Zu einfach
Zu einfach
Theo nahm einen Zug an seiner Pfeife und blies den nach Vanille und Tabak duftenden Rauch langsam in kleinen Stößen aus. Mit geschlossenen Augen atmete er die klare Meeresluft ein und versuchte den Moment zu genießen. Er sah hinüber zu seiner Frau Kim, deren seidig glänzendes Haar sanft mit dem Wind tanzte. Sie stand auf der Terrasse und lehnte sich gegen den weißen Holzzaun. Vergeblich suchte er in ihren Augen einen Hinweis darauf, dass sie Glück empfand. Sie ließ ihren Kopf hängen und starrte auf den beinahe weißen Sandstrand. Sie hatte sich eine Strickjacke übergezogen, nachdem sich die kleinen Brisen in einen starken Winde verwandelt hatten. Hektisch kaute sie an ihrem linken Daumennagel und spielte mit der rechten Hand an einer Haarsträhne herum. Nein, sie sah nicht glücklich aus und Theo war sich sicher sie würde es auch nicht werden. Er stand jetzt schon mehrere Minuten hinter ihr und beobachtete sie, doch sie machte nicht den Anschein sich zu ihm umzudrehen.
Er klopfte die Asche aus seiner Pfeife und legte sie beiseite. Er goss sich ein Glas Wein ein und nahm einen kräftigen Schluck aus dem großen Kristallglas. Der Wein half ihm aber nicht, so kippte er den Wein in den Sand und schenkte sich einen großzügigen Scotch ein und kippte ihn mit einem Schluck hinunter. Der Alkohol brannte in seinem Rachen, und der Anblick Kims auf seiner Seele. Lange hatte er über die Entscheidung nachgedacht, ob es richtig oder falsch war hatte er gegrübelt. Er selbst hatte sich nie Vorwürfe gemacht, doch jetzt plagten sie ihn, und er wusste nicht damit umzugehen. Sie ist wunderschön, dachte er sich und betrachtete ihren Körper, wie sie so vor ihm stand. Sie war verletzlich und vielleicht schon zu oft verletzt worden, doch darüber hatte er nie nachgedacht. Seine eigenen Sorgen, welche eigentlich gar keine waren hatten ihn die ganze Zeit so sehr beschäftigt, dass er ihre vollkommen vergaß. Sicherlich lief ihr Leben schon schief, bevor er kam, doch er war sich nicht sicher ob er ihr geholfen, oder sie noch unglücklicher gemacht hatte.
Freunde und Verwandte hatten ihm seine Entscheidung oft vorgeworfen, doch er war sich sicher, das er ihr damit einen Gefallen tun würde.
Theo warf einen Blick in den Himmel, die Sonne ging langsam unter, und ein Schwarm Vögel flog über ihm hinweg. Die Insel war wunderschön, an jeder Ecke ein überwältigendes Fleckchen Natur, doch Kim ließ dieser Anblick kalt, als würde sie all diese Schönheit verletzen.
Theo ging wieder ins Haus und ließ seine Frau auf der Terrasse stehen.
Auf dem Tisch lagen Briefe, die ihr wichtig zu sein schienen, sie las sie mehrmals am Tag.
Dort lagen auch ihre anderen Habseligkeiten, die man an einer Hand hätte abzählen können.
Sie hatte nichts woran sie sich festhalten konnte, außer an ein paar Erinnerungen und vielleicht die Worte in diesen Briefen. Alles was sie besaß passte auf einen kleinen Teetisch.
Und so sehr Theo sich auch bemühen würde, er wusste er würde nie zu ihr gehören.
Er sah durch die gläserne Tür hinaus und während er Kim beobachtete, wurde ihm klar, er hatte einen Fehler gemacht. Sein Traum vom einfachen Glück war zerbrochen, und er sah die Scherben direkt vor sich liegen. Er hatte sie gekauft, so einfach wie ein Auto oder ein Haus. Er hatte etwas gekauft, was er nie wirklich besitzen würde, etwas das eigentlich unbezahlbar ist, einen Menschen, und er schämte sich.
Wie leicht hatte er es sich vorgestellt, sie würde ihn lieben, für ihn da sein und sie würden glücklich werden. Doch er hatte vergessen, dass man so etwas nicht kaufen kann, dass man nie eine Garantie auf das Glück bekommen würde. Er war reich und doch fühlte er sich machtlos und arm. Seine Frau, würde ihn ablehnen, und in ihm nur einen Ausweg aus ihrem bisherigen Leben sehen, aber wohl nie einen geliebten Mann, der sie glücklich machen würde.
Kim kam wieder ins Haus und machte das Essen für Theo warm, obwohl er sie nicht darum gebeten hatte, sie tat es einfach, weil sie dachte dass es ihre Pflicht sei.
Er konnte sie leise schluchzen hören, doch er traute sich nicht sie zu trösten, so gerne wie er sie umarmt hätte. Er wollte nicht dass sie dachte er würde sie nur gebrauchen, und das tat ihm weh. Die ganze Sache ging so schnell und einfach, man redete über Preise und man zeigte ihm Fotos, doch jetzt ging es um eine lebende Person, und Theo war ratlos und fing an zu weinen.
Er war nicht schlecht, und er hatte auch keine schlechten Absichten bei der Sache gehabt, er wollte nur glücklich werden.
Während Kim noch kochte, zog er sich seinen Mantel an und ging raus um ihr Blumen zu pflücken, denn er wollte ihr zeigen dass er sie gern hatte, doch er wusste es nicht in Worte zu fassen, und so pflückte er einen Blumenstrauß.
Als er wieder kam war das Essen auf dem Tisch und Kim saß mit leerer Miene am Küchentisch. Theo strich ihr mit dem Handrücken über ihre Wange und gab ihr die Blumen.
Für einen Moment schien er sie lachen gesehen zu haben, und es tat ihm gut.
Draußen war es dunkel geworden, und Theo hoffte dass dieser Anfang nicht das Ende bedeuten würde.