Zweckentfremdet
Mir widerfuhr Seltsames:
Ich heiße Leila, bin neunzehn Jahre alt und werde gelegentlich befriedigt. Damit meine ich nicht Angelo, der pflichtbewusst in meinem Nachtkästchen schlummert und sich hinter Mädchenmagazinen versteckt. Auch nicht die zahlreichen Schwänze, die ich mit dem Mund in vulkanisierten Kautschuk verpackt habe. Die Zunge meiner besten Freundin Luisa, die sich schon/ erst zweimal zwischen meinen Schenkeln verirrt hat, meine ich ebenso wenig. Ich spreche davon, dass ich an Ort und Stelle befriedigt werde und nicht weiß, von wem.
Anfangs dachte ich, es handle sich um einen feuchten Tagtraum. Anfangs dachte ich, was das eigentlich für eine nette Sache sei. Zugegeben: Anfangs hat es mir gefallen. Von den wenigen Mädchen, die einen Orgasmus erlebt haben - also nicht nur einen hatten, sondern ihn erlebt haben: stöhnend, zuckend, die Welt vergessend - können behaupten, ihm während einer Matheklausur begegnet zu sein. Ich saß und rechnete und schrieb, da kroch ein sanftes Kitzeln über mein Schambein. Glücklicherweise hatte ich Beherrschung genug, um den kurzen Schrei, der meine Stimmbänder als Trampolin missbrauchte, zu unterdrücken. Nachdem ich mich vergewisserte, dass Herr Feger hinter seinem Pult und nicht unter meinem Tisch hockte, und ausschloss, dass irgendetwas Lebendiges in meinem Slip war, wandte ich mich wieder den Zahlen zu. Bei der Überprüfung meines Schrittes musste ich ausgesehen haben, wie ein Junge, der sich am Sack kratzt. Wie dem auch sei, dachte ich mir, ran an die Analysis. Zwei Gleichungen weiter, spürte ich Bewegungen unter der Gürtellinie. Unverzüglich ließ ich den Stift fallen: Tintenklecks. Ich blickte um mich. Aber das Einzige, was ich sah, waren gestresste Schüler, deren einziges Problem oberhalb der Tischkante lag und nicht unterhalb. Ich presste meine Oberschenkel zusammen. Fest zusammen. Ich war mir ziemlich sicher, alles an meinem Heiligtum Befindliche dadurch zerquetschen zu können. Stattdessen glitschte etwas in mich. Der Trampolin springende Schrei entwich mir. Ich kassierte böse Kommentare und noch bösere Blicke. Herr Feger meinte nur: "Matheklausuren können richtige Thriller sein, nicht wahr?" Ich schenkte ihm nur ein nervöses Lächeln. Die Röte in meinem Gesicht war nicht allein der Scham zuzuschreiben. Das Ding in mir - was immer es auch sein mochte - schnellte vor und zurück, schien zu wachsen und mit jedem Mal schneller zu werden.
Mitten im Klassenzimmer wurde ich vergewohltätigt. Ich spürte, wie sich meine Schamlippen öffneten, als wollten sie einen unerwarteten, aber willkommenen Gast umarmen. Bevor ich merkte, dass ich ständig Sechsen in den Taschenrechner schlug, herrschte Sintflut im Intimbereich. Ich krallte mich am Tisch fest und versuchte, meine Füße in den hässlichen Linoleumboden zu bohren. Schweißperlen zwängten sich durch jede Pore meines Körpers. Meine Mitschüler verschwanden in der Ferne, waren nur noch zu erahnen. Mit etwas Möwengeschrei und Meeresrauschen hätte ich auch an einem Strand sein können. Der süßlich, salzige Geruch auf meiner Haut bestärkte mich in dieser Vermutung. Meine Muskeln verkrampften, mein Atem beschleunigte sich, bis man die einzelnen Atemzüge nicht mehr voneinander unterscheiden konnte. Dann wurde es warm in mir und einen Bruchteil eines Augenblicks war ich anderswo gewesen. Wäre Glück ein Ort, schätze ich, war ich dort. Dann war ich zurück im Klassenzimmer, vor mir eine Matheklausur. Drei von insgesamt sieben Aufgaben waren ungelöst und lächerliche zehn Minuten blieben mir. Selbst mit Herr Fegers Gnadenbonus war es mir unmöglich, alle Aufgaben zu bearbeiten. Also suchte ich nach einer, die leicht zu lösen war. Die man trotz Sumpflandschaft in der Hose und einer Bluse, die einem auf die Brüste geklebt worden zu sein scheint, bearbeiten kann.
Als sowohl die rechtmäßige Bearbeitungszeit als auch Fegers Zusatzminuten verstrichen waren, legte ich eine Arbeit auf das Pult, die höchstens befriedigend sein konnte. Aber hey - ein so geiler und grenzüberschreitender Orgasmus war es wert. Beim Hinausgehen starrte Herr Feger ausnahmsweise einmal nicht auf mein Hinterteil, sondern sagte: “Hast dich heute aber ganz schön angestrengt, Leila.” Ich duldete sein Grinsen und verschwand.
Im Bus hörte ich einen Jungen sagen: “Hast du die da vorne gesehen? Die sieht aus, wie frisch durchgefickt.” Trotz sofortigen Umdrehens konnte ich nicht ausmachen, wessen Schandmaul diese Bemerkung entflohen ist. Kaum drehte ich mich wieder um, war Kichern zu hören. Unverschämt - aber irgendwie bewunderte ich die Beobachtungsgabe dieser wichsenden Akneärsche.
Das geschah zu einem Zeitpunkt, als ich diese sonderbaren Ereignisse noch als aufregend empfand. Inzwischen regen sie mich auf. Ich möchte nicht ins Freibad gehen und zusehen, wie meine Brustwarzen mein Bikinitop durchstechen, bloß weil ich das Gefühl habe, eine Schwanenfeder streichle meine Gipfel.
Ich habe keine Lust, vor Erregung mitten in der Nacht aufzuwachen. Irgendwann wird sogar einer Sexsüchtigen der Sex zu viel, heißt es. Irgendwann hört der Spaß auf. Doch was soll ich tun? Mir die Muschi amputieren lassen?
Jedenfalls rief mich Tom einen Tag nach der Matheschulaufgabe an und befragte mich, wie die Matheschulaufgabe gelaufen sei. Einen kurzen, aber schrecklichen Moment lang fühlte ich mich ertappt. Oh mein Gott, er hat es bemerkt, habe ich mir gedacht. Aber zum Glück stellte sich heraus, dass er an jenem Tag gar nicht in der Schule war und ich es nur nicht bemerkt hatte. Er lag krank im Bett und wollte nur wissen, wie es lief, was drankam und was er meiner Meinung nach für die Nachholschulaufgabe lernen sollte. Harmlos also.
“Soll ich vielleicht einmal zu dir kommen und dir ein bisschen dein lernfaules Hirn stimulieren?”, bot ich ihm an. Ich wusste, er war kein Held in Mathe. Außerdem mochte ich ihn. Mochte.
Als eine Antwort ausblieb, überlegte ich, ob ich etwas Falsches gesagt hatte oder die Leitung unterbrochen worden war. Dann aber kam ein seltsam klingendes: “Ja, warum nicht.”
Schließlich stand ich vor seiner Haustür. Fast einen Monat nach der Matheklausur. Mein "spezielles Problem" begleitete mich immer noch. Zwar war es nie wieder so heftig, wie bei der Matheschulaufgabe, aber mit der Zeit störte es mich schon, wenn plötzlich etwas meinen Kitzler kitzelte oder ich Tennis spielte und jeden Ball verfehlte, weil ein ständig Lecken meine Konzentration K.O. schlug. Sogar jetzt - in diesem Moment - kam es mir so vor, als würde jemand an meinen Brustwarzen saugen.
Ich klingelte und wenige Sekunden später öffnete mir Toms Vater die Tür. Ein hässlicher Greis. Kaum zu glauben, dass Tom sein Sohn war. Er begrüßte mich und begutachtete mein Dekoltee mit ungewöhnlichem Eifer. Dann sagte er: “Tom ist oben. Die Treppe rauf, erste Tür links.”
Ich folgte seiner Anweisung und landete in der Toilette. Bei der Gelegenheit grüßte ich gleich Toms Mutter. Schnell zog ich mich zurück und versuchte es rechts. Von wegen Links-Rechts-Schwäche ist unbedenklich. Als ich Tom davon erzählte, lachte er und meinte: “Besser Mama beim Pissen, als Papa beim Scheißen.” Trotz der rohen Ausdrucksweise konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen.
Nachdem Tom selbst an den lächerlichsten Aufgaben scheiterte, schlug er eine kleine Pause vor. Was ich trinken wolle, fragte er mich. Ich antwortete: “Hast du Fanta?”
“Natürlich.” Mit einer Schnelligkeit, die ihm beim Rechnen unvorstellbare Vorteile eingebracht hätte, stürmte er aus dem Zimmer, um kurze Zeit später wiederzukommen. Ohne Fanta und dem Hinweis, er werde schnell in den Supermarkt rennen und eines besorgen. Für Widerreden war keine Zeit.
Ich wollte nicht sinnlos herumsitzen, also spielte ich ein wenig ROOM RIDER.* Um herauszufinden, dass er einen guten Geschmack in Sachen Kleidung hatte, musste ich nicht in seinen Kleiderschrank schauen. Das sah man auch so. Interessant sind die Nachtkästchen, wenn ich daran denke, was ich dort versteckt halte. Tom hatte nur ein Nachtkästchen. Einen Holzklotz, dessen Griffe mit braunem Kunstleder überzogen waren. Was ich fand waren Comics, leere Gummibärchentüten und eine überdimensionale Socke, die mit irgendetwas vollgestopft zu sein schien. Keine Pornos, keine Gummis, keine schmutzigen Heftchen. Bis ich die Socke näher untersucht hatte, fürchtete ich schon, Tom war einer von denen, die sich Kataloge von Männer in Unterwäsche ansahen.
Was hätte ich gegeben, um den Inhalt der Socke gegen seine Heterosexualität zu tauschen. In dieser verdammten Scheißsocke war eine verdammte Scheißpuppe. Keine Puppe, mit denen Mädchen spielten. Die Puppe sah aus, als stamme sie aus einem Voodoofilm. Es war eine fein gearbeitete Voodoopuppe mit hübschen Brüsten und einer sehr detailliert gestalteten Vagina. Einer Art Travel Pussy, die man in Automaten schmutziger Klubs findet. Etwas war aber weitaus beunruhigender. Der Puppe war mein Gesicht aufgenäht.
Gerade als ich bemerkte, dass die Stoffbrüste noch nass waren und nicht wenig weiße Flecken den dunklen Stoff zierten, öffnete Tom die Tür und ließ die Fantaflasche fallen. Sie zersprang nicht in tausend Splitter. Es war eine Plastikflasche. In der Hoffnung, Tom würde stattdessen zerspringen, warf ich ihm tötende Blicke zu.
“Ich k-k-kann dir das erk-k-klären.”, stotterte Tom.
“Das bezweifle ich.”
“Ich mag dich. Ich liebe dich, Leila.”
“So sehr, dass du mir vor deinem Haus die Nippel schleckst, mir im Freibad deine dreckigen Finger rein steckst und mich bei der Matheschulaufgabe ...”, dieser Vorfall war zu schön. Den konnte ich ihm nicht vorwerfen. Doch als ich Toms grinsendes Gesicht sah, schien mein Blut Wutmoleküle zu transportieren.
“Es funktioniert tatsächlich.”, flüsterte Tom, immer noch ganz der lachende Smiley. “Stell dir vor, du perverser Arsch!!!”
Ich nahm die Puppe. “Damit ist jetzt Schluss!” Ich packte die Puppe am Kopf. Noch bevor Tom "NEIN!!!" schreien konnte, hatte ich den Kopf schon abgerissen. Einen kurzen, aber schrecklichen Augenblick fürchtete ich, mich selbst getötet zu haben. Da mein Kopf aber immer noch auf meinem Hals saß, warf ich Tom die stofflichen Überreste meiner puppigen Kopie vor die Füße. Das Grinsen in seinem Gesicht war endgültig gewichen. Jetzt ähnelte er seinem Vater sehr. Ich verließ Toms Zimmer, stürzte jeweils drei Stufen die Treppe hinab und verließ Toms Haus. Er folgte mir. Ich schenkte ihm einen letzten Blick. Ich schwor mir, ihn nie wieder anzusehen. Ich würde die Klasse wechseln, meinetwegen die Schule. Um ihn nicht mehr sehen zu müssen, würde ich sogar in eine andere Stadt ziehen. In ein anderes Land.
Ich blickte ihn also ein allerletztes Mal in die Augen und sagte:
“Wenn du nur daran denkst, wieder eine so abscheuliche Puppe zu basteln, besorge ich mir auch eine und schiebe dir einen so großen Stecken in deinen Arsch, dass dir das Sitzen sogar in der Schwerelosigkeit schwer fallen wird.”