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Zweikampf

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19.06.2001
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Zweikampf

ZWEIKAMPF

Schweigend saß der kleine Vogel auf der Fensterbank und beobachtete neugierig das Geschehen durch die schmutzige Fensterscheibe, ohne daß sein Verstand auch nur ansatzweise verstehen konnte, was sich innerhalb des spärlich erleuchteten Raumes abspielte. Als plötzlich etwas gegen das Fenster pochte, flog der Vogel aufgeregt davon und hatte den Vorfall bereits nach wenigen Sekunden wieder vergessen...

„Blöder Vogel!“ murmelte ein kräftiger, hochgewachsener Mann, ging zurück zum Sofa und setzte sich neben das zierliche Mädchen. „Wo waren wir?“ fragte er die zwei Männer, die alles andere als entspannt auf den kostbaren, französischen Ledersesseln saßen, die ihn ein kleines Vermögen gekostet hatten. Richard, so hatte er sich den beiden vorgestellt, sah zu dem Mädchen. „Wieviel ist sie Ihnen wert? Pascal?“
Der Angesprochene räusperte sich. „Ich bin bereit, mein Angebot um zweihundertfünfzigtausend zu erhöhen.“ Er schluckte und hustete kurz. Pascal fühlte sich unbehaglich in dem großen Raum, der fast steril wirkte, so sauber war er. Die ganze Anordnung der Möbel war penibel ausgerichtet. Das Möbilar selbst... Mein Gott, dachte Pascal, nicht einmal du kannst dir so etwas leisten. Alles war perfekt... Bis auf diese Scheißfenster. Wann hatte der Kerl die denn das letzte Mal putzen lassen? „Zweihundertfünfzigtausend.“ wiederholte er sein Angebot.
„Hm.“ Richard nickte. „Und was ist mit Ihnen, Francois?“ Er lächelte und goß den beiden Scotch nach, den feinsten und teuersten natürlich. Er legte großen Wert auf luxuriösen Lebensstil. „Sie sind dran!“
Francois lächelte verlegen, nahm das Glas und trank es mit einem Schluck aus. „Was soll ich sagen?“ Ja, was sollte er sagen? Er sah zu dem Mädchen, das neben Richard saß und noch kein einziges Wort gesagt, geschweige denn auch nur einen Ansatz von Gefühlsregung an den Tag gelegt hatte. Sein weißes Hemd war durchgeschwitzt. Ständig war er unter Zugzwang gewesen. Sein Widersacher, Pascal, hatte vorgelegt, und er mußte nachlegen, wenn er das Mädchen für sich bekommen wollte. „Also gut.“ Francois stellte das Glas auf den mit zahlreichen chinesischen Schriftzeichen verzierten Edelholztisch und lehnte sich seufzend zurück in den Sessel. „Fünfhunderttausend. Ich erhöhe um fünfhunderttausend.“ Auch er war erstaunt über den hier vorherrschenden Luxus. Dabei hatte ihnen Richard nicht einmal die Hälfte des Anwesens gezeigt, in dem er residierte. Wie ein König, dachte Francois. Wie ein König... Er platzte fast vor Neid. Die schmutzigen Fenster verwirrten ihn zwar, aber das war für ihn im Augenblick nicht primär, viel eher wartete er darauf, daß Pascal noch einmal eine gewaltige Summe auf sein Angebot drauflegen würde. „Damit wäre ich bei Fünf Millionen Dollar, Richard. Mehr geht kaum noch.“ sagte er und schielte zu Pascal, der die Augen zusammenkniff und leise aufstöhnte.
„Fünf Millionen Dollar für ein kleines unschuldiges Mädchen, meine Herren.“ bestätigte Richard charmant lächelnd und trank einen kleinen Schluck Scotch. „Nicht schlecht, nicht schlecht.“ Für ihn lief das Geschäft bisher hervorragend. „Genehmigen wir uns eine Stunde Auszeit? Ich denke, Pascal möchte noch einmal darüber nachdenken, wie wichtig die Ware für ihn ist. Wie sehr er sie braucht.“ Er zeigte auf das Mädchen. „Ist sie wirklich nur Fünf Millionen Dollar wert?“ Richard wartete eine Antwort nicht ab. Er streckte dem Mädchen die Hand entgegen. „Komm, lassen wir den beiden Gentlemen etwas Bedenkzeit.“ Das Mädchen stand auf und ergriff Richards Hand. Beide verließen den Raum durch eine schlicht wirkende, dennoch zauberhaft aussehende Tür.
Francois verwarf den Gedanken, sich vorzustellen, wie teuer allein der goldfarbene Türknauf sein konnte. Ob es echtes Gold war? „Wahnsinn.“ flüsterte er und schenkte sich einen weiteren Scotch ein.

„Ich meine, was Teppiche angeht, kann mir keiner was vormachen.“ sagte Francois und nippte an dem Glas. „Aber der Kerl läßt mich wie einen armen Schlucker aussehen.“ Fasziniert betrachtete er das Muster des graufarbenen Teppichs. „Wie kann der sich das leisten?“
Pascal stand auf und gähnte. „Ich weiß es nicht. Andererseits...“ Er deutete zu den Fenstern. „Alles purer Luxus und dann diese dreckigen Glasscheiben!“ Kopfschüttelnd holte er ein silbernes Etuit aus seinem Jacket. „Zigarette?“ fragte er, während er das Etuit öffnete.
„Nein, danke.“
„Hm.“ Pascal nickte und zündete sich eine Zigarette an. „Nichtraucher?“
„Ich habe es aufgegeben. Jemand hat mir empfohlen, in meinem Alter auf bestimmte Sachen zu verzichten.“
Pascal nickte und nahm den Aschenbecher in die Hand. „Jetzt sehen Sie sich das mal an. Muß ein Einzelstück sein. Vermutlich nur für ihn angefertigt.“ Das erste Mal in seinem Leben verspürte er einen leichten Brechreiz, als ihm das Wort Dekadenz in den Sinn kam.
„Und wenn schon.“ sagte Francois und zuckte mit den Schultern, bemüht, sich seinen Neid nicht anmerken zu lassen. Purer Neid, der ihn überkam, kaum daß sie die riesige Empfangshalle mit dem kristallenen Kronleuchter betreten hatten, der wie der Mittelpunkt eines kleinen Sonnensystems die Halle mit Licht speiste und gleichzeitig alles in seinen Bann zog. „Ich jedenfalls habe saubere Fenster.“ bemerkte er trocken. „Dafür lasse ich sorgen.“
„Ja.“
„Genau!“ Francois trank einen Schluck. „Also, was ist jetzt? Werden Sie Ihr Angebot für das Mädchen erhöhen?“ Herausvordernd sah er Pascal an.
Dieser drückte seine nicht einmal zur Hälfte aufgerauchte Zigarette sichtlich erfreut in dem kostbaren Aschenbecher aus. „Sie wollen das Mädchen. Ich will das Mädchen. Und wenn ich ehrlich bin...“ Er hielt inne.
„Was?“
„Es bereitet mir Kopfzerbrechen, solch eine Unsumme auszugeben... Aber haben Sie sich das Mädchen angeschaut? Ihr Gesicht? Ihre Hände? Alles? Es würde mich wahnsinnig machen, das Mädchen nicht zu besitzen. Nicht haben zu dürfen.“ Bei dem Gedanken daran begannen seine Hände zu zittern. Schnell, aber ohne Hast, steckte er sie in die Hosentaschen. „Ich werde auf jeden Fall erhöhen. Und ich sage es Ihnen sofort. Sechs Millionen Dollar.“ Er grinste. „Wie gesagt, ich habe nicht vor, wahnsinnig zu werden.“
„Sie...“ Francois fehlten die Worte. Ungelenk ließ er sich auf den Sessel fallen und verschüttete dabei etwas Scotch auf den Teppich. Und wenn schon... Sechs Millionen Dollar, dachte er. Der Kerl erhöht um eine Million. Für eine einzige Nacht mit dem Mädchen. Sechs Millionen Dollar für eine einzige Nacht mit einem einzigartigen Mädchen. „Sie sind ja wahnsinnig!“ flüsterte er.
„Ich muß dieses Mädchen einfach haben!“ sagte Pascal.
„Sechs Millionen Dollar für eine Nacht.“
„Eine hohe Summe. Jedoch denke ich, daß der Preis nicht annähernd ihrem wahren Wert entspricht.“
„Ach, hören Sie auf! Wir beide wissen, daß wir für den Bruchteil der Summen irgendein Kind von der Straße kaufen könnten“ sagte Francois verärgert. Wenn er eine Million mehr bietet, dann würde er eben wieder erhöhen. Koste es, was es wolle. Das Mädchen gehört dir. Ja, dachte er. Koste es, was es wolle.
Pascal lächelte. „Das ist eben der Reiz, dem wir beide verfallen sind, werter Freund. Hier geht es nicht um irgendein Mädchen oder Jungen. Hier geht es um Michelle! Michelle!“

Als Richard und das Objekt der Begierde den Raum wieder betraten, war Richard der festen Überzeugung, daß sie sich geeinigt hatten. „Nun, meine Herren?“ Er trug einen Bademantel aus Seide, heller orangefarbenen Seide. „Ich hoffe, Sie haben die Zeit genutzt.“
„Nicht wirklich!“ Francois winkte ab.
Interessant, dachte Richard. „Sie haben sich nicht geeinigt?“ fragte er mit einem süffisanten Lächeln.
„Sechs Millionen!“ sagte Pascal und deutete auf den Aschenbecher. „Und den noch dazu.“ Er wußte nicht warum, aber er wollte ihn unbedingt haben, selbst wenn ihm nur durch das bloße Hinsehen schlecht wurde.
Richard lachte. „Nein, wir sind hier nicht auf einem Markt im Orient, wo man nach Belieben feilschen kann. Betrachten Sie es als eine Auktion. Es geht nur um eine Sache.“ Das Mädchen hatte sich wieder auf das Sofa gesetzt. „Außerdem ist der Aschenbecher das Geschenk eines angesehenen Staatsoberhauptes. Unverkäuflich!“ Er winkte ab. „Den Aschenbecher können Sie vergessen. Er ist mir viel zu wertvoll, als daß ich ihn...“
„Sieben Millionen!“ unterbrach ihn Francois. „Sieben Millionen Dollar für das Mädchen.“
Pascal sah ihn entsetzt an. „Sie... Sie können doch nicht...“
„Doch!“ sagte Francois und stand auf.
Richard lehnte sich zurück und fuhr mit seiner linken Hand langsam über den glänzenden Bezug des Sofas. Kurz erinnerte er sich daran, wie er es vor Jahren bekommen hatte, wie hoch die Überführungskosten aus Tibet gewesen waren... „Sieben Millionen.“ murmelte er.
„Mein letztes Angebot!“ log Francois, bereit, angesichts der nicht unerheblichen Menge Scotch, die er getrunken hatte, jedes weitere Gebot erneut zu erhöhen.
„Zehn Millionen!“ Pascal stand ebenfalls auf und zündete sich zitternd eine Zigarette an. „Ich muß sie haben!“ Dabei sah er zu dem Mädchen und spürte, wie sein Glied langsam steif wurde bei dem Gedanken, sie beherrschen zu können, sich von ihr beherrschen zu lassen... ihr noch so junges Alter auszukosten. „Zehn Millionen!“ sagte er erneut und setzte sich wieder in den sündhaft teuren Ledersessel.
„Nun.“ sagte Richard bedächtig. „Zehn Millionen also...“ Acht Millionen hatte er sich bei den beiden alten Männern erhofft, und jetzt... Zufrieden schenkte er sich ein Glas Scotch ein. „Ich denke...“
„Fünfzehn Millionen Dollar!“ bellte Francois. Er mußte sich an dem Tisch festhalten, um nicht umzufallen. Die Welt drehte sich um ihn. Zuviel Scotch, und trotzdem... Langsam und vorsichtig, darauf bedacht, sich nicht lächerlich zu machen, setzte er sich hin. „Und jetzt machen Sie endlich Schluß mit der Chause, verdammt!“ verlangte er.
Richard sah zu Pascal. „Nun?“
Pascal hatte es nicht zugeben wollen, aber er war verrückt nach dem Mädchen. Er war es schon gewesen, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Auf diesem Empfang vor wenigen Wochen... Und als dann Richard an ihn herangetreten war, mit einem unglaublichen Angebot, das seine sonst zutiefst konservative Denkweise innerhalb von Sekundenbruchteilen zunichte machte, lebte er nur noch für diesen einen Moment. Dieses Mädchen zu besitzen, und sei es nur für eine einzige Nacht. Und jetzt hatte ein angetrunkener Monopolist es gewagt, ihn mit einer Summe zu überbieten, die er unmöglich aufbringen konnte. Fünfzehn Millionen Dollar. Das wirst du mir büßen, dachte Pascal und sah haßerfüllt zu Francois, der krampfhaft das leere Glas umklammernd auf dem Sessel saß und gierig das Mädchen an Richards Seite anstarrte. „Tut mir leid.“ sagte er resignierend. „Fünfzehn Millionen? Keine Chance...“ Das wirst du mir büßen!
Richard stand auf. „Also gut. Ist es jetzt endlich entschieden.“ Fünfzehn Millionen, dachte er. In Zukunft würde er den Preis für seine Tochter wesentlich höher ansetzen können. „Francois?“ Er sah zu dem alten Mann, der Mühe hatte, sich aufrecht im Sessel halten zu können. „Sie haben gewonnen. Gratuliere!“ Richards Tochter ergriff seine Hand und schüttelte den Kopf. „Stell dich nicht so an!“ sagte er gereizt, den Kontostand vor seinen Augen, der sich demnächst um fünfzehn Millionen Dollar erhöhen würde. Nicht, daß er es nötig hätte... Aber fünfzehn Millionen Dollar waren nun einmal fünfzehn Millionen Dollar. Und seine Tochter, das mußte er zugeben, war ein Geschöpf, praktisch aus dem Garten Eden kommend. Bezaubernd. Wunderschön. Dazu geboren, vergöttert zu werden. Richard wußte das, und Zeit seines Lebens war er Arsch genug gewesen, aus jeder Sache Kapital zu schlagen...

„Nun gut.“ sagte Pascal mit dem Wissen, daß Francois in irgendeinem der unzähligen Zimmer des mondänen Anwesens sich genau in diesem Moment mit Richards Tochter vergnügte... Obwohl, dachte er lächelnd, betrunken genug ist er, um sich kaum erfreuen zu können... „Nun gut.“ Er sah Richard an. „Ich habe verloren.“
Richard winkte ab. „Ach was! Ganz ruhig!“ Sie befanden sich in seinem Arbeitszimmer, an dessen Wänden mächtige Brokate hingen. Kunstvoll gefertigte Skulpturen zierten in unregelmäßigen Abständen die Wände. Den ganzen Raum beherrschte ein Gemälde von Van Gogh, dessen Wert ins Unendliche ging.
„Eines müssen Sie mir noch verraten.“ sagte Pascal.
„Was denn?“
„Ihre Fenster...“
„Oh.“ Richard begann zu lachen. Er mußte sich setzen, so sehr hatte ihn das Lachen übermannt.
„Was ist daran so komisch?“ wollte Pascal wissen, der die Nacht seines nicht mehr langen Lebens versäumt hatte. Nein, dachte er wütend, die ihm vermasselt wurde. Aber er würde Rache nehmen...
Richard zeigte zu den Fenstern. „Sie denken, es ist Schmutz?“
„Nun...“
„Nur zu, sehen Sie es sich genauer an.“ forderte er Pascal lachend auf. „Nur zu!“
Als Pascal sich die Fenster näher ansah, sich bewußt wurde, daß es sich keinesfalls um Schmutz, sondern um... Das ist Wahnsinn, dachte er. „Unglaublich! Und jedes Fenster ist so?“
„Ja.“ Richard nickte. „Eine Mischung aus Diamantkristallen und Goldstaub. Jedes Fenster besitzt sein eigenes Muster.“
„Ah...“ Pascal schüttelte den Kopf. Irgendwie war der ganze Reichtum pervers. „Da fällt mir ein...“
„Hm?“
Pascal drehte sich zu Richard um. Wie heißt er wohl wirklich? „Sie haben einen Sohn...“
„Ja. Und weiter?“
„Was kostet er?“ fragte Pascal mit verbittert. Richard lehnte sich zurück. Pascal empfand Ekel, den Anblick ertragen zu müssen, daß Richard auf einem Stuhl saß, der mehr wert war, als seine komplette Büroausstattung, wie sie einem Politiker wie ihm gebührte. „Was kostet er?“ fragte er zähneknirschend.
„Ich bin Geschäftsmann.“ sagte Richard. „Haben Sie ihn schon gesehen?“
„Ja, habe ich.“ Pascal schluckte schwer. „Was kostet er?“
Richard stand auf und ging zu Pascal. „Ich weiß, Sie wollten Michelle. Hm... Dieser Industrielle ist Ihnen zuvorgekommen. Und wenn schon, hm? Gerard bekommen Sie für zwei Millionen. Und wenn Sie den Aschenbecher immer noch haben wollen... Von mir aus. Er gehört Ihnen.“
„So? Warum so wenig?“
„Gerard hat Brandnarben an seinen Armen. Haben Sie eventuell ein Problem damit?“
„Nein.“ Pascal zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Nein, das macht mir nichts aus.“
„Deshalb kostet er auch so wenig. Er hat Mängel. Aber kommen Sie, hier entlang, Pascal.“ Richard legte seinen Arm auf die Schulter. „Gleich nebenan... Und glauben Sie mir. Ihn können Sie wesentlich härter rannehmen als meine kleine Michelle.“
„Na dann.“ flüsterte Pascal mit monotoner Stimme. Er folgte Richard in das Nebenzimmer.

Schweigend saß der kleine Vogel auf dem schmalen Ast einer noch sehr jungen Birke. Unter ihm standen zahlreiche Wagen. Menschen, wütend und aufgebracht hatten sich nach Bekanntwerden des unglaublichen Skandals vor dem Anwesen versammelt. Polizisten versuchten, das sich anbahnende Chaos so klein wie möglich zu halten. Zahlreiche Reporterinnen mit dazugehörigem Personal stellten ihre Vermutungen auf über Sachen, die in ihrer ganzen Tragweite kaum übersehbar waren. Als der erste Stein einen jungen Polizisten traf, der voller Begeisterung seinem ersten ernsthaften Einsatz entgegentrat, flog der kleine Vogel davon, nicht wissend, daß er alles im nächsten Moment bereits vergessen hatte. Sein Verstand ließ es einfach nicht zu...

ENDE

copyright by Poncher (SV)

01.05.2002

Überarbeitete Version - 14.05.2002

[ 14.05.2002, 21:07: Beitrag editiert von: Poncher ]

 

hi Ponch!

mir hat Dein Text sehr gut gefallen. Eine wirklich ausgefallene Interpretation des Themas.
Aber der Text regt auch zum Nachdenken an. Leider passiert sowas - natürlich nicht genauso - tatsächlich.
Aber warum läßt Du mich dumm sterben, was die Fenster angeht? sind die mit Gold überzogen, oder so? ich hab es nicht ganz verstanden, oder?

Jedenfalls erlaube ich mir noch ein paar Anmerkungen.

Der Angesprochene, der von Richard ausgesehen links von ihm saß,
müßte meiner Ansicht nach heißen:
"Der Angesprochene, der von Richard aus gesehen links saß" ( evtl. noch mit einem Komma hinter "gesehen"? )

Tippfehler bei

Er legte großen Wert auf luxeriösen Lebensstil. „Sie sind dran!“
: luxuriösen ...
Er sah zu dem Mädchen, daß neben Richard saß
.. das Mädchen, das...

stellte das Glas auf den mit zahlreichen chinesischen Schriftzeichen verzierten Edelholztisch ab
.. ich würde sagen, er stellte das Glas auf DEM Tisch ab. "Auf den" Tisch stellen geht zwar auch, aber im Zusammenhang mit "ab" müßte man das WO betonen, nicht das WOHIN. also: Wo stellte er es ab? auf dem Tisch ( weil die Aktion des Abstellens dort stattfindet. ) und nicht: Wohin stellte er es ab? auf den Tisch ( weil das das Ziel ist. )
Abstellen ist ein aktiver Vorgang, also muß er auch aktiv formuliert werden ... ach, ich denke, ich krieg das eben jetzt nicht besser erklärt. Verstehst mich schon, oder?
darüber nachdenken, wie sehr die Ware für ihn wichtig ist.
.. wie wichtig die Ware für ihn ist.

Ich hoffe, Sie haben die Zeit genützt.“
"genützt" kenne ich in diesem Zusammenhang nur aus Bayern. Wolltest Du das so ausdrücken, oder meinst Du "genutzt"? wäre allgemeinverständlicher. Wenn auch beides richtig ist.
Dabei sah er zu dem Mädchen und spürte, wie sein Glied langsam steif wurde.
Das glaube ich ja gern, aber mir ist dieser Satz zu platt. Den könntest Du viel schöner formulieren.

In Zukunft würde er den Preis für seine Tochter danach richten können.
irgendetwas an dem Satz stört mich. Ich fände es gefälliger, wenn es hieße: In Zukunft würde sich der Preis .. danach richten. / In Z. würde er seine Preisvorstellungen daran ausrichten...
aber so? er kann doch nicht ( aktiv ) den Preis
richten. Das muß der Preis schon selbst tun.
sagte er gereizt, vor sich den Kontostand habend,
in dem folgenden Abschnitt sind mir zu viele Partizipien. formulier lieber aktiver, auch, wenn es jeweils einen Halbsatz erfordert.

Arbeitszimmer, an dessen Wänden mächtige Brokate hangen.
.. hingen

Beruhigt hat mich übrigens der Satz, daß er Arsch genug war... da wußte ich dann, daß Du Deinen Stil eben doch immer durchziehst... :D sonst hätte dem Text irgendwas gefehlt, glaube ich.

Lieben Gruß,
Frauke

 

Nachdem Frauke schon die meißten Fehler herausgefiltert hat, die ich eigentlich auch schon zitieren wollte (*grummel* ;) ), suche ich heraus, was noch geblieben ist.

Zunächst: Eine Geschichte, die gemäß dem Thema provoziert, allerdings zunächst nicht dermaßen offensichtlich, was sehr für die Geschichte spricht. Ausgearbeitet hast du diesen Text, wie auch deine anderen, mit schönen und vor allen Dingen passenden Bildern. Handlngsstrang und Spannungsbogen: an beiden ist nichts auszusetzen.
Einige kleinere grundlegende Sachen sind mir aufgefallen:

mE betonst du zu häufig den Neid der steigernden Gegenspieler auf die Einrichtung bzw. den Reichtum Richards. Hier würde ich überlegen zu kürzen. Der Reichtum wird auch so sehr deutlich.

Eine andere Sache ist es mit den Geldbeträgen. Zunächst wird um wenige Tausender gestritten, was dem späteren Anstieg der Gebote etwas fraglich entgegensteht, auch wenn du den Wahnsinn anhand dessen sehr gut darstellen kannst.
Eine Formulierung würde ich in diesem Zusammenhang auch ändern:

Mein Gott, dachte Pascal, nicht einmal du kannst dir solche Möbel leisten.
Ich fand es etwas fraglich, ob sich jemand, der bereit ist, derart gigantische Beträge zu zahlen, nicht auch die teuersten Möbel leisten kann. Ich würde das "nicht einmal" überdenken. Es macht den Eindruck, als ob Pascal schon einer der reichsten Männer der Welt wäre, was ja nicht zutrifft, denn der zuletzt gebotene Betrag macht ihm schon große Schwierigkeiten.

Eine Widersprüchlichkeit ist mir an folgender Stelle aufgefallen:

Es würde mich wahnsinnig machen
und später:

„Sie sind ja wahnsinnig!“ flüsterte er.
„Ja.(...)"
Ansonsten hat Arc wie gesagt den Großteil rausgefischt.

Die Geschichte ist gut geschrieben und behandelt im weiteren Sinne das Thema "Texte, die anmachen". :thumbsup:

Frederik

 

Danke, Arc & Fred!

Ratschläge angenommen, einige Stellen ausgebessert. Die Geldbeträge auch höher gesetzt. Freut mich, daß euch die Geschichte sonst im Großen und Ganzen gefallen hat.

Gruß,

Poncher

PS: Es ist kein Sperma in den Fenstern :D Aber da will ich jetzt nicht genauer drauf eingehen ;)

 

Aber da will ich jetzt nicht genauer drauf eingehen
och menno!
- aber ich hab's mir fast schon gedacht! Du löst es aber noch auf, oder? Bitte! *betteleinwenig*

Frauke

 

Brauch er nicht, man kommt ganz einfach drauf, wenn man genug nachdenkt :rolleyes: *lüg*.

 

also, wenn's kein Gold in den Fenstern ist, dann kanst Du erschreckend gut lügen! *schauder*, *bewunder*

nee, mal im Ernst: ich meine, es ist Wochenende. Wie kannst Du in einem Forum, in dem auch Menschen unterwegs sind, die sich für normal halten ( gibt da ja grad wieder Diskussionen ;) ) davon reden, daß "Nachdenken" und "ganz einfach" in irgendeiner Form nichtnegierender Korrespondenz stehen?!? :eek1:

Ich bin von Deinem mangelnden Feingefühl jetzt beinahe so schockiert, wie von der Tatsache, daß mein Hirn mir die Antwort auf die Fensterfrage verweigert...

Frauke

 

Für eine ausführliche Kritik arbeitet mein Hirn im Moment noch nicht rund genug, aber eine Sache den Inhalt betreffend will ich schnell loswerden, die mich sehr gestört hat.

Das Mädchen ist hübsch, okay. Sie ist "etwas Besonderes", auch okay. 15 Mio $?? Das finde ich dermaßen unrealistisch, daß ich fast lachen mußte. Es hört sich grausam an, es ist mahr als grausam, aber wenn heute jemand ein Kind kaufen will, dann braucht er sicher nicht mehr als ein paar Tausender auf den Tisch zu legen und es gehört ihm. Selbst wenn jemand ein Kind haben will, um sich an ihm zu vergehen, so lang er will und es hinterher umzubringen, wird er nicht mehr als eine vier-, höchstens fünfstellige Summe hinblättern müssen. Die Ware Kind ist nicht sehr viel wert.
Deswegen finde ich es absurd, daß ein perverser alter Sack 15 Mio $(!) hinlegt, "nur" um eine Nacht mit diesem kleinen Mädchen zu verbringen, mag sie auch noch so bezaubernd sein.

Wenn Du das jetzt damit erklären willst, daß die Kleine eben so "besonders" ist, muß ich gleich erwidern: Zum einen hättest Du mMn mehr auf dieses "Besondere" eingehen müssen, klarmachen, daß es sich hierbei eben nicht um ein Kind "wie jedes andere" (*schüttel*) handelt.
Und der Schluß, wo sich der eine alte Perverse dann für die Hälfte mit dem Bruder des Mädchens zufrieden gibt, zeigt doch, daß es hier im Endeffekt doch nur darum geht, irgendein Kind zu "besitzen", nichtmal das Geschlecht spielt da noch eine große Rolle. 7,5 Mio Dollar(!!) für ein Kind, das er ja eigentlich gar nicht wollte, sozusagen ein "Schnäppchen", das er noch mitnimmt?? Absurd, absurd, absurd.

Die Geschichte ist gut erzählt, es stört mich auch nicht im Geringsten, daß ich nie erfahren werde, was nun mit diesen Fenstern los ist.(Ich kenn Ponch, gebts auf, er wird es Euch nie verraten. :cool: )
Aber diese Unsummen stören mich sehr, da die Geschichte dadurch enorm an Glaubwürdigkeit einbüßt.

Hm, ja, die Klischees, die Du bedienst, haben mich auch noch etwas gestört, aber das war zu verschmerzen.

Sobald mein Kopf wieder halbwegs normal funktioniert, bekommst du wie üblich eine meiner kilometerlangen Nörgelkritiken. ;)

 

Hey Ponch.

Muss mich Sav größtenteils anschließen...ich gehöre nicht zu den Leuten, die dauernD nörgeln, wenn was nicht wirklich realistisch ist. Realistisch muss eine eine gute Story nicht sein, aber überzeugend. Ich könnte mir schon vorstellen, dass jemand soviel Kohle für irgendetwas hinlegt...aber in diesem Fall überzeugt Du mich nicht davon, dass die beiden Typen dies wirklich wollen. Obwohl Du immer wieder betonst, wie schön, außergewöhnlich das Mädchen ist... vielleicht geht es auch gar nicht um ihre Schönheit, sondern den Grundgedanken, etwas für eine Nacht zu besitzen, dass jemandem gehört, der alles hat. Oder um einen Fetisch, je teurer etwas ist, umso anregender wird es. Keine Ahnung, denke nur mal laut über mögliche Textintentionen nach, weil ich denke, dass Deine nicht vollständig durchkommt. Aber die Unstimmigkeiten im Text halten mE den Leser davon ab, sich vom Text wirklich provoziert zu fühlen.

San

 

Hi Poncher,
mir gefällt die Geschichte, wobei ich aber, wie meine Vorschreiberinnen auch Probleme mit den genannten Summen habe. Für mich wird die Geschichte daher etwas unnatürlich, was das „Hineindenken(-fühlen)“ erschwert. Die Art der Schilderung macht das jedoch für mich größtenteils wieder wett.
Ich denke weiter, dass das mit den Fenstern nur ein geschickter Schachzug ist, um von möglichen Schwächen abzulenken. :D

Gruß
querkopp

 

Sehr gute story, deren Spannungsbogen mich bis zum Schluss fesselte und dann ein klein wenig enttäuscht zurück ließ. Das Meiste ist gesagt. Viele kleine Fehler und jede Menge unglückliche Formulierungen gilt es noch auszumerzen.
Einige Beispiele:

Der Angesprochene, der von Richard ausgesehen links saß
...aus gesehen... aber links oder rechts interessiert m.E. hier nicht
vor sich den Kontostand habend, der sich demnächst um fünfzehn Millionen Dolar erhöhen würde.
Aua! ... seinen Kontostand vor Augen... o.ä. Was ist ein Dolar?

Die Sache mit dem Arsch ist ein Bruch der m.E nicht passt. Es finden sich auch viele unnötige Wortwiederholungen. Zum Beispiel schreibst Du 3 oder 4 mal hintereinander "Möbel". Versuche mal, durch "Mobiliar" o.ä. aufzulockern.

Fazit: Viel Potential, wenn Du sie gründlich überarbeitest. Zu viele Anspielungen, hinter denen der Leser einen Sinn vermutet, aber Du lässt ihn unerhellt ergo unbefriedigt zurück.

 

@Ponch,

hab ja gestern im Prinzip alles gesagt, deshalb nur kurz:

WEITERMACHEN!!!

Das poste ich jetzt im 3-Wochen-Takt :D

Sandra

 

Alpha:

Zum Beispiel schreibst Du 3 oder 4 mal hintereinander "Möbel". Versuche mal, durch "Mobiliar" o.ä. aufzulockern.
Poncher editiert:
...das Möbilar...
Geil, Alter, voll innovativ, darauf wäre ich nie gekommen! :rotfl:

 

Es kann halt nicht jeder so ein einmalig innovativer, sprachlich hochbegabter und stilistisch perfekter Autor sein wie du... :rolleyes:

 

Wertung 1:

Stil, Bilder

Der Stil des Autors ist äußerst gut und in Bezug auf die Geschichte treffend. Man kann sich sehr gut in die Gesamtsituation hineinversetzen, man spürt die Spannung die vorherrscht. Die erzeugten Bilder sind entsprechend dieser Athmosphäre ausgerichtet. Hier kann ich keine Mängel sehen. Allerdings stecken einige Elemente in dem Text, die den Leser etwas enttäuschen. So ist es z.B. fraglich, ob der Prunk im Allgemeinen zwei Millionaire so dermaßen erstaunen kann. Dennoch zieht sich diese Tatsache als roter Faden durch die ganze Geschichte und schwächt die Überzeugungskraft erheblich.

Idee/Innovation

Die Idee finde ich sehr gut, ein Thema, das nicht oft aufgegriffen wird. Auch das Ende ist gut, fast schon humorvoll gestaltet. Vielleicht etwas unrealistisch: Die Höhe der Beträge, mit denen gesteigert wird. Der Fanatismus und das Begehren nach dem jungen Mädchen scheinen unbegründet, da das Mädchen für den Leser ein weißes Blatt Papier ist. Es ist auf diese Weise schwer nachvollziehbar, warum beide den Preis so in die Höhe treiben.

Umsetzung des Themas

Der Text will durch den unfreiwilligen Handel mit Menschen provozieren. Die Tatsache, dass der Vater so kaltherzig und kapitalistisch sein kann, seine eigene Tochter zu versteigern, obgleich er das Geld nicht einmal benötigt, verstärkt die Aussage, doch dennoch schlägt es nicht vollständig durch. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die Geschichte streckenweise unrealistisch wirkt und sich daher nur schwer auf das tatsächliche Leben übertragen lässt.

Formale Gesichtspunkte

Absatz und Strukturierung sind gut gelungen. Auch Rechtschreibung, Grammatik und Satzbau weisen kaum Fehler auf. An einigen Stellen vertieft sich der Autor zu sehr in Nebensächlichkeiten, ansonsten wirken die Formulierungen recht ausgereift.

Problematischer fand ich einige fehlende oder überflüssige Absätze, die den Lesefluss störten.

Wertung 2:

Stil hat mir gefallen, wenngleich viele Wiederholungen stören (der Neid, die Fenster, der Prunk). Text wird dadurch unnötig in die Länge gezogen: Weil man ständig Sachen lesen muß, die man schon kennt, kommt man sich ein bisschen „verarscht“ und betrogen vor, was die Erzeugung der Spannung betrifft.
Die Idee hat mir sehr gut gefallen, hätte man aber durchaus mehr draus machen können. Formell war die Sache ok. Das Bild des Mädchen ist mir zu ungenau, um wirklich schockiert zu sein. Das schwächt die Umsetzung des Themas leider ab. Auch erscheinen mir die Charaktere der beiden Männer (Bietende) zu wenig ausgebaut.

Wertung 3:

Stil, Bilder

Stil und Bilder sind passend, unterstützen den Spannungsbogen und schaffen die Atmosphäre des Bieten, Gewinnen und Verlieren.
Aber an einigen Stellen des Textes werden Teilaspekte zu oft ausgebreitet und wiederholt, was den Lesefluss und -genuss negativ beeinflusst, da man unweigerlich denkt (zum Beispiel, was das Mobiliar anbelangt), einiges nun schon zu oft gelesen zu haben. Es sind noch einige Stellen im Text, zum Beispiel für den Inhalt nutzlose Wortwiederholungen oder Formulierungen, die nicht lange genug überdacht erscheinen, die verbesserungsfähig sind.

Umsetzung des Themas

Der Inhalt des Textes provoziert und schockiert eigentlich schon. Das Grundkonzept der Story passt folglich sehr gut im Hinblick auf das Challenge-Thema. Aber, wie ich finde, einige Unstimmigkeiten und Ungeklärtheiten verhindern, dass der Leser wirkliche Provokation verspürt. So wird für mich nicht ersichtlich, aus welchem wirklichen Grund die beiden so wahnsinnig viel Geld für das Mädchen ausgeben wollen, da sie zwar wunderschön zu sein scheint, aber was das betrifft, ist sie mit Sicherheit nicht die einzige. Es fehlt mir der Hintergrund – was ist zwischen den beiden Männern, dass sie sich um jeden Preis ausstechen wollen?

Idee, Innovation

Gute Idee, die etwas anders verpackt originell und innovativ werden könnte. Hier mE aber noch zu unausgegoren ist.

[ 05.06.2002, 11:46: Beitrag editiert von: Frederik ]

 

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