Hallo @oneill,
was für ein schöner Tag, an dem ich diese Geschichte entdeckt habe. Ich hatte damit richtig viel Spaß und habe mich über deinen Wortwitz, die Wortspielereien, all die Andeutungen, die oft mehr sagen als so mancher, der hier einen ganzen Absatz schreibt und die Zweideutigkeiten amüsiert und bestens unterhalten gefühlt.
Ich habe deine Geschichte zunächst einfach nur durchgelesen und da schon richtig viel gefunden gehabt und mich beim Lesen erfreut, aber nach dem zweiten Durchgang, der einher ging mit dem Lernen von ein paar Vokabeln, wie John Terry, was du mit Pueblo meinst, btw ich bin Nichtraucherin, Goldroger und natürlich dein Wink mit dem Zaunpfahl Tom Waits ging es mir noch besser mit dieser Story.
Ich bin einfach begeistert, was du alles mit so wenigen Federstrichen an Aussage erreicht hast.
Da steht so viel hinter deinen Aussagen, ich fühlte mich hinein gezogen in das Rätselraten, denn du hast es auch gar nicht richtig schwer gemacht, auch wenn es vielleicht hie und da auf den ersten Blick so wirkt. Klar, es sind ein paar Dingelchen dazwischen, da weiß ich bis jetzt nicht, was du dir dabei gedacht hast und diese kleinen, aber wenigen Stellen betrachte ich auch als überholungsbedürftig, falls ich nicht die einzige bin, die Tomaten auf den Augen hat, aber ansonsten hat sich Puzzleteilchen an Puzzleteilchen geschoben und es ergab ein ganzes Bild.
Und wenn jetzt nachfolgend praktisch die ganze Geschichte in Form von Zitaten wieder auftaucht, dann lag es einfach daran, dass ich dich einerseits für absolut gelungene Formulierungen loben und gleichzeitig natürlich meine Interpretationen servieren möchte.
Du hast eine erfrischende Art zu schreiben und ich komme mir dagegen mit meinem Schreibstil richtig verstaubt vor. Ich werde gewiss bei meinem Stil bleiben, weil es immer noch genügend Überlebende meiner Generation gibt, die damit klar kommen, aber was du hier hingelegt hast, ist für meine Begriffe schon der Teil der Literatur, wie man es in Zukunft auch machen kann und wird und das ist gut so.
Bevor du ganz abhebst, ob all meiner Lobeshymnen, möchte ich anmerken, dass dieser Text durchaus nicht perfekt ist, an einigen Stellen, schlappst du etwas durch, aber wärst du jetzt schon vollendet in deinem Ausdruck, dann hätte ich dir glatt geraten, nach einem Agenten oder gleich nach einem Verlag zu suchen, der (du hast ja sicherlich noch mehr davon in deiner Home-Schublade zu liegen) dich für die größere Öffentlichkeit druckt. Aber soweit ist es denn nun noch nicht, nach meinem persönlichen Dafürhalten, aber du bist schon sehr weit damit.
Als sich John Terry auf die Fresse legt, bin ich zwölf.
Gäbe es hier die Rubrik für Zitate des besten Anfangssatzes einer Geschichte, würde ich den hier zitieren. Ich finde ihn erfrischend und er schafft es, dass ich mich sofort reingezogen fühle in den Text. Anfänglich, als ich noch nicht wusste, wer Terry ist, fand ich den Satz auch schon gelungen, jetzt allerdings noch ein bisschen mehr.
Saturn, FIFA, ich kann das besser. Konnte ich nicht und lege die Hülle in die Tüte ohne Aufschrift für den Müll. Pause.
Saturn bekomme ich nicht eingebunden in deine Aussagen. Was meinst du damit?
Und packt dein Prota nun seinen Wunsch, ebenfalls so gut wie Terry zu sein (bevor er sich auf die Fresse gelegt hat) wie eine Hülle auf den Müll? Was mir an dieser Satzkonstruktion so gefällt ist der Aufbau. Du arbeitest dich Stück für Stück weiter im Sachverhalt vor. Das hab ich bisher noch bei keinem so gelesen, also so konsequent durchgezogen gelesen. "Lege die Hülle in die Tüte" ist die erste Aussage, "ohne Aufschrift" die zweite und "für den Müll" die dritte.
auf die Fresse legen geht immer noch, ein, aus.
Lakonisch und zugleich sehr vielsagen über den Prota. Bei "ein,aus" bin ich mir unsicher, was du genau damit meinst, aber ich bin mir sicher, das steht dort auch, weil der Text einen gewissen Sound hat und dann braucht es diese beiden Worte, Sinn hin oder her.
FIFA auch nicht, erwachsen sein.
Sehe ich das so richtig, dass dein Prota eben Abschied nimmt von einer Fussballerkarriere und das für ihn auch Ausdruck des Erwachsenwerdens ist?
Aus der Studentenwohnung ausziehen ist wie Wiedergeborenwerden als Sachbearbeiter, nur um einiges besser, wenn man keiner ist.
Was für ein toller Satz. Verschwurbelt und wieder dieser Aufsatteln von Bedeutungen: "Aus der Studentenwohnung ausziehen ist wie Wiedergeborenwerden", ja, das könnte jetzt so stehenbleiben und wäre richtig, aber dann kommt "als Sachbearbeiter" und man stutzt und denkt sich, ja, einer, der studiert hat, ist schon fachlich deutlich weiter und dann aber kommt "nur um einiges besser" und auch das stimmt und der Nachklapp "wenn man keiner ist" bringt dann wieder eine andere Bedeutung in den Satz. Herrlich...
Das sage ich ihm nicht, er soll schön denken, es wird immer besser, ha.
Mit einem Satz sagst du mehr aus als mancher auf einer ganzen Seite. Dein Prota ist gehörig ernüchtert, das Studium hat ihn eher klein gemacht, das Studentenleben enttäuschte ihn. Und er weigert sich, missionarisch tätig zu werden und seinen Zimmernachfolger zu warnen, nein im Gegenteil, er zeigt jetzt so einen leicht fiesen Charakterzug, in dem Schadenfreude mitschwingt.
Mit einem Satz sagst du sehr viel über deinen Prota aus. Gelungen!
Pause, Capri Sonne, rauchen.
Ja super, ich kann mir die Szene perfekt vorstellen.
Ein Bücherbrett mit Romanen und Resignation,
Das Wort Resignation macht aus dem Bücherbrett mit Romanen nicht nur einen hoch interessanten Satz, sondern gibt wiederum etwas vom Prota preis. Er besitzt Romane (was ich bei Männern nicht automatisch unterstelle im Gegensatz zu Frauen) und jetzt kann ich es mir aussuchen, ob er eigentlich resignierte, weil ihm die Romane nicht zusagten, er sie also gar nicht gelesen oder zu Ende gelesen hat oder er aus den Romanen, die er gelesen hat, diese Stimmung der Resignation übrig behalten hat oder noch was ganz anderes. Ich mag es, wenn ich da nicht vom Autor festgenagelt werde und mir selbst ein Stückchen vom Prota erschaffen darf.
ein Musikregal mit mp3-Dateien, es ist voll und leer zugleich und trägt sich leicht,
Herrlich doppeldeutig. Ein Musikregal mit normalen altertümlichen Schallplatten würde bei gleicher Datenmenge eher durch den Boden schlagen vor lauter Gewicht. Du packst hie und da Witz hinein, das gefällt mir sehr.
Goldroger im Hintergrund, schreibt über Schreiben und singt es dann, meta. Ich trage eine Hose und ein Schuhregal.
So ganz nebenbei beschreibt dein Prota wie er diesen Sänger einsortiert und sagt dann sogleich damit wieder etwas über sich aus und dann blitzt wieder dieser Wortwitz heraus, wenn der Prota mitteilt, dass er Hosen und Schuhe, ähm Schuhregal trägt. Dieser Umzug, übrigens finde ich auch den Titel schon gelungen, mit der Spielerei Zug um Zug, hat irgendetwas Skurriles und Urkomisches. Und das, ohne dass du billige Witze reißt oder man spürt, dass sich der Autor mühsamst einen Witz erschreiben musste. Ich mag deine Leichtigkeit.
Ein Menschenaffe ist immer ein Affe und kein Mensch, ein Mensch kann aber auch ein Affe sein, sagt Louis und kocht viele Nudeln.
Die Aussage, die Louis macht, ist so herrlich platt und doch sagt sie so verflucht viel über den Prota aus und die Gruppe, die beim Umzug mithilft. Da werden nicht tiefphilosophische Themen erörtert, während man die Möbelstücke wuchtet, sondern es wird gelabert und, und das macht den Satz überhaupt wieder interessant, es wird viel gegessen.
Adrian bohrt Löcher in die Löcher, damit sie zugehen.
Den Satz finde ich zwar für sich genommen schön schräge, aber ich verstehe ihn inhaltlich nicht. Aber vielleicht soll er auch einfach nur darlegen, wie sinnlos das alles irgendwie ist.
Ich ziehe um und Louis kocht Nudeln,
Genau. So ist das Leben. Perfekter Satz.
einmal bin ich rangekommen, danach nie wieder, scheint es
Verstehe ich es so, dass der Prota meint, dass er ein einziges Mal quasi seiner Schwester ebenbürtig war? Hält er sie für etwas Gelungeneres als sich?
Alte Väter machen junge Kinder.
Saudummer Satz und trotzdem passt er hier exakt her.
Adrian muss los, nicht mehr bohren, sondern arbeiten, seine Arbeit ist der Handel mit Getränken, kann man so sagen, er ist Kellner, Louis auch, aber der macht Nudeln. Paul ist Koch und gibt ihm was zu trinken, wo kommt er denn jetzt her, ich gebe ihm die Hand und er mir mein T-Shirt zurück, fein, Karton schon weg, ich ziehe es an.
Lustige Abfolge. Der Kellner kocht Nudeln, der Koch ist Kellner. Aber witzig ist dann der zweite Teil, wo du wieder den Satz aufbaust, in dem er nach und nach immer mehr seine ursprüngliche Bedeutung verwandelt.
Andere ziehen um die Häuser, sie ändern sich nicht, ich ziehe um, die Häuser, sie ändern sich, nicht ich, ich nicht, niemals.
Dann schließt du an das Anziehen an, indem du Wortspielereien machst. Gefallen mir sehr diese schrägen Äusserungen und sie passen zum Prota.
Neben dem, wo mein Bett war, Schopenhauer, ich hebe ihn auf. Den hebe ich auf. Wo ist der Karton mit Aufschrift für die Wohnung? In der Wohnung. Arthur kommt in den Rucksack, da sind die Erinnerungen drin, er hat viel Platz.
Jetzt spielst du mit dem Wort aufheben und dann diese lakonische Bemerkung, dass im Rucksack die Erinnerungen sind (und weil es nicht viele sind) mit viel Platz für Arthur. Da ist richtig viel Spielerei in dem ganzen Absatz und viel Aussage zugleich.
Cora kommt, sie lacht, ich liebe,
Auch hier. Für mich schaffst du es, auch wenn meine Interpretion vielleicht völlig daneben liegt, mit sechs Worten, die Beziehung zwischen dem Prota und Cora darzustellen. Sie kommt, weil sie hilfsbereit ist, ihn mag, ihn lustig findet, gern lacht. Punkt. Er liebt sie vergeblich bzw. unerwidert.
Wenn man eine Lampe abmontiert, wird es dunkel, das steht nirgendwo.
Das ist so eine Bemerkung, bei der ich laut lachen musste. Klar, das sind die Erfahrungen, wenn man umzieht, dass dann in der alten Wohnung kein Licht mehr ist, während es in der neuen noch nicht ist. Auch hier bringst du wieder etwas über den Prota zutage, ein Typ, der offensichtlich nicht so planmäßig vorgeht, sich also nicht vorher lange überlegt, was zuerst und was danach zu passieren hat, der aber trotz der dann auf ihn niederschlagenden Ergebnisse, dieses leichten Chaos irgendwie damit umgeht. Er motzt nicht, er jammert schon mal gar nicht, er stellt fest. Also einer, der mit seinem Chaos klar kommt.
Man kann Schränke eingeräumt lassen, wenn Louis mitträgt, lerne ich.
Louis kannste mir mal ausleihen, wenn ich wo ausziehen bzw. einziehen möchte. Herrlich dieser Satz.
Er hilft doch und alle sind egal, egal, ich trage Handschuhe, also trage ich träge eine Truhe.
Du spielst wieder mit dem Wort egal. Alle sind gleich, aber der Prota hebt sich ab vom Egalen, weil er Handschuhe trägt und dann geht die Spielerei mit dem Wort tragen weiter: trage träge Truhe.
Adrian ist doch geblieben und weißelt, in der Linken ein Helles,
Doppelspiel: weißelt in der Linken alles hell und/oder weißelt und hält in der Linken ein Helles.
ich blättere durch Andorra und werfe es in den Karton ohne Aufschrift für die Wohnung, der Edding ist leer.
Sauber wieder wortgespielt mit Andorra, das so klein ist, ist man schnell durchgeblättert und es ist so leicht, man kann es werfen.
Tom wartet, Downtown Train,
Richtig gutes Wortspiel. Ich liebe Waits, eigentlich alles von ihm. Aber beim ersten Mal hatte ich einfach nur einen Tom gelesen, einen weiteren Helfer in der Gruppe und dachte, ok, jetzt findet der Umzug also mit der Bahn statt? Ja, warum nicht. Erst beim erneuten Durchlesen wurde klar, was du da schreibst. Hat mir dann noch mehr gefallen.
Tom wartet, Downtown Train, ich nehme Züge von der Zigarette und höre zu, Cora auch, wir lächeln und reden über Waschmaschinen, weil Louis eine trägt.
Und gleich weiter mit den Wortspielen: Train und Züge nehmen, aber noch mehr gefällt mir die Interaktion zwischen Cora und dem Prota. Wieder so ein Satz, in dem mehr steht also er Worte hat. Louis wird mir immer sympathischer.
Wir stehen rund und stoßen an, einander, unperfekte Menschen, perfekter Kreis.
Super letzter Satz.
Also ich habe nicht alles aufgelistet und beim Sezieren durch meine Zitate ist mir auch aufgefallen, dass es natürlich für dich jetzt sinnvoll ist, es Stück für Stück zu lesen, was ich gut finde, aber der Text wirkt deutlich stärker und frischer, wenn man ihn in einem Rutsch durchliest und sich keine großen Gedanken macht. Die kann man dann beim zweiten Durchlesen haben oder auch nicht.
Lieben Gruß
lakita