Zeitselbstkorrektur
„Ist mir doch Scheißegal!“
Die Reaktoranlage, das Schiff und dann ein Teil des Mondes verglühten mit allem was sich darauf oder darin befand.
***
„Guten Morgen Kapitän,“ sagte die männliche Computerstimme.
„Ich mache heute Frei!“
„Fehler, unmöglicher Befehl. Kein weiterer Kapitän vorhanden.“
„Schon gut ich steh ja auf.“
Im Spiegel erblickte Harding sein schläfriges selbst. Er schlug mit der Faust gegen die Wand. Feiner Staub rieselte aus dem Entlüfter.
„Schon wieder der Filter voll. Verdammtes Drecksschiff.“
Er schlug nochmals gegen sie Wand.
Immernoch Schlaftrunken kam er ein paar Minuten später auf der Brücke an.
„Herr Kapitän, die Protonenstromhydraulik macht wieder Schwierigkeiten.“
„Dann laßt es eben so wie es ist. Der Kahn wird nächste Woche sowieso verschrottet.“
***
„Hiermit werden sie zum Kapitänleutnant degradiert. Sie erhalten ein überwachtes Kommando auf einem unserer Transportschiffe.“
Die bereits ausgemusterte und wieder in Dienst gestellte UNSS-Wagner machte von außen nicht mehr viel her. Daß das Schiff marode war konnte man praktisch durch das Vakuum des Alls riechen. Ein einziges Positonslicht war noch intakt. Es blinkte am Antennenturm einsam vor sich hin.
„Das Schiff ist ja nur Schrott.“
„Es ist noch gut genug,“ für sie.
„Das fällt doch schon auseinander wenn man mal ne Luke zuplautzt.“
„Die SCSA hat es zugelassen, also ist es auch in Ordnung.“
„Sagen sie mal sind solche Kommandos nicht von der UN verboten worden?“
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Der Luxuskreuzer krachte erst gegen das Passagierdock und dann in die Baylounge bevor er zum stehen kam. Kapitän Harding lachte derb schwitzend als das Sicherheitspersonal ihn überwältigte.
„Man hat der eine Fahne.“
„Der hat sich ja fast selbst konserviert.“
„4,3 Promille,“ rief der Arzt entsetzt.
„Daß der noch lebt. Warum hat das denn keiner bemerkt?“
***
Harding hatte es sich gemütlich gemacht. Markus hatte vor Zehn Minuten abgesagt. Ein sonst verständnisvoller Mensch, aber schusselig. Er wollte den Brief eigentlich nicht allein aufmachen, da er sich davor fürchtete. Harding nahm einen kräftigen Schluck. Der reichte offenbar nicht. Ein paar Schlucken später gab er sich einen Ruck und öffnete den Brief. Nachdem er ihn gelesen hatte leerte er die Flasche ganz aus.
„Juliet war Schwanger,“ lallte er dauernd und zerstörte die Einrichtung, die sie einst gemeinsam aufgebaut hatten.
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„Peter, hier ist Walter. Juliets Vater.“
„Ja?“
„Sie hat dir einen Brief hinterlassen,“ er begann zu schluchzen. „Ich habe ihn jetzt erst gefunden. Ich hatte vorher nicht die Kraft in ihr Zimmer zu gehen.“
***
Still mit Tränen in den Augen stand Harding am Grab. Er stand hier allein. Er konnte jetzt keine Gesellschaft ertragen. Daß es regnete störte ihn nicht. Er war ohnehin schon lange durchnäßt. Seine Knie sackten zusammen und er blieb weinend auf dem Grab liegen.
Erst als die Sonne durch die Wolken schien stand er wieder auf. Er atmete die Luft der Schottischen Highlands tief ein und lief die 40 Kilometer bis Inverness.
***
„Peter, ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll.“
„Ich kann dich nicht auf dem Schirm sehen, so steckst du?“
„Ich bin bei meinen Eltern.“
„Aber warum?“
„Ich bin HIV Positiv.“
Peter mußte sich setzen. 400 Jahre verfolgte diese Krankheit die Menschen schon und konnte nie besiegt werden.
„Aber WARUM?“
„Ich habe einen Fehler gemacht,“ quälte sich Juliet zitternd heraus.
***
„Ich habe das Kommando doch angenommen.“
„Über die Excelsior?“
„Ja.“
„Dann wird aus unserer Reise aber nichts.“
„Du kannst doch auf dem Schiff mitkommen.“
„Nein, ich will mit dir allein sein.“
„Dann werden wir uns aber einen ganzen Monat nicht sehen.“
„Das ist aber nicht meine Schuld!“
„Ach komm. Bitte.“
„Nein, das haben wir seit 3 Monaten geplant.“
„Ich weiß, aber es ist die Excelsior. Das ist kein Frachter.“
„Dann verheihrate dich doch mit dem Schiff.“
Wütend verließ Juliet das Haus, stieg auf ihr Hooverbike und sauste davon. Vergeblich rannte Peter noch ein paar Meter hinterher.
„Was hat sie denn plötzlich? Aufgeschoben ist doch nicht aufgehoben...“
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„Die Wahl ist auf Sie gefallen. Das heißt wenn sie umgehend annehmen.“
Harding schwieg wenige, endlos lange Sekunden.
„Ich nehme an.“
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„Die Wahl ist auf Sie gefallen. Das heißt wenn sie umgehend annehmen.“
Harding schwieg wenige, endlos lange Sekunden. Ein unangenehmes Gefühl drückte plötzlich auf ihn.
„Ich möchte unbedingt annehmen, aber ich habe mit meiner Zukünftigen ein Reise geplant.“
„Das müssen Sie entscheiden, allerdings ist das eine einmalige Chance für sie.“
Harding schwieg wieder wenige, endlos lange Sekunden.
„Dann muß ich ablehnen.“
***
Mitten in den Schottischen Highlands saßen Peter und Juliet beisammen und machten ein Picknik. Sie balgten sich ein wenig herum. Juliet lag auf ihm und stützte sich mit ihren Armen in das Gras.
„Weißt du was Peter? Wir sind bald zu Dritt.“
„Bist du etwa ... bist du etwa.“
„Genau das.“
8-11/2002 Psylocke