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Zellteilung

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10.11.2015
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Zellteilung

Wie der Körper einer Schnecke, zog sich der Raum um das Pärchen zusammen. In dahinschwappenden Wellen. In gleichmäßigen Kontraktionen. Tatsächlich schrumpfte das Zimmer und als er es bemerkte, stieg ihm die Magensäure in den Rachen. Es brannte lange, weit hinter der Zunge und zwang ihn, zu schlucken. Wieder und wieder. Doch auch als er ungläubig die Augen schloss, verschwand es nicht. Viel schlimmer! Jetzt konnte er es fühlen, wie es um die beiden mit jeder vergehenden Minute enger wurde. Der quadratische Raum schmolz wie ein Eiswürfel weg. Ratlos starrte er auf die nestelnden Finger der Frau neben ihm. Die Haut ihrer schmalen Hände war spröde gewaschen. Wenn sie die fahlen Fäuste zu sehr ballte, traten feucht glänzend feine Risse in blassem Rosa hervor. Sie zog die Ärmel ihres farbarmen Jäckchens, schupp, über die Daumen und ließ sie unter Spannung, zupp, zurückschnellen. So leiern sie nur aus, wollte er mahnen. Doch schluckte er diese Worte samt bitterer Galle hinunter. Mühsam verdrängte er den Gedanken, wann es soweit gekommen war, dass sie sich nichts mehr sagen wollten. Bestimmt mussten. Aber es geht halt nicht mehr, wusste er. Das schrumpfende Drumherum verkam zu einem Hintergrundrauschen, als sein Blick über die dicken Wälzer in den hohen Regalen schweifte. Kompetenzalibis, dachte er abfällig und wieder wollte er ihr den Gedanken sogleich mitteilen.

Sie hörte ihn kräftig schlucken. Ihre Haarsträhnen hingen ihr im Gesicht und rochen nach Pfirsich. Sie konzentrierte sich still auf einen Punkt vor ihr, denn das Atmen fiel schon ohne Ablenkung schwer genug. Die Nervosität fraß die Luft um sie. Und er neben ihr, er fraß sie auch. Derart gierig, wie sie ihn nicht kannte. Der Duft des Shampoos lag wohltuend auf ihr und sie fand dies behütend. Das schien ihr bitter nötig, jetzt, wo der Mann neben ihr das nicht mehr übernahm, nicht konnte. Sie sog das bisschen Luft ein, dass er ihr zugestand. Schupp. Zupp. Schupp. Wie lange sie schon diese Angewohnheit hatte, die Ärmel der Oberteile auszuleiern, vermochte sie nicht mehr zu sagen. Beim besten Willen. Er hatte schon oft gefragt. Sie tat es stets, wenn sie mit einer aufkeimenden, schlimmer, einer hervorpreschenden Nervosität rang und zu verlieren drohte.

Still sitzen konnte er nicht mehr und da sprang er auf und zog in dem schlecht beleuchteten Zimmer in rastlosen Kreisen umher. Was das doch für ein schrecklicher Raum war, fand er. Überall waren Bücher gestapelt, die sicher nie einer las. Dick Staub lag schon darauf! Schiefe Türme, vergessen in Regalen und Schränkchen. Und auch jetzt, bei genauem Betrachten, zog sich der Raum weiter zusammen. Alles rückte näher und näher. Wie lange noch, bis das geschmacklose Inventar seine Seiten streifen würde? Ihn presste und quetschte? Der Gedanke verschaffte ihm Schwindel. Und heiß war ihm auch. Er setzte sich und die Angst brodelte. Das musste es sein! Herrje, so fängt es an. So fängt es an. Er hatte es! Wieder riss er hoch und pustete seine Verzweiflung lautstark in den dahinschwindenden Raum. Dann achtete er darauf, ob die Frau es ihm auf ihre Weise gleich täte. Ihm zeigte, dass auch sie nicht mehr könne. Er sah auf sie hinab, auf den Haarscheitel, der sich ihm so vertraut entgegenstellte und ab und an zur Seite wippte. Ihren Kopf hielt sie weiter schweigend gesenkt. Wie zu erwarten. Diese Schlampe… diese Schlampe! Nichts kam von ihr! Nichts! Ihm war klar warum. Sie wusste es. Sie wusste, wer hier die Verantwortung… nein, die Schuld trug!

Natürlich verstand sie den Quell seines unruhigen Treibens. Doch zermürbte diese Rastlosigkeit den letzten Funken Selbstbeherrschtheit, den sie auf ihrer Seite zu wissen meinte. Möge er sich doch setzen, herrje. Still sitzen und abwarten, so schwer es ihm fiel. Doch trat keine dieser Bitten hörbar hervor und so schloss sie die trockenen Lippen wieder. Da grübelte sie, wann sie denn das letzte Wort gesprochen hatte. Wochen musste es nun bereits her sein. In dieser Zeit hatte er gesprochen. Ständig. Viel. Viel geschrien. Und sie, sie starrte derweil auf seine wild gestikulierenden Hände. Wie aufgetriebene Vögel flogen sie kreuz und quer um ihn herum. An solchen Tagen säuberte sie häufig, was ihr nun unsäglich schmutzig erschien. Natürlich war sie ihm auch schweigend in dieses Zimmer gefolgt. Flupp. Jetzt, wie ein eingesperrtes Tier, wanderte er getrieben von einem Ende des Raumes zum anderen. Als sie ihn so aus dem Augenwinkel sah, quellte da die Wut. Zupp. Wo war sie geblieben, seine erdrückende Entschlossenheit? Sonst schwitze er sie doch förmlich aus! Es war wirklich typisch. Typisch für ihn. Stets am falschen Ort zur ständig falschen Zeit. Das hatte sie ihm schon davor gesagt. Oft. Ihn gewarnt davor. Doch er blieb eben nur ein Mann mit unzureichenden Fähigkeiten. Dieser Gedanke zwang sie zu einem schiefen Grinsen. Dann schnappte sie wieder nach Luft. Tatsächlich roch alles in diesem Raum mild nach Pfirsich.

Die Fingernägel der Frau waren hellblau lackiert. Die Farbe darauf bereits an mehreren Stellen abgeblättert und so erinnerte es ihn an sich lösende Eisschollen, immer da, wo der weiße Nagel hervorblitzte. Ja. Der Raum schrumpfte weiter, spürbar. Was tun? Er konnte ihn schon spüren, ihren dürren Körper. Wie es ihn anwiderte. So wie sie da selbstherrlich in Resignation zerging. Dabei trug sie alleine die Schuld! An alledem. An dieser Enge. Scharf sog er die Luft ein. Er behielt sie lange in sich und zuckte unter dem dumpfen Wummern in seiner Brust zusammen.

Hinter ihnen zählte eine imposante Wanduhr die Zeit. Nun lauter. Dunkelbraun und fein verziert, in Höhe und Breite wie ein Mann, bemühte das Gehäuse den Raum um die gebührende Muße. Tack. Schwer schlug der goldfarbene Zeiger um, als der Arzt hastig den Raum betrat. Schupp. Mit leichtem Schritt verschanzte er sich hinter seinem Schreibtisch, den weißen Kittel wie Bühnennebel hinter sich herziehend. Vor ihm aufgereiht waren veraltete Fotos von Frau und Kind. Darunter Bücher. Der Mediziner versank in einem wenig stattlichen Bürostuhl und sah die Papiere durch, die er mit hineingebracht hatte. Bedächtig, tack, hob er den Kopf und schüttelte ihn ernst. Zupp.

Das Pärchen spürte die große Wanduhr schmerzhaft heranrücken. Kühl lag das Ziffernblatt auf den Nacken beider, drängte gegen die Schulterblätter und verschluckte den letzten Raum, der sie umgab. Beide Körper wurden fest gegeneinander gepresst. Er erschrak, als er ihre raue Oberfläche auf seiner Haut spürte. Doch um voneinander zurückzuweichen, blieb ihnen kein Platz mehr.

 
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Hallo Canaille,
ich habe Deinen Text mehrere Male gelesen. Das heisst, dass mich die Sprache nicht abgeschreckt hat. Den Inhalt habe ich jedes Mal anders gesehen und komme nicht klar. Wo ist die Verbindung zur Zellteilung. Da stirbt eine Frau und die Zellteilung stoppt eigentlich. Wie wäscht man sich spröde? Wäscht man Zellen von der Hautoberfläche? Gehören die Kompetenzalibis in Form verstaubter Bücher dem Arzt? Ich verstehe das so: Der Partner sieht seine Frau sterben, die an Demenz leidet und tote Zellschichten am Körper hat. Er selbst wird dabei verrückt. Ich denke, du solltest über mehr Konkretes sprechen oder die Verbindungen des Merkwürdigen zeigen. Warum ist da zum Beispiel ein Pfirsichgeruch? ... Ansonsten gerne gelesen.
Viele Grüsse
Fugu

 
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Hallo Fugu,

zunächst möchte ich mich bei dir bedanken - für deine Zeit und die Mühe, diesen Text (mehrmals) gelesen zu haben, viel mehr jedoch noch für deinen Kommentar.

Es ist wohl so, meine ich, dass eine Geschichte, die es mit sich bringt, dass sie der Verfasser im Nachklang erklären muss, entweder besonders kompliziert und anspruchsvoll oder schlicht schlecht ist. Ich schreibe es nun einzig mir auf die Kappe, dass du bedauerlicherweise mit einem Unverständnis aus der Sache gegangen bist. Und da ich die Geschichte nicht für kompliziert halte - sie ist weitaus weniger kompliziert als du sie interpretierst - muss ich mir wohl eingestehen, schlicht am Ziel vorbeigeschossen zu haben. Das wiederum ist schade und ärgerlich.

Ich mache es wohl grundsätzlich ungern, aber es liegt an nichts anderem als meinem Unvermögen, dies hier als Notwendigkeit zu erachten. Wie gesagt, ist die Geschichte weitaus simpler als von dir großzügigerweise vermutet. Es geht in der Tat um eine schwere, wahrscheinlich tödliche Krankheit, deren Träger wollte ich jedoch im Unklaren lassen. Es sollte möglich sein, zumindest ein wenig, in beiden Charakteren den Erkrankten zu sehen.

Im schnörkellosen Klartext: Ein Pärchen sitzt im Büro eines Arztes und warten auf das Ergebnis einer Untersuchung. Es ist eine ansteckende Krankheit, die über beiden schwebt. Und beide sind nervös, bedeutet sie doch mehr als nur Ausschlag im Schritt. Einer der beiden hat die Krankheit in die Beziehung gebracht. Einer der beiden steht nun vor der Gefahr, diese Krankheit von seinem Partner erhalten zu haben. Das soll die unglückliche Situation sein, die der Leser Absatz für Absatz aufbröseln in der Lage sein sollte.

Spröde Haut, vom zu häufigen Händewaschen, ein Klammern an Hygieneprodukte, ein vertrautes Haarshampoo, ein Sauberkeitswahn möglicherweise, dann die Wut des Mannes und ihr verächtlicher Kommentar seiner An- bzw. Abwesenheit gegenüber, sollten den Leser (so war es geplant) auf die Fährte führen, was hier eigentlich passiert sein könnte. Vielleicht ein Seitensprung mit Folgen? Von dem sie sich reinwaschen will? Bis es dem Körper an die Substanz geht. Und er? Er gibt ihr die Schuld und reagiert mit Aggression. Vielleicht darüber, dass sie ihn zu einem Seitensprung getrieben hat. Vielleicht für ihren, dessen Folgen er jetzt droht ausbaden zu müssen. Und so weiter.

Der Raum schrumpft angesichts der bebenden Panik der beiden Charaktere. Alles wirkt eng und enger und so war es schlicht, ich fand es furchtbar clever, da passend, diesen Titel zu wählen, der hier jetzt für Verwirrung sorgte. Einen engen Raum assoziiere ich mit einer Zelle, im Sinne eines Kerkerabschnitts, ein Gefängnis. Ein Gefängnis, das die beiden jetzt teilen, unfreiwillig, also der Begriff Zellteilung, der passenderweise eine gewisse, nicht unwesentliche Verknüpfung zu biologischen Prozessen, zu Medizin und dem Körper, dem Sterben, mitschwingen lässt. Am Ende nichts als ein amüsantes Wortspiel, das hier offenbar mehr schadet als es nützt, scheint mir.

Ich bedanke mich noch einmal für deinen begründeten kritischen Input und hoffe, dir damit ein wenig Klarheit in die aufgeführten Punkte gebracht zu haben. Ob diese erkärenden Kommentare die Geschichte nun angenehmer in ihrem Unterhaltungswert machen, ist die brennende Frage. Dass sie nun primär die Defizite in meiner Erzählweise aufzeigen, ist dagegen wohl unbestritten. Ungeachtet dessen freut mich ein "gerne gelesen" natürlich trotzdem.

Auf hoffentlich bald,

Canaille

PS. Ja, die Bücher sind die des (Chef-)Arztes. Sie stauben in den Schränken seines Büros vor sich hin, denn der gute Mann ist zu beschäftigt, Menschenleben zu retten.

 

Hallo Canaille

Ich hab mir deinen Text durchgelesen, und fand ihn ziemlich verwurschtelt. Viele Kommasätze, viele umschreibungen. Ich mußte auch einige Sätze mehrmals lesen, nicht nur, um sie zu verstehen, sondern weil man einfach am Ende nicht mehr wusste, durch viele Kommata, wie der Satz eigentlich Anfing.

Wie lange sie schon die Angewohnheit hatte, die Ärmel ihrer Oberteile auszuleiern, wenn sie mit der aufkeimenden, nein, der hervorpreschenden Nervosität rang, wusste sie nicht recht
Merkwürdig war es, als er den Blick abwandte und über die dicken Wälzer in den Regalen, Kompetenzalibis wie er sie ihr gegenüber verächtlich tituliert hätte, wandern ließ
Das Wort Kompetenzalibis hab ich mir auch mehrmals vorgesprochen, bis ich wußte, wo man es betont. :Pfeif: Das aber nur am Rande.
Durch diese verschnörkelten Kommasätze wurde das lesen leider immer schwerer, weil es ziemlich anstrengend war. Es lässt sich nicht einfach lesen. Und den wirklichen Sinn hatte ich auch erst dank deiner Erläuterung verstanden. Hab ihn dann noch einmal gelesen, und konnte besser hinter die Fassade blicken.
Jetzt fängt es an. Oh Gott, es fängt an. So fängt es an!
Und diese wiederholungen, gut, das gehört in dem Fall zur dramaturgie, wie auch:
Ihm wurde bei diesem Gedanken schwindelig. Schwindelig und heiß war ihm. Ja, heiß war ihm. Verdammt, resignierte er erschöpft. Verdammt
Und wie Eis, wie Eis drohte er hinwegzuschmelzen, der Platz darin, wie Eis in einem Glas
Auf dauer ist es dann, find ich, ein wenig nervend. Normalerweise soll man ja kein Wort so kurz hintereinander mehrmals verwenden, wenn es sich denn vermeiden läßt. Wenn es zur Dramaturgie gehört, kann man mal ein Auge zu drücken, aber es so ständig in einem Text zu lesen.
Vielleicht kann man einige der Kommasätze in zwei eigene Sätze Teilen, und die doppelten Worte reduzieren. Den Text ein wenig einfacher zum Lesen machen und versuchen, deine Erklärung noch in den Text zu integrieren, dann versteht man ihn noch besser.

Schöne Grüße Danny

 
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Hallo Danny,

auch dir möchte ich zunächst vielen Dank für Zeit und Muße aussprechen. Deinen Kommentar kann ich nachvollziehen, auch wenn ich es persönlich gerne lese, wenn einer viele Kommata benutzt, viele Schachteln öffnet und schließt, aber ich sehe ein, wie es sich beißen kann, wenn ich viele Wortwiederholungen neben lange Schachtelsätze stelle und das ermüdend, bis hin zu stilistisch schlecht wirkt. Ja, Wortwiederholungen nehme ich auch raus, nicht alle, aber ein paar. Ich mag es auch, wenn einer oft das gleiche schreibt. David Peace zum Beispiel. Ich rechne damit, dass man damit auch des öfteren Tretminen auszulegen droht.
Das möchte ich an dieser Stelle, mit diesem Text, jedoch eigentlich nicht und darum hoffe ich, meine Korrekturen machen den Text (etwas) leserfreundlicher. Das wäre sehr schön.

Das Wort Kompetenzalibis hab ich mir auch mehrmals vorgesprochen, bis ich wußte, wo man es betont.
Dieses lustige Wort will ich mir nicht nehmen lassen und hoffe, du nimmst es nicht als Hochmut, sondern als Sturheit. Und siehst es mir nach.

Wie gesagt, ich teile die Meinung, die du vertrittst und hoffe, die Geschichte nun, stilistisch, ein wenig leserfreundlicher gestaltet zu haben. Was den letzten Vorschlag angeht, meine Erklärung zur Handlung weiter einzubauen, da habe ich... soll ich sagen, Bedenken, Hemmungen? Nicht, dass es wahrscheinlich nicht sinnvoll wäre, aber noch zögere ich. Ich weiß nicht recht, habe ich doch einen Faible für "Nebulöses" (eine meiner Unarten, die ich hoffe, hier bei Kg.de zu einem gewissen Grad ablegen zu können). Ich hadere damit, wie ich das gut hinbekommen könnte, ohne die Essenz der Geschichte zu zerstören, die ich tatsächlich darin sehe, ein kleines "Detektivspiel" zu betreiben - aus den kurzen Absätzen die kurze Geschichte dahinter aufzufädeln. Dabei sollte dieses Prozedere natürlich Spaß machen und nicht erschöpfen.

Vielleicht ein paar Hinweise mehr? Ich werde darüber nachdenken müssen.

Ich bedanke mich für deine Mühe, diesen Text zu kommentieren und hoffe, in Reaktion dadurch etwas daran verbessert zu haben.

Auf hoffentlich bald,

Canaille

 

Hallo Canaille,
Deine neue Version gefällt mir deutlich besser. Das kann natürlich daran liegen, dass ich durch Deine Erklärungen - vielen Dank dafür - Vorwissen habe. Trotzdem bleibt bei mir das Bild einer alten Frau, ausser den hellblau lackierten Nägeln.

Kompetenzalibis
Hast Du das Wort geschaffen? Eine schöne Beschreibung!
Um dem Titel die Mehrdeutigkeit zu nehmen, könntest Du vielleicht sagen: Gemeinsame Zelle?
Viele Grüße
Fugu
PS: Willkommen hier! Ich habe gesehen, dass dies Dein erster Beitrag ist.

 
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Hallo nochmal Fugusan,

es freut mich, dass dir die überarbeitete Version besser gefällt.

Trotzdem bleibt bei mir das Bild einer alten Frau, ausser den hellblau lackierten Nägeln.
Woran denkst du, mag das liegen? Ich habe sie mir gerade noch einmal durchgelesen und - zugegeben, viel tut sie in dem Text ohnehin nicht - finde keinen rechten Anhaltspunkt, der explizit zu dieser Annahme verleiten würde.

Vielleicht ist es das Thema "Kranksein" und das Verständnis, welches dir nach dem erstmaligen Lesen kam, das da präsent bleibt? Dann liegt dieses Ergebnis natürlich an meinem Unvermögen, hier ordentlich zu erklären. Aber man nehme mir diesen Optimismus nicht allzu übel, wenn ich sage, es zerstört zumindest meine Intention dieser Geschichte nicht, wenn die Frau als ein wenig älter als gedacht empfunden wird.

Hast Du das Wort geschaffen? Eine schöne Beschreibung!
Ich war der Meinung, als ich es erstmals tippte. Scheinbar hatten diesen Geistesblitz aber auch schon andere Leute, denn Google spuckt zumindest ein paar wenige Treffer dazu aus.
Ich mag das Wort. Es zieht eine passiv-aggressive abfällige Note mit sich. Herrlich, nicht?

Nun unter anderem auch diesen Text hier...

Um dem Titel die Mehrdeutigkeit zu nehmen, könntest Du vielleicht sagen: Gemeinsame Zelle?
Den Titel zu ändern, das ist keine schlechte Idee. Gemeinsame Zelle. Ich hänge nicht am Titel, auch wenn ich ihn beim erstmaligen Verwenden ganz amüsant fand. Gemeinsame Zelle, das klingt nicht schlecht und behält den gewollten Gedanken, wenn auch weniger scharf, bei. Doch schwer fällt es mir trotzdem, einzuwilligen. Ist es das Ego?

Vielleicht gar nur Zelle? Oder Doppelzelle? Oder sowas. Was denkst du? Würde das auch gut sein?

Vielen Dank für die Willkommensworte. Sehr freundlich. Schön auch, dass du dir die Geschichte überhaupt ein weiteres Mal durchgelesen hast. So etwas spornt natürlich an, an "alten" Geschichten weiterzuarbeiten und sie tatsächlich auch deutlich zu verbessern, im besten Falle. Ich denke diese Posting-Kultur will hier auch vermittelt und gelebt werden. Das hilft sehr.

Auf hoffentlich bald,

Canaille

 
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Hallo Canaille

Schöne Idee, dieses stumme Warten im Arztzimmer, dieses Warten in bitterer Ungewissheit, ausgefüllt mit einem Wechselspiel der Gedanken beider Protagonisten. Einzig der Anlass für den Arztbesuch bleibt bis zum Schluss im Dunkeln. Am Ende könnte es ein Karriere-Pärchen mit spätem Kinderwunsch sein, in der Hoffnung, die In Vitro Fertilisation habe endlich die gewünschte Zellteilung geliefert. Für mich allerdings handelt es sich doch eher um ein betagtes Paar, in wortlosem Verständnis und tiefer Verbundenheit, zum Warten verdammt, die seltene Berührung ein verzweifelter Versuch Trost zu spenden. Ja, so gesehen ein schönes Setting und streckenweise nicht schlecht umgesetzt. Allerdings wo Licht ist, gibt's auch Schatten:

Mir war dein Erzähler zu präsent, wie eine dritte Person im Raum oder ein Sportkommentator, denn er verpasste beiden Charakteren die gleiche Erzählstimme, was mir mit fortschreitender Geschichte etwas fad erschien. Mann und Frau sind austauschbar, sind für mich keine eigenständige Persönlichkeiten. Den Mann würde ich noch stärker aufbrausend, verzweifelt, wütend darstellen. Die Frau eher gefasst, etwas verpeilt und fatalistisch, je nach Krankheitsbild. Durch die Erwähnung, "Vertrautes um sich zu wissen" sei bitter nötig, tippte ich hundert Prozent auf Altersdemenz/Alzheimer. Ich lese gerade das Buch "Small World" von Martin Suter zu Ende, dort wechselt der Autor mehrmals fliessend zwischen der frühsten Erinnerungsebene des Erkrankten und der realen Ebene aus Sicht seines Umfelds. Dabei ändert der Autor gekonnt die Sprache und man findet sich unverhofft im Kopf des Patienten wieder.

Aber wie ich deinem Kommentar entnehme hattest du ein ganz anderes Bild im Kopf, wobei mir beim Titel "Zellteilung" auch nicht das Teilen einer Zelle in den Sinn kam, sondern eben der medizinische Vorgang unseres Wachstums und Zerfall.

Doch davor, ganz plötzlich, war es ihm komisch.
wurde ihm komisch.

Am Ende war es doch nur ein Henker, sinnierte das Pärchen und spürte die große Wanduhr heranrücken.
Das hinkt. Der Henker führt aus. Somit ist der Arzt nur der Urteilsverkünder, der Henker ist die Krankheit selber.

Trotz Nichterkennen deiner Intention gerne gelesen.
Gruss dot

 
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Hallo dotslash,

ich bedanke mich bei dir für die Mühe, die du dir gemacht hast, die Geschichte zu lesen, zu kommentieren, mir deine Gedanken dazu mitzuteilen. Es freut mich. Ich glaube, sie sind sehr nützlich, weil sie Wahrheit beinhalten.

Schöne Idee, dieses stumme Warten im Arztzimmer, dieses Warten in bitterer Ungewissheit, ausgefüllt mit einem Wechselspiel der Gedanken beider Protagonisten. Einzig der Anlass für den Arztbesuch bleibt bis zum Schluss im Dunkeln. Am Ende könnte es ein Karriere-Pärchen mit spätem Kinderwunsch sein, in der Hoffnung, die In Vitro Fertilisation habe endlich die gewünschte Zellteilung geliefert. Für mich allerdings handelt es sich doch eher um ein betagtes Paar, in wortlosem Verständnis und tiefer Verbundenheit, zum Warten verdammt, die seltene Berührung ein verzweifelter Versuch Trost zu spenden. Ja, so gesehen ein schönes Setting und streckenweise nicht schlecht umgesetzt.

Ich fand die Idee auch sehr schön. Ich bin mir bisweilen nicht sicher, ob, wenn ich hier den einen oder anderen Vorschlag, auch von dir, lese, ob ich die beste Konstellation aus dem Szenario geholt habe. Ich glaube, zugegeben, nicht, aber mir gefällt, daraus eine Detektivgeschichte gemacht zu haben.

Ich mag deine Interpretation, sie klingt weitaus romantischer als meine Vorstellung. Da sie mir gefällt, habe ich versucht, der Geschichte am Ende einen... für mein Verständnis, romantischen Touch zu verpassen. Ein wenig verquer vielleicht, aber romantischer noch als sie davor war.


Mir war dein Erzähler zu präsent, wie eine dritte Person im Raum oder ein Sportkommentator, denn er verpasste beiden Charakteren die gleiche Erzählstimme, was mir mit fortschreitender Geschichte etwas fad erschien. Mann und Frau sind austauschbar, sind für mich keine eigenständige Persönlichkeiten. Den Mann würde ich noch stärker aufbrausend, verzweifelt, wütend darstellen. Die Frau eher gefasst, etwas verpeilt und fatalistisch, je nach Krankheitsbild.

Das ist die Kunst, nicht? Charakte glaubhaft abbilden, in Charaktere einfühlen, sie "leben". Das ist die Kunst, denke ich. Die Kunst des Schreibens. Ich habe die Geschichte noch ein paar Mal gelesen. Ich gebe dir recht, eine gute Geschichte braucht das wahrscheinlich. Und ich, ich tendiere zu einer gewissen Distanz. Warum, weiß ich nicht, aber ich versuche ständig daran zu arbeiten.

Manchmal gefällt es mir jedoch ganz gut, distanziert zu sein. Hier gefällt es mir bisweilen gut. Nicht aus Sturheit, nicht hier, viel mehr, weil ich nicht weiß, wie ich einen Perspektivwechsel glaubhaft darstellen kann, wenn ich "zu sehr" in die Charaktere gehe. Klingt das blöd? Es ist vielleicht mein Unvermögen, in einen kurzen Abschnitt viel Charakter zu legen. Und daher die Distanz. Ich glaube, hier kann ich viel besser werden.

Ein bisschen habe ich jedoch deshalb geändert, deine obigen Hinweise versucht, entsprechend milde einzubauen. Sicher nicht genug, aber vielleicht merkst du es?

Durch die Erwähnung, "Vertrautes um sich zu wissen" sei bitter nötig, tippte ich hundert Prozent auf Altersdemenz/Alzheimer. Ich lese gerade das Buch "Small World" von Martin Suter zu Ende, dort wechselt der Autor mehrmals fliessend zwischen der frühsten Erinnerungsebene des Erkrankten und der realen Ebene aus Sicht seines Umfelds. Dabei ändert der Autor gekonnt die Sprache und man findet sich unverhofft im Kopf des Patienten wieder.

Das war es also. Du warst ja nicht der erste, der dieser Annahme verfiel. Und ja, dieser Satz ist sicher irreführend. Ich habe das geändert. Vielen Dank dafür. Ich hätte es alleine wohl nicht damit assoziiert, weil ich so festgefahren in meiner Auffassung war. Das war sehr hilfreich.

Aber wie ich deinem Kommentar entnehme hattest du ein ganz anderes Bild im Kopf, wobei mir beim Titel "Zellteilung" auch nicht das Teilen einer Zelle in den Sinn kam, sondern eben der medizinische Vorgang unseres Wachstums und Zerfall.

Ich habe zu dem Titel noch ein wenig weiter oben an Fugusan geschrieben. Ich kann verstehen, wenn man durch ihn irregeleitet wird. Das möchte ich nicht und hoffe, einer der Alternativen gefällt besser. Ein wenig soll es ja an den medizinischen Prozess erinnern - das ist Intention, nur nicht zu viel bzw. eigentlich zu gleichem Anteil an das Teilen einer Zelle eines Gefängnisses. Doppelzelle oder so, ist mein Favorit, doch ich weiß nicht recht. Vielleicht?

Deine Anmerkungen zu den zwei Textzitaten habe ich natürlich geändert - da ich sie vollkommen nachvollziehen kann. Danke dafür.

Insgesamt habe ich die Geschichte nun ein wenig weiter umgeschrieben. Vielleicht gefällt sie jetzt mehr. Ich habe versucht, den Leser "einfacher" auf die richtige Spur zu geleiten, da ich einsehe, so wie die Geschichte war, wäre das zu schwierig, zu wenig deutlich.

Ich hoffe diese erneut überarbeitete Version ist nun noch ein bisschen besser zu lesen und zu verstehen.

Auf hoffentlich bald,

Canaille

 

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