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Zwischen den Zeilen

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23.11.2011
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Zwischen den Zeilen

„Was hast du dir nur dabei gedacht, Ted?“ schrie sein Agent über das Telefon.
Eine Windböe schlug das Küchenfenster auf und ebnete den Weg für das Schneetreiben. Theodor fuhr zusammen, lehnte sich über die Theke und presste den Laden wieder zu.
„Ted, schweig mich ja nicht an! Rede! Ich weiß, dass du dran bist!“
„Komm runter! Was ist los?“ erwiderte er.
„Ich dachte, du bist nach der Scheidung nicht imstande zu schreiben und jetzt muss ich erfahren, dass du in diesem Schundblatt veröffentlicht hast!“
„Was-?“
„Und damit nicht genug: du veröffentlichst die – ich zitiere P. J. Miller – ‚uninspirierteste, untalentierteste und langweiligste Story des Jahres‘!“
„Aber-!“
„Bitte, sag mir, dass du den Verstand verloren hast! Sag irgendetwas, das mich vor einem Infarkt bewahrt!“
„Ich weiß nicht, was!“ murmelte Ted.
Er starrte aus dem Fenster und beobachtete, wie der Schnee tanzte. Gut ein Meter war gefallen und hatte sein Auto begraben. Er wusste nicht, ob das Stoffdach des BMWs solchen Witterungen gewachsen war.
„Brauche wohl ein neues Auto.“
„Was?! Scheiße, Ted, es ist mein Ernst!“
„Klar! Weiß nur nicht, wie ich dir helfen kann! Ich weiß nur mit Sicherheit, dass ich seit der Trennung von Alice kein verdammtes Wort geschrieben habe!“
„Natürlich nicht! Wie kommt dann dein Name in die-?“
Theodor legte auf.
Er hatte keine Lust auf sinnlose Diskussionen, hatte er nie gehabt. Aus diesem Grund, dieser eisernen Regel, wohnte seine Ex nun in einem schicken Haus in Connecticut und er in einer alten Hütte am Lake Faulkner. Außerdem fuhr sie seinen Lexus, verkaufte seine Kunstsammlung und hatte das Sorgerecht über seinen Hund.
Abermals läutete das Telefon. Keine Lust auf sinnlose Diskussionen, dachte Ted und schaltete das Ding ab.
Er zog den Vorhang zu, zündete sich eine Lucky Strike an und schlurfte zurück ins Wohnzimmer. Er blieb vor dem erkaltenden Kamin stehen und betrachte das einzige Kunstwerk, das er vor den Anwälten seiner Frau hatte in Sicherheit bringen können – eine Originalzeichnung von Frank Millers Batman aus dem Jahr 1986.
„Bruce, rette mich aus dieser beschissenen Welt!“ murmelte er und ließ sich auf die Couch fallen.
Nachdem er seine Lucky bis auf den Filter abgenagt hatte, warf er sie in die restliche Glut des Kamins, in der Hoffnung, sie würde ihn wieder entzünden. Er lachte auf.
Langsam schwollen seine Augen an, die Lider wurden schwerer. Theodor schlief ein.

Kurz vor Mitternacht riss ihn das Geräusch eines unter Schneemassen brechenden Astes aus dem Schlaf. Das Unwetter jedoch war vorüber. Ted quälte sich auf und ging, einen Blick nach draußen werfend, zu seinem Computer. Sein Agent hatte ihm nach ihrem Telefonat mehrere Emails geschrieben.
„Ja, ja, ich weiß, du bist sauer!“ brummte der Schriftsteller und löschte die erste.
„Obwohl ich ja keine Ahnung habe, wovon du sprichst!“ fuhr er fort und löschte die zweite.
Dann hielt er inne. Die dritte Nachricht enthielt eine Abschrift der Geschichte, die er angeblich geschrieben und veröffentlicht hatte.
Dreißig Minuten später lehnte sich Ted zurück, nicht um zu entspannen. Er konnte nicht fassen, was er eben gelesen hatte. Die Kritiker hatten nicht übertrieben. Der Texte, gezeichnet mit seinem Namen, war tatsächlich literarischer Müll.
Theodor sprang auf, lief in die Küche und schaltete sein Telefon wieder ein. Als er die Nummer seines Agenten gewählt hatte, fiel ihm auf, dass es möglicherweise zu spät war, jemanden anzurufen. Er füllte ein Glas mit Wasser, exte es und setzte sich wieder auf die Couch im Wohnzimmer.
Der Ursprung der Kurzgeschichte war ihm schleierhaft. Auch konnte er sich nicht vorstellen, dass Alice dazu im Stande wäre. Wieso auch, dachte er, sie hatte ohnehin alles, was ihm wichtig gewesen war.
Theodor überkamen Zweifel. Hatte er diesen Dreck vielleicht doch selbst geschrieben und verdrängt?
„Würde mich nicht wundern!“ sagte er leise und lachte.
Er beugte sich vor und nahm einen Schluck von dem Rotwein, den er vor Tagen eingeschenkt hatte. Ein Rinnsal, ekelhaft abgestanden, floss seine Kehle hinab. Augenblicke später fielen seine Augen zu.

Am nächsten Morgen kitzelte ihn die Sonne wach. Er zwang sich die Augen zu öffnen und erstarrte. Der Wind hatte das große Fenster aufgestoßen und nun lag der dunkle Parkett davor unter einer dicken Schicht Schnee begraben.
„Verdammte Scheiße!“ rief er und sprang auf.
Ted durchwühlte die Küchenschränke nach einer Schaufel, obwohl er wusste, dass er nie eine gekauft hatte. Schließlich nahm er den Deckel vom Mülleimer und begann das kühle Chaos in seinem Wohnzimmer zu beseitigen.
Eine Stunde später stand er über den Parkett gebeugt da und trocknete das Holz mit einem steinzeitlichen Föhn. Plötzlich klingelte das Telefon. Ohne nachzusehen, wer anrief, hob Ted ab.
„Du verschissener Mistkerl!“ kreischte sein Agent.
„Guten Morgen!“ erwiderte Ted, stellte den Föhn ab und sank auf die Couch.
„Hör auf, mich zu verarschen! Erst hebst du nicht ab und heute Morgen - - weißt du, was heute Morgen bei mir am Tisch lag?“
„Sag’s mir!“
„Dein Paket ist angekommen!“
„Welches Paket?“
„Eine UPS-Sendung aus deiner Scheißhütte!“
„Ich habe dir nichts geschickt.“
„Klar hast du! Fünf Magazine mit fünf neuen Geschichten von Theodor Barker, Sir!“
„Aber-!“
„Nicht aber, Ted! Ich bin es leid, dass du mir auf der Nase herumtanzt! Das war’s! Endgültig!“ schrie der Agent und legte auf.
Minutenlang starrte Theodor auf sein Handy. Er konnte nicht fassen, was geschah. Zäh sank sein Arm. Sein Kopf begann heftig zu pochen. Wieder nahm er einen Schluck von dem Rotwein, der nach Jauche schmeckte, und schaltete den Fernseher an. Das, was er dann sah, traf ihn wie ein außer Kontrolle geratener Viehwagen und heizte das Feuer in seinem Schädel an. Theodor Barker, Schriftsteller, verhaftet wegen Trunkenheit am Steuer.
„Was zum scheißverfickten Teufel?!“ murmelte er und fuhr sich durchs Haar.
Plötzlich klingelte sein Telefon.
„Barker“ stammelte er.
„Ted? Siehst du fern?“ Es war seine Ex.
„Ja, Alice, ich sehe es!“
„Was ist bloß in dich gefahren?!“
„Ein Viehwagen.“
„Wa-? - - Kannst du mir erklären, warum du besoffen Auto fährst und dich erwischen lässt? Und wenn du schon dabei bist, sag mir auch, warum das in den Nachrichten kommt!“
„Ich kann nicht!“ flüsterte Ted.
„Verflucht!“
Alice war in Fahrt. Das war seine Chance ihr haltlose Vorwürfe an den Kopf zu werfen. Jetzt oder nie, dachte er.
„Kannst du mir erklären, wieso sechs grottenschlechte Kurzgeschichten unter meinem Namen veröffentlicht wurden, obwohl ich sie nie geschrieben habe?“
„Vielleicht hast du sie geschrieben, warst nur zu blau, um es im Hirn zu behalten!“
„Scheiße, Alice, was hast du getan? Und wieso?“
„Oh, warte! Du denkst, ich hätte die veröffentlicht?!“
Bumm. Gevatter Zweifel schlug erneut zu. „Ich- - Also, nein, ich weiß nicht!“ stammelte er.
„Alles klar! Hör zu, Ted, ich rufe eigentlich nur an, um dir zu sagen, dass mich diese und zukünftige Eskapaden nicht mehr kümmern! Lebwohl, Mister Barker!“
Alice legte auf, und Teds Kopf setzte aus. Was um ihn herum geschah, überstieg sein Verständnis und seine Kompetenz. Seine Welt brach zusammen. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm; das, oder jemand.

Zwei ruhige Tage später stand eine Reporterin des Time Magazines vor der Tür, pünktlich zur vereinbarten Stunde. Ted öffnete ihr und blickte in ein erstauntes Gesicht.
„Der Aufzug tut mir leid, Miss, aber in letzter Zeit verspüre ich irgendwie nicht den Drang mich rauszuputzen!“
„Schon ok!“ erwiderte sie und trat ein.
Ted hatte aufgeräumt, selbst wenn er es als lächerlich empfand, dass seine Hütte sauber war, er selbst aber im Bademantel Gäste empfing.
Er führte die junge Dame zur Couch vor dem brennenden Kamin und setzte sich ihr gegenüber auf einen Fauteuil.
„Mister Barker, Sie waren am Telefon ein wenig zurückhaltend, was den Grund dieser Unterredung angeht!“
„Mhm, ja. Tut mir leid!“ sagte er und goss Tee ein.
Den Rotwein hatte er beim Großputz entsorgt.
„Sie haben sicher den Aufstand, oder Trubel, der momentan um meine Person gemacht wird, bemerkt!“ fuhr er fort.
„Bemerkt und erstaunt mitverfolgt. Ich habe Sie, wenn ich ehrlich sein darf, nicht so eingeschätzt!“
„Ehrlichkeit“ lachte Ted, „genau darum soll es hier gehen! Hören Sie mir bitte gut zu!“
„Moment!“ warf die Frau ein und zog ein Diktiergerät aus ihrer Tasche.
„Oh, gut! Also: betrunken Autofahren und beschissene Kurzgeschichten sind nicht meine Art. Ich schreibe seit Monaten nicht mehr und bin seit Jahren trocken.“ Was für eine Lüge, dachte Ted und unterdrückte den Gedanken an den grässlichen Rotwein.
„Was wollen Sie damit sagen?“ hakte die Reporterin nach.
„Der Theodor Barker, der dieser Tage in den Medien zerfetzt wird, bin nicht ich!“
„Sie meinen: nicht Sie selbst?“
„Nein, ich meine, das bin ich nicht!“
„Ich kann Ihnen nicht folgen, Mister Barker. Wollen Sie damit sagen, jemand versucht sie öffentlich zu denunzieren?“
„Exakt! Jemand hat es auf mich abgesehen!“
„Ich bitte Sie-!“
„Nein, ich meine das vollkommen ernst!“ erwiderte er und stand auf. „Ich habe dieses Exil seit Wochen nicht verlassen und der Computer da hinten enthält keine der kürzlich veröffentlichten Texte!“
Die folgenden Stunden verbrachte die Reporterin mit Telefonaten und dem Durchforsten seines PCs. Schließlich gab sie auf und schenkte ihm Glauben.
„Ich denke, Sie sprechen die Wahrheit, Mister Barker!“
„Das denke ich auch! Danke für Ihr Kommen, Miss!“ sagte Ted und schloss die Tür hinter ihr.
Das Schneetreiben setzte wieder ein. Langsam wuchsen die Fensterbänke zu und hüllten das Innere der Hütte in lockere Dunkelheit. Theodor saß auf der Couch und starrte in das Kaminfeuer. Das Knistern weckte Erinnerungen in ihm, die er am liebsten vergessen hätte.
Alice und er waren damals am Wochenende vor Weihnachten hierher gefahren, um abzuschalten. Sie hatte Kekse gebacken und die ganze Hütte mit dem Duft verzaubert. Er war vor dem Computer gesessen und hatte geschrieben. Der Abend war der letzte, an dem sie je wieder Sex hatten, gewesen. Sie hatten noch keine Ahnung gehabt, dass alles ein jähes Ende nehmen würde.
„Zumindest hatte ich keine Ahnung!“ murmelte Ted und döste ein.

Als er die Augen wieder öffnete, war es später Nachmittag. Es klopfte an der Tür.
Theodor quälte sich auf und öffnete. Er ahnte nicht, wer da vor ihm stand.
„Mister Theodor Barker?“ fragte der schmächtige Mann.
„Jap, ebendieser! Und wer sind Sie?“
„Ich bin Sie!“
Eine leichte Überdosis Adrenalin schoss dem Schriftsteller ins Blut. Schweiß benetzte erst seine Hände, dann seine Stirn und schließlich seinen gesamten Körper. Augenblicklich war sein Bademantel durchtränkt.
Wut und Erleichterung machten sich in ihm breit. Er hatte nicht nach dem Unhold, der sein ohnehin ruinenhaftes Leben zu zerstören versuchte, suchen müssen. Er war von selbst gekommen.
„Sie treiben als Unfug in meinem Namen?“ bellte Ted.
Der Mann trat schweigend ein.
„Moment mal!“
„Nettes Haus haben Sie hier“ sagte er schließlich.
„Jetzt passen Sie gut auf, Freundchen!“
„Gewiss nicht, Mister! Sie treiben Unfug in meinem Namen!“
„Was bitte?!“
„Ich bin nur gekommen, um Ihnen zu sagen, dass Sie gefälligst aufhören sollen, meinen Namen in Dreck zu ziehen, bevor noch etwas Schlimmes passiert!“
„Drohen Sie mir?“
„Nein, ich verspreche!“ erwiderte der Mann.
Teds Gesicht verfinsterte sich. Er hatte immer an das Gute in den Menschen geglaubt und Horrorstories geschrieben, um ihre unterdrückte, dunkle Seite zu befriedigen. Nun musste er feststellen, dass er diese offensichtlich nur geschürt hatte. Ein Inferno brannte in ihm auf. Sein Blut kochte.
Plötzlich begann der Mann zu lachen. Lauthals wiehernd ließ er sich auf der Couch nieder, zog eine Pfeife aus dem Mantel und zündete sie an.
„Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind, und eigentlich interessiert es mich auch einen Scheißdreck, aber wenn Sie nicht auf der Stelle verschwinden, löse ich Ihr Versprechen ein!“ schrie Ted.
Der Mann sah ihn beleidigt an. „Ich habe immer gewusst, dass Sie leicht zu täuschen sind, Mister Barker!“
Ted warf die Tür zu und schritt zum Kamin. „Das wussten Sie also, ja?“
„Mhm. Menschen, die andere mit Leichtigkeit täuschen können, sind immer ebenso anfällig dafür – wenn nicht sogar nicht mehr!“ sagte der Unbekannte und lachte abermals, „Erinnern Sie sich an Ihr Buch Die Klauen des Bösen? Meine Frau hat es verschlungen. Eines Abends kam ich von der Arbeit nach Hause. Ich war todmüde, wissen Sie?“
„Was soll das hier?“
„Ich ging in mein Schlafzimmer. Dort lag das Buch auf dem Bett, darin ein Serviette als Lesezeichen. Ich habe es nie beachtete, doch an jenem Abend schien es mich zu rufen. Wissen Sie, was auf dieser Serviette stand, Mister Barker?“ Er legte eine theatralische Pause ein und zog an der Pfeife. „Dort stand: die letzte Nacht war großartig, Baby! In Liebe, Jack!“
„Oh, Ihre Frau hat Sie betrogen? Wundert Sie das, Spinner?“
Der Mann fuhr gelassen fort, „Als Mary schließlich aus dem Badezimmer kam, habe ich so lange auf ihren wunderschönen Kopf eingeschlagen bis er völlig leer war!“
Die tosende Wut in Ted wich der Panik. „Was-wollen-Sie-hier?“
„Ich will Ihr Leben ebenso zerstören, wie Sie meines zerstört haben! Ich will es in Schutt und Asche legen! Ich will die Ihren brennen sehen, Mister Barker, und auf den Trümmern Ihrer Existenz herumtrampeln – genauso wie Sie auf meinen!“ erwiderte der Mann kalt.
Die Wut kehrte zurück. Sie stieg empor wie ein Phönix und durchstieß Ted wie ein Speer. Er griff nach dem Schürhaken neben dem Kamin, drehte sich um und schlug auf den Unbekannten ein. Der erste Schlag war oberflächlich, der zweite riss die Kopfhaut des Mannes auf. Der dritte Treffer durchbohrte den Schädel des Mannes und versenkte den Haken in seinem Großhirn. Wie eine Gummipuppe fiel der leblose Körper von der Couch, als Ted die Waffe aus ihm herauszog.
„Du verfickter Mistkerl! Trümmer meiner Existenz, ha?“ kreischte er, doch plötzlich überkam ihn Panik. Sie hatte gewartet bis es vorüber war, doch nun tänzelte sie um ihn herum und lachte.
„Scheiße!“ murmelte er.
Ted ließ den blutigen Schürhaken fallen und sank zu Boden. Er war erschöpft.
Irgendwann wurde die Tür aufgetreten. Männer in Uniformen strömten ein, zielten mit silbrig schimmernden Revolvern auf den Schriftsteller und legten ihm Handschellen an. Er war schwerelos. Er fühlte sich, als würde er von oben auf seine Verhaftung herabsehen – in Zeitlupe. Die Stimmen der Beamten, die ihm seine Rechte vorbeteten, klangen dumpf und verzerrt.

Der Mann, den Theodor Barker erschlagen hatte, war Randolf Kucera. Er hatte die Polizei verständig, bevor er bei dem Schriftsteller angeläutet hatte. Er wollte sein Leben zerstören. Er hatte sein Leben zerstört.

 

Hallo lettersfromtroy

Und Herzlich Willkommen bei kurzgeschichten.de.

Richtig überzeugen konnte mich dein Debüt leider nicht. Zunächst einmal wundere ich mich, weshalb die Geschichte in den USA spielt. Gibt es dafür einen Grund? Ich störe mich an sowas immer ein wenig, da denke ich immer ich lese etwas Übersetztes, das eigentlich ein anderer in einer anderen Sprache geschrieben hat. Nur weil man selbst viele Geschichten / Romane liest, die in den Staaten spielen (weil sie eben von US-Autoren kommen), muss man das selbst nicht auch so machen. Das aber nur am Rande.

Das Hauptproblem an der Geschichte für mich sind die Figuren, deren Motive ich nicht nachvollziehen kann.
Fangen wir mal mit dem Telefonat von Ted und seinem Agenten an: Sein Agent erzählt ihm, jemand habe unter seinem Namen eine schlechte Geschichte irgendwo veröffentlicht. Das juckt ihn überhaupt nicht gross, bis er, am nächsten Tag, eine Abschrift dieser Geschichte liest. Dann ist er plötzlich Feuer und Flamme und will das unbedingt sofort mit seinem Agenten klären. Woher kommt dieser Sinneswandel?

Wenn es sich wirklich um einen derart berühmten und erfolgreichen Autor handelt, dass es irgendjemanden kümmert, wenn in einem Schundblatt eine schlechte Geschichte von ihm auftaucht, glaube ich auch nicht, dass der Agent einfach sagt: Das war's. Endgültig! Versteh ich überhaupt nicht, was das soll. Gibt es nicht Verträge zwischen Autoren und Agenten / Verlagen? Dann kann man doch nicht einfach sagen, so, das wars jetzt, ich hab keine Lust mehr.

Sehr seltsam fand ich auch den Auftritt der Reporterin. Dein Prot. wirkt nicht so, als ob ihn das ganze gross stört. So macht er keine Versuche, das ganze bei seinem Agenten / seinem Verlag richtig zu stellen. Er ruft keine Freunde an, niemanden aus seiner Familie. Der sitzt einfach in seiner Hütte und macht gar nix, dann ist es ihm aber so wichtig, dass er eine Reporterin vom Time Magazine (!) zu sich bestellt. Wenn er einen solchen gesellschaftlichen Stand hat, warum belagern dann nicht unzählige Reporter sein Haus? Erinnere dich doch mal, wie es Margot Käßmann ging, die ja auch betrunken am Steuer erwischt wurde. Da war was los im Boulevard-Dschungel. Mag ja sein, dass dein Autor keine so wichtige Persönlichkeit ist, aber warum taucht dann jemand vom Time Magazine auf? Das ist doch absurd, warum geht er nicht zur Polizei und stellt das klar, warum ruft er keine Freunde an ...

Also so gehts leider weiter. Auch der Plot am Ende, das ist doch an den Haaren herbeigezogen mit der Serviette im Buch, und warum macht der Typ jetzt den Autor verantworlich? Nur weil seine Frau ein Buch von ihm gelesen hat? Versteh ich nicht. So, aber selbst wenn das so sein sollte, jetzt will er den Autor fertig machen ... und macht das, indem er eine schlechte Geschichte unter seinem Namen veröffentlicht? Hallo? Und irgendein Schundmagazin druckt das auch noch, obwohl es so schlecht ist? Und dann gibts einen namhaften Rezensenten, der Kurzgeschichten in Schundblättern rezensiert? Und am Ende "opfert" sich der Mann, um so das Leben des Autors zu zerstören? Clint Eastwood lässt grüssen ... aber woher weiss er denn, dass der Autor ihn umbringen wird?

Also tut mir leid, aber handlungsmässig passt an der Geschichte eigentlich gar nichts zusammen. Das ist alles so zusammengewürfelt, konstruiert, nicht nachvollziehbar. Dazu dann noch die Klischee-Figur des abgehalfterten Autors, den seine Exfrau total ausgenommen hat (wie und warum eigentlich?). Braucht es diese Nebenhandlung in der Geschichte überhaupt?

Eigentlich ist es schade, weil dein Stil sehr angenehm war zu lesen. Waren auch ein paar recht gute Sätze dabei, also das ist nicht das Problem. Es sind die Figuren, es ist die Handlung. Du solltest versuchen, da zu investieren, die Handlung glaubhafter zu machen. Überleg dir, wie deine Figuren realistisch agieren, gebe ihnen vernünftige Gründe dafür. So ist das alles ein ziemliches Durcheinander. Dann solltest du dir einen Haupt-Handlungsstrang zurecht legen und Nebenstränge nur dann erwähnen, wenn sie die Geschichte, die Haupthandlung, vorwärts bringen. Die Reporterin tut das bspw. nicht. Sie taucht auf, "forscht" nach (wie das geht, ohne dass sie das Haus verlässt, ist mir schleierhaft) und geht wieder. Das wars. Dann spielt sie keine Rolle mehr. Oder halt auch die Geschichte mit der rachsüchtigen Exfrau (die ihn anruft, nur um ihm zu sagen, dass sie mit ihm nichts mehr zu tun haben will - warum dann der Anruf, frage ich mich). Versuche ein wenig, von diesen Stereotypen wegzukommen - betrunkener Autor, rachsüchtige Exfrau - das ist bekanntes Land, das hat man schon so oft gelesen und gehört.

Jetzt noch ein wenig Textarbeit (positiv anzumerken ist, dass es sehr wenig RS- und Kommafehler gibt, wie gesagt, das ist nicht das Problem an dieser Geschichte):

„Komm runter! Was ist los?“ erwiderte er.

Komma zwischen der direkten Rede und dem restlichen Teil des Satzes.

Was?! Scheiße, Ted, es ist mein Ernst!

Ein Konstrukt wie ?! solltest du in einem literarischen Text vermeiden.

„Klar! Weiß nur nicht, wie ich dir helfen kann! Ich weiß nur mit Sicherheit, dass ich seit der Trennung von Alice kein verdammtes Wort geschrieben habe!“

Ziemlich inflationäre Verwendung des Ausrufezeichens, finde ich.

Kurz vor Mitternacht riss ihn das Geräusch eines unter Schneemassen brechenden Astes aus dem Schlaf.

Naja, er weiss ja nicht, warum der Ast bricht ... würde das Fettgedruckte streichen.

Der Texte, gezeichnet mit seinem Namen, war tatsächlich literarischer Müll.

Der Text

Er füllte ein Glas mit Wasser, exte es und setzte sich wieder auf die Couch im Wohnzimmer.

"exte" gefällt mir hier nicht gut, ist ja eher Umgangssprache. "Trank es mit einem Schluck" o.ä. fände ich besser.

Schließlich nahm er den Deckel vom Mülleimer und begann das kühle Chaos in seinem Wohnzimmer zu beseitigen.

Ein Haufen Schnee ist kühl? Eher kalt, oder ...? Würde aber auch hier dieses Adjektiv streichen.

Die folgenden Stunden verbrachte die Reporterin mit Telefonaten und dem Durchforsten seines PCs. Schließlich gab sie auf und schenkte ihm Glauben.

Ähm ... weil sie auf seinem Computer keine Geschichte gefunden hat, beweist das, dass er keine geschrieben hat? Naja ... aber zur Glaubwürdigkeit hab ich ja oben schon genug geschrieben.

Der Abend war der letzte, an dem sie je wieder Sex hatten, gewesen.

Hm, das geht so nicht mit dem "je wieder Sex hatten", und das PQP mit dem eingeschobenen Satz klingt auch nicht so gut. Vielleicht: "Es war der Abend gewesen, an dem sie zum letzten Mal Sex hatten" oder so.

„Sie treiben als Unfug in meinem Namen?“

also

Er hatte immer an das Gute in den Menschen geglaubt und Horrorstories geschrieben, um ihre unterdrückte, dunkle Seite zu befriedigen. Nun musste er feststellen, dass er diese offensichtlich nur geschürt hatte.

Warum sollte er annehmen, dass seine Geschichten das ausgelöst haben?
Der Mann, den Theodor Barker erschlagen hatte, war Randolf Kucera. Er hatte die Polizei verständig, bevor er bei dem Schriftsteller angeläutet hatte. Er wollte sein Leben zerstören. Er hatte sein Leben zerstört.

Verständigt.

Der letzte Abschnitt, so als eingeschobene Erklärung, finde ich nicht wirklich gelungen. Das ist ein bisschen einfallslos. Gibt es keine bessere Möglichkeit, das dem Leser zu erklären?

Da ich es wie gesagt rein vom Stil her als angenehm empfand, würde ich gerne weitere Geschichten von dir lesen, dieses Mal aber bitte mit glaubwürdigen Figuren.

Viele Grüsse.

 

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