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Zensi die Zikade
Von überall her hört man Stimmen. Richtig laut ist es. Ein Durcheinander aus: Reden, Lachen und Schreien. Fast auf jedem Blatt des Rhododendron-Strauches ist etwas los. Ältere Zikaden sitzen mit mehreren zusammen und unterhalten sich, die jüngeren spielen ausgelassen und hüpfen und fliegen umher. In der Wärme der Sonne fühlen sich alle wohl. Außer Zensi!
Normalerweise verbringt Zensi ebenfalls den Tag damit, mit Freunden zu spielen oder die Gegend um den Strauch herum zu erkunden. Heute jedoch nicht. Letzte Nacht hat Zensi kaum geschlafen und war ständig wach. Schuld daran war vermutlich der Vollmond.
Jedenfalls ist sie heute Morgen völlig übermüdet und schlecht gelaunt. Daher will sie lieber alleine sein.
Sie sucht nach einer freien Stelle im Rhododendron-Strauch und hüpft von Blatt zu Blatt.
Nach einiger Zeit findet sie endlich ein ruhiges Plätzchen. Zensi setzt sich schmollend an den Rand des Blattes und lässt ihre Füße baumeln. Doch es dauert keine zwei Minuten, da steht ihre beste Freundin Zora hinter ihr.
„Spielen wir was?“, fragt sie Zensi. “Wir könnten testen, wer am höchsten springt oder wer zuerst um den Busch fliegt“.
Dann kommt auch noch ihr Freund Zacharias hinzu.“Oh toll, da mach ich mit“, ruft er begeistert.
„Nein“, antwortet Zensi mit gesenktem Kopf,“ich habe heute keine Lust und möchte lieber meine Ruhe haben“.
„Ach komm“, drängt Zora,“lass uns spielen, spielen, spielen!“
Auch Zacharias stimmt mit ein und beide rufen zusammen:“Lass uns spielen, spielen, spielen!“
„Ihr nervt“, beschwert sich Zensi, setzt sich auf und fliegt davon. Verärgert über sich selbst, würde sie jetzt am liebsten laut losheulen.
Gedankenversunken schwirrt sie um den Strauch, hinüber auf die andere Seite. Dabei bemerkt sie nicht das Hindernis, das vor ihr auftaucht. Es ist eine riesengroße gelbe Tafel.
Als Zensi endlich die Gefahr erkennt, ist es bereits zu spät! Trotz Vollbremsung und dem Versuch nach rechts auszuweichen, berührt sie mit dem linken Bein die gelbe Tafel und bleibt hängen.
„Oh nein, dass das gerade mir passieren muss!“. Zensi ist entsetzt. Hatte sie doch gewusst, dass sie sich von gelben Tafeln fern halten sollte.
Ihre Mutter hatte es ihr immer wieder gesagt: „Kind, pass auf, dass du nie eine gelbe Tafel berührst. Das sind Klebefallen! Die werden von den Menschen aufgestellt, um uns Zikaden zu fangen. Nur weil wir den Pflanzensaft so mögen und an Blättern und Knospen des Rhododendron-Strauchs trinken“.
Doch jetzt hängt sie da. „Ich habe Angst“, denkt sich Zensi und zittert am ganzen Körper.
Um sich zu befreien versucht sie das Bein mit aller Kraft wegzuziehen, doch es hilft nichts. Dann versucht sie durch hin und her schwingen ein Blatt zu erreichen an dem sie sich festhalten könnte. Aber auch dies klappt nicht. Kein Rütteln, Rucken oder Zucken hilft. Bei jedem Versuch sich zu befreien, bleibt sie immer mehr kleben. Sogar mit den Händen und anschließend auch noch mit dem anderen Bein. Arme Zensi! Es ist unmöglich alleine loszukommen. Traurig hängt sie da.
Während ihr die Tränen kommen, fallen ihr plötzlich ihre Freunde ein. Sofort beginnt sie laut nach ihnen zu rufen: „Zooooora – Zachariiiias – helft miiiir!“
Bald schon kommen die Beiden mit Schwung um die Kurve geflogen. Sofort erkennen sie die gefährliche Situation und rufen: „Beweg dich nicht, halt still!“
Vorsichtig nähern sie sich Zensi und der Klebefalle. Sie müssen sehr aufpassen, dass sie selbst nicht festkleben. Zora versucht Zensis Hände zu befreien, während Zacharias mit viel Geschick dabei ist, Zensis Beine von der klebenden Gelbtafel zu lösen. „Zum Glück ist Zensi nicht auch noch mit ihren empfindlichen Flügeln hängen geblieben“, denkt er sich.
Es ist gar nicht einfach für die Freunde Zensi zu helfen. Auch Zora bleibt immer wieder kleben. Zum Glück kann sie sich aber selbst befreien. Zacharias geht es nicht besser. Eine richtig schwere Aufgabe haben die drei zu bewältigen.
Allen kommt es vor wie eine Ewigkeit, aber nach wenigen Minuten haben sie es geschafft; Zensi ist befreit!
Erschöpft legen sich die drei auf ein Blatt und atmen tief durch. Dabei halten sie sich gegenseitig an den Händen fest. „Ich bin so froh, dass ihr gleich gekommen seid und mir geholfen habt. Alleine hätte ich das nie geschafft“, bedankt sich Zensi.
„Echte Freunde halten immer zusammen. In guten wie auch in schlechten Zeiten“, antwortet Zora.
„Genau! Und darauf trinken wir jetzt ein Schluck Pflanzensaft“, bekräftigt Zacharias und alle drei müssen lachen.
Von schlechter Laune ist bei Zensi nichts mehr zu spüren.