurück.“, quäle ich mir ab.

Also bis jetzt läuft es ja ganz gut. Gesetzt den Fall, ich komme mit diesem Ekeltypen da drinnen, der Chrissy in die Wüste geschickt hat, nicht zurecht, dann muss ich mir natürlich was anderes einfallen lassen. Und Blondie da draußen macht mir ganz den Eindruck, als könnte sie ihren Chef in die Tasche stecken, wann immer sie es will - sie hat so was an sich. Dann muss ich da eben durch und mit ihr Süßholz raspeln, um hintenrum ihren Chef zu der von mir angestrebten Entscheidung zu veranlassen. Na ja, für Chrissy würde ich das Opfer schon auf mich nehmen ... aber igittigitt ... sie ist ja so grottenhässlich und hat 10 Kilo Schminke drauf, das blonde Gift.

„Tach Rattenfänger, nett dass Sie gekommen sind. Also Sie haben jetzt soweit alles vorbereitet, dass Sie mich von meiner Fehlentscheidung überzeugen können, ja? Dann lassen Sie mal sehen. Wenn es stimmt, dass Sie die versprochene Geschichte für Chrissy geschrieben haben, dann habe ich mich natürlich in der Einschätzung Ihrer Persönlichkeit geirrt, dann müsste ich meine Entscheidung rückgängig machen.!“

"Kein Problem", sage ich und reiche ihm cool die Addi des POP3-Servers rüber. "Geh'n Sie mal an Ihren Rechner und rufen Sie die Mails ab, da werden Sie die Bestätigung finden! Und damit Sie gleich im Bilde sind ... unser Gespräch hier wird Inhalt meiner dritten Geschichte werden ... also was wir hier bereden, geht voll ins Internet - ab durch die Kupfernetze und Glasfaserverbindungen.“

Ich weiß ja nicht, kann der Typ nicht lesen, oder warum braucht der so lange? Aha, jetzt schmunzelt er - ist schon mal ein gutes Zeichen. Bin gespannt, ob er wirklich zu dem steht, was er versprochen hat. Also die Geschichten sind ja Fakt, und da ich meinen Verpflichtungen nachgekommen bin, hat Chrissy auch keinem faulen Kredit eingefahren! Es war zwar nur ein Geschichten-Kredit, aber sie ist ja auch noch in der Ausbildung.

„Tja, es sieht wohl so aus, dass ich mich revidieren muss, Rattenfänger. Nun sagen Sie mir nur noch, wie es dazu gekommen ist? Anfangs hatten Sie doch wirklich den Eindruck eines windigen unzuverlässigen Burschen auf mich gemacht; dass Chrissy das nicht gemerkt hat, ist eine andere Sache ... aber ich hatte tatsächlich zuverlässige Informationen eingeholt, auch bei der Geschichten-Schufa gab’s da Einträge.“

„Das ist schnell erklärt, Chef. In meiner Vergangenheit gibt’s da ein paar dunkle Punkte, und so richtig überzeugt war ich auch zu Anfang nicht, dass ich was schreiben würde. Ging doch nur um so'n dummes Gerede ... wer nimmt so was schon ernst? Aber schließlich hab' ich mir gedacht, dass es ja vielleicht ganz lustig sein könnte, das Geschichtenschreiben, und allmählich macht es auch Spaß ... und Chrissy ist ein Mädel, dass man nicht so einfach hängen lässt, da kann sie ziemlich eklig werden, und das wollte ich dann auch nicht. Also wie ist es, kann Chrissy wieder zurück und ihre Ausbildung hier fortsetzen?“

„OK, ich lass sie wieder zurück kommen. Müsste mich sogar bei ihr entschuldigen, aber das mache ich aus Prinzip nicht, sonst trägt sie die Nase zu hoch. Sie soll erst ihre Ausbildung ordentlich abschließen. Ich geb die Anweisung gleich raus und lass ihre Reisepapiere ausstellen. Zufrieden?“

„Geht in Ordnung, danke sehr, faire Entscheidung von Ihnen. Wird sich das Mädel ja freuen, dass die Zukunft doch nicht versaut ist. Dann ist sie zwar wieder in Deutschland und es kann sein, dass wir uns wieder mal über den Weg laufen. Doch ich schätze, sie wird mir dann nichts mehr nachtragen, wo ich alles wieder grade gerückt habe. ... Übrigens, warum hat Ihre Sekretärin da draußen eigentlich keine Unterwäsche an?“

Es ist für mich immer wieder schön zu beobachten, wie veränderungsfähig die Farbe der menschlichen Gesichtshaut ist. Aus dem noch immer etwas bräunlichem Teint von der letzten Urlaubssonne wechselte die Farbe allmählich in ein Aschgrau, dann war die Farbe völlig weg, kalkweiß, um allmählich über verschiedene Rottöne ins leicht Violette umzuschlagen.

„Woher wissen Sie denn das? Hat sie es Ihnen etwa ....? Aber nein ... das glaube ich nicht!“

„Ich wusste es nicht, Chef, aber jetzt weiß ich es, danke. Ich hatte nur so eine Vermutung. Also, wenn das mit Chrissy nicht klappt, Sie wurden soeben gefilmt. Hier schauen Sie mal: eine niedliche kleine Kodak, ganz neu und speichert komplette Videosequenzen. .... Und Tschüss.“

„Hallo Rattenfänger, hat ja gar nicht so lange gedauert beim Chef. Wie sieht’s denn aus mit der Tasse Kaffee? Und sind Sie zufrieden mit dem Gespräch?“, empfängt mich Blondie.

„Also das mit dem Kaffee müssen wir verschieben, ich muss ganz dringend wieder zurück, hat sich so ergeben. Übrigens, Ihr Chef hat mir erzählt, dass Sie keine Unterwäsche anhaben? Bei dem kühlen Wetter hier, und an der Küste, na ich weiß ja nicht.... bye erst mal, ja?“

Uff, das wäre also geschafft. Schnell raus, noch mal die Farbpalette rauf und runter auf Blondies Gesicht mute ich mir nicht mehr zu. Ich hoffe nur, dass Chrissy sich nicht schon an das milde Klima auf Oahu gewöhnt hat, denn hier im tristen Winterwetter muss man schon gut drauf sein, um nicht in trübe Gedanken zu verfallen. ...

 

Hi Pied,

eine alles in allem etwas langatmige Geschichte, die sich zwar flüssig liest, an einigen Stellen aber stark gekürzt werden könnte.
Stilistisch gibt es wie immer nichts zu meckern.


Irgendwann in einem meiner früheren Leben lernte auch ich den Rattenfänger kennen

Später schreibst Du aus der Sicht des Rattenfängers. Das ist etwas verwirrend. :confused:

Auch wenn ein solcher Kredit nie gewährt werden würde, und Auszubildene keine Kredite vergeben dürfen und schon gar nicht vernannd werden, finde ich die Idee zu der Story ganz gut. Die Umsetzung überzeugt mich aber nicht so richtig.

Auf jeden Fall bin ich schon gespannt auf die nächste Pied-Pieper-Story. :D

Gruß
Jörg

 

Hallo Jörg,

da hast Du ja was ausgegraben ;).
Dieser Perspektivwechsel ist nur so eine Art Kunstgriff. Ratte hat mir, Pied, die Story für ein paar Runden Bier vermacht - er war halt wieder mal blank. Ich poste die Story natürlich so, wie sie Ratte erzählt hat, d.h. in Ich-Form aus Rattenfänger-Sicht, nicht aus Pied-Sicht.

Tja, die Länge; zunächst gabs da nur den Teil "Die Jagd nach der Story". Dann wollte Chrissy mehr und schließlich noch 'ne Verlängerung. Und zum besseren Verständnis musste dann noch die Einleitung her :D.

Deine inhaltliche Kritik, Azubis betreffend, ist schon richtig; doch hier handelt es sich um reine "Spinnerei", nämlich als Sicherheit für die Bank das Versprechen auf eine Story. Hm... da kommt vielleicht die Doppelbödigkeit nicht so raus, wie ich es gewollt habe.

Auf jeden Fall danke für Deine kritische Betrachtung. Die Geschichte hatte ein gewisses "Eigenleben" vor ein paar Jahren und war einer meiner ersten Versuche hier auf KG.de.

Gruß PP :)

 

He Pied,

Deine inhaltliche Kritik, Azubis betreffend, ist schon richtig; doch hier handelt es sich um reine "Spinnerei", nämlich als Sicherheit für die Bank das Versprechen auf eine Story. Hm... da kommt vielleicht die Doppelbödigkeit nicht so raus, wie ich es gewollt habe.

Hier hast Du mich falsch verstanden. Die Idee fand ich gut, auch wenn es nicht realistisch ist.

Gruß
Jörg

 

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