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Fassade

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19.01.2015
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Fassade

Am ersten Tag des neuen Projekts nahm ich den Bus um 5:36 Uhr. Den würde ich jetzt jeden Tag nehmen, fünf Tage die Woche, sechs Wochen lang, und ich dachte eigentlich nur an das nächste Wochenende, als an diesem neuen Montag mein Wecker zum ersten Mal um 4:30 Uhr klingelte.

An der Bushaltestelle nahm ich nichts wahr. Kein Wetter, keine Menschen, so etwas lernte man in Berlin. Im Bus selbst war ebenfalls alles stoisch. Ich starrte aus dem Fenster. Zwei Kreuzungen hinter meiner fiel mir eine Baustelle auf. Eine komplette Fassade war vollständig mit Planen verkleidet worden, so dass von dem Haus nichts mehr zu sehen war. Ich überlegte, was es dort zuvor gegeben habe. Angestrengt versuchte ich ein Bild dieses Straßenabschnitts aus meinen Erinnerungen zu bemühen. Doch mir fiel nichts dazu ein. Keine Farbe, keine Gardinen, kein Ladengeschäft im Erdgeschoss. Eine Baulücke war es aber nicht gewesen, das wäre mir doch aufgefallen. Genau in dem Moment, als der Bus an der verhüllten Fassade vorbei fuhr, kam ein Mann aus den Planen. Ich konnte dahinter eine Haustür erkennen. Der Mann war jung. Er trug einen schicken, anthrazitfarbenen Anzug mit dunkelblauen Nadelstreifen, eine Seidenkrawatte in einem hellen Pastellton und eine Aktentasche. Als er den Bus sah, begann er zu laufen. Er lief im gleichen Tempo neben dem Bus her, der nicht besonders schnell fuhr im frühmorgendlichen Verkehr und dann auch an einer Ampel halten musste. Der junge Mann im Anzug lief bis zur nächsten Haltestelle immer auf der Höhe des Busses. Dann stieg er ein. Er setzte sich ganz nach vorn, hinter den Fahrer, nahm ein Buch aus seiner Aktentasche und begann zu lesen. Ich saß in einiger Entfernung, schräg hinter ihm, und beobachtete, was er tat. Dann drehte ich mich nach dem Haus um. Das Baugerüst hatte große Teile des Gehwegs zugestellt und so konnte man die Verhüllung der Fassade auch von hier aus noch gut erkennen. Wie ein überdimensional vorspringender Erker sah es im Straßenzug aus.

Nun wusste ich also, dass das unsichtbare Haus bewohnt war, dass hinter dem Fassadenmantel Menschen lebten. Ich schaute wieder auf den jungen Mann. Doch aus meiner Perspektive war nur sein Jackett von schräg hinten und ein Teil seines Buches zu sehen, ohne dass ich erkennen konnte, was er las. Ich war nun wach und aus meiner Lethargie gerissen und schaute weiter aus dem Fenster. Das Kaufhausgebäude unten an der Hauptstraße stand nun schon fast ein halbes Jahr leer und verfiel. An der nächsten Kreuzung war ein neuer 1€-Shop eingezogen. Daneben klaffte ein Loch im Erdgeschoss, wo bis damals noch ein Schlecker gewesen war. Die Gegend verkommt, dachte ich. So schade. An der vorletzten Haltestelle stieg ich aus und um in die U-Bahn. Der junge Mann im schicken Anzug blieb sitzen. Er fuhr also bis zur Endhaltestelle.

Am nächsten Morgen nahm ich wieder den Bus um 5:36 Uhr. Und wieder kam der junge Mann hinter seinem Vorhang hervor, genau, als der Bus auf der Höhe des Hauses war, wieder lief er bis zur Haltestelle neben dem Bus her. Er trug wieder einen Anzug und eine Krawatte, heute in einem ganz dunklen Violettton, er setzte sich hinter den Fahrer. Dieses Mal nahm er eine Zeitung aus seiner Aktentasche, die er zu lesen begann. Ich stellte fest, dass ich ebenfalls auf dem gleichen Platz saß wie gestern.

So vergingen die Tage, an denen ich den Bus um 5:36 Uhr nahm. Der junge Mann kam jedes Mal aus dem Haus, wenn der Bus daran vorbei fuhr, lief ein Stück neben ihm her, stieg dann zu. Dann nahm er etwas zu lesen aus seiner Aktentasche, wobei es jeden Tag etwas anderes war, mal ein dickes Buch, mal ein dünnes, ein Reclam oder ein Hardcover, eine Zeitung, groß oder im Pocketformat, eine Zeitschrift, einmal hatte er ein Buch dabei, das das Format einer Bibel hatte. Und ich rückte jeden Tag ein bisschen näher an ihn heran und beobachtete den jungen Mann, der hinter der verhüllten Fassade wohnte. Ich stellte mir das Leben hinter den Planen wie in Watte wohnen vor. Oder wie in einem Iglu. Oder als sei man bei lebendigem Leib in Tücher und Binden eingeschlagen. Quasi mumifiziert. Oder vielleicht war es wie in einem riesigen Wintergarten, so weit stand das Baugerüst auf dem Gehsteig vor. Ob die Sonne wohl durch die Planen schien? Ostsonne musste es auf dieser Straßenseite geben. Gegenüber lag die Usbekische Botschaft, in einem ehemaligen Offizierskasino der alten Kaserne. Nur halbhoch. Sonne musste es hier schon geben, am Morgen. Doch in diesem Herbstgrau konnte man das nicht sehen. So dachte ich. Und mit jedem Tag war ich gespannter, was sie wohl machen würden, mit der Fassade, in welcher Farbe sie sie streichen würden. Vielleicht auch die Fensterrahmen? Ich wollte sie sehen, die neue, schicke Aufmachung des Hauses. Doch das blieb verpackt.

Und mit jedem Tag rückte ich näher nach vorne, im Bus, an den Fahrer heran, weil ich neugierig war, was er las, der unbekannte junge Mann im Anzug mit seiner Aktentasche. Ich saß nie so, dass ich ihn direkt sehen konnte, aber seine Lektüre gelang es mir hin und wieder zu studieren, von schräg hinter seinem Rücken. Und er las viel. Und schräge Sachen. Er las Charlotte Roche. Dann las er die FAZ. Einmal hatte er eine Autobild dabei. Einmal Tolstoi. Einen Autoren mit spanischem Namen, den ich mir nicht merken konnte. Amerikanische Krimis. Sogar Heidegger! Und Kant. Dann aber auch den Aldiprospekt. Er las 11 Freunde, die brand eins, die Brigitte, die Süddeutsche, die Morgenpost, einmal hatte er eine Gebrauchsanweisung von irgendeinem elektronischen Gerät vor sich, einmal einen Stapel ausgedruckter, dicht betexteter Blätter, einmal ein Notizbuch, in dem etwas Handschriftliches zu stehen schien. Er las Gedichte von Goethe und Kästner, Romane, deren Umschlagblatt ich nicht sehen konnte, und unzählige Autoren, die ich nicht kannte oder erkannte, da er mir leider seine Literaturauswahl niemals direkt zeigte. Einmal hatte er tatsächlich die Bibel dabei. Und jeden Tag trug er eine andere Krawatte.

Natürlich gab es Varianten. Einmal war es so voll im Bus, dass ich durchrücken musste und nur ganz hinten noch einen Stehplatz bekam. Da sah ich nichts, als wir an der verkleideten Fassade vorbeifuhren, außer den speckigen Kragen der Regenjacke meines Stehnachbarn. Einmal hatte der Bus so viel Verspätung, dass nach knapp einer halben Stunde gleich zwei hintereinander kamen. Als wir dann an dem verhüllten Haus entlangfuhren, war ich gerade damit beschäftigt, mit meinem Chef zu telefonieren, um anzumelden, dass ich später käme. Da nahm ich nur am Rande wahr, dass der junge Mann wieder genau in dem Moment aus seiner Fassade kam, als die beiden Busse daran vorbeifuhren. Er hatte also nicht an der Haltestelle gewartet. Er stieg in den anderen Bus. Einmal verschlief ich und verpasste den Bus, knapp zwar, doch ich verpasste ihn. Ich versuchte auch noch zur nächsten Haltestelle vorzulaufen, doch von meinem nackten Eckhaus aus, war das utopisch. Hin und wieder war der Platz, sein Stammplatz, direkt hinter dem Fahrer besetzt. Dann stellte er sich daneben, hielt sich an einer Schlaufe fest und las. Wurde der Platz frei, setzte er sich. Ein einziges Mal setzte er sich auf die andere Seite des Busses, direkt hinter die Tür. Ich wollte ganz unbedingt wissen, was er da las, an diesem besonderen Tag. Doch nun saß ich natürlich genau hinter ihm und sah gar nichts außer seinen Nadelstreifenrücken. Ein bisschen klopfte mein Herz auch, weil ich ihm an diesem Tag so nahe war, wie noch nie zuvor. Und einmal kam er nicht. Der Bus war pünktlich, fuhr auf das Haus zu, daran vorbei und nichts regte sich, die schützenden Planen blieben verschlossen.

Am ersten Wochenende, während des Projekts, schlief ich fast nur und dachte an gar nichts. Am zweiten Wochenende lag ich auch viel im Bett und dachte an den Unbekannten aus dem verhüllten Haus. Am dritten Wochenende stellte ich mir vor, wie auch er Wochenende hätte und was er wohl täte. Vielleicht Dinge wie ich, putzen, einkaufen, den ganzen nervigen Überlebenskram. Vielleicht auch kochen oder Essengehen. Vielleicht joggen oder zu irgendeiner Ballsportart mit Freunden. Und dann fiel mir auf, dass ich keine Vorstellung von seinem Gesicht hatte. Denn nachdem er eingestiegen war, wobei ich ihn immer nur kurz und niemals direkt sehen konnte, nahm er sofort seine Tageslektüre aus seiner Aktentasche und konzentrierte sich ganz auf sie. Sein Gesicht war also immer nur Erinnerung an ein weißes Blatt mit schwarzen Buchstaben. Und dabei blieb es auch. Nicht eine Sekunde hatte ich die Idee oder das Bedürfnis ihn anzusprechen.

An meinem letzten Tag, an dem ich den Bus morgens um 5:36 Uhr nehmen musste, war alles wie immer. Die Fassade war nach wie vor abgehangen, er kam daraus hervor, lief kurz, stieg dann zu. Ich war wieder ein bisschen aufgeregt, weil ich wissen wollte, was er heute wohl lesen würde, an meinem letzte Tag. Der junge Mann setzte sich und holte eine Bildzeitung hervor. Ich war ziemlich enttäuscht, doch versuchte mich mit dem Gedanken zu trösten, dass er ja nicht wissen konnte, dass es unsere letzte gemeinsame Fahrt war. Ich stieg ein letztes Mal an der vorletzten Haltestelle aus und der junge Mann fuhr, wie immer, weiter zur Endhaltestelle.

Am darauf folgenden Montag schlief ich bis 11:00 Uhr. Dann erwachte ich und mein erster Gedanke war, was der Nadelstreifenmann aus dem verhüllten Haus heute wohl im Bus gelesen hatte. Nach einer Woche dachte ich, ob wohl die Fassade inzwischen fertig sei und wie sie wohl aussähe. Ich überlegte kurz hinzulaufen, doch es war inzwischen Winter und ich fand es zu kalt zum Rausgehen ohne Grund. Und einen echten Grund gab es nicht, nur einen vorgeschobenen. Noch eine Woche später erwachte ich montags um 8:00 Uhr, dachte daran, was der Mann heute im Bus wohl gelesen hatte, dachte daran, wie die Fassade wohl inzwischen aussah und ich dachte daran, dass ich mich niemals gefragt hatte, wo dieser Mann eigentlich hinfuhr oder hinging, wenn er an der Endhaltestelle ausgestiegen war, was er arbeitete und welchen Bus er nachmittags oder abends zurück zu seinem eingepackten Haus nahm. Nachdem ich das einmal gedacht hatte, konnte ich die ganze Woche nicht mehr richtig schlafen. Vielleicht war auch Vollmond. Doch das konnte man durch die ständig dicke Wolkendecke nicht sehen.

Am Montag, vier Wochen, nachdem ich zum letzten Mal zu meinem letzten Projekt gefahren war, stand ich wieder um 4:30 Uhr auf, und es ging erstaunlich leicht. Ich stieg in den 5:36 Uhr Bus, der pünktlich war. Mein Herz klopfte, als wir uns schleichend dem Haus mit der verhüllten Fassade näherten. Schon von weitem konnte man die Planen an den Baugerüsten sehen, die weit bis auf dem Gehweg standen. Nichts hatte sich dort verändert. Ich war sehr aufgeregt. Als wir auf der Höhe des verkleideten Hauses waren, schoben sich die Planen auseinander, und der junge Mann kam hervor, trug, wie immer, einen Nadelstreifenanzug und eine Seidenkrawatte - hatte ich diese nicht schon einmal gesehen? - und er lief neben dem Bus her bis zur Haltestelle. Er setzte sich hinter den Fahrer und er las einen Roman, an diesem Tag, aber ich konnte nicht sehen, von wem der war, oder wie er hieß. Der Bus fuhr weiter. Wir erreichten die vorletzte Haltestelle. Doch dieses Mal stieg ich nicht aus. Ich blieb sitzen und fuhr mit dem jungen Mann mit der Aktentasche mit, bis zur Endhaltestelle. Dort packte der sein Buch nicht ein, sondern verließ den Bus, setzte sich in der Haltestelle auf die Bank und las weiter. Ich stieg auch aus, mein Herz klopfte, da ich ihn nun stalkte, was ja ein bisschen verboten war. Ich ging ein paar Schritte, um scheinbar die Fahrplänen zu studieren, was ich für unverfänglicher hielt, als neben ihm zu stehen. Dann kam der nächste Bus. Er stieg ein und ich stieg auch ein. Er setzte sich auf den Sitz hinter den Fahrer und las. Mehr geschah nicht. Nach einer Fahrt, die mir sehr lang erschien, stieg er an einer S-Bahn-Station aus. Ich folgte ihm und versucht etwas Distanz zwischen uns zu lassen. Die S-Bahn kam, Ringbahn. Wir stiegen ein. Wenn er an einer der nächsten drei Stationen wieder aussteigt, hätte er das direkt mit dem ersten Bus einfacher haben können, dachte ich. Doch er stieg nicht aus. Er saß in der S-Bahn und las in seinem Buch. Wir fuhren den Ring. Irgendwann öffnete er seine Aktentasche, holte eine Thermoskanne hervor und schenkte sich Kaffee ein. Er trank und las. Ich schaute ihm verstohlen zu und hatte Hunger. Es war immer noch früh und die stupide Fahrerei duselte mich ein. Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, stand er auf und stieg die nächste Station aus. Er verließ zielstrebig den Bahnhof und stellte sich wieder an eine Bushaltestelle. Das Buch hatte er in der Hand, einen Finger darin. Ich folgte ihm, hatte keine Ahnung, wo wir waren, die Uhren behaupteten, es sei Viertel nach sieben. Es waren inzwischen auch mehr Menschen unterwegs und ich spekulierte darauf, dass er mich durch die anderen nicht bemerkte. Der Mann setzte sich dieses Mal nicht in die Haltestelle, er stand genau vor einer Säule des Wartehäuschens und starrte ganz geradeaus. Er wirkte nun etwas angespannt. Ein dummer Stehplatz, dachte ich, wenn es nun zu regnen beginnt, dann wird er halb nass und bleibt halb trocken. Ein Bus fuhr vor, doch er stieg nicht ein. Menschen kamen in die Haltestelle und verließen sie wieder. Er wartete und ich mit ihm. Dann, nach einer ganzen Weile, stieg er in irgendeinen Bus. Von der gleichen Linie hatte er zuvor drei oder vier vorbeifahren lassen. Ich stieg auch ein. Der Bus fuhr in Richtung Flughafen. Er war voll. Der Mann stand im Gang und las nun wieder, hielt sich an einer Halteschlaufe fest und schien etwas entspannter zu sein. Als wir am Flughafen ankamen, war es fast halb neun. Ein ganz schön langer Weg zur Arbeit, dachte ich. Doch der Nadelstreifenmann mit der Seidenkrawatte und der Aktentasche ging nicht zur Arbeit. Er setzte sich in der Check-In-Halle auf eine Bank. Dann öffnete er wieder seine Aktentasche, holte seine Thermoskanne heraus und eine Tupperdose, aus der er belegte Brote nahm. Er lehnte sich zurück, schlug sein Buch auf und las. Ich setzte mich in ein Restaurant und bestellte ein völlig überteuertes Frühstück mit schlechtem Kaffee. Ich aß und beobachtete, wie er aß und las.
Und so saßen wir den halben Tag.
Ich aß mein Frühstück und das Gedeck wurde abgeräumt. Er saß auf der Bank und zog einen Apfel aus seiner Aktentasche. Fluggäste kamen und gingen und kamen, checkten ein und gingen wieder. Neue kamen. Die Kellnerin kam zu mir und fragte ob ich noch etwas bestellen wolle. Ich verneinte. Der Mann saß auf seiner Bank und las. Gegen elf kam die Kellnerin erneut zu mir und fragte ob ich jetzt vielleicht noch etwas bestellen wolle. Ich nahm noch einen schlechten Kaffee. An dem nippte ich. Um zwölf kam die Kellnerin und sagte, es sei Schichtwechsel und ob ich bitte bezahlen könne. Ich tat es und nippte immer noch an meinem Kaffee, der schon lange kalt war. Die neue Kellnerin kam nicht zu mir.

Um 14:08 Uhr schaute der Mann auf. Er sah zu mir herüber, die ich halb versunken am Tisch hing, und sofort hochschreckte, als er sich bewegte. Er sah mich direkt an, zwischen den ganzen Leuten hindurch, die mit schweren Koffern eincheckten und ohne Gepäck wieder zurück in Richtung der Gates gingen. Dann legte er sein Buch auf die Bank, stand auf, nahm seine Aktentasche und ging. Sofort fuhr ich hoch, er ging schnell und war schon fast in der Menge verschwunden. Ich stürmte hinter meinem Tisch hervor, meine Beine waren etwas steif vom langen sitzen, rannte auf die Bank zu, dort lag sein Buch, das er zurückgelassen hatte. Ich streckte die Hand danach aus. Ganz kurz hatte ich Bedenken. Dann nahm ich es. Es war „Vorsätzlich Herumlungern“ von Muriel Spark. Ich ließ es fast fallen, als ich das sah, und fühlte mich unglaublich ertappt. Ich fuhr hoch und herum, rechnete fest damit, dass der Unbekannte direkt hinter mir stehen würde, mit seiner Aktentasche, wie ein Gerichtsvollzieher oder gleich ein Vollstrecker, mich fixieren würde. Doch da war niemand. Nur Leute mit und ohne Gepäck, die kamen und gingen. Ich hielt das Buch fest und lief los. Lief in die Richtung, in der der Nadelstreifenmann verschwunden war. Drängelte mich durch, dann stand ich vor dem Terminal. Und er stand nur ein paar Schritt entfernt an der Bushaltestelle. Zielstrebig ging ich auf ihn zu. „Entschuldigen Sie“, sagte ich mit fester Stimme: „Entschuldigung, Sie haben Ihr Buch liegen gelassen.“

Er drehte sich zu mir um, starrte mich mit großen Augen an. Sein Blick wirkte befremdlich auf mich. Zum ersten Mal, sah ich nun in sein Gesicht. Es war ganz normal. Dann senkte er den Blick auf das Buch, das ich ihm entgegenhielt. Er nahm es mir ab, schaute mich noch einmal sonderbar an, fast wie verächtlich, drehte sich um und ging die Haltestelle hinunter. Ich blieb zunächst stehen. Nach ein paar Schritten warf er das Buch im Vorbeigehen in einen Mülleimer. Ich war baff. Dann lief ich wieder los hinter ihm her.
„Hallo“, rief ich: „Entschuldigung! Entschuldigen Sie bitte, hallo?“
Ich hatte den Eindruck, dass er erst sogar noch schneller ging, doch dann blieb er stehen, drehte sich um, mit ziemlich abgehackten Bewegungen. „Ja, bitte?“, sagte er aber es klang nicht höflich. „Entschuldigung“, wiederholte ich: „Ich habe mich gefragt, also, ich meine, vielleicht, also, darf ich Sie vielleicht auf einen Kaffee einladen.“
Er schaute mich an. Erst etwas dämlich. Dann verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln. Doch es war gar kein Lächeln, es war ein Lachen und dann ein recht breites Grinsen. Ja, nun grinste er mich an, breit, und es sah aus, als würde er mich ausgrinsen und ein bisschen für blöd halten. Und dann schaute er mitleidig, als er sagte: „Nee, Kleene, lass mal, muss nun wirklich nicht sein. Also, nee, wirklich nicht. Aber danke auch.“

Dann drehte er sich um und ließ mich nun wirklich stehen, ziemlich verätzt und auch vor den Kopf gestoßen, mit offenem Mund, den ich dann schnell zusammenpresste. Blut schoss mir ins Gesicht. Dann drehte ich mich um und stieg in den ersten Bus, der vorfuhr. Die Lippen presste ich die ganze Fahrt über zusammen, bis nach Hause.

Der Winter verging und der Frühling kam. An einem bereits warmen Tag kam ich einmal morgens von einer durchzechten Nacht nach Hause. Die Sonne ging gerade auf. Ich nahm den Bus in die umgekehrte Richtung, die ich seinerzeit immer zu meinem Projekt gefahren war. Wir fuhren an dem Standort der ehemaligen Schleckerfiliale vorbei. Dort war jetzt ein KIK drinnen. In dem 1€-Shop gab es nun einen Rossmann. Daneben hingen Plakate im Schaufenster, dass demnächst ein Schreibwarenladen eröffnen würde. Das ehemalige Kaufhausgebäude wurde gerade entkernt. Ein C&A sollte dort einziehen, oder ein H&M. So gingen die Gerüchte. Dann bogen wir in meine Straße ein. Bereits von der Entfernung konnte man sehen, dass keine Baugerüst mehr den Gehweg vor dem ewig verhüllten Haus verstellte. Die Fassade schien fertig zu sein. Ich klebte im Bus an der Scheibe und war, trotz meines sich drehenden, alkoholisierten Kopfes, sehr aufgeregt und gespannt. Und dann hielten wir direkt vor der Fassade an der Bushaltestelle. Und ich war sprachlos.

Der mittlere Teil des Haus war sonnengelb angemalt worden, die an den Seiten vorspringenden Erkerzonen in pink. Die ganze Fassade war bestückt mit kleinen, goldglänzenden Engelsstatuen in Puttenformat, die jeweils mit einer Stange direkt an der Mauer befestigt waren. Sie alle orientierten sich zur Mitte des Gebäudes. Dort gab es eine große, goldfarbene Scheibe, auf die die Engelchen scheinbar zustrebten. Und genau in dem Moment, als der Bus an der Haltestelle vor dem Haus hielt, kam die Sonne hinter der Usbekischen Botschaft hervor, prallte auf die goldene Fassadenscheibe, die abstrahlte auf die Engel und von lauter gold und gelb und gleißend, gerahmt von pink, war ich geblendet und musste die Augen zusammenkneifen. Dann schob sich eine Wolke vor die Sonne und ich konnte wieder hinsehen. Der Bus fuhr an. Meine Augen klebten an der Fassade und mein Kopf dreht sich. Vor lauter Engeln wusste ich gar nicht, wo ich hinschauen sollte.

Dann entdeckte ich etwas: Im dritten Stockwerk hatte jemand, außen auf die Fensterbank, eine rote und eine grüne, weit überlebensgroße Gummibärchenstatue aus Plastik gestellt, wie man sie in manchem Baumarkt billig kaufen konnte. Die beiden Figuren verdeckten fast das halbe Fenster. Sie sahen ziemlich dämlich aus, zwischen all den Engeln und der ganzen Pracht, ziemlich dämlich, aber irgendwie auch ziemlich genial. Dann war das Haus außer Sicht. Ich drehte mich nach vorn. Ein Bus der gleichen Linie kam uns entgegen. Mir schauderte kurz. Doch es war schon weit nach 5:36 Uhr. Und an sein Gesicht konnte ich mich ja auch nicht erinnern.

 

Hallo,
das ist schön geschrieben und auch eine interessante, weil etwas geheimnisvolle Situation, in der die Heldin da steckt. Man fragt sich, wie das weitergeht. Ist der Mann ein Gangster, der die Heldin in ein Verbrechen verwickelt? Hat er mit dem "Projekt" zu tun? Verlieben sie sich? Die Lösung ist dann erstaunlicherweise eine Gummibärchenstatue, was den Leser etwas ratlos zurücklässt. Ist das eine Metapher? Was ist denn jetzt mit dem Mann? Es wirkt auf den Leser ein bisschen so, als ob man den Schlussgag nicht versteht. Vielleicht liegt das an mir. Ich bitte deshalb vorsorglich um Entschuldigung.

 

Hallo knagorny,

danke fürs Mitteilen deiner Eindrücke.
Ich würde gerne wissen: Wie schließt du auf die Verbindung von dem Fremden und Protagonistin? Also, dass er sie vielleicht in ein Verbrechen verwickeln möchte oder sie sich verlieben, wo der einzige, direkte Kontakt zwischen ihnen darin besteht, dass er ihr einen Korb gibt?

Du musst dich außerdem ganz sicher für gar nichts entschuldigen, vielleicht funktioniert das Ende einfach nicht so, wie ich es mir erhofft habe. Ich möchte dazu aber jetzt noch nichts sagen: vielleicht findet sich noch die ein oder andere weitere Meinung dazu, dem will ich nicht vorweggreifen.

Danke nochmal fürs Lesen! :)
die liebsten Grüße von
heiterbiswolkig

 

Ein bisschen klopfte mein Herz auch, weil ich ihm an diesem Tag so nahe war,
da hoff ich doch, dass Dein Herz auch jetzt noch poche,

liebe heiterbiswolkig -
(schöner Name, wie ich – ohne Ironie – finde!) –

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!
Ja, zunächst fürchtete ich, es würde ein roundabout und Ringelreigen über den immergleichen Arbeitsweg bis – unbemerkt – ein Hauch Kafka weht und zeigt, wie leicht man selbst auf Pirschjagd auf einen Fremden kommt (Du schreibst einmal eher so nebenbei vom stalking, das ja von Haus aus das Anschleichen meint). Zwo Pointen sind darin, von denen ich nur die letzte erwähn:

Gummibärchenstatue aus Plastik
Dass ich schon fast den teuersten sog. Künstler von heute, Jeff Koons, dahinter vermuten muss.

Die Geschichte entwickelt sich buchstäblich langsam und erfordert Geduld, wie sie die Icherzählerin auch beweisen muss. Mir hat sie gefallen (nicht nur wegen der Gags, sondern auch wegen des unaufgeregt-ruhigen Stils). Aber vor allen mit Kommasetzung tustu Dich schwer. Also ziehn wir’s mal eben durch in der Reihenfolge ihres Auftritts

Er trug einen schicken[,] anthrazitfarbenen Anzug mit dunkelblauen Nadelstreifen, …
(Bloße Aufzählung von „gleichrangigen“ Adjektiven. Wenn Du gefahrlos ein „und“ zwischen die Adjektive setzen kannst, muss entweder das „und“ oder ein Komma dazwischen)
Als er den Bus sah[,] begann er zu laufen.
(Leitet die vergleichende Konjunktion – dazu zählt auch das „wie“ – einen Satz und nicht nur eine Wortgruppe ein, ist ein Komma zu setzen)
Ich wollte sie sehen, die neue[,] schicke Aufmachung des Hauses.

Er las Gedichte von Goethe und Kästner, Romane, deren Umschlagblatt ich nicht sehen konnte[,] und unzählige Autoren, …
(Da hastu das Ende des Relativsatzes verpasst)
Wurde der Platz frei[,] setzte er sich.
(setzte er sich als Hauptsatz wird vom Konditionalsatz [wenn] der Platz frei wurde … getrennt)
Mein Herz klopfte[,] als wir uns schleichend dem Haus mit der verhüllten Fassade näherten

Ich folgte ihm, hatte keine Ahnung[,] wo wir waren, …
(Relativsatz)
Dann, nach einer ganzen Weile[,] stieg er in irgendeinen Bus.
(Einschub)
Als wir am Flughafen ankamen[,] war es fast halb neun
Um zwölf kam die Kellnerin und sagte[,] es sei Schichtwechsel und ob ich bitte bezahlen könne.
(indirekte Rede)

Ich ließ es fast fallen, als ich das sah[,] und fühlte mich unglaublich ertappt
(klappt doch – fast mit dem „als“ …)
„Ja, bitte?“[,] sagte er …
(der übergeordnete Satz „sagte er … erzwingt das Komma am Ende der wörtl. Rede)
… bestückt mit kleinen[,] goldglänzenden Engelsstatuen …
Dort gab es eine große[,] goldfarbene Scheibe, …
Vor lauter Engeln wusste ich gar nicht[,] wo ich hinschauen sollte.

Aber es kommen auch Flüchtigkeiten vor
…, als der Bus an der verhüllten Fassade vorbei fuhr, …
(vorbeifuhr, besser ein Wort; Nebenbei: Hier klappt’s mal mit dem Komma)
Ich setzte mich in ein[…] Restaurant
„Entschuldigung, Sie haben hr Buch liegen gelassen.“

Jetzt kommt natürlich mein Lieblingsthema: Konjunktiv
Warum will uns hier der Indikativ etwas vorgaukeln, was Du Dir gerade erst überlegst?

Ich überlegte, was es dort zuvor gegeben hatte.
Direkt in der Nachbarschaft klappt’s doch:
Eine Baulücke war es aber nicht gewesen, das wäre mir doch aufgefallen.
Also besser wenigstens indirekte Rede
Ich überlegte, was es dort zuvor gegeben [habe]
Ähnlich hier die Vorstellung, die ja nix reales ist – was ja die würde-Konstruktion auch durchaus zugibt
Am dritten Wochenende stellte ich mir vor, wie auch er Wochenende hatte und was er wohl tun würde
Also besser
… stellte ich mir vor, wie auch er Wochenende [habe/besser sogar: hätte] und …

Alles halb so wild und, davon bin ich überzeugt, es wird schon werden!, sagt der

Friedel

 

Hallo heiter!

Also ohne die vorherigen Kommentare gelesen zu haben mal kurz meine Meinung.

- Ich fand insbesondere den Mittelteil der Geschichte gut und spannend.
- Am Anfang hatte ich Probleme "rein" zu kommen. Weiß nicht genau, woran das lag. Evtl. würde ich Dir empfehlen, die Busfahrt + Fassade + Mann (Neugier) schon so früh wie möglich zu platzieren, all die vorhergehenden Angaben radikal zu kürzen, weil sie die Geschichte nicht so richtig voran bringen.
- Ich glaube, das ist aber nur so eine Vermutung, du solltest Deinen Text mal auf Füllwörter überarbeiten. Strg + f und dann such mal nach "noch", "doch" usw. Ich glaube, Du hast viele davon drin, die einfach gelöscht werden könnten. ;)
- Den Schluss finde ich auch nicht so gut; mir persönlich würde es reichen, wenn der Protagonist (übrigens, bis zum "Kleene" dachte ich, der Protagonist ist männlich!) - also die Protagonistin beim Auffinden des Buches namens "Herumlungern" --- also wenn da die Geschichte auch zu ende ist. Das mit der Fassade könnte man vielleicht schon früher schreiben, also voranstellen.

Was ich übrigens sehr cool fand war die Stelle mit den "Und heute las er das, morgen das und dann dasunddas ..." und ich mir so dachte (achso? der liest aber viel!) ... was dann später wieder vorkam und auch gut "gelöst" wurde, von wegen einfach nur S-Bahn fahren und lesen. Fand ich total gut, also die Fährte, die du gelegt hast (fast vielleicht ein wenig zu stark) und deren Auflösung.

So, dat wars von mir.


Viele Grüße

Reiki

 

Die Geschichte besteht nach meiner Wahrnehmung zu 95% aus der Beschreibung des "jungen Manns". Die Ich-Erzählerin, ihre Situation, die Umgebung, alles das wird nicht beschrieben. Da hat sich halt bei mir die Erwartung ergeben, dass das Ende (die Auflösung) auch mit ihm zu tun hat. Und da es sich eben um eine Ich-Erzählung handelt, habe ich zudem angenommen, dass auch die Erzählerin darin vorkommt. Sie ist aber reine Beobachterin, die praktisch gar nicht selbst handelt (bis auf die Verfolgung des Mannes, die aber für das Ende eigentlich nicht bedeutsam ist).

Versteh mich bitte richtig. Das ist schön geschrieben und erzeugt einen Eindruck von Realismus beim Leser. Man kann sich die Situation gut vorstellen. Für eine herausragende Geschichte würde ich mir aber ein Ende wünschen, das mit der bisherigen Beschreibung gut zusammenpasst.

Man stelle sich vor: Hänsel und Gretel verirren sich im Wald, sie treffen auf die Hexe, Hänsel wird gemästet, Gretel muss schuften, die Hexe bereitet schon das Festmahl vor. Da steht plötzlich eine Gummibärchenstatue im Raum und alle sind erstaunt.

Wie gesagt: Bitte nicht übel nehmen. Man kritisiert nur, was einem am Herzen liegt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Mein lieber Friedel,

darf ich dich bitte anbeten: Oh, du Gott der Zeichensetzung!! :huldig:
Nein, im Ernst, ich bin wirklich unglaublich dankbar für deine ganzen Hinweise und Korrekturen! Ich habe es schon unter jede meiner Geschichten hier geschrieben und kann es nicht oft genug wiederholen: In Punkto Zeichensetzung bin ich irgendwie eine kleine Legasthenikerin. Ich pauke und pauke die Regel und kriege es einfach nicht in meinen Dickschädel hinein. Als Apollo diese Kompetenz verteilt hat war ich wohl gerade noch bei Kalliope in der Schreibwerkstatt … :Pfeif:
Also, vielen Dank!

Über deine lobenden Worte habe ich mich natürlich auch sehr gefreut, dass dir die Geschichte gefallen hat und sich wohl so entfalten konnte, wie ich mir das beim Schreiben vorgestellt habe. Da pocht mein Herz in der Tat noch. Danke dafür!

Weitere Antworten folgen, ich erledige nun erst einmal die Korrekturarbeit.

 

Liebe heiterbiswolkig,

woll'n ma' nich' übertreib'n

darf ich dich bitte anbeten: Oh, du Gott der Zeichensetzung!!
Das hätt ich mir natürlich in Hexametern gewünscht ... und den Altar nutzen wir ja beide - aber wer baut den Tempel darum herum ... und Du als Wetterfrosch als Orakel ...

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich glaube auch, Friedel, zwei wie wir fehlen noch in Delphi oder Dodona ...
An meiner Metrik arbeite ich!

Hallo Reiki,

vielen Dank für deinen Kommentar! Das mit dem Einstieg, da muss ich drüber nachdenken, wie man das ev. straffen könnte. Oder umstellen? Ich überlege mal.

Der Hinweis mit dem Füllwörtern ist sehr gut, ja, auf die stehe ich in der Tat, direkt getroffen! :Pfeif:

Dass meine Protagonistin für einen Kerl gehalten wird passiert mir ja hier schon die ganze Zeit. Ich muss zugeben, das ist eine völlig neue Konfrontation für mich, die ich sehr spannend finde! Wenn ich vorlese passiert mir das nie... ;) Aber ich glaube, diese ungewollte „Irreführung“ ist gar nicht so schlecht, weil sie die eigene Wahrnehmung entlarvt. Ich hab das als Thema auf jeden Fall auf dem Schirm.

Zum Ende der Geschichte schreibe ich mal später etwas zusammenfassendes.
Es freut mich, dass du also alles in allem ein ganz passables Leseerlebnis hattest. :)
Danke dich nochmal!

Weiterer Antwort folgt...

 

Hallo knagorny,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar.

Naja, sagen wir die Geschichte besteht zu 75% aus der Beschreibung des Mannes, zu 5% aus der Beschreibung der Umgebung und zu 20% aus der Beschreibung der verhüllten Hausfassade (also geschätzt) . Vielleicht wird so ein Schuh daraus? Wie siehst du das?

Ich finde deinen Vergleich total klasse:

Hänsel und Gretel verirren sich im Wald, sie treffen auf die Hexe, Hänsel wird gemästet, Gretel muss schuften, die Hexe bereitet schon das Festmahl vor. Da steht plötzlich eine Gummibärchenstatue im Raum und alle sind erstaunt.
Da kann ich nur sagen: Ja! So stelle ich mir die Erlösung von der Hexe im 21. Jh. vor. Wenn es so rüber gekommen ist bin ich sehr zufrieden.
Wenn dir das leider nicht so gefällt, dann tut mir das leid, übel nehme ich es auf gar keinen Fall!
Bitte nimm du mir nicht übel, dass ich irgednwie ein bisschen Blödsinn mag... Danke, ach noch einmal fürs Lesen! :)

Die sonnigsten Grüße von
heiterbiswolkig

 

Hallo heiterbiswolkig

Mit dieser kurzen Geschichte lässt Du die Leser in eine bekannte und doch fremde Welt eintauchen, die trotz des flachen Handlungsverlaufs nicht spannungslos ist. Bei der wiederkehrenden Beobachtung des jungen Mannes kam mir Peter Bichsel in den Sinn, ein Schriftsteller, der sich zum Schreiben i. d. R. in Züge setzt und so seine Inspiration findet. Doch Dein Protagonist ist ein Leser, hemmungslos dem bedruckten Papier in all seinen Formen von Fakt und Fiktion frönend. Das Absurde wird erlebbar. Wahrscheinlich kennt er die Worte von Jean Paul Sartre: Die Existenz hat keine »Essenz«, keinen vorgängigen Sinn. Das Leben an sich ist sinnlos, es ist unbeschreiblich – und absurd. Er passt sich dem an, sucht nicht das Du im Andern, lebt, fügt sich dem ein - auf seine Art.

Ich kenne Deine Intention nicht, habe die nachfolgenden Kommentare noch nicht gelesen, die mich möglicherweise in eine andere Richtung verweisen könnten. Mir erschloss sich darin ein durch und durch existenzialistisches Bild, das sich genüsslich darstellt. In Gedanken zog ich einen Moment auch Patrick Modianos jüngstes Buch, »Pour que tu ne te perdes pas dans le quartier«, heran, das thematisch zwar völlig anders ist, doch eben auch von solchem Geist beseelt wird.
In diesem Stil zu schreiben, ohne das Absurde ad absurdum zu führen, erachte ich als eine Leistung, die Dir hier sehr schön gelungen ist.

Nur noch ein paar Notizen, die ich beim Lesen mitschrieb, da ich sie als Störenfriede empfand:

Und schräge Sachen. Er [… ?] Charlotte Roche.

Hier fehlt was, z. B. der Buchtitel, eines ihrer beiden Werke.

Dann las er die FAZ. Dann hatte er eine Autobild dabei. Dann las er Tolstoi.

Nachdem „las“ schon massiert auftrat, häuft sich hier das „dann“ zum Satzanfang. Dies empfinde ich etwas ungelenk in Deiner ansonsten angenehmen Sprache.

... wie immer, einen Nadelstreifenanzug und eine Seidenkrawatte (hatte ich diese nicht schon einmal gesehen?), und er lief neben dem Bus her bis zur Haltestelle.

Warum den überlegenden Einschub nicht kursiv und mit Gedankenstrichen abgetrennt? Klammern in einem Text wirken mir ernüchternd, was bei einem Protokoll keinen Abbruch tut, aber hier?

Ich setzte mich in eine Restaurant und bestellte ein völlig überteuertes Frühstück mit schlechtem Kaffee.

Es war mir ein Lesevergnügen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Lieber Anakreon,

ich mag dein Profilbild und deinen Nick sowieso. Aber das nur am Rande. :)

Vielen Dank für dein sehr großzügiges Lob! Peter Bichsel kenne ich nicht, ich werde das nachholen, alle anderen deiner Vergleiche haben mir sehr behagt. Über meine Intention habe ich, glaube ich, bislang in den Kommentaren noch nichts gesagt. Aber grundsätzlich habe ich den Eindruck, wenn man mit offenen Augen durch eine Stadt wie Berlin bewusst und mit Zeit geht, dann erlebt man ständig das Absurde im Kleinen, im Großen, im Privaten, wie im Gesellschaftlichen. Und im Zusammenleben sowieso. Das „liebevoll zu sezieren“ ist, denke ich, meine Hauptmotivation zu schreiben.

Ich danke auch sehr für deine Korrekturhinweise, ich werde diese gleich einarbeiten! Dafür bin ich immer sehr dankbar, das schrieb ich ja auch oben schon. Auf den Altären wird brav geopfert.

Es freut mich, dir ein Lesevergnügen bereitet zu haben.
Mit den sonnigsten Grüßen
heiterbiswolkig

 

Hallo heiterbiswolkig,

Auch ich finde du hast eine sehr schöne Geschichte geschrieben. Ich fand auch den Einstieg sehr gelungen. Deine Sätze erzeugen Bilder und aus den Bildern entsteht eine Stimmung. Ein Ablauf, der oft so im täglichen Leben stattfindet. "Täglich grüßt das Murmeltier" fällt mir dazu ein.
Mit dem Ende allerdings, hab auch ich so mein Problem. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich keiner Gummibären-Generation entstamme und mir für die Vorstellung, wie es im 22 Jahrhundet aussehen wird, einfach die Phantasie fehlt. Meine konservative Vorstellungskraft zeigt mit allerdings auch eine Lösung auf.
Der Protagonist ist arbeitslos und um den Anschein zu wahren, dass alles beim Alten ist, fährt er täglich zur selben Zeit mit dem Bus (in die Arbeit). Folgt seinen festgelegten Ritualen und kommt abends wieder zurück. So wie füher, als er noch Arbeit hatte. Hinter der Palne stand sein ehemalige Haus, in dem er Wohnte als alles noch in Ordnung war. Mit den Gummibären kann ich nichts anfangen, die blende ich mal aus :-)

Liebe Geschichte, sehr gut beschrieben.

Viel Erfolg damit
BRM

 

Hallo heiterbiswolkig,

Auch ich finde du hast eine sehr schöne Geschichte geschrieben. Ich fand auch den Einstieg sehr gelungen. Deine Sätze erzeugen Bilder und aus den Bildern entsteht eine Stimmung. Ein Ablauf, der oft so im täglichen Leben stattfindet. "Täglich grüßt das Murmeltier" fällt mir dazu ein.
Mit dem Ende allerdings, hab auch ich so mein Problem. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich keiner Gummibären-Generation entstamme und mir für die Vorstellung, wie es im 22 Jahrhundet aussehen wird, einfach die Phantasie fehlt. Meine konservative Vorstellungskraft zeigt mit allerdings auch eine Lösung auf.
Der Protagonist ist arbeitslos und um den Anschein zu wahren, dass alles beim Alten ist, fährt er täglich zur selben Zeit mit dem Bus (in die Arbeit). Folgt seinen festgelegten Ritualen und kommt abends wieder zurück. So wie füher, als er noch Arbeit hatte. Hinter der Palne stand sein ehemalige Haus, in dem er Wohnte als alles noch in Ordnung war. Mit den Gummibären kann ich nichts anfangen, die blende ich mal aus :-)

Liebe Geschichte, sehr gut beschrieben.

Viel Erfolg damit
BRM

 
Zuletzt bearbeitet:

Eine seltsame Geschichte ist dir da gelungen, heiterbiswolkig, bzw. - um angemessen subjektiv zu bleiben - ich fand sie sehr seltsam.
Schon nach wenigen Absätzen nämlich ertappte ich mich dabei, wie ich mir dachte: Jessasmaria, kann die jetzt bitte schön langsam zur Sache kommen? Ein Gefühl also, dass mich üblicherweise allemal zum Überfliegen verleitet, aber seltsamerweise tat es das diesmal nicht. Ich begann nicht zu überfliegen, ich las einfach weiter und weiter, nicht gerade fingernägelkauend, vielmehr wie hypnotisiert von diesem quasi auf der Stelle-Treten des Textes, dieser ständigen Wiederholung des im Grunde immer wieder selben Geschehens, Tag für Tag für Tag … als wäre die Protagonistin in einem Traum gefangen, in so einer Endlosschleife festhängend …
Ja, die Geschichte hatte auf eine gewisse Weise was beinahe Sedierendes für mich, aber das empfand ich nicht als unangenehm oder gar langweilig. Als würde ich da selber mitträumen, fühlte ich mich.
Und den Schluss, von dem ich mir ja bis zuletzt eine Auflösung des Rätsels um den geheimnisvollen jungen Mann erhoffte, diesen Schluss, der das Rätsel dann erst recht nicht löste, ja, den fand ich in seiner Absurdität einfach großartig. Ehrlich.
Diese irre Fassade, heilige Scheiße! Und ab da sah ich auch den rätselhaften Mann mit anderen Augen. In Wahrheit ist der kein, was weiß ich, verkrachter, arbeitsloser Germanistikstudent oder gar ein Buchhalter, der seiner Stelle verlustig gegangen ist, nein, der ist in Wahrheit ein unermesslich reicher philantropischer Exzentriker, der nicht Mieter in dem Haus, sondern dessen Besitzer ist und das Haus einfach seinen vollkommen bizarren Schönheitsidealen entsprechend gestalten lässt … usw.

Hat Spaß gemacht, heiterbiswolkig. Ja, irgendwie schon.

offshore


PS Anakreon

Danke, Anakreon, für deinen Hinweis auf Peter Bichsel. An den habe ich nämlich seit Jahrzehnten nicht mehr gedacht. Was umso bedauerlicher ist, weil Bichsels Kindergeschichten (z.B. Amerika gibt's nicht) im Freundeskreis meiner Jugend beinahe Kultstatus genossen.
Ich muss die echt wieder einmal lesen.

 

Hallo heiterbiswolkig,

ich habe deinen Text gelesen und er hat mir gut gefallen. Ganz bewusst habe ich jetzt noch keinen anderen Kommentar gelesen, um meine Empfindungen zum Text und Inhalt nicht beeinflussen zu lassen.

Zuerst finde ich die Geschichte schön geschrieben und sie kommt auch authentisch rüber. Ich fand es interessant und auch witzig, wie deine Protagonistin, von ihrer Neugier getrieben, sich immer weiter an den jungen Mann annähert, ihn schließlich sogar stalkt. Und beim Lesen habe ich immer mehr die Pointe vor Augen gehabt, dass sie schockiert erkennt, dass er das Buch oder die Zeitung verkehrt herum hält. Du arbeitest ja von Anfang an darauf hin, weil du das Lesen in den Mittelpunkt stellst. Aber so ist es nicht gekommen. Ich verstehe schon die Doppeldeutigkeit der Fassade. Er kommt jeden Tag in einem Nadelstreifenanzug, muss also auch nicht unbedingt mittellos sein, hängt aber den ganzen Tag nur rum, indem er ganz Berlin durchreist mit Bus und Bahn. Hat er eine Familie oder ist er wenigstens in einer Beziehung? Sonst verstehe ich nicht, warum er in seiner Aktentasche Essen und Kaffee mit sich trägt. Wem will er denn vorgaukeln, er ginge zur Arbeit? Wenn er alleine wäre, würde er das meiner Meinung nach nicht machen.

Die Geschichte gefällt mir, wie sie geschrieben ist, aber sie lässt mich bisschen unbefriedigt zurück, was das Ende betrifft.

So, jetzt poste ich das und dann lese ich, was die anderen geschrieben haben.:)

Schöne Grüße
khnebel

 

hallo Heiterbiswolkig!

Sehr kunstvoll und klug gemacht finde ich deine Geschichte, wobei mir deine ich-Erzählerin beinahe genauso merkwürdig erscheint wie der Mann von dem sie besessen ist. Ernst Offshore hat das wunderbar ausgedrückt, wie es mir auch beim Lesen ging. Wie bei deinen anderen Geschichten auch fühlt man sich so langsam auf dein Tempo runterhypnotisiert.

Zwei Sätzchen, an denen ich hängen geblieben bin:

Im Bus selbst war ebenfalls alles stoisch.

"Stoisch" erscheint mir wie eine etwas hölzerne Zusammenfassung, von dem was du vorher anschaulich beschrieben hast, irgendwie überflüssig.

Sein Blick wirkte befremdlich. Zum ersten Mal, sah ich nun in sein Gesicht. Es war ganz normal.

Meintest du wirklich "befremdlich"? Oder doch "befremdet". Bei "befremdlich" würde ich noch eine genauere Erklärung erwarten.

Ansonsten hat die ganze Geschichte was von dem Haus am Ende. Man denkt, das passt doch alles nicht zusammen, passt es aber irgendwie doch. Oder, der Mann ist Gott, vor ihm ist alles gleich, ob "5 Freunde" oder "Tolstoi". Zu Gott passen auch die Engel. Das wird's sein! ;)

LG Chutney

 

Hallo heiterbiswolkig

Das „liebevoll zu sezieren“ ist, denke ich, meine Hauptmotivation zu schreiben.

Dieser Ansatz ist gut, wenn dabei eine Geschichte entstehen konnte, deren Charakteristika bei mir als Leser ein lebendiges Bild hervorrufen konnte. Die Parallele, welche ich vom Stil her zog, ist natürlich kein Stempel, der es nur aus dieser Perspektive betrachten lässt, dennoch war es mir reizvoll, diese zu ziehen.

Doch warum ich nochmals, was anmerke, ist: Peter Bichsel hatte ich als Schriftsteller (selbst nennt er sich gerne Poet) erwähnt, da es mir lustig erschien, dass er gewollt Zugfahrten als mobile Arbeitsplätze wählte, wie ein Gegenstück Deines Protagonisten als Leser. Vom Stil her schreibt er anders, als es in Deinem Stück zum Ausdruck kommt. Doch wenn ich es mir recht überlege, hat er auch so manch schräge kurze Geschichten verfasst. Lesenswert ist er schon.

@ offshore
Das ist aber schön, dass ich Dir Bichsel in Erinnerung rufen konnte. Auf die Frage was ihn zu seinen „Kindergeschichten“ inspirierte, erzählte er mal in einem Interview: Mein Kind-sein. Und man nimmt es ihm ab, es ist ein Teil von ihm. So wie er auch versuchte die Formen in der Literatur aufzubrechen, trotz gängiger Muster sich spielerisch neu zu entfalten.

Schöne Grüsse Euch beiden

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe alle,

zunächst möchte ich mich einmal allgemein bedanken für die freundliche Aufnahme der Geschichte, die Kommentare haben mich sehr geehrte! Das meine ich ganz ernst, ich hatte befürchtet sie würde vor allem wegen des Schlusses „durchfallen“. Denn dass der einen unbefriedigt zurücklassen kann ist klar, aber um Chutney mal zu zitieren: "Man denkt, das passt doch alles nicht zusammen, passt es aber irgendwie doch."

Was ich besonders schön finde ist der langsame Aufstieg des jungen Mannes in den Kommentaren, vom arbeitslosen Germanisten oder Buchhalter, über einen philanthropischen Hausbesitzer hin zu – Gott! Das ist genial :D

Lieber offshore, liebe Chutney,
danke für euer Lob. Dass ich euch hypnotisch in den Verlauf der Story hineinsedieren konnte habe ich als ein sehr großes Kompliment aufgefasst. Mh, klingt komisch beim drüberlesen. Ist aber so!

Lieber offshore,
muss der Hausbesitzer nicht eher ein Misanthrop sein, um sein Haus SO zu gestalten? ;)

Lieber khnebel,
es freut mich sehr, dass du ein gutes Lesevergnügen hattest und ich hoffe, die Kommentare haben dir danach auch noch gefallen. ;)
Die Idee, dass er gar nicht liest, sondern alles verkehrt herum hält wie George Bush (vielleicht sogar Analphabet ist), finde ich sehr schön. Das lohnt sich auf jeden Fall einmal woanders unterzubringen. Ganz kurz zur Aktentasche: Ich konnte mir einfach keinen Rucksack oder Jutebeutel bei dem Charakter vorstellen. Eine Tasche zum Transport seiner Verpflegung braucht er aber ja. Aber ob er wirklich eine Familie in dem Fassaden-Haus hat, werden wir wohl nie erfahren …

Liebe Chutney,
danke für deine Hinweise! Über den „stoisch“-Satz denke ich einmal nach. Mit „befremdlich“ meinte ich „befremdlich auf die Protagonistin“. Ich werde da noch ein „auf mich“ einfügen, dann wird das hoffentlich deutlicher.

Danke euch allen und die sonnigsten Grüße
von heiterbiswolkig

 

Hallo heiterbiswolkig,

ich möchte mich meinen Vorkommentatoren hier gerne anschließen mit einem Lob auf diese Geschichte. Und das, obwohl es mir auch so ergangen ist: Ich finde die Geschichte toll, obwohl mich das Ende absolut unbefriedigt zurücklässt. Ich gestehe, ich leide an einer gewissen Phantasielosigkeit, die es mir natürlich noch schwieriger macht, ein Ende stimmig zu finden, das in diesem Sinne gar kein richtiges ist.

Da du hier schon die verschiedensten Kreationen gelesen hast, möchte ich dir auch meine Deutung nicht vorenthalten: Für mich befand sich hinter der Fassade ein Irrenhaus, oder sagen wir schöner psychiatrische Klinik dazu, und zwar schon, bevor da dann irgendwelche Engel und Gummibärchen herumstanden. Die Gummibärchen haben meine Vermutung dann zwar nicht unbedingt bestätigt, aber auch nicht beseitigt. Und dass dort hinter dem Gummibärchen-Fenster der Irre aus dem Bus wohnt, eh klar. :D
Haben die Statuen und Farben tatsächlich keine logische Bedeutung, sind die wirklich keine Auflösung? Irgendwen muss doch dieser Mann im Bus darstellen. Wie auch immer, wenn es eine Auflösung gibt, dann bin ich einfach zu blöd dafür und wenn nicht, dann bewundere ich deine Kreativität. In beiden Fällen hat's mich auf jeden Fall mitgerissen. Und ich werde noch tagelang darüber nachdenken.

Sehr unterhaltsam fand ich ebenfalls diese Stelle hier:

Und er las viel. Und schräge Sachen. Er las Charlotte Roche. Dann las er die FAZ. Einmal hatte er eine Autobild dabei. Einmal Tolstoi. Einen Autoren mit spanischem Namen, den ich mir nicht merken konnte. Amerikanische Krimis. Sogar Heidegger! Und Kant. Dann aber auch den Aldiprospekt. Er las 11 Freunde, die brand eins, die Brigitte, die Süddeutsche, die Morgenpost, einmal hatte er eine Gebrauchsanweisung von irgendeinem elektronischen Gerät vor sich, einmal einen Stapel ausgedruckter, dicht betexteter Blätter, einmal ein Notizbuch, in dem etwas Handschriftliches zu stehen schien. Er las Gedichte von Goethe und Kästner, Romane, deren Umschlagblatt ich nicht sehen konnte, und unzählige Autoren, die ich nicht kannte oder erkannte, da er mir leider seine Literaturauswahl niemals direkt zeigte. Einmal hatte er tatsächlich die Bibel dabei.

Ich hab's wirklich gern gelesen.

Gruß,
rehla

 

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