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Zwischen den Büchern

Seniors
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04.08.2001
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Zwischen den Büchern

Tom wurde von dem Fremden angesprochen, im selben Moment, in dem sein Magen wieder krampfte. Es regnete, die Leute hasteten an ihm vorüber als er sich auf eine Bank fallen ließ. Der Unbekannte stand neben ihm und beobachtete, wie er sich wand.
„Sablionski?“
Das bekam Tom nicht mit, er versuchte flach zu atmen und dachte: Vierundsechzig!
Auch wenn er sich anstrengte, er konnte die Verzweiflung nicht aus seinem Blick heraushalten.
„Was?“
Erst jetzt nahm Tom den Fremden wahr, langsam ebbten die Wellen des Schmerzes ab. Zwei Dinge kamen ihm gleichzeitig zu Bewusstsein: Dass er wohl gesprochen haben musste und dass da ein Neger vor ihm stand.
„Vierundsechzig“, keuchte Tom. „Vierundsechzig Jahre hab’ ich das verdammte Geschwür überlebt und jetzt wird’s immer schlimmer.“
„Sablionski?“, fragte der Schwarze noch einmal. Auf eine ungewisse Art sah er für Tom gar nicht wie ein Farbiger aus, er war lässig gekleidet, aber seine ganze Erscheinung – die Lederjacke mit abgenutzten Ellenbogen, die Jeans, die ein Tick zu ausgewaschen war – hatte etwas Liederliches.
Tom stand auf – es ging schon wieder – und machte sich auf den Weg.
„Lassen Sie mich in Ruhe“, knurrte er.
Der Neger folgte ihm und lief nebenher. Zugegeben, dazu gehörte nicht viel, er hätte gut Toms Sohn sein können. Trotzdem kam es Tom so vor, als springe ein Hündchen um seine Füße.
„Ich muss Sie sprechen, Meister“, sagte er.
Tom blieb stehen, starrte ihm ins Gesicht und hoffte, es klang fest, als er sagte: „Verpiss dich!“
Sie gingen weiter. Beide.
Irgendwann sagte Tom mehr zu sich: „Ich bin ein kranker Mann.“
Der Neger lachte leise. „Ein Mann, der seine Arztrechnungen nicht mehr bezahlen kann.“
Das Tempo ging schon beinahe über seine Kräfte, doch der Schwarze neben ihm schien noch zu tänzeln.
„Was weißt du schon, Freundchen. Es gibt gar keine Rechnungen, weil mich niemand mehr behandeln will.“
„Das ist traurig.“ Er meinte es nicht ernst.
„Für einen Neger kannst du ziemlich gut Deutsch“, ätzte Tom.
Der Neger lachte.
Es regnete weiter, sie waren durchnässt, doch diesmal war Tom im Vorteil: Ihm war es egal, woran er krepierte.
Dann wurde es ihm zuviel, er stoppte, der Schwarze hielt an und sie standen sich in dem Sauwetter gegenüber.
„Was willst du?“, fragte Tom.
Der Neger grinste und wischte sich den Regen aus dem Gesicht.
„Wie wäre es, wenn Sie Alleinerbe einer riesigen Stadtvilla wären?“
Tom wandte sich ab und ging weiter.
„Verarsch wen anders!“
„Sie sind doch Sablionski.“ Der Schwarze blieb stehen, er war sich sehr sicher. „Tom Sablionski.“

Fritz, die Qualle, saß in seinem Stammlokal auf zwei Hockern mit dem Rücken an der Bar. Es war vormittags und der wirklich rege Betrieb ließ noch auf sich warten. Fritz hatte die Arme auf den Tresen ausgebreitet, so dass man zwei hässliche Schweißflecke auf seinem Hemd sah.
Das einzige Merkmal, das ihn von einem richtig fetten Gangster unterschied, war die Tatsache, dass er Asiat war. Er war ein fetter Vietnamese, der Gangster spielte.
Ihm gegenüber stand Che, ein dürrer, sonnengegerbter Wicht, der stolz auf das bisschen Indio-Blut war, das sich in seinen Adern herumtrieb. Sein Vorbild war Che Guevara und er traute sich nicht öffentlich zu machen, dass er Klaus Schäffler hieß.
„Nerv nich!“, sagte Fritz, die Qualle in dem Moment, in dem Che zu sprechen anfangen wollte. „Ich hab Hunger. Und wenn ich Hunger kriege, bin ich nicht zu genießen.“
Che war nicht bei sich, irgendein Zeug hatte er sicher eingeworfen.
„Nimm doch Tortillas“, nölte er. „Tortillas ham’se bestimmt.“
Fritz, die Qualle bewegte sich, doch man konnte nicht sagen, welches Körperteil. Der gesamte Leib vibrierte.
„Von Tortillas krieg ich Sodbrennen.“
Er verzog den Mund, und wieder geriet sein Körper in Schwingungen.
Ohne Übergang wurde er ernst, eine schwere Pranke schnellte zu Che und packte ihn am Kragen. Fritz zog ihn zu sich heran, fast ohne sich zu bewegen.
„Hör zu“, zischte er. „Wir machen den Coup.“
„Was? Ich denke…“
„Halts Maul, wir machen’s.“ Er ließ Che frei. „Der Alte ist so blöd und gibt uns zehn Riesen dafür.“
Er grinste und nahm für einen Moment das Aussehen eines glücklichen Buddhas an.
„Wir gehen da rein, suchen uns die Bibliothek und holen das verdammte Buch. Schmeißen es Kieling vor die Füße und sind um zehntausend reicher.“
„Ganz einfach“, bestätigte Che. Er war wieder aufgeregt und zappelte herum wie ein Kind.
„Welches Buch ist zehntausend Wert?“, fragte er.
Fritz, die Qualle schwieg, Che starrte ihn an.
„Weiß nicht“, antwortete Fritz schließlich. „Irgend so’n Satans-Scheiß.“

Der Tee tat Toms Magen gut, der Neger hatte sich einen Whisky kommen lassen.
„Privatdetektiv?“, fragte er in einem Ton, als rezitiere er aus der Bibel.
„Ja, ich weiß“, antwortete der Schwarze. „Man denkt, die gibt’s nur im Film.“
Tom ließ den Tee im Mund rollen und schüttelte den Kopf. „Nur in den schlechten.“
„Hab sonst auch nicht viel zu tun“, sagte der Schwarze. „Paar hysterische Frauen, alte Männer, die noch mal jung sein wollen. So’n Zeug.“
Tom rührte in seinem Tee, nur um irgendwas zu tun.
„Und dann kam dieser Mann in meine Wohnung, Kieling. Ich hab kein Büro, zu teuer. Versteh’n Sie? Er hatte schneeweißes Haar und einen Blick, der einem ständig Löcher in den Leib bohrte. Er sagte, er sei Nachlassverwalter eines Grafen Hardenberg und will, dass ich den einzigen Erben ausfindig mache, der noch existiert.“
„Das glauben Sie ja selbst nicht.“
„Hab ich auch gesagt, aber er hat gelacht, ohne dass seine Augen was davon mitbekamen. Dann machte er seine Aktentasche auf und zählte dreitausend Euro auf den Tisch.“
Tom hörte auf zu rühren.
„Noch mal soviel soll es geben, wenn ich einen gewissen Tom Sablionski in der Stadtvilla in Grunewald abliefere.“
„Schwer abzukaufen“, schnarrte Tom.
„Um genau zu sein, in der Bibliothek des Hauses. Denn die scheint das einzige zu sein, was Wert hat in dem Gebäude.“
Tom trank den Tee in einem letzten Zug aus. Sein Magen machte sich schon wieder bemerkbar. Er stand auf und ließ ein paar Euros auf den Tisch fallen.
„Ich lad Sie ein, Mister Superdetektiv. Ich kann Ihnen eine Liste wirklich guter Ärzte geben, die werden Sie brauchen.“
Er nahm seine Jacke vom Haken.
„Mann!“ Der Neger sprang ebenfalls auf. „Bringen Sie mich doch nicht um die andern dreitausend!“
„Ich soll Ihnen glauben?“, fragte Tom und hielt inne.
„Ja, Mann. Das müssen Sie!“
„Ach, hör auf! Ich weiß ja noch nicht mal Ihren Namen.“

Als er über die Fahrtgeräusche seines zwanzig Jahre alten Ford Fiesta hinweg brüllte: „Max!“, da konnte Tom ein Grinsen nicht verhindern.
„Ich dachte, Privatdetektive heißen Phillip oder Sam“, sagte er, doch er wusste nicht, ob Max ihn verstanden hatte.
Sie fuhren eine Weile schweigend über die Autobahn und ließen die Fahrzeuge an sich vorbeischießen. Plötzlich musste Tom lachen.
Max sah ihn an.
„Ein Neger namens Max, das gibt’s nicht!“
Er lachte weiter, bis ihn ein neuerlicher Krampfanfall schüttelte. Er krallte sich im Polster fest und gab vor, es wäre alles in Ordnung. Doch er wusste, dass Max ihn anstarrte.
Als alles wieder vorbei war, wischte er sich zitternd über den Mund. Max sagte, während er nach vorn sah: „Das war für den Neger.“

Der Regen ließ nicht nach. Je weiter ostwärts sie kamen, desto ungeheuerlicher erschien es Tom, dass er mit diesem Schwarzen hier nach Berlin unterwegs war, um irgendeine Bibliothek in einem unbekannten Herrenhaus zu übernehmen.
„Ich soll dich nur abliefern“, hatte Max gesagt. „Alles weitere – ohne mich.“
Tom war überzeugt, Opfer eines Witzboldes zu sein oder eines Irren.
„Der alte Knacker war Einsiedler, lebte völlig allein. Kurz bevor er starb soll er dabei gewesen sein, irgendwelche Dämonen zu beschwören. Finstere Kräfte.“
Der dunkle Tonfall und seine gezwungen heitere Miene wollten nicht zueinander passen.
„Ach du Scheiße“, keuchte Tom. „Das hat mir noch gefehlt.“ Dann fragte er: „Was mache ich hier eigentlich?“
Max grinste ihn an. „Du bist einfach nur neugierig, Mann.“

„Warum holt er das Buch nicht selber?“
Seine Haltung hatte Fritz, die Qualle kein bisschen verändert. Lediglich der Ort hatte gewechselt. Die fetten Arme lagen über dem Rücksitzpolster seines Audi S8, der mächtige Leib drückte eine Kuhle ins Polster und er hatte es tatsächlich geschafft, eines seiner schwammigen Beine über das andere zu legen.
Er konnte das Gähnen kaum unterdrücken. „Was kümmert’s uns, du Schwachkopf? Schau nach vorn!“
Sie waren auf der vielbefahrenen Autobahn Richtung Berlin unterwegs, Fritz schätzte, dass sie sich spätestens in drei Stunden auf der Rückfahrt befinden würden.
„Das ist wie ein Spaziergang“, beruhigte er Che. „Das Haus liegt mitten in der Stadt und ist unbewohnt. Wir gehen in die Bibliothek, suchen uns das Buch und verschwinden sofort. Keiner wird uns sehen.“
Der Wagen surrte leise dahin, sie hatten es nicht eilig. Im Übrigen war es Wahnsinn, bei diesem Wetter zu rasen.
„Wie heißt das Buch?“
Che mit seinem untrüglichen Indianerinstinkt war auf der richtigen Fährte.
„Der Höllenzwang.“
„He?“ Ein klein wenig verriss Che das Steuer.
„Wir werden es schon erkennen“, knurrte Fritz. Langsam schloss er die Augen und ließ einen friedlichen Ausdruck in sein Gesicht ziehen.
„Woran werden wir es erkennen?“
Fritz antwortete nicht, Che beobachtete ihn im Rückspiegel und fragte sich, ob er eingeschlafen war.
„Es ist ein magisches Buch“, tönte Fritz schließlich. „Ein ganz und gar magisches Buch. Kieling hat mir gesagt, nicht wir werden das Buch finden, sondern das Buch uns. Also, mach die keine Sorgen, Che. Bring uns nur nach Berlin.“

Das Haus lag sehr ruhig und sehr verschlafen hinter einem Gestrüpp wie Dornröschens Schloss.
Fritz, die Qualle hatte Mühe, sich aus dem Fond des Wagens zu schälen, als er es endlich fertig gebracht hatte, lauerte Che schon vor der Eingangstür und sah ihn an.
Die Tür stand offen und Fritz wollte ihn tadeln, doch Che sagte: „Sie war schon auf.“
Fritz schnaufte näher, er ging an Che vorbei und flüsterte: „Nimm deine Pistole, Che.“
Sie verhielten sich äußerst vorsichtig, im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Fritz versuchte, sich leise vorwärts zu bewegen, seine Leibesfülle allerdings sprach dagegen.
Das untere Stockwerk war verwaist, es machte nicht unbedingt den Eindruck, als sei es unbewohnt, aber es wirkte alles wie verlassen.
Ein Aufzug brachte sie in die erste Etage. Dort war es ähnlich, sie kamen vorbei an Möbeln, die mit Staub bedeckt waren, an Spiegeln, deren Oberfläche stumpf und blind erschien.
„Die Bibliothek“, zischte Fritz. „Wir suchen die verdammte Bibliothek.“
Che fand sie schließlich, als er das Klo suchte, die Tür befand sich – völlig unscheinbar – am Ende eines schmalen Ganges. Die Qualle Fritz war tiefrot im Gesicht und schwitzte bestialisch, aber seine Laune war bestens.
Der Raum hinter der Tür schien aus einer gänzlich anderen Welt zu stammen. Er war hoch, beinahe wie eine Kathedrale, die Wände, der Raum - voll gestellt mit Regalen gefüllt mit Büchern. Die Schritte waren kaum zu hören, jedes Geräusch wurde verschluckt von den Bücherbeständen, den Wandregalen, den Teppichen.
„Wie wollen wir das Buch finden?“, fragte Che noch einmal, während er an einem Regal hinaufblickte. Er musste den Kopf strecken, denn es war mindestens doppelt so groß wie er.
„Was ist das für ein Licht?“
Fritz gab sich nicht dem Zauber der Bücher hin, zwischen den Regalen flackerte etwas.
„Kommen Sie!“, rief jemand. Und wundersamerweise dröhnte seine Stimme wie in einem Konzertsaal.
„Geh vor“, sagte Fritz nur, Che gehorchte aus reiner Gewohnheit.
Es war ein bizarres Bild, das sich ihnen bot, als sie das Regal umrundet hatten. Eine Unmenge Kerzen waren auf dem Boden verteilt und verbreiteten unstetes Licht. In dem Kreis, der ausgespart war, hockte ein Mann zusammengekrümmt, mit den Händen vor dem Bauch. An seiner Seite kniete ein Farbiger mit Sorge im Blick.
Und hinter den Beiden – außerhalb des Kreises – saß ein alter Mann in einem Rollstuhl. Er hatte eine Pistole in den Händen und er lächelte.
„Kommen Sie, treten Sie näher!“ Seine Stimme war gleichzeitig freundlich und fordernd. Fritz, die Qualle leistete Folge und Che trottete hinterher.
„Kieling“, krächzte Fritz. „Was machen Sie denn hier, was soll das?“ Er witterte Verrat.
Der alte Mann lächelte weiter.
Der Schwarze rief: „Du bist aber so was von auf dem Holzweg, Kumpel.“
Der Alte wedelte mit der Pistole. „Kommen Sie schon, hier ist Ihr Platz!“ Er deutete in die Mitte des Kreises, wo die beiden anderen Männer saßen.
„Das ist Kieling“, zischte Fritz an Che gewandt. „Er war es, der uns beauftragt hat, das Buch hier rauszuholen.“
Der Mann im Rollstuhl kicherte. Seine wirren weißen Haare fielen ihm ins Gesicht; als das Lachen ausebben wollte, ging es über in ein gequältes Husten.
„Ich benötige vier Personen“, sagte er.
Der Schwarze rief: „Mir hat er gesagt, ich sollte Sablionski finden, der die Hütte hier erbt.“
„Verstehen Sie“, fuhr der Alte fort. „Vier ungleiche Menschen.“
Fritz, die Qualle verstand überhaupt nicht.
„Sie sind Kieling“, sagte er, schaute unsicher, als der Schwarze wieder lachte und fragte: „Nicht?“
„Vor allen Dingen mussten sie sich unterscheiden. Am Besten verschiedener Hautfarbe sein.“
Er wedelte noch einmal mit der Waffe, diesmal nachdrücklicher.
„Was soll das Ganze?“, keifte Fritz.
„Er will den Teufel beschwören“, rief der Schwarze. Der Mann zu seinen Füßen regte sich, nur um zu stöhnen und die Hände neuerlich auf den Bauch zu pressen.
„Ein Dämon.“ Der Alte lächelte wieder. „Aber dafür brauche ich Sie. Einen Chinesen“ – er nickte Fritz zu, der ihn anknurrte: „Vietnamese!“ – „einen Schwarzen“ – der Blick ging zur anderen Seite – „einen Weißen und einen Indio.“ Che zuckte zusammen.
„Hach“, freute sich der Alte. „Es passt alles zusammen. Ich brauche einen Todgeweihten. Hab ich.“ Er begann mit den Fingern mitzuzählen. „Einen abgrundtief schlechten Menschen“ – ein erneutes Lächeln in Richtung Fritz – „einen Dummkopf“ – Che – „und einen guten Menschen.“ Er strahlte. „Sie sind das perfekte Quartett, meine Herren. Wenn ich Sie dann also bitten dürfte!“
Er hatte seine Pistole wieder auf Fritz gerichtet.
Der schnaubte. „Soll der Scheiß? Ich glaub, ich spinne.“
Che fragte: „Kein Buch? Wir suchen kein Buch?“
„Kommen Sie“, erwiderte der Alte im Rollstuhl und dann mit fester Stimme: „Sie müssen nicht leben, um für das Ritual nützlich zu sein.“
Als die Beiden sich noch immer nicht in den Kreis bewegten, feuerte er einmal in die Höhe ab.
Che sprang zwischen den Kerzen hindurch in den Kreis, Fritz schob sich langsam hinterher.
Irgendetwas bewegte sich, es rieselte von der Decke.
Die vier Personen befanden sich nunmehr in dem Kreis, der aus Kerzen gebildet war, drei von ihnen standen, Tom hatte sich halb aufgerichtet. Sie starrten den Alten an.
„Ich bin Graf Hardenberg“, sagte er. „Ich bin natürlich nicht tot. Ich bin nicht mein eigener Testamentvollstrecker und ich bin auch nicht Florian Kieling, auf der Suche nach dem Buch „Höllenzwang“.“
Fritz stöhnte.
„Das besitze ich längst. Ich bin mein halbes Leben Eigentümer dieses Buches gewesen. Und genauso lang versuche ich das darin beschriebene Ritual durchzuführen. Ich war immer auf der Suche nach den richtigen Figuren, nach der passenden Konstellation.“
Er legte die Pistole auf seinem Schoß ab und rollte hinüber zu einem kleinen Lesepult. Es war soweit herabgelassen, dass es für ihn bequem erreichbar war. Ein Buch darauf, ein schwerer Band, aufgeschlagen, mit einem Lederstreifen versehen.
„Schauen Sie!“ Er zitierte: „Han ath Zael Jesus Maria Aziel Hativ hai.“
Seine Stimme wurde leiser, ein Geräusch durchzog die Reihen der Bücherregale. Die Seiten der Schriften wisperten, als stöhnten sie. Graf Hardenberg verstummte.
Ein Wind zog durch die Halle und ließ die Lichter erzittern, von irgendwoher ertönte ein Seufzen.
„Scheiße, was passiert hier“, fragte der Schwarze.
„Aziel“, hauchte der Alte. Dann fuhr er fort in seiner Litanei, er hob die Stimme, dann senkte er sie wieder. Sie konkurrierte in einem mit dem Heulen des Windes, der durch die Mauern fuhr. Er rüttelte an den Grundfesten des Hauses, es stob, es lärmte, selbst der Graf in seinem Rollstuhl schaute verängstigt um sich.
Er stieß weiter Formeln aus, schloss mit: „In nomini jesus christus!“
Dann schaute er auf wie ein Märchenonkel.
Die vier Personen im Kreis beobachteten, wie er sich mit seinem Rollstuhl in Bewegung setzte und die Pistole wieder zur Hand nahm.
„Ich muss dabei sein“, sagte er. „Im Kreis. Sonst nützt es mir nichts.“
Tom sackte wieder zurück, die Kräfte hatten ihn verlassen. Die anderen beobachteten atemlos, wie außerhalb des Kreises das Inferno entfesselt wurde.
Der Lärm dröhnte von allen Seiten auf sie ein, die Bücherregale schwankten, als hätten sie einen eigenen Willen. Der Staub, der aufgewirbelt wurde, umwehte sie, drang aber nicht direkt bis zu ihnen.
Ein Grollen, und dann begannen die ersten Bücher von oben herab zu stürzen, als stände jemand dahinter und stieße sie heraus. Sie schossen auf sie zu, doch eine unsichtbare Kraft hielt sie von ihnen fern. Sie spürten nur den Luftzug, der sie striff.
„Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Max war blass geworden. „Warum machen Sie das?!“
Der Graf war ohne Regung. „Ich werde wieder gehen können“, sagte er mit fremder Stimme. „Ich werde Millionen Mal mehr wissen, als in diesen Büchern steht. Ich werde alles wissen, verstehen Sie? Ich werde soviel Macht haben, als wäre ich Gott!“
Plötzlich begann er zu singen. Er schaute in die Höhe und stieß einen klagenden, singenden Ton aus: „Aaaziiiiielll…“
Ein schauerliches Geräusch, das sich nahtlos einpasste in den Klangteppich um sie herum. Ein Ton, der scheinbar aus allen Richtungen auf sie zurückfiel.
Plötzlich ein dumpfes Geräusch, dann Stille. Totenstille.
Graf Hardenberg war verstummt, er kippte vornüber in seinem Rollstuhl und blieb reglos hängen. Hinter ihm stand Tom, mit dem schweren Wälzer – „Höllenzwang“ – in den Händen, den er dem Alten über den Schädel gezogen hatte. Kaum dass er sich auf den Beinen halten konnte, warf er das Buch auf den Boden.
„Schund“, sagte er und sackte zusammen.
„Wir müssen hier raus“, brüllte Max. Er griff Tom unter die Arme und versuchte ihn hochzuheben. Zu schwer für einen Mann! Max winkte Che, der Sekunden brauchte, um zu begreifen. Dann eilte er heran und half.
Gemeinsam zogen sie Tom aus dem Kreis und zwischen den wankenden Regalen hindurch. Bücher prasselten noch immer wie tödliche Geschosse auf sie herab, es knirschte, als wollte das ganze Haus zusammenbrechen.
„Das ganze Haus bricht zusammen“, schrie Fritz, die Qualle.
Max wandte sich zurück und herrschte ihn an: „Nehmen Sie den Spinner da mit raus!“
Sie schafften es rechtzeitig, über den Fahrstuhl die Villa zu verlassen. Draußen legten sie Tom in gebührendem Abstand ins Gras und rollten den immer noch bewusstlosen Grafen Hardenberg neben ihn. Dann standen sie schwer atmend und beobachteten, wie das Gebäude sein Gefecht gegen die Gravitation führte.
Es klagte und seufzte, es jammerte und schrie, und irgendwann – niemand wusste, wie lange es gedauert hatte – kam es endlich zur Ruhe. Es stand noch, aus den Fenstern stieg Staub, ansonsten schien es unberührt. Kein Anzeichen des eben gewonnenen Kampfes. Nur der Regen erzeugte ein sanftes Geräusch.
Tom regte sich. Max wandte sich zu ihm um und hielt seinen Kopf.
„Was für eine Scheiße“, stöhnte Tom. „Ich glaube, ich trete das Erbe nicht an.“
Max musste lachen, Che stimmte mit ein.
Nur Fritz, die Qualle schaute mürrisch.

 

Dies hier ist ein Beitrag zu einer Anthologie-Ausschreibung mit dem Thema "Geheimnisvolle Bibliotheken". Ich habe eigentlich nur auf eine Absage gewartet, dass ich das Teil hier reinstellen kann.
Dass dies Stück abgelehnt wurde, hat schon seine Gründe, ich bin mir dieser auch recht genau bewusst. Das Ende, das Ende!
Ein bisschen habe ich das Teil liebgewonnen, weil ich hier ein klein wenig meiner Neigung für abstrakte Figuren nachgehen konnte.

Also, Feuer frei!

 

Hallo Hanniball,

Jetzt frage ich mich, ob ich auch vermutet hätte, dass die Geschichte für eine Anthologie geschrieben wurde, wenn du es nicht vorher verraten hättest. Sie hat für mich nämlich die klassischen Schwächen so einer "Auftragsarbeit". Sie wirkt wie um das Thema herumgeschrieben und leider weitgehend uninspiriert.

Schon der Plot ist sehr dünn: Der fiese alte Teufelsbeschwörer lockt unter einem Vorwand Opfer in seine Villa, um einen Dämon zu rufen, wird aber in letzter Sekunde überwältigt. Abgeschiedens Haus, okkulter Wälzer, flackernde Kerzen ... Ach, das ist insgesamt irgendwie so abgeschmackt.

Ich glaube sogar, du hast das beim Schreiben selbst so empfunden, denn ich lese da wenig Erzählfreude heraus. Dafür gibt es ein paar - in meinen Augen - verunglückte Wendungen:

Auf eine ungewisse Art sah er für Tom gar nicht wie ein Farbiger aus, er war lässig gekleidet, aber seine ganze Erscheinung – die Lederjacke mit abgenutzten Ellenbogen, die Jeans, die ein Tick zu ausgewaschen war – hatte etwas Liederliches.
Da frage ich mich: Inwiefern sieht er nicht wie ein Farbiger aus? (Das mit der Kleidung ist ja nicht die Erläuterung dazu, oder?) Dann das "aber": Ich sehe gar keinen Gegensatz zwischen "lässiger" und "liederlicher" Kleidung.

Das einzige Merkmal, das ihn von einem richtig fetten Gangster unterschied, war die Tatsache, dass er Asiat war.
Das hat mich auch irritiert, weil die Beschreibung davor mich an alles, nur nicht an einen Gangster denken ließ. Und: Können Asiaten keine Gangster sein bzw. wie welche aussehen?

„Es passt alles zusammen. Ich brauche einen Todgeweihten. Hab ich.“ Er begann mit den Fingern mitzuzählen. „Einen abgrundtief schlechten Menschen“ – ein erneutes Lächeln in Richtung Fritz – „einen Dummkopf“ – Che – „und einen guten Menschen.“
Das ist für mich auch so ein Punkt, diese Opfer-Quartett-Geschichte. Diese Charakterisierungen wirken hier wie drübergestülpt, weil die Figuren das bisher nicht ausgedrückt haben. Das die Qualle jetzt "ein schlechter Mensch" ist, da war ich verblüfft. Oder dass Max ein besonders guter ist ...

Auch das mit dem ethnischen Aspekt haut für mich nicht hin. Ich hatte das Gefühl, das soll noch mal eine Art Pointe sein, die zündet aber nicht. Ich fand das nicht besonders spannend, aber es zwingt dich, vorher ewig auf diesen Merkmalen der Figuren herumzureiten, was da eher seltsam wirkt. Von ihrer Hautfarbe ab sind die Figuren so leider eher farblos. Am interessantesten ist noch das zwischen Max und Tom am Anfang, weil's da immerhin so ein Spannungsfeld gibt, einen gewissen Konflikt und sogar eine Wandlung der Beziehung. Aber Fritz und sein Kumpan sind ein lahmes Duo.

Die schließliche Konfrontation mit Hardenberg folgt auch leider so wenig aus der Geschichte bis dahin. Meinem Empfinden nach hätten sie da genau so gut einem Gespenst, einem Vampir oder Ghul begegnen können ...

Also, um meiner Meckerschwall hier mal abzuwürgen: Handwerklich ist es nicht schlecht gemacht, aber es ist halt zu viel bloßes Handwerk: aus Fertigteilen nach Schema F zusammengestückt.

Was mir gefallen hat: "Höllenzwang". Das ist ein toller Name für so ein Buch. Da vieles sonst aber so abziehbildartig ist, hätte ich "Necronomicon" hier fast besser gefunden. ;)

Nichts für ungut, aber du hast das Feuer ja selbst freigegeben.

Grüße,
Meridian

 

Hi Hannibal!

Du hast ja schon den größten Kritikpunkt vorweggenommen. Ja, das Ende kommt total abrupt, der größte Teil der Geschichte dient dazu, die Figuren einzuführen und dann - zack, ist sie schon wieder vorbei.

Dann kann ich ja gleich dazu übergehen zu sagen, dass ich sie trotzdem gern gelesen habe, nette Unterhaltung für Sonntagabend :)

Richtiger Horror war es aber nicht. Der Graf wirkt nie wie eine echte Bedrohung, der hält eine Rede wie ein Bond-Schurke, bis ihm jemand eins überzieht :rolleyes:

Vielleicht würde es helfen, wenn die Beschwörung etwas weiter fortschreitet bevor sie unterbrochen wird - also wenn sich da von der dämonischen Bedrohung etwas mehr zeigt als nur darin, dass das Haus zusammenbricht. :baddevil:

Abgesehen von dem Ende hat mir auch zwischendrin manchmal was gefehlt - was genau, ist schwer zu sagen. Die Motivation der Figuren für mich teilweise nicht so richtig nachvollziehbar. Max und Tom freunden sich anscheinend ziemlich schnell an, dafür dass Tom schon ziemlich rassistisch drauf ist. Und Fritz und Che - das ist halt so ein klischeehaftes Gangsterpärchen. Ich hab mich gefragt, warum der Fritz das Ganze nicht allein durchzieht. Wenn ich zehntausend Euro für etwas kriegen kann, was ich für ganz einfach halte, warum nehme ich dafür einen zweiten Mann mit, mit dem ich hinterher teilen muss? Und wieso lassen sich die zwei von einem alten Mann im Rollstuhl so einfach rumkommandieren? Gut, der hat eine Pistole, aber mindestens einer von den beiden ist doch selbst bewaffnet, siehe hier:

Fritz schnaufte näher, er ging an Che vorbei und flüsterte: „Nimm deine Pistole, Che.“

Wenn der Text für eine Ausschreibung war, vermute ich mal, es gab dafür ein Zeichenlimit und eine Deadline. Vielleicht kannst du dir jetzt noch mal Zeit nehmen und diese Sachen noch abrunden.

Hier ist noch ein bisschen Textkram:

Auf eine ungewisse Art sah er für Tom gar nicht wie ein Farbiger aus, er war lässig gekleidet, aber seine ganze Erscheinung – die Lederjacke mit abgenutzten Ellenbogen, die Jeans, die ein Tick zu ausgewaschen war – hatte etwas Liederliches.
einen Tick. Abgesehen davon fand ich die Sätze irgendwie unzusammenhängend. Lässig und und liederlich schließt sich ja nicht grundsätzlich aus, also warum das aber? Und wie soll denn Toms Meinung nach ein Schwarzer aussehen, wo ist da der Zusammenhang mit der Kleidung? Sollte Max in seiner Vorstellung eher einen Anzug tragen, oder ein traditionelles afrikanisches Gewand, oder was? :)
Edit: Ha, Meridian hat genau dasselbe geschrieben.

„Welches Buch ist zehntausend Wert?“, fragte er.
wert klein

Er hatte schneeweißes Haar und einen Blick, der einem ständig Löcher in den Leib bohrte.
Das ständig würde ich streichen.

„Sie sind Kieling“, sagte er, schaute unsicher, als der Schwarze wieder lachte und fragte: „Nicht?“
Es müsste doch der alte Mann sein, der hier lacht.

„Scheiße, was passiert hier“, fragte der Schwarze.
"Der Schwarze" häuft sich ziemlich im Text. Sobald er sich vorgestellt hat, würde ich es besser finden, ihn Max zu nennen - die anderen Figuren werden ja auch meistens mit ihren Namen bezeichnet.

Er stieß weiter Formeln aus, schloss mit: „In nomini jesus christus!“
Vielleicht ist es Absicht, Beschwörungen sind ja nicht unbedingt in fehlerfreiem Latein, aber falls es korrekt sein soll (und mich mein lange zurück liegendes Latinum hier nicht im Stich lässt), müsste es "In nomine Jesu Christi" sein.

Sie spürten nur den Luftzug, der sie striff.
streifte

Hinter ihm stand Tom, mit dem schweren Wälzer – „Höllenzwang“ – in den Händen, den er dem Alten über den Schädel gezogen hatte. Kaum dass er sich auf den Beinen halten konnte, warf er das Buch auf den Boden.
Ausgerechnet der alte Mann mit dem schmerzhaften Magengeschwür zieht das durch?

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, Hanniball,
eine Mal-Lehrerin hat mal zu mir gesagt: Kritisiere nie zur Einführung dein eigenes Werk. Du kanalisierst sonst die Aufmerksamkeit der Leser ins Negative. :lol:
Na, ob dir das jetzt hier so gegangen ist, ich weiß es nicht, es fiel mir nur ganz spontan ein.
Du bemängelst das Ende deiner Geschichte und gleichzeitig hast du sie lieb gewonnen.
So ähnlich geht es mir auch.

Was die Charaktere der vier Opfer betrifft - sie haben mir gefallen. Wenn man sich auch anfangs wundert, warum du so viel Wert auf ihre unterschiedlcihe Rassenzugehörigkeit legst.
Ich finde sie gut charakterisiert, wenn ich den Vorrednern auch tw. Recht gebe. Maxens Gutherzigkeit hättest du stärker betonen können und Fritzens Bösartigkeit ebenso. Ich finde jedoch, alles ist schon da, nur ein Quäntchen mehr fehlt einfach. Hier ein Zucken, dort ein Blinzeln. Dann gefallen sie mir völlig.
Und auch die Dialoge gefallen mir sehr gut. Sie sind frisch und gut zu lesen. Besonders gut gefiel mir, dass die Unterschiedlichkeit der Charaktere auch an ihrem Sprachstil zur Geltung kommt. Finde ich nicht einfach, so was zu machen.

Und es gibt ein paar exquisite Stellen in deiner Geschichte. Hier zwei Beispiele:

Über diese Stelle habe ich beispielsweise heute das erste Mal überhaupt gelacht. Und es ist für mich leider, das kann ich dir versichern, ein ganz beschissener Morgen. Danke dir dafür.

Ihm gegenüber stand Che, ein dürrer, sonnengegerbter Wicht, der stolz auf das bisschen Indio-Blut war, das sich in seinen Adern herumtrieb. Sein Vorbild war Che Guevara und er traute sich nicht öffentlich zu machen, dass er Klaus Schäffler hieß.

Das sich herumtreibende Blut gefiel mir und natürlich der letzte Satz.
:D Der war total klasse.

„Ein Neger namens Max, das gibt’s nicht!“
Er lachte weiter, bis ihn ein neuerlicher Krampfanfall schüttelte. Er krallte sich im Polster fest und gab vor, es wäre alles in Ordnung. Doch er wusste, dass Max ihn anstarrte.
Als alles wieder vorbei war, wischte er sich zitternd über den Mund. Max sagte, während er nach vorn sah: „Das war für den Neger.“

Auch diese Stelle fand ich super. Das kam so schön lakonisch. Hier müsste Max beispielsweise nur ein bisschen grinsen und schon würde man merken, dass er anfängt, so ein bisschen Spaß an dem rassistischen, alten Zausel zu haben. Und er ist gleichzeitig beides: ein offener Typ, der Spaß an seinen Mitmenschen hat, für mich eine Grundvoraussetzung zur Gutheit, und gleichzeitig ist er nicht nur so vorbehaltlos gut.

Übrigens fand ich es auch gelungen, wie du mit dem Ausdruck Neger verfahren bist. Ich habe es nicht überprüft, aber es schien mir so, als stände immer dann der Neger da, wenn ein Ereignis mehr aus Toms Sicht beschrieben ist. Wenn nicht, kommt der unverfänglichere Schwarze. Aber viellleicht bilde ich mir da ja auch nur was ein.

Und nun zum Ende. Ich weiß ja nicht, was du mit deiner Selbstkritik "Das Ende" meintest, wo bei dir das Ende anfängt. Ich jedenfalls rutsch mal gleich zum allerletzten Ende der Grafenszene. Zu Ende der Beschwörung.
Das gefiel mir nämlich gut. Und zwar vor allem die Idee, dass der Graf mit seinem eigenen Bücherschinken eine übergebrannt kriegt, wo er sich doch das Wissen der gesamten Bücherwelt einverleiben will. Man schlägt ihn mit seinen eigenen Waffen. Ich finde das komisch im guten Sinne. Und Horror kann von mir aus ruhig eine Menge Komik enthalten.
Dass er gerade vom kranken Tom eins übergebraten kriegt, das finde ich nicht schlimm, in Gefahr ist man sogar als Todkranker zu einigem fähig.

Davor aber, da beginnt auch meine Kritik.
Perdita schrieb, du hättest die Beschwörung mehr ausbauen sollen. Genau da hat sie mMn Recht. Mal abgesehen davon, dass die ganze Szenerie ein bisschen altertümlich ist, hättest du die Beschwörung intensivieren können, die Situation gefahrenmäßig verschärfen, vielleicht irgendwie so, dass da eine Wand von Büchern steht, die irgendwas Schreckliches macht. Sie eingekesselt sind. Die Luft schwer ist vom Staub der Bücher, sie kaum mehr atmen können. Dass einem als Leser echt die Bronchien zugehen und der Hals sich zuschnürt und man Asthma kriegt.
Auch das, was der Graf sich wünscht, wie er ist, was er sagt, wie er aussieht, das hättest du aus meiner Sicht ruhig ein wenig auffrischen und moderner machen dürfen.

Und hier noch beispielhaft Stellen, über die ich persönlich gestolpert bin:

Fritz, die Qualle bewegte sich, doch man konnte nicht sagen, welches Körperteil. Der gesamte Leib vibrierte.

Ist wahrscheinlich Geschmackssache, aber klingt für mich hier ein wenig drollig, aber unfreiwillig drollig. Das Fettgedruckte würde ich weglassen, denn es wiederholt ja nur, dass der ganz Leib wackelt.

Das einzige Merkmal, das ihn von einem richtig fetten Gangster unterschied, war die Tatsache, dass er Asiat war. Er war ein fetter Vietnamese, der Gangster spielte.
Den letzten Satz find ich cool.
Den ersten Satz haben andere, z.B. Perdita schon angemerkt. Da solltest du was umbauen. Ähnliches gilt auch für den Satz, wo du die Kleidung von Max beschreibst, wie Tom sie wahrnimmt. Auch von den Vorrednern schon angemerkt.


Fritz, die Qualle, (Komma) hatte Mühe, sich aus dem Fond des Wagens zu schälen, als er es endlich fertig gebracht hatte, lauerte Che schon vor der Eingangstür und sah ihn an.

Ich würde eher einen Punkt setzen. Also so: schälen. Als er es ...

Sie verhielten sich äußerst vorsichtig, im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Fritz versuchte, sich leise vorwärts zu bewegen, seine Leibesfülle allerdings sprach dagegen.

Das klingt so gestelzt, künstlich, fern vom Leser. Ich würde einfach nur schreiben: Vorsichtig tasteten sie sich durch den Flur.

Das untere Stockwerk war verwaist, es machte nicht unbedingt den Eindruck, als sei es unbewohnt, aber es wirkte alles wie verlassen.
Verwaist - unbewohnt - verlassen
Alles Synonyme. Du willst präzise sein, aber es ist gar nicht nötig.

Hach“, freute sich der Alte. „Es passt alles zusammen. Ich brauche einen Todgeweihten. Hab ich.“
Hach gefällt mir hier nicht richtug, wirkt zu kindlich für den bösen Kerl, der ja gleich vier Menschen opfern will.


Er stieß weiter Formeln aus, schloss mit: „In nomini jesus christus!“
Dann schaute er auf wie ein Märchenonkel.
Der Märchenonkel wirkt auch zu harmlos.

Bücher prasselten noch immer wie tödliche Geschosse auf sie herab, es knirschte, als wollte das ganze Haus zusammenbrechen.
„Das ganze Haus bricht zusammen“, schrie Fritz, die Qualle.
Wortwiederholung

Nur der Regen erzeugte ein sanftes Geräusch.
Das ist mir auch zu distanziert. Glasplatteneffekt zwischen dir und dem Leser. Der Regen soll das Geräusch lieber selbst machen.
Zum Beispiel: Nur der Regen rauschte leise.


Hoffentlich kannst du auch mit meinen Lesereindrücken was anfangen Wie auch immer, ich habe deine Geschichte echt gerne gelesen.

Bis demnächst
Novak

 

Hi Meridian!

Wirklich schade, manchmal, wenn man zu früh etwas verrät. Tatsächlich hätte es mich nämlich interessiert, ob du auch dann den Verdacht gehabt hättest, es wäre eine Auftragsarbeit, wenn ich es nicht vorher erwähnt hätte. (Exakt drei "hätte" in dem Satz, ziemlich unsauber!)
Ich war jedenfalls recht froh, ein zusammenhängendes Stück zusammengeschraubt gekriegt zu haben, nachdem ich monatelang, jahrelang an Teilen gewerkelt und immer wieder abgebrochen hatte. (Im Nachhinein, wenn ich die [handschriftlichen] Notizen lese, muss ich sagen, dass alle unvollendeten Storys Potential haben, weshalb ich sicher die eine oder andere wieder aufgreifen werde).

Schon der Plot ist sehr dünn

Einspruch, euer Ehren!
Das sind sechs Seiten, was erwartest du? Ich denke sogar, das ist vielleicht ein wenig gedrängt das alles, man könnte sogar noch einiges dranhängen.
Was du wahrscheinlich meinst ist: Der Plot ist nicht neu.
Na ja, da muss ich dir Recht geben.

Ach, das ist insgesamt irgendwie so abgeschmackt.

Na, siehst du...

Allerdings weiß ich nicht, ob du nicht ein wenig zu hart damit umgehst. Nicht im Sinne des beleidigten Autors (oder vielleicht doch?), die kleinen Details, auf die ich hier auch Wert gelegt habe, sind eventuell untergegangen.
Ich hatte die Idee, dass man vier vollkommen verschiedene Menschen zusammenführt, die Wege so abstrakt wie möglich macht, und das Ganze dann in einen Raum bringt. Herrje, dass das dann eine Bibliothek sein musste, dass das in einem Ritual endet. Kann ich doch nichts dafür:D

Ist natürlich klar, dass das alles schon da war, und besser und spannender.


Auf eine ungewisse Art sah er für Tom gar nicht wie ein Farbiger aus, er war lässig gekleidet, aber seine ganze Erscheinung – die Lederjacke mit abgenutzten Ellenbogen, die Jeans, die ein Tick zu ausgewaschen war – hatte etwas Liederliches.

Da frage ich mich: Inwiefern sieht er nicht wie ein Farbiger aus? (Das mit der Kleidung ist ja nicht die Erläuterung dazu, oder?) Dann das "aber": Ich sehe gar keinen Gegensatz zwischen "lässiger" und "liederlicher" Kleidung.

Weil Tom es selbst nicht erklären kann, was es mit dem "Farbigen aussehen" auf sich hat, steht eigentlich "auf ungewisse Art". Sollte schon so dieses schwammige Gefühl ausdrücken, das man nicht so recht beschreiben kann.
Und der Schritt von lässiger zu liederlicher Kleidung ist, mMn ein kleiner, den nicht jeder sofort bei sich erkennt, will sagen: Manch einer denkt, er kleidet sich lässig, ist aber nachlässig angezogen.
Das nun ist allerdings eine subjektive Ansicht, ha-ha, handelt sich ja auch um Adjektive.


„Es passt alles zusammen. Ich brauche einen Todgeweihten. Hab ich.“ Er begann mit den Fingern mitzuzählen. „Einen abgrundtief schlechten Menschen“ – ein erneutes Lächeln in Richtung Fritz – „einen Dummkopf“ – Che – „und einen guten Menschen.“

Das ist für mich auch so ein Punkt, diese Opfer-Quartett-Geschichte. Diese Charakterisierungen wirken hier wie drübergestülpt, weil die Figuren das bisher nicht ausgedrückt haben. Das die Qualle jetzt "ein schlechter Mensch" ist, da war ich verblüfft. Oder dass Max ein besonders guter ist ...

Das ist natürlich eine handwerkliche Sache, die eindeutig in der Schuld des Autors liegt.

Aber Fritz und sein Kumpan sind ein lahmes Duo.

Das trifft mich nun wieder. Haben doch Fritz und Che eine Beziehung und darin auch einen Konflikt. Vielleicht liegt das daran, dass es sich hierbei doch um ein Klischee handelt.

Die schließliche Konfrontation mit Hardenberg folgt auch leider so wenig aus der Geschichte bis dahin.

Nun ja, zumindest ist er die treibende Kraft hinter allem. Was wahrscheinlich nicht deutlich rüberkam, vielleicht doch zu kurz der ganze Kram.

Handwerklich ist es nicht schlecht gemacht

Ha, dafür hat es sich schon gelohnt!

Was mir gefallen hat: "Höllenzwang". Das ist ein toller Name für so ein Buch. Da vieles sonst aber so abziehbildartig ist, hätte ich "Necronomicon" hier fast besser gefunden.

Das "Necronomicon" ist - letzten Endes - ein erfundenes Buch (manch einer weiß gar nicht, dass es eine Erfindung von Lovecraft ist, so oft wurde es schon verwandt. Der "Höllenzwang" ist ein reales Buch, na ja, mehrerer Bücher, die sich mit Geisterbeschwörung beschäftigen. Die Zitate daraus sind übrigens auch echt, also lieber nicht laut lesen!
Schade, dass das untergegangen ist.

Was ich mitnehme aus deiner Kritik ist, dass die Idee hinter dem Stück abgenutzt und gar nicht neu ist. Die Figuren scheinen - entgegen meiner Annahme - blass zu sein und nicht mehr als Abziehbilder.

Ich danke dir für die Anregungen, für die Mühe und auch fürs Lob!

Hallo Perdita!

Du hast ja schon den größten Kritikpunkt vorweggenommen.

Ich ahne schon, dass das ein Fehler war!

...dass ich sie trotzdem gern gelesen habe, nette Unterhaltung für Sonntagabend

Da ich davon ausgehe, dass du es ehrlich meinst, freut mich das sehr!

Der Graf wirkt nie wie eine echte Bedrohung

Ja, diesen leidigen Eindruck hatte ich schon während des Schreibens, mir ist aber partout nicht einfallen wollen, wie ich das in den mir gegebenen Grenzen hätte ändern können. Ich hatte schon ein wenig auf den Twist gesetzt, bei dem der Leser bemerkt, dass Graf Hardenberg und die Person, die hinter den Vorgängen steht, ein und dieselbe Person ist. Aber der war wahrscheinlich zu schwach.

Vielleicht würde es helfen, wenn die Beschwörung etwas weiter fortschreitet

Das Leiden in die Länge ziehen?

Und Fritz und Che - das ist halt so ein klischeehaftes Gangsterpärchen.

Ha, ich habs gewusst!

Ich hab mich gefragt, warum der Fritz das Ganze nicht allein durchzieht.

Weil er zu fett ist:D Nein, Fritz ist wahrscheinlich, im Endeffekt, der schwächere der Beiden. Ist mir allerdings nicht gelungen, das entsprechend rüberzubringen.

Abgesehen davon fand ich die Sätze irgendwie unzusammenhängend. Lässig und und liederlich schließt sich ja nicht grundsätzlich aus, also warum das aber?

Da haben wir es wieder! Siehe oben. Allerdings sollte ich mir wohl Gedanken machen, wenn das schon bei zweien von zwei Kommentaren vorkommt. :dozey:


Sie spürten nur den Luftzug, der sie striff.

streifte

In der Tat, hatte ich vorher nicht gewusst.

Schönen Dank auch dir, Perdita, hat mich gefreut und ich habe was mitgenommen.

Jetzt bin ich erschöpft, Novak, zu dir komme ich später.

Schöne Grüße erstmal von hier!

 

Hallo noch mal Hanniball,

Ich hatte die Idee, dass man vier vollkommen verschiedene Menschen zusammenführt, die Wege so abstrakt wie möglich macht, und das Ganze dann in einen Raum bringt.
Ja, die Verschiedenheit der Figuren als Grundidee, das klingt schon mal gut, nur: Ich finde, dass bei diesem Verschiedensein der Fokus zu sehr auf der Rasse liegt, ich hätte den lieber bei den Charakteren gesehen. Ich meine: Sie können ja trotzdem schwarz, asiatisch, weiß und "indianisch" sein, aber dann mehr so als "Bonus". Denn der Aspekt ist eben für sich nicht so spannend wie verschiedenartige Charaktere, die sich aneinander reiben.

Was du mit der Abstraktheit der Wege meinst, ist mir nicht so ganz klar. Das ist für mich nämlich auch so eine Struktuschwäche: Der Weg in die Villa ist doch eher sehr gradlinig: Fritz und Che sind unter falschem Vorwand angeheuert, Max eigentlich auch und er wiederum bringt eben Tom mit. Also, wenn du mit "abstrakt" "absurd" meinst, bringt die Geschichte das für mich nicht.

Dabei wäre gerade das ein guter Weg, denn ich finde den ersten Teil der Geschichte - zumindest nachdem die Situation zwischen Max und Tom halbwegs klar ist - ein wenig vorhersehbar. Klar: Das dient dazu, die Figuren vorzustellen, aber plotmäßig ist da nicht so viel: Der Leser weiß, die werden jetzt zu diesem Haus geschickt, werden da aufeinander treffen und irgendwas passiert. Wenn die Wege da etwas verschachtelter wären, vielleicht auch die Motivationen etwas stärker ...

Denn bisher: Es geht ja bei allen "nur" ums Geld. Gut, Tom ist krank, der braucht das Geld dafür, aber die anderen? Na ja, die sind eben halbwegs blank ...

Dann wieder das Ende: Da geht diese spannende Grundidee für mich unter. Der Schurke "erklärt" zwar, wie verschieden die Burschen sind, aber es kommt nicht mehr zum Tragen. Er wird erledigt, indem er eins mit dem Buch übergebraten bekommt. Da müsste - für mich - diese Verschiedenartigkeit ausgespielt werden, im Kampf mit dem Bösewicht. Da müsste man ihre Schwächen und Stärken, ihre Tugenden und Beschränkungen erkennen und der Konflikt sich darüber lösen, dann wäre es richtig rund. So ein wenig wie in diesem (ansonsten recht bekloppten) Film "Signs" oder in diversen Sachen von Stephen King, zum Beispiel in "Es".

Allerdings weiß ich nicht, ob du nicht ein wenig zu hart damit umgehst.
Das wahrscheinlich sowieso: Wenn ich an einer Geschichte erkenne, dass der Verfasser generell gut schreiben kann, das wahrscheinlich auch schon sehr lange tut - ich aber gleichzeitig das Gefühl habe, das ist eins seiner schwächeren Stücke, dann lege ich den Fokus auf die vermeintlichen "Fehler" und zähle nicht die hundert Dinge auf, die eben gut gemacht sind. Wenn dagegen ein Anfänger seine erste Geschichte einstellt, die eben sehr "na ja" ist, werde ich da auch die wenigen gelungenen Stellen hervorheben. Ist zwar irgendwie unfair, aber ich glaube, das machen die meisten ganz automatisch so.

Grüße,
Meridian

 

Moin Hanniball

Sein Vorbild war Che Guevara und er traute sich nicht öffentlich zu machen, dass er Klaus Schäffler hieß. …
Bis dahin habe ich gelesen, danach hatte ich keine Lust mehr.

In Word waren das bei mir 1,5 Seiten, wo außer Charaktereinführung nichts geschehen ist. Das muss zwar nichts heißen, gibt ja schließlich auch andere Geschichten, die erstmal langsam beginnen. Aber in diesem Fall hielt mich gar nichts bei der Stange.
Die Figuren, ein Schwarzer, ein Alter mit Magengeschwür und zwei Gangstertypen (soweit ich gelesen habe), wirken allesamt künstlich. Mir kommt es so vor, als ob sie sich auf eine seltsame trashige Art versuchen sich wichtig zu machen. Da ist es fast bemerkenswert, dass das keiner einzigen Figur gelingen will.
Nehmen wir den Alten mit seinem Magengeschwür. Er hat schmerzen, er leidet, er will allein sein – ok. Aber das hier:

Vierundsechzig Jahre hab’ ich das verdammte Geschwür überlebt und jetzt wird’s immer schlimmer
Ist einfach too much! Er hat tatsächlich seit 64 Jahren ein Magengeschwür? 64 Jahre? Das ist enorm, aber wenn man 64 Jahre so was mit sich rumschleppt, dann spricht man zu dem Ding, wie zu einem Verwandten oder man ignoriert es völlig. Aber noch mal: Hat er wirklich seit 64 Jahren ein Geschwür oder ist der Kerl einfach nur 64 Jahre alt. Und was wäre wenn das Geschwür oder er 65 Jahre alt wären?
Meiner Meinung macht die Information keine Sinn und als Persönlichkeitsmerkmal taugt das auch nicht. Vielmehr erreichst Du damit einen grotesken Zug, der ins Komische abdriftet.
Übrigens der Name
Sablionski
macht’s auch nicht besser. Da musste ich an Monster-AG denken. Der grüne Kerl mit dem einen Auge, hieß der nicht auch so?

Der Schwarze, der mal gern auch als „Neger“ betitelt wird, ist der nächste Kandidat. Da man den Schwarzen als Leser durch die Augen des Alten kennenlernt, kann man auch rassistische Bemerkungen einfließen lassen. Sprich „Neger“, auch wenn’s mich als Leser stört, wäre ok. Nur entweder bleibt man dabei, oder man verzichtet ganz darauf. Allerdings dieses abwechselnde „Schwarzer“, „Farbiger“ und dann „Neger“ will mir nicht passen.
Der Dialog zwischen den Beiden würde ich auch nicht spritzig nennen, den Abschnitt dann aber auf diesen Zeilen enden zu lassen finde ich da viel schlimmer:

„Sie sind doch Sablionski.“ Der Schwarze blieb stehen, er war sich sehr sicher. „Tom Sablionski.“
Was ist das denn für ein Cliffhanger? Also eigentlich war ich ja da schon versucht aufzuhören.

Es war vormittags und der wirklich rege Betrieb ließ noch auf sich warten.

Das hier könnte man auch straffen. Füllwörter wie in diesem Fall das „wirklich“ in der Regel immer weglassen. Hier würde ich vielleicht zwei Sätze daraus machen.

Das einzige Merkmal, das ihn von einem richtig fetten Gangster unterschied, war die Tatsache, dass er Asiat war. Er war ein fetter Vietnamese, der Gangster spielte.
Noch so eine Perle – sorry. Aber mal ehrlich, das klingt doch komisch, meinste nicht?

Gleich darauf kommt dann das hier:

Ihm gegenüber stand Che, ein dürrer, sonnengegerbter Wicht, der stolz auf das bisschen Indio-Blut war, das sich in seinen Adern herumtrieb. Sein Vorbild war Che Guevara und er traute sich nicht öffentlich zu machen, dass er Klaus Schäffler hieß.
Das zwar nicht ganz so schlimm klingt, nichtsdestotrotz meine Nerven überstrapaziert. Jedenfalls taugt diese Anhäufung von Eigenschaft in meinen Augen nicht zur Charakterisierung. Statt einer lebensechten Figur habe ich vielmehr eine Art Karikatur im Kopf.

Jo, sorry, das ich Dein Teil jetzt so verrissen habe. Ist jedenfalls nicht böse gemeint.
Dennoch viele Grüße

Mothman

 

Hallo Hanniball

Also dein jüngstes Werk war mir etwas zweischneidig zu lesen. An sich ist es mir ein Vergnügen deine Texte anzugehen, anderseits hatte ich am Schluss das Gefühl, das es nicht zu einem Abschluss führte. Auch die Handlungen waren nicht unbedingt mitreissend, obwohl einzelne Sequenzen durchaus ihren Reiz hatten. Hättest du nicht zusätzlich erwähnt, für welchen Zweck du es ursprünglich verfasst hast, wäre mir deine Intention dazu verborgen geblieben.

Nachfolgend noch Notizen, die ich mir beim Lesen machte:

Tom wurde von dem Fremden angesprochen, im selben Moment, in dem sein Magen wieder krampfte.

Am Einstiegssatz störte ich mich an der Endung: ... sein Magen wieder krampfte. Zwar war mir sofort klar, wie es gemeint ist, doch assoziiere ich aus dem Dialekt krampfen mit Arbeit, im Gegensatz zur Formulierung Magenkrämpfe. Aber das kommt wahrscheinlich von der gewohnten Sprachkultur her.

Fritz, die Qualle, … Das einzige Merkmal, das ihn von einem richtig fetten Gangster unterschied, war die Tatsache, dass er Asiat war. Er war ein fetter Vietnamese, der Gangster spielte.

Fritz als Name für einen Vietnamesen dünkt mich etwas unfreiwillig komisch. Auch das er fett war, überraschte mich, da Vietnamesen vorwiegend zierlich und klein sind. Na vielleicht einer mit starkem chinesischem Einschlag, da ist diese Kontur eher gegeben. Doch auch die Differenzierung von einem Asiaten zu einem richtig fetten Gangster war mir ein unverständliches Klischee.

Che war nicht bei sich, irgendein Zeug hatte er sicher eingeworfen.

Im Anschluss an den vorhergehenden Satz bremste es mich aus, nach dem Sinn forschend. Es bleibt mir bei der Vermutung, dass er Drogen geschluckt hat, doch warum nicht explizit klar formuliert?

Er grinste und nahm für einen Moment das Aussehen eines glücklichen Buddhas an.

Hast du jemals einen unglücklichen Buddha gesehen? Wenn schon, würde ich das glückliche vor Aussehen setzen.

„Hab ich auch gesagt, aber er hat gelacht, ohne dass seine Augen was davon mitbekamen.

Den Ausdruck mitbekamen finde ich hier nicht ganz glücklich. Ich hätte da eher etwas gewählt wie: … ohne dass seine Augen ihre Kälte verloren.

„Ich lad Sie ein, Mister Superdetektiv. Ich kann Ihnen eine Liste wirklich guter Ärzte geben, die werden Sie brauchen.“

Da sitzt mir anscheinend ein Piepmatz auf der Leitung, aber dies schnalle ich jetzt überhaupt nicht. Wieso sollte dies Tom dem Schwarzen sagen? Als Witz?

Also, mach die keine Sorgen, Che.

dir

Wenn ich darüber nachdenke, gewinne ich den Eindruck, dass du hier beim Schreiben durch die Themenvorgabe zu fixiert warst. Bis die Leute in dieser Villa ankommen, erschien es mir wie ein Vorspann. Das eigentliche Thema kam dann wie beiläufig. Dabei wäre gerade hier, zwischen den Büchern, das eigentliche Potential drin gelegen.

Sorry, wenn meine Meinung etwas verhalten daherkommt, aber es drückt das aus, was ich darin erkenne.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, Ihr Lieben!
Ich weiß, dass Streß nicht gut ist für die Gesundheit, etwas atemlos (pfui, für einen Sonntag!), meine weiteren Antworten. Kommen nicht eher, nicht weils Interesse fehlte, sondern einfach die Zeit...

Novak, hi!

Du hast dir wirklich Mühe gegeben, nicht vorschnell zu urteilen. Danke, schonmal dafür!
Deine Mal-Lehrerin ist eine weise Frau, könnte mich auch schon ärgern, dass ich die Richtung so vorgegeben habe.
Ich wäre ja ganz froh, wenn es eine Funktion gäbe, die es verhindert, dass ein Kritiker, bevor er kritisiert, die Kritiken der anderen Kritiker zu lesen bekommt.
Ich weiß, das ist unmöglich, aber ich bin überzeugt (merke das ja auch an mir selber oft genug!), dass man ziemlich beeinflusst wird durch die Meinungen der anderen. Ich versuche, mich möglichst unbelastet an eine Story ranzumachen.
Das Fleisch ist aber oftmals schwach!

Was die Charaktere der vier Opfer betrifft - sie haben mir gefallen.

Tja, ich muss sagen, ich hatte eine Menge Spaß mit ihnen. Wobei ich zugebe, dass sie natürlich nicht restlos ausgefeilt sind.

Und auch die Dialoge gefallen mir sehr gut.

Freude!

Übrigens fand ich es auch gelungen, wie du mit dem Ausdruck Neger verfahren bist. Ich habe es nicht überprüft, aber es schien mir so, als stände immer dann der Neger da, wenn ein Ereignis mehr aus Toms Sicht beschrieben ist. Wenn nicht, kommt der unverfänglichere Schwarze.

Das freut mich ja wirklich! Natürlich hat der Neger seinen Sinn, und du täuscht dich nicht, der Ausdruck fällt immer, wenn aus Toms Sicht gesprochen wird, insofern gehört der Neger zur Charakterisierung der Person, obwohl ich ihn nicht unbedingt als Rassisten sehen wollte, sondern eher als ein wenig nachlässig, keineswegs bösartig.

Das gefiel mir nämlich gut.

Das Ende, ja sicher. Es gibt immer kleinere Stellen, ich versuche schon, solche Sachen einzubauen, an denen man sich aufhängen kann. Macht die Sache interessant, bindet den Leser.
Aber ich finde, das Ende ist nicht rund, sag mir, ob es zu kurz ist, ob Szenen fehlen, zur Erklärung. Es ist nicht stimmig, es passt nicht zum Rest der Geschichte.

Perdita schrieb, du hättest die Beschwörung mehr ausbauen sollen.

Oh, ich fand das so öde zu schreiben! Das waren plötzlich ausgetretene Pfade, auf die ich geraten war, ich fürchtete, das würde nur noch langweiliger und noch öder werden.
Aber vielleicht hast du ja Recht.

Deine Anmerkungen habe ich interessiert gelesen, beinahe alles ist schlüssig, bei einer Überarbeitung werde ich von ihnen profitieren.
Ich danke dir, auch und vor allen Dingen dafür, dass du dich nicht nur in die eine Bahn hast lenken lassen!

Hi, Meridian, noch mal!

Was du mit der Abstraktheit der Wege meinst, ist mir nicht so ganz klar.

Na ja, vielleicht ist der Ausdruck nicht sehr klug gewählt. Kann man sagen "mäanderhaft"? Verschlungen vielleicht, ja. Verschlungene Wege, deren Kurven und Biegungen nicht vorauszusehen sind.


Der Weg in die Villa ist doch eher sehr gradlinig

Ja, siehst du, genau das Gegenteil davon:D
Ich glaube, hier hat die Begrenzung der Länge seinen Tribut gefordert.

Das wahrscheinlich sowieso: Wenn ich an einer Geschichte erkenne, dass der Verfasser generell gut schreiben kann, das wahrscheinlich auch schon sehr lange tut - ich aber gleichzeitig das Gefühl habe, das ist eins seiner schwächeren Stücke, dann lege ich den Fokus auf die vermeintlichen "Fehler" und zähle nicht die hundert Dinge auf, die eben gut gemacht sind.

Ja, natürlich. Ich bin ja genauso. :)

Freut mich, wenn jemand öfter als nur zu einem Besuch vorbeikommt.
Danke!

Hallo Mothman!


Sein Vorbild war Che Guevara und er traute sich nicht öffentlich zu machen, dass er Klaus Schäffler hieß. …

Bis dahin habe ich gelesen, danach hatte ich keine Lust mehr.

Warum kritisierst du die Geschichte dann? Mir geht es bei manchen Geschichten ebenso, ich komm nicht über die ersten Seiten hinweg (obwohl das sehr selten der Fall ist, weil ich gerade die schlecht geschriebenen Storys brauche, um zu lernen!). Habe ich das Stück dann weggelegt, setze ich mich allerdings nicht an den Rechner um so was hier loszulassen.


In Word waren das bei mir 1,5 Seiten, wo außer Charaktereinführung nichts geschehen ist. Das muss zwar nichts heißen, gibt ja schließlich auch andere Geschichten, die erstmal langsam beginnen.

Du willst mir nicht ernsthaft sagen, dass die Geschichte langsam beginnt? Ich weiß im Übrigen nicht, was du gegen 1,5 Seiten Charaktereinführung hast. Du schreibst nicht einen Tick, warum dir die Einführung der Charaktere nicht gefallen hat.

Mir kommt es so vor, als ob sie sich auf eine seltsame trashige Art versuchen sich wichtig zu machen.

Gut, kann sein, dass ich einen Tick zu viel aufgetragen habe. Aber ist das nicht immer so bei Trash? Dass er seltsam ist und dass die Figuren wichtiger scheinen, als sie sind?


Vierundsechzig Jahre hab’ ich das verdammte Geschwür überlebt und jetzt wird’s immer schlimmer

Ist einfach too much! Er hat tatsächlich seit 64 Jahren ein Magengeschwür?

Nun, da muss ich dir uneingeschränkt Recht geben. Aber, Junge, ich hab das Teil oft genug überarbeitet, glaub nicht, dass mir das nicht selbst aufgefallen ist. Ist dir schon in den Sinn gekommen, dass der Satz auch eine Funktion hat, dass er für etwas steht? Nicht optimal gelöst, gebe ich zu.

Ebenso eine Funktion hat der "Neger"!


Der Schwarze, der mal gern auch als „Neger“ betitelt wird, ist der nächste Kandidat. Da man den Schwarzen als Leser durch die Augen des Alten kennenlernt, kann man auch rassistische Bemerkungen einfließen lassen. Sprich „Neger“, auch wenn’s mich als Leser stört, wäre ok. Nur entweder bleibt man dabei, oder man verzichtet ganz darauf. Allerdings dieses abwechselnde „Schwarzer“, „Farbiger“ und dann „Neger“ will mir nicht passen.

Eigentlich hatte ich hier schon keine Lust mehr, weiterzulesen.:D

...kann man auch rassistische Bemerkungen einfließen lassen.

:dozey: Soll'n das heißen? Jubel mir hier nichts unter, Freundchen!

Sprich „Neger“, auch wenn’s mich als Leser stört, wäre ok

Warum stört's dich? Kein Wort dazu.

Allerdings dieses abwechselnde „Schwarzer“, „Farbiger“ und dann „Neger“ will mir nicht passen.

Aber würdest du die Funktion des "Negers" erfassen, wüsstest du auch, dass es gar nicht anders sein kann.

Ich hatte übrigens Bedenken, die Story so einzusenden, weil ich wirklich bisschen Angst hatte, an einen überkorrekten Gutmenschen zu geraten.


Übrigens der Name


Sablionski

macht’s auch nicht besser. Da musste ich an Monster-AG denken. Der grüne Kerl mit dem einen Auge, hieß der nicht auch so?

Komisch, ich hatte den Mann, der meinen PC installiert hat, vor Augen. Hmm, hat der bei "Monster AG" mitgemacht?

„Sie sind doch Sablionski.“ Der Schwarze blieb stehen, er war sich sehr sicher. „Tom Sablionski.“

Was ist das denn für ein Cliffhanger? Also eigentlich war ich ja da schon versucht aufzuhören.

He? :confused:

Es war vormittags und der wirklich rege Betrieb ließ noch auf sich warten.

Das hier könnte man auch straffen. Füllwörter wie in diesem Fall das „wirklich“ in der Regel immer weglassen.

Könnte stimmen, aber es gibt Füllwörter, die sind eben keine Füllwörter, sondern unterstützen das Adjektiv. Ich bin der Meinung, dass das hier so ist.


Ich muss ganz ehrlich sagen, Mothman, ich konnte aus deiner Kritik nicht allzuviel herauslesen. Kannst jetzt natürlich sagen, der will mich nicht verstehen, aber glaub mir, ich hab's versucht!

Sag mir, warum dir die Story (bis dahin) nicht gefallen hat!

Jo, sorry, das ich Dein Teil jetzt so verrissen habe. Ist jedenfalls nicht böse gemeint.

Wie gesagt, gib mir Argumente!


Hallo Anakreon!

Also dein jüngstes Werk war mir etwas zweischneidig zu lesen.

Ich bin immer auf der Suche nach der perfekten Story, ich fürchte, es wird mir nicht gelingen. Wir können ganz nah rankommen, aber es wird kaum ohne ein wenig zu meckern abgehen.

An sich ist es mir ein Vergnügen deine Texte anzugehen

Sind ja nicht viel in letzter Zeit.

Auch die Handlungen waren nicht unbedingt mitreissend, obwohl einzelne Sequenzen durchaus ihren Reiz hatten.

Ja, genau denselben Eindruck hatte ich auch.

Am Einstiegssatz störte ich mich an der Endung: ... sein Magen wieder krampfte. Zwar war mir sofort klar, wie es gemeint ist, doch assoziiere ich aus dem Dialekt krampfen mit Arbeit, im Gegensatz zur Formulierung Magenkrämpfe.

Aber das ist doch das Verb. Magenkrampf. Krampfen. Ich weiß nicht, ich habe noch nicht Arbeit damit in Verbindung gebracht. Subjektiv, nicht wahr?:D

Fritz als Name für einen Vietnamesen dünkt mich etwas unfreiwillig komisch.

Natürlich! Aber nicht unfreiwillig!

Che war nicht bei sich, irgendein Zeug hatte er sicher eingeworfen.

Im Anschluss an den vorhergehenden Satz bremste es mich aus, nach dem Sinn forschend. Es bleibt mir bei der Vermutung, dass er Drogen geschluckt hat, doch warum nicht explizit klar formuliert?

Nein, das ist nicht dein Ernst! Explizit? Damit der Satz seine Eigenständigkeit verliert?
ich glaube, wir reden grundsätzlich aneinander vorbei! Das hier ist keine ernsthafte Erzählung, getragenen Charakters, das ist tatsächlich - Mothman hats gesagt - Trash! Als solches möchte das Stück auch gelesen werden.


Er grinste und nahm für einen Moment das Aussehen eines glücklichen Buddhas an.

Hast du jemals einen unglücklichen Buddha gesehen? Wenn schon, würde ich das glückliche vor Aussehen setzen.

Ja, gut. Formal hast du sicher Recht. Ich fand den Ausdruck aber treffender. Obwohl, wenn ich drüber nachdenke, vielleicht... Hast du vielleicht doch etwas Rechter als ich?


„Ich lad Sie ein, Mister Superdetektiv. Ich kann Ihnen eine Liste wirklich guter Ärzte geben, die werden Sie brauchen.“

Da sitzt mir anscheinend ein Piepmatz auf der Leitung, aber dies schnalle ich jetzt überhaupt nicht. Wieso sollte dies Tom dem Schwarzen sagen? Als Witz?

Nein, nein. War schon richtig. Tom meint eben, mit dem Schwarzen laufe nicht alles richtig im Kopf und da er selbst ja Erfahrung habe, könne er ihm eine Menge Ärzte nennen.


Ja, ich weiß schon, alle Eigenschaften und Eigenheiten werden nur sehr kurz angerissen. Sie können sich so gut wie gar nicht entfalten. Thema verfehlt, wahrscheinlich, hättste länger schreiben müssen.

Schade fand ich, dass wir uns schon auf der Meta-Ebene nicht treffen konnten. Schade, wirklich. Aber ich kann den Charakter der Geschichte nicht ändern.

Trotzdem hat es mich natürlich gefreut, dass du vorbeigeschaut hast, weil ich eigentlich immer viel Wert auf dein Urteil lege.

Soweit dann.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hannibal

Ich gebe genau dann meinen Senf dazu, wenn ich der Meinung bin, dass ich etwas zu sagen habe.
Davon abgesehen, was spricht dagegen eine Geschichte zu kommentieren, die man nicht zu Ende gelesen hat? Es ist doch auch mal interessant zu erfahren, weshalb ein Leser abgebrochen hat. Insbesondere wenn der Abbruch nicht thematisch bedingt ist, sondern vielmehr was mit Storyaufbau zu tun hat!

Und was den angeschlagenen Ton meiner Kritik betrifft. Stimmt, Rezensionen schreibe ich in den meisten Fällen unreflektiert. Da ist der angeschlagene Grundton meistens ein wenig härter, aber er ist auch ehrlicher, direkter und damit für den Autor hilfreicher. Ansonsten, mein Gott, Du bist doch auch schon länger hier unterwegs, da wird man ja wohl auch mal ne härtere Gangart verkraften können.
Und wie gesagt, es geht NICHT gegen Dich. Es geht mir ausschließlich um die Story!!!
Und Alter! Solche Sachen, wie das hier:

Zitat - Mothman:
...kann man auch rassistische Bemerkungen einfließen lassen.
Zitatende

Soll'n das heißen? Jubel mir hier nichts unter, Freundchen!


Übergehe jetzt mal! Auf solche Diskussionen lass ich mich grundsätzlich nicht ein! Gemeint war folgendes:

Wenn ich eine Geschichte über Rechtsextremismus schreibe und ich hab da eine Passage, wo ich die Gedankenwelt eines Rechten beleuchte, dann wäre es seltsam, wenn selbiger politisch korrekt von einem Schwarzen denkt, wenn es bspw. um einen Afrikaner geht.
Wenn man hingegen einfach so von einem Afrikaner (ich bleib mal dabei) schreibt, dann muss man politisch korrekt bleiben und nicht verschiedene Ausdrücke in den Topf werfen.
DAS HEISST: Ich finde das Schwarzer, Farbiger und Neger nicht die gleiche Wertigkeit haben. Damit unterstelle ich dir überhaupt NICHTS!!!!!!!!!
Es geht mir hier lediglich um die benutzten Ausdrücke in der Geschichte.
So, und jetzt mach ich Pause – reflektiere und versuch im neutralen Ton später wieder weiterzuschreiben.

SPÄTER:

Du willst mir nicht ernsthaft sagen, dass die Geschichte langsam beginnt? Ich weiß im Übrigen nicht, was du gegen 1,5 Seiten Charaktereinführung hast. Du schreibst nicht einen Tick, warum dir die Einführung der Charaktere nicht gefallen hat.

Zitat – Mothman:
Mir kommt es so vor, als ob sie sich auf eine seltsame trashige Art versuchen sich wichtig zu machen.
Zitatende

Gut, kann sein, dass ich einen Tick zu viel aufgetragen habe. Aber ist das nicht immer so bei Trash? Dass er seltsam ist und dass die Figuren wichtiger scheinen, als sie sind?

Ich schmeiß jetzt ein paar Sachen zusammen, weil ich darauf gesamthaft antworten kann.
Also, erstmal: Ja, den Anfang finde ich lahm. Zweitens: Wenn ich in die Rubrik Horror geh, dann ist meine Grunderwartung entweder die, dass es atmosphärisch/ gruselig wird oder eben splatterartig.
Trash, als Stilrichtung erwarte ich nicht. Wenn jedoch das Deine Intention war, dann war mir das nicht offensichtlich genug. Oder anders gesagt, ich konnte Deinen Text (soweit gelesen) überhaupt nicht einordnen.
Aber auch bei Trash/ Pulp gibt’s Regeln. Und nach meinem Verständnis müssen hier Charaktere auf eine bestimmte Weise überzeichnet werden. Entweder sind die absurd komisch, oder absurd cool – wie bspw. die Frau mit der Maschinengewehr-Beinprothese aus dem Film Planet Terror.
Mein Problem ist, dass ich Dir Deine Charaktere nicht abnehme und genau das habe ich versucht Dir in meiner ersten Kritik zu schildern. Deswegen werde ich es an dieser Stelle auch nicht wiederholen.

„Sie sind doch Sablionski.“ Der Schwarze blieb stehen, er war sich sehr sicher. „Tom Sablionski.“

Das hier habe ich mokiert, weil dies der letzte Satz des ersten Absatzes ist und danach ein Szenenwechsel stattfindet. Und was ich nicht verstanden habe ist, wieso Du den ersten Abschnitt mit diesem Satz beendest. Der Satz bzw. der erste Abschnitt wirft keine Rätsel, keine großen Fragen auf. Wieso dann diese Frage am Ende? Bzw. was wäre, wenn es nicht Sablionski wäre sondern jemand anders? Fakt ist, in dem Moment, wo ich davon lese, ist es mir ***-egal, ob der Alte, sein Magengeschwür oder sonstwer Sablionski heißt. Als Spannungsträger wirkt der erste Abschnitt bzw. der letzte Satz davon einfach nicht. Also frag ich mich was der soll.
Überhaupt weißt ich mit dem Anfang wenig anzufangen. Es gibt den Alten mit seinem Geschwür und einen fremden Schwarzen, der um ihn herumhüpft, ihn „Meister“ nennt und nach seinen Wünschen bzw. seinen Namen fragt.
Meine Frage an Dich: Was soll ich damit anfangen? Ich find’s weder spanned, noch lustig, noch mysteriös, noch sonst was.

Und nachdem mich der erste Abschnitt verwirrt zurückgelassen hat beginnt der nächste in gleicher Manier. Wieder zwei seltsame Charaktere, die mich als Leser völlig kalt lassen.
Und wie in meinem vorherigen Posting angemerkt, sind bis dahin bereits eineinhalb Seiten vergangen.
Was dagegen spricht?
Irgendwo hat Quinn mal schön die Problematik vom ersten Satz formuliert, in dessen Zusammenhang auch der Begriff „Lesen auf Kredit“ auftauchte.
Ohne das jetzt alles wortgetreu zitieren zu können, läuft es auf ungefähr folgendes hinaus: Die meisten Leser gönnen einer Story nur ein paar Zeilen. Hat es sie gepackt, lesen sie weiter. Versagt hingegen die Story bei den ersten drei Sätzen, brechen sie in der Regel ab.
D.h. der Normalkredit beläuft sich auf die ersten paar Zeilen. Ich hab Deiner Story immerhin einen Kredit von eineinhalb Seiten gewährt.
Zeigen wollte ich Dir meine Sicht als Leser und wie ich Deine Geschichte wahrgenommen habe, was Du damit anfängst bleibt Deine Sache. Ich hoffe aber, dass sich jetzt alle Missverständnisse aufgeklärt haben.

Viele Grüße

Mothman

 

Hallo Hanniball,

Ich fand die Geschichte unterhaltsam, die Figuren griffig, die Dialoge meist gut.

Über Neger bin ich zuerst gestolpert, aber dann hab ich schon verstanden, dass es Toms persönlicher Blick ist.

Ich finde, das Arbeiten mit Kontrastfiguren hat deiner Geschichte gut getan.

Die Geschichte selbst klingt routiniert, wenn auch nicht immer elegant formuliert. Vielleicht könntest du dort noch einmal ansetzen. Dafür, dass du sie bei einer Anthologie eingereicht hast, wirkt sie auf mich noch unbearbeitet, es fehlen viele Kommas. Auch enthält die Geschichte für meinen Geschmack zu viele Füllwörter. Etwas schlanker, würde sie sehr an Eleganz gewinnen.

Charakterisierung, die mir besonders gefallen hat, vor allem der erste Satz.

Fritz, die Qualle, saß in seinem Stammlokal auf zwei Hockern mit dem Rücken an der Bar. Es war vormittags und der wirklich rege Betrieb ließ noch auf sich warten. Fritz hatte die Arme auf den Tresen ausgebreitet, so dass man zwei hässliche Schweißflecke auf seinem Hemd sah.

Seine Haltung hatte Fritz, die Qualle kein bisschen verändert. Lediglich der Ort hatte gewechselt. Die fetten Arme lagen über dem Rücksitzpolster seines Audi S8, der mächtige Leib drückte eine Kuhle ins Polster und er hatte es tatsächlich geschafft, eines seiner schwammigen Beine über das andere zu legen.

einen Blick, der einem ständig Löcher in den Leib bohrte.

Fazit, auf jeden Fall eine Geschichte, an der ich arbeiten würde. Das Ende finde ich übrigens - im Gegensatz zu den meisten hier - ok.

schöne Grüße Petdays

 

Hallo petdays,
nach so langen Jahren... :D

Dass du dich der Geschichte angenommen hast. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich sie vergessen habe, sie ist ja mein Kind, nicht. Und ich habe sie bestimmt nicht "nur so" geschrieben.

Aber sie ist halt nicht besser, als ich es erwartet hätte und als Gesamtwerk kann sie sicher nicht bestehen.
Außerdem habe ich mir ja schon 'n büschen Ärger eingebrockt damit.

Aber trotzdem schön, dass du dich daraufhin gemeldet hast.

Ich fand die Geschichte unterhaltsam, die Figuren griffig, die Dialoge meist gut.

He-he, das ist die Ebene, auf der ich gearbeitet habe. (Um nicht zu sagen, herumgewerkelt)

Über Neger bin ich zuerst gestolpert, aber dann hab ich schon verstanden, dass es Toms persönlicher Blick ist.

Ja, der Neger. Zunächst mal in erster Linie ein Charakterisierungsmerkmal für Tom, der - nicht so sehr rassistisch! - ein wenig leger mit solchen Ausdrücken umgeht. Vielleicht auch gar nicht so den Wert auf Etikette legt. Eigentlich aber nicht negativ besetzt sein sollte.
Desweiteren ist das natürlich auch eine Eigenschaft von Max, der solche Sachen cool hinnimmt, zumindest äußerlich und für den es wichtigeres gibt.

Die Geschichte selbst klingt routiniert, wenn auch nicht immer elegant formuliert.

Beispiele bitte, ich hab dran gesessen. Vielleicht habe ich hie und da eine Windung zuviel drin habe, die dann doch nicht passend ist.

...Anthologie eingereicht hast, wirkt sie auf mich noch unbearbeitet

Oh...

enthält die Geschichte für meinen Geschmack zu viele Füllwörter. Etwas schlanker, würde sie sehr an Eleganz gewinnen.

Ich hatte den Eindruck, dass sie schon ziemlich schlank ist, fast ein wenig dürr.

Jedenfalls freue ich micht, dass du wieder da bist, danke dir für die Ausführungen und hoffe, dass ich bald etwas mehr Zeit habe, um das Neueste von dir zu lesen.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

hallo hanniball,

Beispiele bitte, ich hab dran gesessen. Vielleicht habe ich hie und da eine Windung zuviel drin habe, die dann doch nicht passend ist.

> nur mal auf die kürze, damit du einen anhaltspunkt gewinnst:
Er war hoch, beinahe wie eine Kathedrale, die Wände, der Raum - voll gestellt mit Regalen gefüllt mit Büchern. Die Schritte waren kaum zu hören, jedes Geräusch wurde verschluckt von den Bücherbeständen, den Wandregalen, den Teppichen.

Er war hoch, beinahe wie eine Kathedrale, die Wände, der Raum - voll gestellt mit Regalen gefüllt finde ich redundant mit Büchern. Die Schritte waren kaum zu hören, jedes Geräusch wurde eine Ellipse finde ich eleganterverschluckt von den Bücherbeständen, den Wandregalen, den Teppichen.dreifache Wiederholung

meine Lösung wäre in diesem Fall schlanker:
>
Er war hoch, beinahe wie eine Kathedrale, die Wände, der Raum - voller Regale mit Büchern. Die Schritte waren kaum zu hören, jedes Geräusch verschluckt von Bücherbeständen, Wandregalen und Teppichen.

Das heißt nicht, dass ich grundsätzlich gegen "barocke" Satzkonstruktionen bin. Hier passen sie zwar zum Thema, zu der "antiquierten" Büchereisituation, insofern ok, aber die Dosis macht es. Vor allem wenn der Text eine gewisse Länge aufweist. In deinem Text ist es mir zu geballt.

Darüberhinaus würde ich mir Absätze wünschen, um die Lesegeschwindigkeit zu erhöhen.

vieles wie gesagt gefällt mir sehr gut, z.B. die knackigen Figurenbeschreibungen und ich kann mir gut vorstellen, dass du länger an ihnen gearbeitet hast. Sprachlich scheinst du mir jedoch weniger Zeit investiert zu haben. Kein Vorwurf, nur ein Gefühl.

Die Geschichte würde sehr gewinnen, wenn du auch dort noch etwas polierst. :)

schöne Grüße Petdays

 

Hallo Hanniball

Der Gescichte fehlt es an Schwung. Irgendwie schwer zu beschreiben, aber ich will es versuchen:

Da ist einmal der Plott, der sich ganz schnell enthüllt. Dann ist am Anfang zu wenig Konflikt. Da zieht nichts rein, alles geht ohne Probleme vor sich. Interessant wird die Geschichte, als die vier Personen im Kreis stehen, doch auch dort bleibt der Bösewicht schablonenhaft.
Die Ausgangssituation ist nicht schlecht und ich denke, du verpasst ein paar Chancen, in dem due die 4 Leute sich selbst sein lässt und sie gegeneinander arbeiten, anstatt miteinander. Ich kann mir vorstellen, dass die Geschichte interessanter wird, wenn der Beginn mit den 4 Personen im Kries ist und sie dann - unfähig zur Zusammenarbeit scheitern, sich gegen den alten Mann durchzusetzen.

Tom wurde von dem Fremden angesprochen, im selben Moment, in dem sein Magen wieder krampfte.
Den Satz finde ich umständlich. Waru nicht so? Gerade als sich sein Magen wieder verkrampfte, sprach ihn der Fremde an ...

Das untere Stockwerk war verwaist, es machte nicht unbedingt den Eindruck, als sei es unbewohnt, aber es wirkte alles wie verlassen.
Nach dem ersten Halbsatz finde ich die weitere Information redundant.
„Ich bin Graf Hardenberg“, sagte er. „Ich bin natürlich nicht tot. Ich bin nicht mein eigener Testamentvollstrecker und ich bin auch nicht Florian Kieling, auf der Suche nach dem Buch „Höllenzwang“.“
Fritz stöhnte.
da erklärt der Bösewicht seinen Plan. Finde ich nicht glaubwürdig ...
einen Dummkopf“ – Che – „und einen guten Menschen.“ Er strahlte. „Sie sind das perfekte Quartett, meine Herren. Wenn ich Sie dann also bitten dürfte!“
Er hatte seine Pistole wieder auf Fritz gerichtet.
Der schnaubte. „Soll der Scheiß? Ich glaub, ich spinne.“
Che fragte: „Kein Buch? Wir suchen kein Buch?“
das gefiel mir und auch das Ende hat seinen Witz, aber da sind immer nur kurze Ansätze, die unter gehen in ein Setting, das mir zu bekannt vorkommt.

lg
Bernhard

 

Hallo Bernhard!

Fast alle meine Geschichten hier (wahrscheinlich der Großteil der Story aller Mitglieder hier) sind Übungen, Fingerübungen. Ohne Frage ist jedes Stück für etwas anderes gut. Mal für den Aufbau, für die Stimmung, etc.. Hier habe ich mich, na ja, konzentriert auf die Figuren (rein aus der Geschichte heraus, denn die Charaktere sind wichtig für die Handlung).

Da ist einmal der Plott, der sich ganz schnell enthüllt.

Genau, zugegeben, dass der Plot sehr einfach ist, schnell zu erfassen. Das ist bei anderen Storys auch so, ich habe es aber nicht verstanden, die Geschichte zu verästeln, mit ihr zu mäandern, dass man ihr gern folgt.
Aber da war natürlich auch die Längenvorgabe.

Interessant wird die Geschichte, als die vier Personen im Kreis stehen

Na gut, hier hatte ich (zugegebenermaßen) die Lust schon ein wenig verloren. Es war nur noch mühsame Arbeit, was sich immer auf den Stil auswirkt.

Tom wurde von dem Fremden angesprochen, im selben Moment, in dem sein Magen wieder krampfte.

Den Satz finde ich umständlich. Waru nicht so? Gerade als sich sein Magen wieder verkrampfte, sprach ihn der Fremde an ...

Nun, das kann ich dir genau sagen: Es geht nicht so, wie du es vorschlägst, weil die eigentliche, die akute Information ja ist, dass Tom von dem Fremden angesprochen wurde. Hintergrundinfo ist der Magen.
Warum findest du den Satz umständlich? Weil er ungewohnt klingt?

...die unter gehen in ein Setting, das mir zu bekannt vorkommt.

Natürlich, da hast du Recht.
Ich hatte mir Mühe gegeben, einzelnen Figuren gerecht zu werden, mit Beschreibung, Sprache, Handlung. Ich habe gelernt, und zumindest darin, finde ich, kann man einiges finden.

Danke dir, Bernhard, für die Mühe, die Kritik, die Aufmerksamkeit.

Petdays, dir danke ich natürlich auch, verspäteterweise!


Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hanniball,

Warum findest du den Satz umständlich? Weil er ungewohnt klingt?
Ja, vielleicht. Mir kommt vor, der Einschub zerhackt den Rythmus. Habs nochmal gelesen. und ich kann mich einfach nicht mit dem Konstrukt anfreuden.

lg
Bernhard

 

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