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Zufall
Langsam blickte Eve dem Mann in seine Augen. Grüne Augen, lange Wimpern und ein eiskalter Blick spiegelte sich in den Ihren. Verlegen blickte sie hinab auf Ihre Schuhspitzen. Diese berührten die des Mannes. Das Himmelslicht spiegelte sich auf Ihnen, sogar den kleinen Mann im Mond kann ich darauf erkennen, dachte sie sich. Es war nicht der Mann im Mond, sondern getrocknete Blutflecken. Ihr Blick fiel auf seine Hände, schöne große Hände, wohlgeformt. Sie schweifte hinab auf seine Brust, sie hob und senkte sich unter dem blütenweißen Hemd, gleichmäßig ohne Hast. Der oberste Knopf war offen die Krawatte hing ohne Knoten locker um seinen Nacken. Eve versuchte ihr rechtes Bein zurückzuziehen, doch sie schaffte es nicht. Mit dem rechten Arm wollte sie nach seinem Hals greifen, und zudrücken. Ihn auf Abstand bringen. Doch der Arm blieb steif nach unten hängend. Nur ihren Kopf konnte sie bewegen, nach oben oder nach unten. Nicht nach links oder rechts.
Der Drang zu schreien, machte sie wahnsinnig, kein Laut drang aus ihrem Mund. Ihre Stimmbänder waren wie betäubt.
Vor einer Stunde war sie noch lachend aus dem Pub gegangen, auf dem Weg Nachhause. Sie hatte sich nach der Arbeit noch mit Kollegen verabredet, auf einen Absacker in geselliger Runde.
Es war ein schöner Abend, es wurde viel gelacht, gelästert über die Kollegen (die nicht anwesend waren), gut gegessen und den Chef mies gemacht. Sie liebte diese Abende.
Nun, sie musste ein kleines Stück durch einen Park gehen, doch Eve hatte noch nie Angst, spät abends verlassene Wege entlang zu laufen. Viele Laternen säumten den Kiesweg, und die Polizei zog regelmäßig ihre Runde. Eve kannte die Penner, die auf den Bänken schliefen, amüsierte sich über die Liebespärchen und war sich nie unsicher, fühlte sich niemals verfolgt.
Heute war es soweit. Sie ging ihren üblichen Weg, der Kies knirschte unter ihren Schuhen. Sie kam an einer Bank vorbei, eine Hand schon bereit etwas Kleingeld herzugeben und erwartete einen bekannten Penner, doch es saß ein fremder Mann dort. Ein gutaussehender Mann wie Eve gleich bemerkte. Lässig hatte er seine Beine übereinander geschlungen und sah in ihre Richtung. Ob er auf seine Freundin wartete oder auf seine Geliebten dachte sie sich und sah in kurz an. Typisch, wenn ich schon mal einen Blick riskiere schiebt sich eine Wolke vor den Mond. Schade, dass er nicht im Pub war, dort hätte ich ihn anreden können, aber so, lieber nicht. Der würde sich ja sonst was denken, leichtes Mädchen und so. Ne, Ne, da geh ich lieber vorbei. Sie sah auf den Boden während sie an ihm vorbei ging, und doch bemerkte sie wie er sie musterte, insgeheim freute sich Eve über diese Aufmerksamkeit.
Der Kies knirschte, jedoch nicht im Takt mit ihren Tritten. Sie ging etwas schneller, das knirschen wurde immer noch nicht synchron mit ihren Schritten. Obwohl sie ahnte dass dieser fremde hinter ihr her ging, geschah etwas absolut ungewöhnliches mit Eve. Sie fing an sich vorzustellen wie sie ihn küsste. Wie sein Atem Ihren Nacken anhauchte, ihre Nackenhaare stellten sich auf und warteten auf die Berührung. Wenn ich das meiner Freundin nachher erzähle, würde sie mich nur auslachen. Und was das schlimmste wäre, sie würde in ihrer Meinung bestätigt werden, dass ich dringend wieder einen Mann brauche. Anscheinend hat sie gar nicht so unrecht, so ein kleines Abenteuer. Nicht doch, ich werde nichts tun was diesen Mann animieren könnte. Da Eve von Natur aus keine Angst in solchen Situationen bekam drehte sie sich ruckartig um. Der Mann stand nur eine Nasenbreite von ihr weg. Er ist genauso groß wie ich bemerkte sie überrascht. „Was soll das?“ sprach Eve, doch es kam kein Laut aus ihr heraus, nur ihre Lippen bewegten sich. Sie versuchte sich zu räuspern, die typische Handbewegung den Arm zu heben und die Faust vor den Mund zu halten blieb aus. Eve stand wie eine Statue da.
Sie blickte ihm in seine Augen, er führte ihre Hand an dem Handgelenk an seinen Mund. Mit der linken Hand hielt er sie hoch. Mit der rechen streichelte er zärtlich über ihren Handrücken, eine Gänsehaut lief Eve über den Rücken, ihre Brustwarzen stellten sich auf. Nun fuhr er mit seinen Finger der rechten Hand über ihren Nacken, rauf und runter. Drückte sanft auf die kleinen Halswirbel umkreiste sie mit seinem Daumen, glitt nach vorne und massierte ihre Lippen. Eve wurde immer erregter. „Scheiße, was macht der Kerl mit mir!“ dachte Eve angstvoll mit einer großen Spur von Verlangen in sich. Langsam öffnete der Mann seinen Mund, gleichmäßige, weiße Zähne blitzten auf, er leckte sich genußvoll mit seiner Zunge über seine vollen Lippen. Er wird mich küssen, seine Zunge wird mit meiner Spielen. Warum ist seine Zunge so ausgefranst, fragte sie sich. Jäh wurde Eve aus ihren Traumvorstellungen herausgerissen. Sie hörte das laute kurze Krachen seines Kiefers, der Mund öffnete sich noch immer. Dann sah Eve keinen Mond, keine wunderschönen Augen und kein Gesicht mehr. Nur noch in das Innere des Mundes, es bewegte sich etwas darin. Nein, mehr noch, es wuchs etwas heran. SCHMERZ, entsetzt realisierte sie die Gefahr. Die rechte Hand des Mannes hatte nacheinander ihre Finger nach hinten gebogen, bis sie schlaff auf ihren Handrücken fielen. Sie sah ihren eigenen Finger gebrochen und schlaff baumeln. Sie fühlte den Schmerz und doch war sie so verdammt angezogen von diesem Fremden. Der Schmerz ließ nicht nach. Sie sah wieder in seine Augen, er verführte sie, zog sie nur mit seinen Augen aus. Ich werde dir deine Angst nehmen, damit dein Blut nicht nach Adrenalin schmeckt. Sonder süss und erregt will ich es haben. Seine Oberlippe wanderte über seine Nasenflügel, die Unterlippe zog sich über sein Kinn. Fasziniert beobachtet Eve, wie seine Zähne kürzer wurden, bis sie nur noch den Rachen sehen konnte.
Er rollte seine Zunge nach hinten auf. Fünf kleine Münder ohne Fleisch und Lippen, nur spitze Zähne bohrten sich kraftvoll aus seinem Unterkiefer. Die Zähne klapperten im Takt auf einander. Wie hungrige Wölfe. Blut und Speichel lief an seinem Hals hinab. Sie stellten sich in einer Reihe auf. Er führte ihre Hand an seinen Mund, und jeden Finger zog er nun so in die passende Richtung dass jeder der kleinen Münder einen Finger darin stecken hatte. Die Münder zogen und saugten kraftvoll an Eve`s Fingern. Eve konnte nicht aufhören auf ihre eigenen Finger zu starren, Gott laß mich aufwachen aus diesem Horror oder sterben. Sie sah zu wie schmatzend ihr das Fleisch runter gelutscht wurde. Als nur noch der blanke Knochen im Mondlicht strahlte wendeten sich die Münder ihrem Hals zu.
„Warum ich?“ Fragte sie sich. Sie hörte in ihrem Kopf seine Stimme. Die Antwort war kurz: „Zufall.“