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ZeitreisENDEr

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16.02.2012
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ZeitreisENDEr

Oh mein Gott, nein! Sie ist leer! Wo bist du, Kleiner?

Was meinte sie damit? Ich verstehe es nicht, es ergibt keinen Sinn.
Ich weiß nicht, ob jemand diese Aufzeichnung anhören wird. Ja, ich bin mir nicht mal sicher ob es in einer halben Stunde überhaupt noch sowas wie ein Universum gibt. Dennoch, völlig ohne Erklärung möchte ich es nicht enden lassen. Besonders da diese Aufnahmen möglicherweise erst weit nach Abschluss des Projekts abgehört werden. Wenn überhaupt, wie gesagt.

Mein Name ist Max Papert. Ich bin Pilot des Quantensendungsprojekts des Gödel Forschungszentrums. Ich kam eher durch Zufall an meine jetzige Arbeitsstelle. Eigentlich bin ich gelernter Ingenieur und arbeitete sechs Jahre in der Fakultät für Physik in München. An alle Nerds möchte ich sagen, dass es langweiliger ist, als es sich anhört. Im Grunde war ich der Automechaniker für die Studenten und Profs. Nur anstatt Stoßdämpfer am Astra auszutauschen, wechselte ich eben Spulen an Elektronenbeschleunigern. Irgendwann kamen die Herrschaften aber auf die Idee, dass sie von dem Geld, das ich koste, auch neue Isolierungen für ihre Halbleiter anschaffen könnten. So war‘s das dort gewesen für mich. Professor Dr. Frank, der einzige von den Wasserköpfen, der wenigstens einigermaßen normal war, verhalf mir jedoch etwas Neues zu finden. Er kannte einige Kollegen, die angeblich an etwas „völlig bahnbrechendem“ beteiligt waren. Ich machte mir nicht viel Hoffnung auf etwas Spannendes und wollte es mir nur mal ansehen. Dass ich letztendlich das Versuchskaninchen spielen durfte, erzählte mir dort erst Dr. Stefanie Woltz. Sie war meine Ansprechperson; die ganzen größeren Brillenträger bekam ich nicht zu Gesicht. Sie hatte ihren Doktor in Physik vor vier Jahren gemacht und war dann von Anfang an beim Projekt dabei. Naja, und ihrer gottverdammten Sympathie, gepaart mit ihren verflucht glänzenden braunen Augen, war es dann geschuldet, dass ich relativ schnell zusagte.

…Oh mein Gott, nein!

Steffi… äh, Dr. Woltz meinte, ich sei durch meine bisherigen beruflichen Erfahrungen und meiner guten körperlichen Verfassung ein geeigneter Kandidat für die kommende Versuchsreihe. Aha, ihr sind die Resultate meiner Abende im Fitnessstudio aufgefallen! Weil ich sie sowie die meisten anderen im Zentrum um gut einen Kopf überragte, begann sie mich scherzhaft „Kleiner“ zu nennen. Sie führte mich durch die verschiedenen Anlagen und Räume, die vollgestopft waren mit allen technischen Gegenständen, die man sich vorstellen kann. Ranzige Rohre, die aussahen, als hingen sie schon seit dem zweiten Weltkrieg dort und teils direkt daneben Chipsätze und Kondensatoren, die in einem außerirdischen Raumschiff nicht aufgefallen wären! Mein Technikerherz machte Luftsprünge und hätte sich gerne durch all die Kabel und Leitungen durchgewühlt, um alles zu erforschen. Mein TechnikerHIRN war weniger optimistisch und suggerierte mir, dass ich diesen Wirrwarr in hundert Jahren nicht durchblicken würde.

Dr. Stefanie erläuterte mir den Aufbau der einzelnen Räume, die alle jeweils nur Komponenten eines noch riesigeren Systems waren, dass sich über das gesamte Gebäude und darüber hinaus erstreckte. Ohne erst mal auf den Punkt zu kommen, wurden mir sämtliche Apparaturen im Einzelnen erklärt und die daraus resultierenden physikalischen Effekte. Ein bisschen verstehe ich ja von der Thematik – ich weiß, laut meinem Abschlusszeugnis sollte ich eigentlich mehr davon verstehen – aber irgendwann verlief es bei mir im Sand. Das wollte ich mir natürlich vor der hübschen jungen Doktorandin nicht anmerken lassen und natürlich hat es die hübsche junge Doktorandin gemerkt. So gab sie es für mich nochmal vereinfacht rüber, auch wenn ich ihr mehrfach ansah, dass ihr manche Verallgemeinerungen und Metaphern die Zehennägel hochrollten. Aber die genaue Kenntnis der technischen Aspekte war für meine Rolle auch nicht so von Bedeutung.

Zusammengefasst experimentierten die Wissenschaftler dieser Abteilung mit der Quantenverschränkung und der Übertragung von Zuständen. Soviel ich verstanden habe, ist jeder Körper und jedes Atom nur ein bestimmter Zustand von Quanten… oder Strings… oder Quarks, ich weiß es nicht mehr genau. Schafft man es aber nun, die Information des Zustands von einem Träger auf einen anderen zu… „überspielen“, hat man die Position des Körpers verändert, ohne dass der Körper selbst die Wegstrecke dazwischen zurückgelegt hat. Inzwischen erscheint mir meine damalige erste Reaktion – „Also Beamen wie auf der Enterprise?“ – langsam genau so zähneknirschend pseudowissenschaftlich, wie es für Steffi damals geklungen haben muss. Aber letztendlich war es nichts anderes als Beamen. Nur sah es bei Scotty nie so kompliziert aus.

Nunja, um einen vorurteilsfreieren Begriff zu etablieren nannte man das ganze einfach nur „Senden“. Sender und Empfänger der Objekte waren zwei Boxen, an denen sprichwörtlich alle Fäden der gesamten Konstruktion zusammenliefen. Man konnte eine „Sendung“ somit also nur mit dem entsprechenden Gerät empfangen. So wie man jeweils einen Computer braucht, um eine Email zu versenden und zu empfangen. Die ersten „Sendungen“ waren ausschließlich mit von Lasern emittierte Photonen. Man arbeitete sich langsam zu einzelnen Wasserstoff-Atomen hoch und schaffte schließlich sogar ein ganzes Staubkorn. Die Beförderung von makroskopischen Körpern war dann nur mehr eine Frage der Größe des Systems und somit des Geldes. Das fand sich anscheinend recht schnell, logischerweise bei irgendwelchen industriellen Investoren, die sich durch solche Technologien einen ungeheuren Wettbewerbsvorteil versprachen.
Es tat sich jedoch ein Problem bzw. eher Phänomen auf. Manchmal verspätete sich die Ankunft des gesendeten Objekts. Mal nur einige Sekunden, manchmal sogar Minuten.

Die sogenannten Experten gingen von Verzögerungen bei der Bearbeitung der extremen Datenmengen in den Computerschnittstellen aus. Bis schließlich zweieinhalb Jahre nach Beginn der ersten Photonenexperimente eine Kirsche gesendet wurde und erst 3 Stunden später am Zielpunkt ankam. Die Rechnerleistung in dieser Zwischenzeit ging gegen Null, der Energieverbrauch der ganzen Anlage erreichte ihr Minimum. Es konnte nicht an der Maschine liegen, diese arbeitete fast gar nicht. Die Kirsche befand sich weder im Sender, noch im Empfänger und auch nicht in den Zwischenspeichern des Computers. Sie war einfach nicht. Bis sie dann ohne Vorwarnung wieder materialisierte. Ich hätte zu gerne die Gesichter der Wissenschaftler gesehen, als das kleine Ding nach der Zeit auf einmal wieder auftauchte!

Es gab eingehende Untersuchungen, weitere Sendungen mit verschiedensten Materialien und Proben. Unterschiedlichste Reisezeiten ergaben sich und keine erkenntlichen Zusammenhänge, weder mit den Objekten noch mit den Geräten, taten sich auf. Viele hatten die Vermutung bereits in ihren Köpfen, aber nur eine weibliche Professorin hatte anscheinend die Eier in der Hose, um es auszusprechen. Nein, es war leider nicht Dr. Stefanie, diese war zu der Zeit noch Assistentin. Alle Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass die Sendungen nicht nur räumliche Distanzen überbrücken konnten. Sie erreichten genau das Ziel, für das sie beim Absenden bestimmt waren. Es gab nicht nur einen Zielort, sondern auch eine Zielzeit. Die gesendeten Objekte wurden in die Zukunft gesendet. Grund für die Streuung der Reisezeiten waren minimalste Schwankungen der elektromagnetischen Feldstärken innerhalb des Absenders, wie sich später herausstellte. Die Geräte, die mit diesen Feldern in Verbindung standen, wurden mit noch feineren und bestimmt auch gleichviel teureren Messeinrichtungen und Justiermechanismen ausgestattet. Vollständig bekam man die Problematik allerdings nie in den Griff. Die Relation zwischen den Feldschwankungen und der sich ergebenden Zielzeit waren zu gewaltig. Veränderungen im Atto-Bereich, das sind Trillionstel, können eine Zielzeit-Variation von Stunden auslösen. Je größer und schwerer die zu sendenden Objekte sind, desto krasser nimmt dies zu. Deshalb kamen die Photonen und Atome der ersten Versuche auch alle relativ „pünktlich“ an.

…Sie ist leer!...

Es war jedoch nun, zumindest bei einem Großteil der Sendungen, möglich eine spezifische Dauer zu bestimmen, nach der das Objekt wieder im Empfänger ankommen sollte. Zeitreisen über die Zeitdilatation hinaus waren möglich! Zumindest in die Zukunft. Und zumindest im Bereich von Stunden oder Tagen. Es gab auch Versuche mit mehreren Wochen Reisezeit. Nur musste die Maschine zum Zeitpunkt der Ankunft auch angeschaltet sein. Klar, eine Email erreicht auch keinen ausgeschalteten Computer. Im Gegensatz zur Mail, bleibt die Zeit-Sendung aber nicht auf einem Server liegen. Ist der Empfänger zum Empfangszeitpunkt aus, ist das Objekt weg. Es taucht nicht mehr auf.

Viele Diskussionen über den Verbleib dieser verschwundenen Objekte wurden geführt. Endet ihre Existenz einfach? Treten sie in ein anderes Universum über? Oder ändert sich der Zustand ihres Seins in so radikalem Umfang, dass wir Menschen es nicht begreifen können? Letztendlich führten die Gespräche immer zu Gott und wenn Wissenschaftler mit Gott anfangen, dann sind lautstarke Auseinandersetzungen und runter geworfene Stifthalter vorprogrammiert. Leider häuften sich die Fälle, bei denen die „Post“ ein paar Briefe verlor. Die Feldschwankungen ließen sich einfach nie zu hundert Prozent justieren und schon bei kleinen Ausreißern konnte sich die errechnete Zielzeit auf Monate oder Jahre hinauszögern. Schließlich akzeptierte und ignorierte man die Tatsache, dass viele der Sendungen einfach im Nichts der Unendlichkeit verpuffen.

Wo bist du, Kleiner?

Die Sendungen, die ankamen, kamen allerdings unbeschadet an. Da konnten die Konstrukteure ohne Umschweife stolz auf sich sein. Bis auf einen geplatzten Apfel und Hopsy, dem Versuchs-Graßhüpfer, der sich nach seiner Ankunft vor Schreck ein Bein ausriss, überstand alles die Reise ohne Probleme. Hopsy springt übrigens auch mit einem Bein weniger noch genauso hoch, wie vor seiner Zeitreise. Sie vermuten es wahrscheinlich schon, dass man Hopsy in seiner Funktion als Kollege von mir bezeichnen könnte. Ja, ich war das erste menschliche Paket, das auf die Reise geschickt werden sollte. Auch wenn Hopsy der Pionier war, so würde ich als erster Zeitreisender der Welt berühmt werden. Naja, wenigstens innerhalb des Laborkomplexes. Noch sollten die Ergebnisse unserer Arbeiten nicht groß veröffentlicht werden. Man hatte anscheinend noch nicht genug mit dem neuen Spielzeug gespielt.

Die finale Apparatur, so wie ich sie auch bei meinem ersten Besuch des Geländes kennengelernt habe, war nun darauf ausgerichtet, Objekte in Größe und Masse eines ausgewachsenen Menschen zu senden. Etwa ein halbes Jahr begleitete ich die Experimente, um die Abläufe und Funktionsweisen zu verinnerlichen. Man sendete alles, was man in die Finger kriegen konnte. Lebensmittel, Werkzeuge, Stühle, Pflanzen, auch Müll konnte man problemlos beseitigen, indem man diesmal bewusst starke Ausreißer der Feldstärke zuließ. Zum Geburtstag des Laborleiters Buchner wurde sogar ein Kuchen am Vorabend gesendet, so dass dieser pünktlich am feierlichen Tag ankam und jeder ein Stück Zeitreisekuchen kosten konnte. Das Ding schmeckte wie Sand, das lag aber nicht an der Zeitverschiebung, sondern an der dummen Doris, die ihn gebacken hatte. Schließlich war ich dran! Ich weiß es noch wie gestern.

Ich musste mich in meinem Zimmer übergeben vor lauter Aufregung. Vielleicht war auch der Viel-Erfolg-Kuchen von Doris daran schuld! Ich setzte mich in die Kammer, von der aus die Reise beginnen würde. Es gab keinen Stuhl oder sonst was. Alles innerhalb der Kammer würde mit mir reisen und obwohl es noch nie passiert war, bedachte man die Möglichkeit, dass ich am Zielort im falschen Winkel ankommen könnte. Zum Beispiel auf dem Kopf stehend um 180 Grad gedreht. Die Verletzungsgefahr war geringer, wenn ich allein war. Und so saß ich, wie auf einen Flugzeugabsturz wartend, zusammengekauert in meiner kleinen Telefonzelle des Schreckens.

Ich trug einen Anzug, der fast komplett aus Sensoren und Messgeräten bestand, die meine körperlichen Funktionen überprüften. Das passte mir überhaupt nicht, da so jeder auf den vielen Bildschirmen ablesen konnte, wie viel Angst ich in dem Moment hatte. Ich hatte einen Helm auf, Atemmaske, Schutzbrille usw. Alle meine Körperöffnungen waren versiegelt. Das wiederum passte mir aus verständlichen Gründen sehr. Beide Kammern, Sender und Empfänger, wurden Ton- und Videoüberwacht. Ich hörte über eine Lautsprecherverbindung das verständlich nervöse Gemurmel der Eierköpfe im Kontrollraum und natürlich Steffi! Das Hochfahren der Hauptrecheneinheiten, das Aufladen der riesigen Kondensatoren und all die anderen total wahnsinnigen Geräusche hatte ich schon dutzende Male vorher gehört. Doch nie vorher waren es meine Atome, die möglicherweise für immer aus diesem Universum gerissen wurden. Vielleicht tut es weh! Vielleicht macht es einen wahnsinnig!! Vielleicht reiße ich mir nach meiner Ankunft auch vor Schreck ein Bein aus!?? Man hatte bereits vor einigen Wochen testweise eine laufende Videokamera sowie eine Uhr gesendet, um besser einschätzen zu können, was während des Zeitübertritts mit den Sendungen passiert. Die starken elektromagnetischen Verzerrungen ließen bei den Kameraaufnahmen auf nicht sehr viel schließen. Der Versatz der Uhr ließ jedoch vermuten, dass der Zeitsprung ohne Verzögerung erfolgt. Von einem Augenblick auf den anderen ist man angekommen. Die Energieversorgung der Maschinen wurde für diesen ersten Menschenversuch nun erneut doppelt mit Backups versorgt. Die Geräte durften bis nach meiner Ankunft unter keinen Umständen ausfallen. Das wäre mein Todesurteil oder noch mehr. Ist die komplette Auslöschung der Existenz schlimmer als der Tod? Lassen die Leute in den Himmel, die nicht existieren? Millionen Gedankenblitze schossen durch meine Neuronen in der Sekunde, in der sich die gesamte Kraft dieses gigantischen technischen Systems auf mich entlud. Zehn Sekunden vor Zeitpunkt Null beginnen meine Haare elektrostatisch zu kribbeln. Sieben Sekunden vor Zeitpunkt Null ertönt trotz meiner Ohrenschützer ein trommelfellzerreißendes Brummen, wie aus einem überdimensionierten Lautsprecher, der auf voller Lautstärke steht und jeden Moment aktiviert wird. Drei Sekunden vor Zeitpunkt Null freue ich mich über meine vorher entleerte Blase. Zwei Sekunden, ich höre Steffi „Viel Glück, Kleiner!“. Eine Sekunde. Stille.

Als hätte man mitten in einem Actionfilm auf Pause gedrückt, waren alle Geräusche weg. Die Ruhe war das erste, das mir bewusst wurde, noch bevor ich überhaupt den Ruck realisierte, der vor wenigen Millionstel Sekunden durch meinen Körper fuhr. Ich zitterte, ich sah und hörte nichts. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich so extrem leise war oder ob sich mein Trommelfell nach dem abrupten Lautstärkeabbruch erst mal wieder einpegeln musste. Ich wippte leicht hin und her, versuchte mit den Ellenbogen Wände zu ertasten, nur um zu checken, ob sie da sind. Ich fühlte sie. Augenblicklich war ich erleichtert. Es schien vorbei zu sein und es gab keine Schmerzen. Wenige Sekunden war das einzige, was ich tat, Atmen. Eher unbewusst drehte ich den Kopf, versuchte anscheinend eine Stellung meines Schädels zu erlangen, die irgendeinen meiner Sinne ein Signal zukommen lassen könnte. Das war die Art von normal wirkender Bewegung, auf die meine Beobachter im Kontrollraum instinktiv gewartet hatten und daraufhin in Jubel ausbrachen. Dies wiederum war für mich ein Zeichen, dass zumindest irgendetwas gut gelaufen sein muss. Ich riss mir Brille und Maske vom Gesicht, auch wenn ich laut Instruktion damit hätte warten sollen. Mit greller Helligkeit rechnend war ich von der Dunkelheit überrascht. Nur eine spärliche Leuchtstoffröhre erhellte den kleinen Raum, in dem ich hockte. Schließlich wurden meine starren Augen doch geblendet, als eine der Wände entfernt wurde und mich aus meinem kleinen Gefängnis befreite. Völlig unvorbereitet stürzte eine Gestalt auf mich zu. Es war Steffi, die mir einen dicken Kuss auf den Mund presste. Wow, über mehr als flirten und einmal kurz Händchen halten sind wir in den letzten sechs Monaten nicht hinaus gekommen. Es gab immer zu viel zu tun.

„Wir dachten, du kommst nicht mehr!“ säuselte sie überschwänglich und drückte sich an mich. Alles hatte funktioniert. Die erste bewiesene Zeitreise eines Menschen. Ich übersprang einen Zeitraum, in dem ich nicht vorhanden war und erschien wohlbehalten wieder in der 20 Meter Luftlinie entfernten Empfängerkammer. Wie ich später erfuhr verspätete ich mich anscheinend. Ich überschritt die geplante exakte Stunde um 3 Minuten und 51 Sekunden. In der Weise wie es für Steffi eine Ewigkeit zu sein schien, ging es für mich unendlich schnell. Die Übersetzung meines Zustands von der einen Kammer in die andere war tatsächlich schneller als ein Fingerschnipsen. Umso länger zogen sich dafür die nicht enden wollenden Untersuchungen in den Tagen und Wochen darauf. Mehrere Doktoren, Ärzte und Heilpraktiker, die erst vor kurzem extra dafür in das Projekt eingeweiht wurden, schlugen sich regelrecht darum, irgendwelche Folgefehler in mir zu entdecken. Ich wurde gescannt, geröntgt, durch mehrere medizinische Kästen gefahren, die alle unterschiedliche Dinge an mir untersuchten. Doch die Knalltüten fanden nichts. Außer einmal, als ich spaßeshalber während einer Analyse die Luft anhielt, ohne dass der Arzt es merke und entsetzt über die stark abweichenden Ergebnisse stotterte. Es gab keine merkbaren Veränderungen in meinem Körper. Bis auf meine Beziehung mit Steffi, die Teile meines Körpers einiges abverlangte. Dagegen hatte ich jedoch keine Einwände.

Sie ist leer! Wo bist du, Kleiner?

Dreimal wurde das Experiment je etwa im Abstand eines Monats nochmal wiederholt mit steigernder Zeitverschiebung. Jedes Mal wieder machte ich mir aufs Neue vor Angst fast in die Hose. Doch ich wusste immer, dass ein bestimmter Mensch mir am Abend all das wieder vergessen machen würde. Zumindest ich von uns beiden musste auf diese angenehmen Stündchen ja nicht lange warten! Ein interessanter und vorher absolut unbedachter Effekt der Zeitreisen war übrigens ein gewaltiger Jetlag. Bei meiner letzten Reise übersprang ich 14 Stunden und brauchte satte fünf Tage, bis ich wieder einigermaßen meinen Rhythmus gefunden hatte. Gerade als ich darauf pochte beim nächsten Mal schöne runde 24 Stunden zurückzulegen, kamen die Schlaumeier mit dem ultimativen letzten Schritt. Reisen in die Zukunft schön und gut. Das ist inzwischen langweilig geworden. Um das Projekt aus seinem Alphastadium zu heben muss der logische nächste Schritt getan werden: Eine Reise in die Vergangenheit. Als Buchner es schon vor längerem einmal verkündete, verfestigte sich die Runde zu einem sekundenlangen starren Kunstwerk. „Können wir das?“, „Sollten wir das?“, „Dürfen wir das?“ war in großen Buchstaben auf jedem Gesicht geschrieben.

Die technische Umsetzung an sich war nicht das Problem. Die einhellige Meinung, dass bei Umkehrung der Feldlinien im Sender auch eine umgekehrte Senderichtung erfolgt, war schon fast klischeehaft simpel und sie stellte sich als korrekt heraus. Die ersten Tests hielt man logischerweise erneut klein. Wieder war es ein Staubkorn, das als einer der ersten auf die Reise ein paar Sekunden in die Vergangenheit gesendet wurde. Die Objekte und die Strecke wurden größer. Wie gesagt, kein Problem.

Das wirklich nervige an Zeit-Rückreisen ist die Möglichkeit von Paradoxa. Selbst die minimalste Einflussnahme in einen vergangenen Zustand, könnte so etwas wie einen Systemabsturz des Universums auslösen. Und dabei geht es nicht nur darum, seinen eigenen Großvater in der Vergangenheit nicht umzubringen. Die bloße Existenz, die Verdrängung von Luft, das Reflektieren von Licht kann sich zu gigantischen Kettenreaktionen aufbauen, die eine geschlossene Unlogik für das Raum-Zeit-Kontinuum zur Folge haben. Dies ist zum Glück noch nicht eingetreten, sonst könnte ich auch kaum jetzt davon berichten. Wir stehen jedoch kurz davor, befürchte ich!
Um das Risiko bei den Versuchsreihen auszuschließen, hatte man eine geniale Idee. Sowohl bei den kleineren Versuchen, wie auch bei meinem Ritt, wurde der Empfänger in einen fast komplett abgekapselten Raum verlagert. Das klingt relativ unspektakulär, doch es ist – nach unserer Zeitmaschine selbst – das aufwändigste Konzept des gesamten Quantensendungsprojekts. Der Raum, der für mich vorgesehen war, ist in seiner Innersten Schicht nicht größer als ein Wandschrank. Gerade so, dass ich mich dort für eine gewisse Zeit aufhalten kann. Drum herum ist er mit einer 30 Zentimeter dicken Bleischicht umhüllt, die jedwede Form von Strahlung blockiert. Es folgen 10 Zentimeter starke magnetische Eisenplatten, die den „Sarg“ – so wie ich den innersten Teil nenne – umgeben. Dieser Sarg wird von elektrisierten Spulen mit gewaltigen Magnetfeldern in einem vakuumisierten größeren Raum gehalten. Der Sarg ist somit weder durch Luft noch durch andere Materie mit der Außenwelt verbunden. Dies soll die Übertragung von Schall und anderen bewegungsabhängigen Effekten verhindern. Dieser Raum ist nun nochmal durch mehrere feder- und hydraulikgelagerte Dämpfer 360° in alle Richtungen stabilisiert. Ultimatives und einziges Ziel dieser Vorrichtung ist die völlige Isolierung seines Inhalts. Absolut nichts darf den Raum verlassen. Keine Geräusche, keine Schwingungen, keine Strahlen, keine Magnetfelder, im Idealfall nicht mal minimalste Gravitationsveränderungen. Nichts und niemand in dem Raum darf irgendeinen Einfluss auf die Außenwelt nehmen. Das gesamte Universum darf nichts von der Existenz in dieser Kammer mitkriegen, bis diese quasi wieder ihre eigene Gegenwart erreicht hat. Es ist das wahnsinnigste Gefängnis, das sich ein Menschenhirn ausdenken konnte, und ich bin der Häftling. Probeweise kam ich bereits in den Genuss für ein paar Stunden in diesem Hotel einzuchecken. So muss sich die kleinste Matrjoschka-Figur im tiefsten Inneren ihrer Brüder und Schwestern fühlen! Kompletter vom Rest der Welt abgeschottet, wie man es sich nur vorstellen kann. Die einzige Verbindung, die es gab, war ein vergleichsweise dünner Kabelstrang, der die Empfängerkammer im Inneren mit der großen Maschine außen verband. Die Kabel waren durch unzählige Halbleiter, Wiederstände und Sicherungen gegen ungewollte Interaktion mit der Welt drumherum geschützt. Der Strang selbst flüssigkeitsgedämpft und freischwingend durch alle Schichten der Kammerkonstruktion gelegt. Im Inneren des Sarges befand sich außer der Empfängereinrichtung eine kleine Reisetoilette, eine Proviantbox mit Wasser und Brot – woran erinnert einen das!? – sowie eine Uhr und ein Audiorekorder, der sowohl analog als auch digital aufzeichnet. Tja, eben dieses Gerät benutze ich im Moment.

Oh mein Gott, nein! Wo bist du, Kleiner?

Ich selbst war an der Konzeptionierung und Errichtung des gesamten Sarg-Konstrukts beteiligt. Nach all den Monaten, in denen ich außer theoretischen Vorbereitungen nichts Außergewöhnliches machen durfte – außer hin und wieder eine ganz alltägliche Zeitreise in die Zukunft – juckte es mich wiedermal selbst Hand anzulegen. Auch Projektleiter Buchner fand dies vorteilhaft, da ich so bei Mängeln des Systems keinem anderen die Schuld zuweisen konnte. Ich lernte viel über den technischen Aufbau der Empfängeranlage und konnte so auch beruflich noch enger mit Steffi zusammenarbeiten. Es gab eine Zeit, in der sie strikt dagegen einsprach, dass ich an dem kommenden Experiment teilnehme. Sie hatte Angst um mich und fürchtete was passieren könnte. Doch irgendjemand muss es tun, das ist der menschliche Drang. Sachen erfinden, Dinge tun, Reisen unternehmen, die kein Mensch vorher vollbracht hat. Auch in Steffis Innerem gab es diese Stimme und schließlich packte auch sie wieder der Stolz, es zu schaffen. Zudem meinte Buchner noch scherzhaft zu ihr, „Wenn es jemand anders macht, dann verliebst du dich auch in den und wir haben dasselbe Problem wieder!“

Ihre Befürchtungen waren dennoch nicht ganz unbegründet. Es stellte sich heraus, dass das Risiko eines Verschwindens bei den Reisen in die Vergangenheit wohl höher schien. Waren es bei den Zukunftsreisen noch ein paar wenige Objekte, die sich nicht wieder materialisierten, waren es nun etwa ein Drittel. Die Zukunftsreisen hatten den Vorteil, dass man die Maschine einfach laufen lassen konnte, bis der Gegenstand irgendwann verspätet doch noch wieder auftauchte. Bei der Vergangenheit musste man sich das vorher überlegen. Auch hier muss bzw. musste die Maschine laufen, wenn sich die Sendungen materialisierten. Will man also etwas einen Tag in die Vergangenheit senden, muss die Maschine spätestens einen Tag vorher auch schon aktiviert worden sein. Geschah das nicht oder schickte man das Objekt zu weit zurück, Puff. Das Ergebnis kennen wir – genaugenommen kennen wir es nicht, aber egal.

Wo bist du, Kleiner?

Meine Reise sollte eine Stunde betragen. 60 Minuten rückwärts in der Zeit. Zur absoluten Vorsicht, ließ man die Maschine einen ganzen Monat vor Durchführung des Experiments laufen, falls ich durch einen gewaltigen Fehler doch zu weit geschleudert werden würde. Sogar die Nahrungsration wurde für diesen maximalen Zeitraum berechnet. Die Empfängerkammer durfte ja nicht geöffnet werden, bis die Zeitreise stattgefunden hat. Irrwitziger weise verschließt sich dadurch der ganze Sinn einer Reise in die Vergangenheit. Man reist eine Stunde zurück, muss eine Stunde warten und kann sich dann erst wieder frei bewegen! Glücklicherweise habe ich schon genug Zukunftsreisen hinter mir, so dass sich dadurch keine Verkürzung meiner Lebenszeit ergibt!

Während dem Monat des Wartens auf den großen Tag, streifte ich mehrmals an den Außenwänden des großen Empfängerraumes vorbei. Es war möglich, dass sich bereits mein zukünftiges ich dort drin befand. Nur wenige Meter von mir selbst durch Stahl, Beton, Vakuum, Eisen und Blei getrennt. Ich legte meine Hand an die glatten kühlen Wände. Testete, ob ich irgendwie meine eigene Existenz spürte. Zum Schutze des Raum-Zeit-Kontinuums hätte ich nichts spüren dürfen! Ich habe es auch nicht. Dennoch wallten in mir starke Gefühle für die Person, die sich möglicherweise schon dort drin befindet. Für ihn war schon alles vorbei. Er hatte Gewissheit, ob das Experiment ein Erfolg oder eine – im wahrsten Sinne des Wortes – vernichtende Niederlage war… oder ist… oder sein wird.

Es war schlussendlich soweit. Ich wollte fast sagen „heute“, doch in Folge dieser verrückten Zeitschieberei hat dieser Begriff für mich an Bedeutung verloren. Ich nahm wie bei den Versuchen vor mehr als einem Jahr meinen Platz in der Senderkammer ein. Mehr als damals redete Steffi über die Audioverbindung tröstende, stärkende und verbindende Worte ihrem „Kleinen“ ins Ohr. Die bedrückende Enge in der Senderanlage blendete ich aus. Sie war nur ein winziger Unannehmlichkeits-Brösel in dieser Situation. Wieder schäumten die Gedanken über die Totale Auslöschung in meinem Verstand. Diesmal wahrscheinlicher als je zuvor. Die Maschinen spie ihre vertrauten Aufladungsgeräusche auf mich nieder. „Ah, du schon wieder!“ interpretierte ich ihre unförmigen Laute. Ich sah nichts, ich spürte nichts, ich hörte nur die Energien fließen, vermengt mit Statusdurchgaben aus dem Kontrollraum. Das finale Brummen setzte wieder wie ein vor Angst kreischendes Tier ein, als plötzlich ein unerwartetes Durcheinander an Stimmen meine Kopfhörer überschwemmte. Ich hörte Piepgeräusche, Motoren und aufgeregte Menschen, die eigentlich nicht sein durften. „Die Empfängerkammer destabilisiert sich!“, hörte ich Buchners Stimme. „Energiespitze am Empfängermodul, jedoch nicht beim Sender!“, rief ein anderer. „Werte bei Sender-Apparatur unverändert normal!“. Dann der Satz, der mir in dieser kranken Sachlage doch noch einen Schauer über den Rücken jagte. „Empfangskammer ist offen, sie hat sich geöffnet!“, „Das ist zu früh, die Zeitreise ist noch nicht erfolgt!“. Es passierte alles so schnell, noch immer hämmerte das aufladende Dröhnen der Maschinen überall um mich herum. In diesen letzten Sekunden war zu viel in meinem Hirn los, als dass ich irgendwie noch körperlich hätte reagieren können. Schließlich vernahm ich sie, die letzten verwirrenden Worte, gesprochen durch die verzweifelte aber wohlklingende Stimme Steffis. „Oh mein Gott, nein! Sie ist leer! Wo bist du, Kleiner?“. Stille.

Alles vorbei! Ich sage es direkt: Nein, meine Existenz hat nicht aufgehört. Sonst könnte ich wohl schwer diese Aufnahmen sprechen! Die Sendung in die Vergangenheit hat tadellos funktioniert. Und genau das verwirrt mich! Was hatten die letzten Worte von Steffi zu bedeuten. Was war leer? Wo sollte ich sein? Laut der Uhr in der Empfangskammer war ich nur 17 Sekunden an der geplanten Stunde daneben. Ich bin da. Trotzdem deutet alles darauf hin, dass Steffi in knapp einer Stunde die Kammer leer vorfinden wird. Ich kann aber nicht raus und auch niemand kann zu mir herein. Ich kann nicht einmal eine Nachricht in irgendeiner Form nach draußen schicken oder anders herum. Ich bin total abgeschnitten, bis sich die Schleuse nach draußen wieder öffnet. Wieso ging das Ding überhaupt schon vorzeitig auf? Der Plan sah eine Öffnung zwanzig Minuten nach dem Absenden vor. Hatte ich es richtig verstanden, eine Energiespitze trat im Empfänger auf? Hat die das vorzeitige Öffnen der Kammer ausgelöst? Und wieder, wo bin ich hin? Wie kann ich nicht da sein, wenn ich da bin?
Seit 55 Minuten zermartere ich mir das Hirn mit diesen Fragen und habe nochmal alle Geschehnisse Revue passieren lassen. Es ergibt keinen Sinn. Steffi hat eine leere Kammer gesehen und gefragt, wo ich bin. Dieser Zustand trat in meinen Erinnerungen ein und muss exakt so auch wieder in der Zukunft eintreten, um ein Paradoxon zu verhindern. Das Schicksal – nennen wir es mal so – wollte es auf diese Weise und durch irgendeinen Eingriff ist es nicht so geschehen. Was soll das? Was kann ich tun?

Ich bin inzwischen zur Folgerung gelangt, dass mir nichts anderes übrig bleibt, als den vorgegebenen Zustand selbst herbeizuführen. Ich kenne mich gut mit der Technik der Empfangsanlage aus und in der knappen Zeit, die mir bemessen war, habe ich es eben geschafft zumindest ihre Steuerungsleitungen anzuzapfen. Ich kann dem Gerät dadurch einen genügenden Stoß geben. Leider habe ich kaum sonstige Einflussmöglichkeiten. Ich denke, dass ich wie in der Sender-Kammer fortgeschickt werde. Ich weiß allerdings nicht mit welchem Ausgang. Ich mache mir jedoch keine Hoffnungen und halte es am wahrscheinlichsten, dass mich kein Ziel erwarten wird. Ich weiß wie gesagt nicht, ob jemand diese Aufnahmen anhören wird. Nach dem Auffinden einer leeren Empfangskammer, wird man wohl davon ausgehen, dass ich einfach nicht angekommen bin. Eines von hunderten Objekten, die im Laufe vieler Versuchsreihen auf mysteriöseste Weise ins absolute Nichts verschwunden sind. Wieso sollte man da noch unnötige Audioaufzeichnungen auswerten. Aber ich darf eine Veränderung der Vergangenheit nicht zulassen. Die Gegenwart darf und kann sich nicht ändern! Sollte das Team diese Aufzeichnungen jedoch hören, so bitte ich euch, lasst die Maschine laufen. Ich weiß nicht, was gleich passieren wird, wenn ich die Kammer aktiviere. Vielleicht werde ich in die Zukunft geschleudert, vielleicht ganz wo anders hin. Sollte es nichts werden, so sagt bitte Dr. Stefanie Woltz, Doktorandin für angewandte Physik, dass sie mir die letzten Monate und Jahre eine wertvolle Wegbegleiterin war. Ich weiß nicht, wo und ob ich wieder auftauchen werde, doch ich werde für immer an sie denken. Ich sehe keine andere Möglichkeit zu meinem Vorhaben. Sollte sich der vorbestimmte Zustand dieser Kammer nicht reproduzieren lassen, so denke ich kann es die gesamte Menschheit gefährden, die ganze Welt. Ich würde es also so oder so abkriegen. Ich versuche hiermit die Menschen zu retten, die mir wichtig sind. Es sprach, Max Papert, Pilot des Quantensendungsprojekts des Gödel Forschungszentrums. Ich aktiviere nun die Kammer!...

…Ich habe den Stromkreis geschlossen und höre wie sich die Spannung in dem Gerät aufbaut.

…Wenige Sekunden bis Null. Das Energiemaximum sollte ausreichen um…

Oh nein… ich war‘s!... ich bin schuld… Jetzt passt es…

Ich löse die Energiespitze aus.

…Wie kann das…? Ich habe…ich werde…

…Steffi.

Oh mein Gott, nein! Sie ist leer! Wo bist du, … Großer?

 

Alle meine Körperöffnungen waren versiegelt.

Das stelle ich mir nur kurzfristig praktikabel vor. Ein guter Taucher schafft 5 Minuten oder so. Aber einen morbiden sexuellen Charme hat die Vorstellung.

Ansonsten: wenn Du keine Rückmeldung bekommst, liegt es unter Umständern daran, dass der Text relativ lang und nicht sehr gut zu lesen ist, so ganz ohne Absätze usw.

Stilistisch rumpelt das und wirkt noch ungeordnet, vor allem aber kann der Erzählstrang leicht auf die Hälfte gekürzt werden, ohne wichtige Bestandteile einzubüssen.

Die langatmigen Beschreibungen technischer Geräte- nunja, mir würde eine Blackbox da reichen. Es gibt eine Maschine, mit der kann man beamen. Mehr muss ich drüber nicht wissen eigentlich. Weil es in der Geschichte ja nicht darum geht, wie man so eine Maschine konstruiert und baut, sondern darum, was die Maschine tut.

Wenn Du die Geschichte auf das Wesentliche eindampfen lässt, wird sie mehr gelesen werden.

 
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Hi Metzas!

Ein abgenudeltes Thema, der ganze Text im Tell-Stil und die Geschichte getragen von Techno-Gebabbel.
Eigentlich ist das der ideale Stoff, um dem Dämon des Verrisses Nahrung zu liefern. :D

Wenn aber der Kritiker gebannt vor dem Bildschirm hockt, jede Zeile nahezu verschlingt und endlich wissen will, was dieses "Oh, mein Gott, nein! Sie ist leer! Wo bist du, Kleiner?" zu bedeuten hat, dann musst du als Autor etwas sehr richtig machen.
Ob es ohne diesen immer wiederkehrenden Einschub auch so fesselnd wäre? Nun, vielleicht nicht, aber das macht ihn nicht zum billigen Taschenspielertrick. Es ist ein einfaches Mittel, um das Interesse wachzuhalten, und es steht in harmonischer Verbindung mit dem Text, da die Story insgesamt eine Rückblende ist. Sonst wäre die Wirkung nicht möglich.

Man muss jetzt allerdings eines bedenken, wo wir schon dabei sind: Ist die Art und Weise, wie Ereignisse miteinander verwoben werden, der Situation angemessen? Ist das die Geschichte, die ein zwischen Verzweiflung, Angst und Schicksalsergebenheit hin- und hergeworfener Testpilot in der letzten Stunde seines Lebens erzählen würde? Hätte er den Nerv, eine so weit ausholende Story zu erzählen, als würde er nachts in seinem Büro sitzen und für ein Publikumsmaganzin seine Lebensgeschichte aufnehmen?
Und vor allem? Wem will er sie eigentlich erzählen? Wichtig ist für ihn doch in diesem Moment bestimmt nicht, dass die Menschheit seine Version der Geschichte erfährt ( darauf hätte er sowieso keinen Einfluss ), sondern dass seine Kollegen erfahren, was eigentlich los ist, warum das Experiment schief gegangen ist.
Es ist nicht so, dass diese Überlegung dem Text das Genick bricht. Manchmal fällt einem eben nichts Besseres ein als eine behelfsmäßige Konstruktion, und ein Leser, der sich nur unterhalten lassen will, übergeht auch mal kleine Unstimmigkeiten.
Hier jedoch gibt es meiner Ansicht nach eine Lösung. Du müsstest den Zeitpunkt, zu dem er die Aufnahme startet, dahin verlegen, wo er den Kollegen relevante Informationen zukommen lassen will. Vorher hängt er halt seinen Erinnerungen nach.
Und die Einschübe sollten kursiv gedruckt sein, damit sie als Erinnerungsfetzen gekennzeichnet sind und nicht als Bestandteil von dem, was er auf Band spricht.

Den Schlusssatz habe ich nicht so recht verstanden. Was sollte Stefanie denn veranlassen, das "Kleiner" durch "Großer" zu ersetzen?
Gut, das mit dem Informationsparadoxon ist logisch auch nicht wasserdicht ( was ist letztlich der Auslöser der Anomalie? Die Herbeiführung der Energiespitze oder die Erinnerung daran, dass es eine gab, müssen ja irgendwo ihre Ursache in einem äußeren Anstoß haben ), aber das ist halt ein ironisches Augenzwinkern in Bezug auf Zeitreisen, ohne das solche Geschichten gar nicht auskommen. Und es bleibt trotz allem irgendwie ein in sich logisches Paradoxon ( was auch wieder ein Paradoxon ist, mir schwirrt gleich der Kopf :stoned: ).
Aber der letzte Satz enthält eine völlig unmotivierte Änderung. Wieso?

Noch ein paar Rechtschreib- und Grammatikfehler sind drin, aber in so geringer Dichte, dass es schwierig wird, sie wiederzufinden ( was natürlich teilweise an dem nahezu blockförmigen Text liegt ). Deshalb nur die ersten drei:

Ja, ich bin mir nicht mal sicher, ob es in einer halben Stunde überhaupt

Professor Dr. Frank, der einzige von den Wasserköpfen, der wenigstens einigermaßen normal war, (ver)half mir jedoch etwas Neues zu finden.

Er kannte einige Kollegen, die angeblich an etwas „völlig Bahnbrechendem“ beteiligt waren.

Tschüss, Megabjörnie

 

Hi, vielen Dank für das bisherige Feedback.

Ich hab mal den Rat befolgt und ein paar Absätze eingefügt. Beim Schreiben hatte ich den Text im Blocksatz und da reichte eine neue Zeile, um eine optische Trennung zu kriegen. Ich hoffe, jetzt wirkt es hier etwas strukturierter.

Ich sehe ein, dass der Hauptmakel die Erzählweise an sich ist, die der Situation nicht ganz angepasst ist. Aber irgendwie wollte ich einfach detailiert das ganze erzählen, vielleicht wars teils zu detailiert.

Es ist meine erste Kurzgeschichte. Ich bin ein großer SciFi-Fan und habe schon viel davon gelesen und gesehen. Ich habe mir öfters schon Gedanken über Zeitreisen gemacht und wie man das Problem von Paradoxa entgeht. Schließlich wollte ich meine Gedanken in eine Kurzgeschichte fassen.
Es ging mir mehr um Gedankenspiele, verschiedene Ideen usw. und so strotzt die Story nun nicht gerade vor Action. Das hatte ich auch nicht vor. In wie weit es für Leser langatmig erscheint, muss ich erst noch lernen abzuschätzen. Obwohl ich zwar beim Schreiben drauf geachtet habe, keine Füllsätze u.ä. zu verwenden und wirklich nur die nötigen interessanten Gedanken aufzuschreiben, wurds wohl etwas zäh. Das werde ich das nächste mal noch mehr berücksichtigen. Aber ich persönlich steh einfach auf Technobabbel, das muss ich auch dazu sagen ;)

Mit dem "Großer" am Schluss wollte ich Platz für eigene Gedanken des Lesers machen. Es soll heißen, dass die Zeitlinie nun doch irgendwie verändert wurde. In der Version, die Max miterlebte sagte Steffi ja "Kleiner", nun sagt sie "Großer". Irgendwas muss sich also doch verändert haben. Vielleicht hätte Max sich doch nicht wegsenden müssen usw.
Es ist also letztendlich nicht klar, ob alles wirklich so lief wie es sollte.

Auch wenns blöd klingt, aber ich will ehrlich sein: Für meine erste Kurzgeschichte bin ich persönlich ganz zufrieden damit. Ihr habt mir jedoch bis jetzt auch einige Denkanstöße gegeben, die ich beim nächsten mal anders machen kann und werde. Danke dafür!
Zeitreisen sind allgemein ein schwieriges Thema, denke ich, da sich jeder darunter was anderes vorstellt und sie wohl einfach äußerst komplex sind.

Bis dann,

Metzas

 

Zeit und Raum sind menschliche Vorstellungen, die so gar nicht existieren, Illusionen, wenn man die Fachleute fragt. Eine Geschichte die sich tatsächlich von dem Ballast dieser Vorstellungen befreite, würde mich interessieren. Es GIBT keine Zeit in dem Sinne in dem wir den Begriff auffassen.

 

Ein Raum, der Vakuum enthält, ist nicht vakuumisiert sondern evakuiert.

Ansonsten halten sich die orthographischen Fehler von der Menge und der Schwere her in Grenzen, stören den versierten Leser aber doch.
Logische Fehler fielen mir nicht auf. ;)

 

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