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Zeitenwandel

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02.06.2001
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Zeitenwandel

1971.
„Mein Gott“, dachte Richard.
1971 war er noch nicht einmal geboren gewesen.
1971. Jenes Jahr, in welchem Satchmo und der Lizard King ihre letzten, großartigen Atemzüge machten. Der Krieg in Vietnam steuerte auf einen neuen, blutigen Höhepunkt zu. Und Richard war einer der Namenlosen in diesem verrückten Spiel genannt „Leben“. Augenblicklich raste sein Puls schneller. Dies alles konnte kein Zufall sein! Es musste eine Wendung des Schicksals sein.
Es wurde spürbar kälter, als sich eine dunkle Gewitterwolke vor die Sonne schob. Vermutlich würde es in Bälde ein Sommergewitter geben. Nichts Ungewöhnliches. Weder heute, noch damals.
Richard betrat das Studentenheim und fühlte sich schlagartig unwohl. Er hasste die vielen affektierten Wichtigtuer, die hier in ihrer eigenen Selbstgefälligkeit darbten.
“Tag Jim!“, rief ihm keuchend Cleveland zu und war schon durch die Eingangstür verschwunden, ehe Richard ihn in seinem Irrtum korrigieren konnte.
Im Grunde war das Jetzt nicht mehr wichtig. Vermutlich war es sowieso das letzte Mal, dass er von Cleveland mit Jim verwechselt worden war. In der Halle quatschten ein paar Studenten miteinander. Während er die Treppe hochstieg, vernahm er was von wegen „Da kann man nichts daran ändern.“
„Wenn ihr wüsstet“, dachte Richard und lächelte verschmitzt.
Er erreichte den Treppenabsatz und schritt den dunklen Gang entlang, wo ihm Chadwick, der Etagenaufseher, entgegen kam.
“Na, fertig für dieses Semester?“, brachte Chadwick zwischen hohlen Schnaufzügen hervor.
“Ja.“
“Hm“, keuchte Chadwick und strich sich mit dem Zeigefinger über die beiden Nasenlöcher.
Schwarze Löcher, raunte eine Stimme Richard zu und er biss die Zähne zusammen um nicht lauthals loszubrüllen.
“Schön. Ich hab‘s deinem Zimmerkameraden bereits gesagt. Räumt -“
Chadwick holte tief und hörbar Luft. Dann fuhr er fort.
“- euer Zimmer auf und füllt endlich das Formular für die Aufstellung der entstandenen Schäden aus, klar?“
Chadwick war mies gelaunt. Andererseits konnte sich Richard an keinen Tag erinnern, an dem Gegenteiliges der Fall gewesen wäre. Chadwick zählte zu jenen Menschen, die grundsätzlich und ohne Abstriche übler Laune waren.
“Geht klar, Sir.“
Chadwick grunzte noch etwas, das ebenso gut ein blasphemischer Fluch, als auch ein Abschiedsgruß sein konnte. Dem inneren Seelenfrieden zuliebe entschied sich Richard für zweiteres.
“Ich wünsche Ihnen aus tiefstem Herzen einen schönen und angenehmen Sommer, Sir“, sagte er und wandte sich in der Gewissheit, dass Chadwick seine ironischen Worte überhört hatte, der Zimmertür zu. Er öffnete sie und erblickte Jim, der auf seinem Bett saß. Er schloss die Tür und sah dahinter Tucker, der auf seiner Matratze lungerte. Augenblicklich sprang dieser hoch. Sein Gesicht war rot. Jim hingegen grinste unverschämt.
„‘tschuldige, Richie. Hoffe, es macht dir nichts aus“, stieß Tucker holpernd hervor.
“Ist schon okay. Hauptsache, du pinkelst mir nicht auf die Matratze. Weißt du, solche Flecken kriegt man nie wieder raus.“
Tuckers Gesicht glühte rot, wie eine Leuchtdiode.
“Tja dann. Habe noch zu packen und ein paar Formalitäten zu erledigen“, sagte Tucker hastig und schob sich an Richard vorbei. “Schöne Ferien, Richie.“
“Dir auch, alter Junge“, antwortete Richard.
Jim prustete los.
Verwundert setzte sich Richard auf sein Bett. “Was gibt‘s denn da zu Lachen?“
Jim richtete sich auf. “Ach, es ist nur … er ist so schrecklich … als hättest du ihn dabei erwischt, wie er –“
“Ja, sehr lustig“, meinte Richard und starrte auf das Poster, das über Jims Bett hing. Irgend ein Playmate des Jahres. Ein Frösteln überkam ihn. Auch sie war 1971 gewiss eine der Namenlosen.
„Übrigens“, wollte Jim wissen, „Wie lief die Arbeit heute?“
Richard zuckte mit den Schultern. “Weiß nicht. Ist mir auch egal.“
Tatsächlich wusste er, dass besagte Arbeit mit einem satten runden F bewertet werden würde, was aber von keinerlei Bedeutung mehr war.
„Verstehe. Jedenfalls habe ich morgen Algebra, und mir ist es nicht egal, wie ich abschneiden werde“, sagte Jim bedächtig. “Ich muss unbedingt ein B schaffen. Andernfalls wird mir ein Teil des Stipendiums gestrichen.“
Richard nickte automatisch, obgleich ihm dies noch weniger bedeutete, als das zu erwartende F in Soziologie. Jim stand auf und ging zu einem der beiden Fenster.
„Oh Mann, da braut sich ein mächtiges Gewitter zusammen“, murmelte er. “Sieh sie dir an, Richie. Sie laufen in ihren dämlichen Hosen und Röcken herum und wissen nichts, rein gar nichts. Und in fünf Jahrzehnten sind sie alt. Zu alt, um noch etwas Wesentliches zu lernen.“
Richard ereilte ein merkwürdiges Gefühl. Als wäre dies unwirklich. Nein, als hätte er das bereits einmal gehört, während sein Freund nachdenklich durch die trüben Glasscheiben starrte und das sinnlose Treiben der Studentenschaft verfolgte.
Richard schluckte hart. Eine seltsame Unruhe hatte ihn urplötzlich ergriffen.
Wenn dies tatsächlich eine Erinnerung war, verursacht durch ... Nein, Unsinn, schalt er sich selbst für diesen abstrusen Gedanken. Mit der Zungenspitze fuhr er die Kerbe an einem seiner Vorderzähne entlang,
Jim stützte sich mit den Händen an der kahlen Mauer ab. “Weißt du es, Richie? Weißt du, worauf es wirklich ankommt?“, sagte er mit melancholischer Stimme, die so gar nicht nach Jim klang.
Richard dachte darüber nach. Sollte er Jim von seinem Fund erzählen?
„Vielleicht“, sagte Richard diffus, woraufhin sich Jim ihm zuwandte.
Sein langes, wirres Haar kräuselte sich um die Ohren. Lange Strähnen baumelten über der Stirn. In Jims Blick lag etwas Fremdes, Flehentliches, das Richard unbekannt war. Und beinahe hätte er sich verraten. Beinahe.
“Ich glaube, man sollte aus jeder Situation das Beste machen. Man sollte über jedes Geschenk des Schicksals dankbar sein und es sinnvoll nutzen.“
Jim runzelte die Stirn. Seine Augenbrauen hoben sich.
“Was meinst du mit Geschenk des Schicksals?“
Richard wich seinem Blick aus. “Ich weiß es nicht. Hast du manchmal das Gefühl, du wärst nur eine Laborratte in einem Labyrinth?“
Jim verschränkte die Arme vor dem Brustkorb. “Kann sein. Ja.“
Zu Richards Erleichterung ließ Jim das Gespräch im Sand verlaufen.
“Na ja. Muss noch rüber in die Bibliothek und büffeln.“
Von der Platte des Schreibtischs las er zwei Bücher und einen großen Notizblock auf.
“Wann wirst du fahren?“
“Schätze, so gegen 15 Uhr.“
Jim nickte und leckte sich über die Lippen. “Das heißt also, wir sehen uns nicht mehr, oder? Vor dem neuen Semester, meine ich.“
“Ja, vermutlich.“
“Ich wünsche dir einen schönen Sommer.“
“Danke“ ‚ erwiderte Richard und blickte Jim nach, wie er aus dem Zimmer ging.
Lange Zeit starrte er die Tür an, ehe er sich wieder dem Fenster zuwandte. Das Sonnenlicht wurde von anthrazitgrauen Gewitterwolken verschluckt. Unter dem Wolkenzelt hasteten einige Studenten hin und her.
Jim hatte Recht gehabt. Sie wussten nichts, rein gar nichts.
Der Rasen war saftig grün, der Himmel unheilvoll düster, die jungen Menschen auf dem Campus absurde Kreaturen. Irgendwann würden sie sterben und nicht wissen, was sie versäumt hatten. Er musste über diesen Gedanken unwillkürlich lachen. Er hatte alle Zeit der Welt, und dennoch eilte sein Vorhaben.
Also ging er zum Bett, kniete nieder und zog seinen Reisekoffer hervor. Er öffnete ihn und entnahm den Helm, den er zwei Monate zuvor gefunden hatte.
Er hatte ein wenig frische Luft schnappen wollen und war deshalb in das angrenzende Waldstück gegangen. Er hatte soeben eine schwierige Seminararbeit hinter sich gebracht und war in Gedanken noch einmal die Fragen auf dem blauen Zettel durchgegangen.
„Scheiße“, ging es ihm durch den Kopf, während er einen kleinen Hügel mit seinen billigen Turnschuhen erklomm, „ich hab‘s vermasselt.“
Wütend hatte er mit der Faust gegen eine alte Buche geschlagen. Wieder und immer wieder. Ein schmutziger Borkenregen war auf seine Hand niedergegangen.
Dann war er weiter den Trampelpfad entlang gegangen…

***

Als er es sah, überraschte es ihn. Es war ein Blitz aus heiterem Himmel, ein Einbruch des Unerklärlichen in eine Welt der Ratio.
Inmitten eines Laubhaufens ragte ein Gegenstand hervor. Anfangs hielt er den Helm für einen gewöhnlichen Motorradhelm. Doch rasch wurde ihm klar, dass er sich irrte.
Dieser Helm hatte kein Glasvisier.
Ehe er das merkwürdige Ding eingehender untersuchen hatte können, wurde er durch ein Rascheln über ihm aufgeschreckt. Reflexartig blickte er nach oben, fast direkt in die Sonne. Eine Schneiderpuppe hing zwischen den Ästen des Baumes. Nein, keine Puppe.
Richard schlug eine Hand vor den Mund und wich ein paar Schritte zurück.
Keine Puppe, ein Mensch!
Ein alter, knorriger Ast trat aus dem Rücken hervor. Der Tote war von diesem aufgespießt worden. Richard hatte noch nie zuvor eine echte Leiche gesehen. Es war nicht so schlimm, wie er angenommen hatte. Trotzdem war ihm übel geworden und fast hätte er sich übergeben.
Anstatt laut schreiend aus dem Wald zu eilen, war er zurück ins Studentenheim marschiert. Dort hatte er über diese völlig neue Lebenssituation nachgedacht. Und über den Helm, der ihm keine Ruhe ließ. Wenig später war er zu der Fundstelle zurückgegangen und hatte den Helm an sich genommen.
Die volle Tragweite seiner Entscheidung war ihm damals nicht bewusst gewesen. Jeden Tag las er eingehend die Zeitung und lauschte dem aktuellen Klatsch. Es hatte mehr als einen Monat gedauert, bis man die Leiche endlich entdeckt hatte.
Die Identität des Toten konnte nicht geklärt werden. Niemand hatte eine Vermisstenanzeige erstattet, die auf den Unbekannten zutraf. In der Brieftasche, die der Tote bei sich getragen hatte, fand man zwar Geld, aber keine Personalien. Richard war sich inzwischen ziemlich sicher zu wissen, weshalb dem so war.
***

An der rechten Seite war ein holographisches Display angebracht. Über diesem leuchtete ein kleines rotes Lämpchen, unter welchem in weißer Schrift ‘Abort‘ stand. Auf der gegenüberliegenden Seite prangte eine silberne Plakette. „Made in USE“ stand darauf. Ein kunstvoll verschnörkeltes Icon wies vermutlich auf den Hersteller des Helms hin. Eine Seriennummer konnte Richard nicht entdecken.
Beiläufig bemerkte er, dass das Gewitter losgebrochen war. Vorsichtshalber verschloss er die Tür. Mit gebannter Faszination starrte er auf das Display.
Er betätigte den Schalter mit der Aufschrift „Continue“. Augenblicklich erlosch das kleine rote Lämpchen und der Helm wurde in ein seltsames, bläuliches Licht getaucht.
„Schicksal, alles ist Schicksal“, murmelte Richard und setzte den Helm auf.

***

Erstaunt hob Jim den merkwürdigen Helm auf. Dann blickte er hoch und gewahrte eine an Richard erinnernde Gestalt…

 

Hallöchen Rainer,

also, die Geschichte hat mir gefallen. Obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich sie verstanden habe ...
Richard hat diesen Helm gefunden und offenbar kann man mit ihm in eine andere Zeit reisen, oder? Und genau das hat er vor. Und ganz zum Schluss findet Jim seine Leiche und den Helm vor, wie Richard seinerzeit die Leiche des anderen im Wald gefunden hatte, richtig? Hat das zu bedeuten, dass die Reise nicht geklappt hat und er genau wie sein Vorgänger dabei gestorben ist, oder ist er sozusagen nur körperlich gestorben und sein "Geist" ist in eine andere Zeit übergegangen? :confused:
Da bin ich mir irgendwie noch nicht im Klaren drüber.
Nichtsdestrotz fand ich die Story gut. Relativ kurz, aber sie versprühte eine für mich sehr angenehme, nostalgische Athmosphäre, die ich so gerne lese.
Sprachlich hab ich nichts zu meckern, es las sich alles schön flüssig.

Kleine Details:

Im Grunde war das Jetzt nicht mehr wichtig.
Ich bin mir nicht sicher - ist es ein Tippfehler und das "jetzt" gehört klein, oder ist damit das Substantiv "Jetzt" gemeint? Letztes fänd ich gut, wäre eine schöne Doppelsinnigkeit.
In der Halle quatschten ein paar Studenten miteinander.
Das "quatschten" kam mir einen Hauch zu umgangssprachlich vor, mag aber Ansichtssache sein.
ebenso gut ein blasphemischer Fluch, als auch ein Abschiedsgruß
ß statt ss, weil das u langgesprochen wird.
"Ich glaube, man sollte aus jeder Situation das Beste
Satzanfang groß.

Ginny

 

Hallo Ginny!
Das "Jetzt" war als Hauptwort gedacht. Ich weiß auch nicht, ob man es besser unter Anführungszeichen setzen sollte. Vielleicht weiß da jemand Bescheid?
Was die "Erklärung" des Ganzen betrifft, möchte ich noch abwarten, ob sie für andere vielleicht klarer ist. Wenn nicht, habe ich mal wieder versagt. :)
Es steckt durchaus eine beabsichtigte "Pointe" drinnen. Mal sehen.
Danke fürs Lesen und Kommentieren!

 

Servus Rainer,

so ganz verstnden hab ich die Geschichte auch nicht. Richard kommt aus der Zukunft, vermutlich mittels des erwähnten Helmes. Die Leiche war mir rätselhaft. Dann findet Jim den Helm. Ist Richard gar die Leiche?

Sonst war's wie immer sehr flüssig zu lesen. Nur wie gesagt, bin ich als Leser am Ende ziemlich verwirrt dagestanden. Hat aber auch seinen Reiz. "Made in USE" "United States of Europe????

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rainer,

nach langem Rätseln habe ich aufgegeben – es ist mir nicht gelungen, deine Geschichte zu entschlüsseln. Trotzdem habe ich sie gerne gelesen, weil sie stimmungsvoll wirkt und neugierig auf den Schluss macht.
Wahrscheinlich liege ich jetzt total daneben, aber kann es sein, dass der Finder des Helms das Leben des Verstorbenen noch einmal durchlebt?

Ein paar Kleinigkeiten:

...brachte Chadwick zwischen hohlen Schnaufzügen hervor.
Schnaufzüge klingt für mich irgendwie merkwürdig, vielleicht besser Atemzüge?

Vermutlich würde es in Bälde ein Sommergewitter geben
Wäre nicht „in Kürze“ besser? Ich war mir nicht sicher, ob das Wort Bälde überhaupt existiert. Habe deshalb nachgeschlagen: Bälde ist lt. Duden „Amtssprache“ für bald.;)

Viele Grüße
Cat

 

Zu Echnas Kritik:

Ist Richard gar die Leiche?
Das hab ich so verstanden. Nur war mir jetzt nicht klar ob seine Reise schiefgelaufen ist, oder er nur seinen Körper zurückgelassen hat ... *grübel*
"United States of Europe????
Oh Gott, und ich assoziierte heute Morgen ein wirres "United States of England ..." *schäm*, aber ich war noch ziemlich durchgefönt. :shy:

Zu Cat:

Wahrscheinlich liege ich jetzt total daneben, aber kann es sein, dass der Finder des Helms das Leben des Verstorbenen noch einmal durchlebt?
Der Gedanke kam mir zwar nicht, aber ich finde er klingt gut.
Das "Bälde" soll wahrscheinlich, wie es halt für Rainer typsch ist, einen altmodischen Stil transportieren ...

Ginny

 

@ Echna

"Made in USE" "United States of Europe????

Yep! Ab und zu spiele ich gern Nostradamus... :D

Dann findet Jim den Helm. Ist Richard gar die Leiche?

Ja. Ich sehe schon, der Plot ist nicht durchschaubar! Typischer Autoren-Fehler, seufz...
Dieser Helm ist quasi eine "Todesfalle". Eigentlich wollte ich damit andeuten, dass Jim der Versuchung genau so erlegen wird, ihn zu benutzen. Und so weiter, wie dieses Bild von einem Maler, der ein Bild von einem Maler malt, der ein Bild von einem Maler malt, der usw.

@ Cat

aber kann es sein, dass der Finder des Helms das Leben der Leiche noch einmal durchlebt?

Interessanter Gedanke, aber nö. Siehe oben.

"in Bälde" ist vielleicht umgangssprachlich. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass es öfters verwendet wird. Na ja.

Danke für eure Anmerkungen! Wahrscheinlich muss ich den Schluss ändern, wie ich das sehe.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hm ... Soll der Helm denn absichtlich eine Todesfalle darstellen, also wurde er sozusagen extra dazu konstruiert den Menschen eine Möglichkeit zum Zeitenwandel zu suggerieren und sie damit in den Tod zu locken, oder ist das alles nur Zufall? Weil ich mir so automatsich die Frage stelle was oder wer dahintersteckt ...
An sich ist die Idee aber gut.

 

Schon wieder eine Zeitmaschinen-Geschichte, die nicht platt ist - herrlich, dass Du immer wieder beweist, dass man auch aus den abgegriffensten SF-Themen noch eine lesenswerte Geschichte machen kann.

Mir hat die Geschichte ganz gut gefallen, weil die Atmosphäre stimmig ist, die Charaktere keine Abziehbilder sind und die Spannung bis zum Schluss steigt. Ich hatte das Ende offenbar richtig verstanden, obwohl ich es etwas unglaubhaft finde - es klingt so, als würde Richard genau so enden wie der Helmbenutzer vor ihm, aber es ist nicht klar, warum das so sein sollte. Außerdem wird nicht klar, Richard nun ebenfalls eine Zeitreise absolviert hat, oder wann Jim ihn findet. Man kann den letzten Satz so verstehen, dass er in der Zukunft (relativ zu 1971) stattfindet. Ich glaube, Rainer, dass in diesem Fall zuviel wichtige und komplexe Handlung nicht beschrieben wird, und nicht jeder Leser füllt diese Lücke im Kopf gleich aus, deshalb versteht nicht jeder die Geschichte so, wie Du es gemeint hast. So schlimm finde ich das aber nicht.

Einen kleinen Verbesserungsvorschlag habe ich noch: Statt 15 Uhr sagen Angloamerikaner fast immer 3 Uhr (p.m.).

Fazit: Sprachlich und stilistisch routiniert, inhaltlich spannend, aber die Pointe ist nicht leicht zu verstehen.

Uwe

 

Hallo Uwe!
Du hast natürlich Recht damit, dass kaum etwas erklärt wird. Das war Absicht und ich finde es spannend zu beobachten, wie darauf reagiert wird! Ob Richard überhaupt eine Zeitreise gemacht hat und wenn ja, warum etwas schief gegangen ist, soll ebenso ungeklärt bleiben. Manchmal arbeite ich gerne mit "Mehrdeutigkeiten".
In einer am. Geschichte müsste es natürlich 3pm heißen. Aber ich glaube, in den Übersetzungen nehmen sie immer unsere Zeit her. Könnte mich aber auch irren - wie so oft! :)
Danke fürs Lesen und Kommentieren.

 

Hallo, Rainer!

Ich mag Geschichten, über die man nachdenken muss, noch dazu, wenn sie spannend geschrieben sind. So, wie diese hier. Ein echtes Verwirrspiel, das Raum läßt für eigene Interpretationen. Was Atmosphäre und Charaktere betrifft, möchte ich mich Uwe anschließen. Sehr schön herausgearbeitet.

Nur noch ein Tippfehler:

Sein langes, wirres Jahr kräuselte sich um die Ohren.

Werde den Text auf jeden Fall noch öfter lesen.


Ciao
Antonia

 

Hallo Rainer,

die Routine der Semesterabschluß- Atmosphäre als Kontrast zu `dem Ereignis´ hat mir gut gefallen, auch die angedeutete Regression in`s Unendliche.
„In diesem verrückten Spiel, genannt „Leben“, haben in manchen Situationen Noten „keinerlei Bedeutung“, nur das Wissen, „worauf es wirklich ankommt“. Deinem Protagonisten kommt es wohl darauf an, ein Wagnis einzugehen, das er als Chance begreift.

Bei „ziemlich sicher, weshalb dem so war“ finde ich `es so war´ besser.
„Richard ereilte ein merkwürdiges Gefühl. Als wäre dies (doch nicht das Gefühl?) unwirklich. Nein, als hätte er das bereits einmal gehört, während sein Freund ...“ - „während“ kann sich auf „ereilte“ und auf „gehört“ beziehen, letzteres ist wahrscheinlich nicht erwünscht?


Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hey Rainer, nochmal zu 15 Uhr / 3 p.m.: Die Angabe steht in der wörtlichen Rede, und ich würde sie deswegen nicht übersetzen. Ich selbst würde mich vermutlich aus der Verantwortung stehlen und schreiben "So um Drei" - das passt immer.

Uwe

 

Hallo Chief!
Freut mich, dass dir die Story gefallen hat. Für meine Leser tue ich doch alles! :)
Die "antiquierten" Wörter bleiben im Text, weil sie einfach zu meinem Stil gehören. Die Fehler sind natürlich auch beabsichtigt, um wenigstens ein paar
Kritikpunkte zuzulassen. :D
Was es mit der Zeitreise genau auf sich hat, könnte ich ehrlich gesagt auch nicht erklären. Vielleicht ist das auch nicht nötig. Der Leser soll sich ab und an auch sein eigenes Urteil bilden können.

 

Hallo Rainer,

beim Lesen der Geschichte (und ich habe sie gleich zweimal gelesen, weil Du in einem Posting von einer versteckten Pointe sprachst) habe ich an keiner Stelle an eine Zeitreise denken müssen. Natürlich kam mir das ganze Getue um das Jahr 1971 seltsam vor, und der Titel der Geschichte legt auch eine Zeitreise nahe. Doch weder Richard noch der Helm kommen aus dem Jahr 1971, auch spielt die Geschichte weitaus später (sonst hätte das Playmate 1971 schon leben müssen). Also diese Jahreszahl macht mich nicht schlau.

Andererseits wird schon deutlich, daß ein mutmaßlicher Benutzer des Helmes tot ist, und Richard ereilt dasselbe Schicksal. Beide Leichen hängen irgendwie in der Höhe. Das läßt darauf schließen, daß der Helm am Tod der beiden schuld ist. Also Todesfalle, das ist schon möglich, obwohl ich da von alleine nicht drauf gekommen wäre. Es wird nämlich leider nicht beschrieben, wie das zustandegekommen ist und warum. Ein bißchen ist Deine Geschichte ja ein Krimi, denn es gibt zwei geheimnisvolle, unnatürliche Todesfälle. Es wird aber nirgends der Täter entlarvt und es gibt auch kein Motiv. Vom Plot her finde ich Deine Geschichte daher ein bißchen lückenhaft, um nicht zu sagen enttäuschend (sorry für die herbe Kritik von einem Grünschnabel wie mir).

Dafür haben mir Deine Personenbeschreibungen sehr gut gefallen. Sie sind lebendig, wirken authentisch. Solche Leute kann es wirklich geben, daher liest man gerne über sie.

Schönen Gruß
Eni

 

Hallo Rainer,

ja, ich muss wohl doch häufiger mal Deine Geschichten lesen. Unglaublich fesselnd und spannend, auch für eine "Kaum SF-Leserin" wie mich. Deine Figuren, Richard, Jim und Chadwick sind sehr lebendig. Die Atmosphere im Studentenwohnheim und im Waldstück ist stimmig.

Beim letzten Satz stutzte ich und dachte dann: Aha, Richard ist tot und wahrscheinlich probiert Jim jetzt den Helm aus und stirbt auch.

Ich habe diese spannende und unterhaltsame Geschichte sehr gerne gelesen.

Gruß
Barbara

 

Servus Rainer!

Eine ausgezeichnete Geschichte ist dir hier gelungen! Ich hab sie sehr gern gelesen, zum einen wegen des Stils, der mich sehr an Stephen King erinnert, und zum anderen wegen des so schönen Bad End.

Und im Grunde reicht mir das auch. Schließlich muss man bei einer Kurzgeschichte nicht alles verstehen und nicht alles muss für mich nachvollziehbar sein. Es vermittelt eine düstere Stimmung. Jaja, Nachmacher sind wohl dem Tod geweiht...

Mir ist allerdings eines aufgefallen, wobei ich mir nicht sicher bin, aber wenn ich es richtig verstanden habe, so gehört es geändert.
In den ersten Sätzen, in denen Richard sich über die Jahreszahl hermacht, meint er doch, dass 1971 die Leiche, die er gefunden hat, noch nicht geboren war, oder? Oder meint er sich selbst damit, dass Richard hier noch nicht geboren war? Ich finde, das solltest du klarstellen, denn die Vielseitigkeit des Wörtchens "Er" sollte nicht zur Deutungsmöglichkeit dazugehören, denke ich. Irgend eine Chance muss der gemeine Leser doch haben. :)

Jedenfalls findet Richard eine Zeitmaschine, die aber anscheinend nicht richtig durchdacht ist und stirbt an einen Versuch, sie zu probieren, genauso wie der ehemaliger Besitzer. Jim sieht wohl dem gleichen Schicksal entgegen.

Erinnert mich sehr stark an die (Zeit-)Reisengeschichte von Stephen King, in der der Junge testet, ob das wirklich stimmt, dass man stirbt, wenn man während einer (Zeit)Reise wach ist.
Sie hat bei mir das gleiche Gefühl hinterlassen wie deine Geschichte, obwohl du das mit weitaus weniger Erklärungen erreichst.

Lieber Rainer: tolle Geschichte, witzige und flüssige Sprache und hervorragendes Ende.


Liebe Grüße nach in die Nähe von Linz, Peter

 

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