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Zweisamkeit auf dem Sofa
Er sitzt auf dem Sofa. Ihr Kopf auf seinem Schoß. Gedankenverloren streicht er darüber, während er mit der anderen Hand eine Seite in seinem Buch umblättert. Streicht weiter. Sie liegt auf der Seite, hält die Augen geschlossen. Er weiß, dass sie nicht schläft – sie genießt. Er kennt sie. Über ihren Kopf wandert seine Hand ihren Rücken entlang. Noch einmal. Den Druck verstärkt. Fühlt ihre Wirbelsäule unter seinen Fingern.
Laute der Zufriedenheit, des Wohlfühlens von ihr. Er kann sich nicht mehr auf sein Buch konzentrieren, legt es weg. Betrachtet sie. Seine Augen gleiten über ihre Haare, versinken im braunschwarzen Glanz. Mit jeder Bewegung seiner Hand ändert sich der Schimmer. Seine Hand bewegt sich von allein. Er muß nicht nachdenken dabei, streichelt immer weiter. Über den Kopf, über den Rücken.
Sie hält die Augen geschlossen, dreht sich mit einem kurzen Ruck auf die andere Seite. Drückt ihren Kopf gegen sein Bein. Er fährt mit den Fingerkuppen die Biegung hinter ihrem Ohr entlang, ins Haar hinein. Das mag sie besonders, das weiß er. Lässt seine Hand über ihren Rücken auf die Seite und auf ihren Bauch gleiten. Verharrt dort. Streicht dann ein wenig hin und her. Sie dreht sich, räkelt sich, zieht die Beine an.
Er hat es gern, wenn sie sich wohl fühlt. Eine Welle der stillen Zuneigung steigt in ihm auf. Seit drei Jahren leben sie zusammen. Ihr Verständnis füreinander, das Fühlen für die Stimmungen des Anderen haben sich mit der Zeit intensiviert. Das Vertrauen war von Anfang an da. Er lässt seine Hand noch eine Weile auf ihrem warmen Bauch liegen, zieht sie dann über ihre Brust, hin über ihr gerecktes Kinn.
Ein zärtlicher Biss in seine Finger. Sie fährt mit ihrem Mund an seiner Hand entlang, beisst noch einmal zu. Leichter Schmerz, doch er zieht seine Hand nicht weg, lässt sie gewähren. Ein Liebesbiss.
Fingerspitzen, die über ihre Wangenknochen fahren, immer wieder. Sie schmiegt ihr Gesicht in seine Hand, atmet tief. Seine andere Hand sucht sich ihren Weg in ihren Nacken. Bleibt dort, die Finger bewegen sich, verfangen sich in ihrem Haar.
Die Bewegungen verselbstständigen sich. Streicheln und streichen, immer wieder, langsam, Kopf, Rücken, Hals, Bauch, Gesicht. Er denkt nicht mehr nach. Betrachtet sie, ohne zu sehen. Ruhe ist zwischen ihnen. Zärtliche Meditation. Nimmt sie in sich auf. Aller Streß, alle Gedanken, alles fällt ab, in seinem Kopf eine angenehme Leere. Ruhe.
Plötzlich unterbricht sie diese Ruhe. Steht auf, reckt sich, springt vom Sofa und frisst die Spinne, die ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Zurück bleiben kleine Fellbüschel auf seiner Hose, die er vorsichtig abzupft. Die Katze verlässt das Zimmer, er nimmt sein Buch wieder in die Hand.