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Adrian der Klops

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02.06.2018
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Adrian der Klops

Adrian joggte durch den Park, ein Teil seines allmorgendlichen Programmes. An den Büschen lugten die ersten grünen Knospen hervor. Der Frühling wacht auf, dachte er, in seinen Ohren pochten die Herzschläge.

Adrian war dick. Oft tat ihm das Gehen weh, beim Schuhe zu binden war ihm sein gewaltiger Bauch im Weg. Wenn er die Toilette aufsuchte, bereitete ihm das Abwischen jedes Mal Mühe. Bisher hatte er noch keine Freundin gefunden, mit Adrian dem Klops, wie sie ihn alle nannten, wollte keine etwas zu tun haben.
Seit einigen Wochen überlegte er, einen Job auf einer Ölplattform oder als Ranger in einen der kanadischen Nationalparks anzunehmen. So richtig konnte er sich nicht entscheiden. Zumindest sollte der neue Job weit weg von Supermärkten, Imbissketten und Fastfood-Restaurants sein. Ein Jahr Ölplattform oder in der kanadischen Wildnis und er würde wie verwandelt in die Welt zurückkehren.
Jeden Morgen streifte er sein BATMAN-T-Shirt über, drehte eine beschwerliche Runde durch den Kilometerweg des Stadtparkes. Der Kilometerweg hieß so, weil er genau einen Kilometer lang war, zwei rot-weiß gestreifte Poller markierten die jeweiligen Enden.

Um zu verhindern, dass seine Oberschenkel wundscheuerten, trug er eine gepolsterte Radlerhose. Ein zusammengerolltes Handtuch, hinten in den Radlershorts, sollte verhindern, dass ihm der Schweiß in die Poritze lief. Die Joggingjacke, über dem schweißdurchtränkten T-Shirt, klebte am Körper. Japsend erreicht er sein Ziel, den Poller am Ende des Kilometerweges und stützte sich daran ab. Mit schweißnassen Fingern zog er das Handy aus der Joggingjacke und tippte auf die Timer-App. Zwanzig Minuten, er wurde immer langsamer. Am Ende schlich er nur noch, war kaum schneller als gebrechlicher Greis.

Er spürte ein Stechen in den Knien, dass sich über die Oberschenkel in den Bauchraum ausbreitete. Vielleicht sollte er sich ein paar Tage Ruhe gönnen, um den geschundenen Körper eine Chance auf Erholung zu gönnen.

Eine Spaziergängerin mit einem kleinen Mädchen an der Hand gingen an ihm vorbei, kurz darauf drehte sich das Mädchen um. «Mama, weißt du warum der Mann so stinkt?» Die Antwort der Mutter verstand Adrian nicht, aber die Frage des Kindes gab ihm einen Stich ins Herz.

Den Weg nach Hause war er sonst immer mit der Straßenbahn gefahren, diesmal beschloss er zu laufen.
Auf dem Fußweg, in den Parterrebereichen der mehrstöckigen Miethäuser befanden sich kleine Ladengeschäfte, wie Friseur, Bäcker, Zeitungsladen. Vor dem Schaufenster eines Sportstudios blieb er stehen, ein athletischer Kerl rannte schwungvoll über ein Laufband. Adrian schaute ihm eine Weile zu, zu den Schmerzen in den Knien, dem Stechen in der Seite, gesellte sich jetzt ein Reißen im Rücken.

Er schleppte sich weiter, am Ende der Straße erblickte er Werbung an einer Fassade. «EMS-Training hier! Fett in Muskeln umwandeln, ganz einfach!»

Den Eingang des EMS-Trainingsstudios ließ er vorerst links liegen, eine Viertelstunde später kroch er die Treppen zu seinem Apartment in der fünften Etage hoch, schälte sich aus den verschwitzten Kleidern.
Duschte, seifte seinen mächtigen Bauch ab, walkte Fleischmassen. Seine Haut, sonst von einer schweinchenrosa Färbung, erstrahlte heute feuerrot.
Er zog sich neue Kleidung an, Jeans mit Gummibund und hellblaues T-Shirt, schlüpfte in eine weite Fleecejacke. Vor der Garderobe standen zwei Pappkartons, einer mit Schokoriegeln, der andere war mit Gummibärchenentüten gefüllt. Diesmal widerstand er der Versuchung, schloss die Wohnungstür ab, ging an der Aufzugtür vorüber und lief die Treppen herunter.

Das EMS-Trainingsstudio befand sich in der neunten Etage eines Hochhauses, die Aufzugtür schloss sich gerade, Adrian, außer Atem, quetschte sich noch schnell hinein. «Puh, ist das eng», sagte die einzige Person in der winzigen Kabine, ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, obwohl sie versuchte, streng zu blicken. «Das Problem liegt an den zu kleinen Aufzügen, ich versuch den Bauch einzuziehen», feixte er zurück, musterte seine Mitfahrerin. Mittelgroß, ausgeprägte Rubensfigur, fülliger Vorbau, dunkelblond. «Das Problem liegt nicht am Aufzug. Bestimmt in die neunte Etage», sie lachte, deutete mit dem Finger nach oben. «Yepp», erwiderte er. «Bischen Fett verbrennen. Bist du das erste Mal hier?» Adrian nickte. «Eigentlich will ich nicht Fett verbrennen, sondern Muskeln aufbauen.» «Ich auch, aber nur wegen Muskelaufbau», sie grinste, der Aufzug hielt in Etage neun..

«EMS bedeutet elektronische Muskelstimulation, da müsst ihr euch nicht mit Hanteln, Kraftsportstationen und Laufbändern herumquälen. Ihr werdet verkabelt und mit kleinen Stromschlägen bearbeitet. Ist ähnlich wie Reizstrom und kribbelt ein wenig», erklärte die Trainerin, eine drahtige junge Frau, Mitte zwanzig. Adrian und Lisa, so hieß die Rubensfrau aus dem Aufzug, wie sie beim Ausfüllen des Anmeldeformulars verriet, stimmten einem Schnuppertraining zu.

Nachdem er sich in das Sportzeug, ein schwarzes T-Shirt und eine gleichfarbige, oberschenkellange Hose hineingequält hatte, begegnete er im Sportraum Lisa. «Die größte Größe war 3 XXL, hab kaum reingepasst», jammerte sie. Ihr fülliger Vorbau kam jetzt trefflich zur Geltung, wie Adrian mit Wohlwollen feststellte. «Stimmt, 3 XXL ist viel zu klein», gab er zurück, versuchte sein T-Shirt über den hervorquellenden Bauch zu ziehen, was aber misslang.
Nach dem viertelstündigen Training, er fühlte sich noch genauso dick und schwer wie vorher, bekam weder Atemprobleme noch Seitenstechenstechen, entfernte die Trainerin die Kabel mit den Elektroden von Adrians Körper.

Im Anschluss lud er Lisa, zu einem Eiweißshake in die Studio-Bar ein.

Er erfuhr, dass sie als Büromanagerin in einer Heizungsbaufirma arbeitet, dort den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt.
Sie klagte ihm ihr Leid, das sie viel zu dick sei und am liebsten einen Job auf einer Ölplattform oder als Rangerin in einen der kanadischen Nationalparks annehmen würde. So richtig könne sie sich nicht entscheiden. Zumindest sollte der neue Job weit weg von Supermärkten, Imbissketten und Fastfood-Restaurants sein. Ein Jahr Ölplattform oder in der kanadischen Wildnis und sie würde wie verwandelt in die Welt zurückkehren. Schlank und grazil.

Sie unterhielten sich lange, Lisa schaute ihn an. „Bei dir habe so ein komisches Kribbeln im Bauch. Spürst du es auch?“ „Yepp“, brummte Adrian, spürte wie sein Blut in den Kopf stieg. Sie gefiel ihm.
Zum Abschied tauschten beide ihre Telefonnummern aus, Lisa gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange.

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Abend @ulf1,

du erzählst die Geschichte des dicken Adrians, der sich zum Joggen zwingt, um abzunehmen. Als ein kleines Mädchen einen verletzenden Kommentar zu seinem Körpergeruch macht, macht er eine Transformation durch. Er läuft nach Hause, anstatt die Straßenbahn zu nehmen und geht das erste Mal zum EMS Training. Dort trifft er dann eine Frau, die ihn auf Anhieb gut findet und ihm ähnlich ist und du deutest an, dass sie sich verlieben.

Mir hat deine Geschichte leider nicht gefallen, weil es alles so vorhersehbar war. Der dicke Mann, der sich verändern will und dann im Fitnessstudio seine große Liebe trifft. Tja, ich weiß ja nicht. Dabei finde ich, dass du gut schreiben kannst, ich konnte mich gut auf deinen ruhigen Erzählton einlassen. Allerdings hat für mich der Inhalt nicht gepasst. Wie kannst du das verbessern? Ich versuche dir einen Impuls aus Lesersicht zu geben, der sich auf meinem subjektiven Erleben begründet. Meiner Meinung nach wäre es wichtig gewesen, das Leid und den Schmerz von Adrian stärker zu betonen und den Text atmen zu lassen. Ich müsste erst einmal eine Verbindung zu ihm aufnehmen können und wenn das geschehen ist, dann kommt die Szene mit dem Kleinen Mädchen. Da ich seinen Kampf und seine Anstrengungen nachempfinden könnte, würde ich dann auch diese Stelle als sehr viel dramatischer wahrnehmen. Für mich fehlt momentan die Bindung zu deinem Protagonisten, das ging mir alles zu schnell. Einen weiteren Punkt, den ich ansprechen möchte: Die Geschichte hat sich für mich nicht realistisch gelesen. Adrian tut schon beim Gehen weh, aber er joggt trotzdem jeden Tag einen Kilometer? Er geht das erste Mal ins Studio und trifft seine große Liebe, die ihm dann auch noch total zugetan ist?

Ich gehe in der Textarbeit vertieft auf meinen geschilderten Leseeindruck ein:

An den Büschen lugten die ersten grünen Knospen hervor. Der Frühling wacht auf, dachte er, in seinen Ohren pochten die Herzschläge.
Ich finde den Einstieg durchaus vielversprechend. Du startest direkt mit der Szene und mir hat die Interaktion zwischen Umwelt und deinem Prota gefallen.

Adrian war dick. Oft tat ihm das Gehen weh
Hier beschreibst du, dass ihm das Gehen oft wehtut. Allerdings folgt dann das hier:

Jeden Morgen streifte er sein BATMAN-T-Shirt über, drehte eine beschwerliche Runde durch den Kilometerweg des Stadtparkes.
Jeden Morgen zwingt er sich zu laufen. Bei so viel Willenskraft wundert es mich, dass er es nicht schafft, seine Ernährung umzustellen. Das passt für mich nicht zusammen. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass er das eine Woche ausprobiert (wenn überhaupt) und dann in ein tiefes Loch fällt, weil eine echte Veränderung eben schwierig ist und nicht einfach so bewerkstelligt werden kann.

Am Ende schlich er nur noch, war kaum schneller als gebrechlicher Greis.
Kleinigkeit: "als ein gebrechlicher Greis".

«Mama, weißt du warum der Mann so stinkt?» Die Antwort der Mutter verstand Adrian nicht, aber die Frage des Kindes gab ihm einen Stich ins Herz.
Plötzlich kommt dieser Wendepunkt, der doch extrem schmerzhaft ist. Da ist mit der "Stich ins Herz" einfach zu wenig. Meiner Einschätzung nach müsstest du diesen zentralen Konflikt ausschmücken. Hier sehe ich auch noch Potential für deine Geschichte, weil ich das als Leser einerseits interessant finde und andererseits könntest du so seine Persönlichkeit weiter vorstellen.

Duschte, seifte seinen mächtigen Bauch ab, walkte Fleischmassen.
Er "walkte" seine Fleischmassen? Kenne den Begriff nur bei der Lederverarbeitung und bin darüber gestolpert. Was wolltest du damit ausdrücken? Ich konnte da nicht folgen.

Sie klagte ihm ihr Leid, das sie viel zu dick sei und am liebsten einen Job auf einer Ölplattform oder als Rangerin in einen der kanadischen Nationalparks annehmen würde.
Natürlich hat sie die gleichen Vorstellungen wie Adrian am Anfang. Das finde ich nicht plausibel und hat mir dementsprechend nicht gefallen.

„Bei dir habe so ein komisches Kribbeln im Bauch.
Liebe auf den ersten Blick, ich finde, dass das zu kitschig ist. Mein Vorschlag wäre, dass du die Beziehung langsamer erzählst. Nach und nach entfaltet sich eine erste Annäherung. Denn vorher schreibst du ja, dass Adrian bislang noch keinen Erfolg bei Frauen hatte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dann die entsprechende Selbstsicherheit ausstrahlt, um so einen Eindruck bei ihr zu machen, wie du es hier beschrieben hast. Mein Bild von ihm ist eher so, dass er gar nicht damit umgehen kann, wenn eine Frau ihn gut findet, weil er eben durch sein Übergewicht so sehr an sich zweifelt.

Mich hat deine Geschichte nicht überzeugen können, weil mir das zu schnell geht und mir die Bindung zu deinem Prota fehlt. Gerade das Ende war mir persönlich zu kitschig. Nimm dir raus, was du brauchen kannst.

Beste Grüße
MRG

 

Ich finde den Text nicht schlecht. Ich finde, du machst hier schon einige Dinge richtig. Wie du Adrian beschreibst, Kleinigkeiten/Details aufzeigst, die in seinem Leben eine Rolle spielen. Ich finde, du hast durchaus Talent.

Kritik:

1.

Sie klagte ihm ihr Leid, das sie viel zu dick sei und am liebsten einen Job auf einer Ölplattform oder als Rangerin in einen der kanadischen Nationalparks annehmen würde. So richtig könne sie sich nicht entscheiden. Zumindest sollte der neue Job weit weg von Supermärkten, Imbissketten und Fastfood-Restaurants sein. Ein Jahr Ölplattform oder in der kanadischen Wildnis und sie würde wie verwandelt in die Welt zurückkehren. Schlank und grazil.
Nee! Das ist viel zu viel - auch sehr unglaubwürdig, es liest sich beinahe wie ein Witz. Würde ich unbedingt ändern

2. Mir ist Adrian im Fitnessstudio viel zu souverän. Er hatte noch nie was mit einer Frau. Er wird so 20 sein schätze, vllt. 18. Dann rede ihn die Dame an und er lädt sie danach auf ein Getränk ein und sie küsst ihn. Mir geht das viel zu schnell. Ich kenne auch adipöse Menschen. Gerade Männer wke Adrian, dieser Schlag, sind „traumatisierte“ Männer, weil sie oft hart gemobbt wurden und von Frauen zurückgewiesen oder nicht beachtet wurden. Jemand wie er hätte große soziale Ängste und vielleicht auch übertrieben kindliche Vorstellungen, was sein Beuteschema bei Frauen angeht. Oft sind das Typen, die gerade deswegen auf dünne Frauen stehen, weil sie es eben selbst nicht sind. Wäre er so souverän und würde er wirklich auch auf dicke Mädchen stehen, hätte er in der Vergangenheit längst mal eine Freundin gehabt. So ist zumindest mein Gefühl

Mir gefällt die Idee der Geschichte jund ich finde, du bist gar nicht weit von deiner Figur entfernt. Gehe gern noch mehr rein, grabe tiefer. Wer ist er? Wie war seine Vergangenheit? Wo liegt sein Schmerz? Wie handelt er daraus resultierend authentisch vor dem Mädchen im Aufzug und wie kann sie ihn verändern?
Auch sie ist mir etwas zu mutig. Mir geht das am Ende alles zu schnell, so einfach ist das im Leben eines Dicken nicht. Gute Idee, bastel noch etwas daran. Dein Schreibstil ist angenehm.

Viele Grüße
zigga

 

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