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Zeigen, nicht erzählen

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23.09.2002
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Zeigen, nicht erzählen

... dann hat ein Rechner in Schweden tatsächlich die Formel für die Zeitreise ausgespuckt. Gut, nicht alles, aber für den wichtigsten Teil war diese Maschine irgendwo im Wald zwischen Malmö und Stockholm verantwortlich.

Bevor Sie jetzt noch mehr Fragen stellen: Molekül gesucht, aber nicht genug Rechenkapazität an der Uni. Deshalb: Verteilte Anwendung. Ein paar hundert oder hunderttausend Computerkinder installieren sich den Bildschirmschoner, und der Computer von diesem Lindgren findet das Molekül. Also Ehrentitel für den pickligen Schweden, Molekül für die Uni.

Was für ein Molekül fragen Sie? Was weiß ich ... ein Botenstoff, oder ein Hormon, oder eine Droge, wasweißich. Die Doktoranden, der Hiwi und die beiden Professoren waren richtig heureka, einen ganzen Monat lang. Und das einzige Problem das noch zu lösen war, wie der Hiwi beim Mittagessen jedem erzählt hat der, nicht schnell genug geflüchtet ist, das einzige ungelöste Problem war: Wie spannt man einen Schädel so ein, dass er sich nicht mehr bewegen kann. Keinen Millimeter, kein Haar breit, nada. Jetzt sagen Sie vielleicht: Ganz einfach – Haut und Fleisch weg, die Zwinge direkt am Knochen ansetzen, und hält, bombenfest. Irrtum! Selbst wenn man sowas bringen könnte – und der Hiwi hat keine Gelegenheit ausgelassen, klarzustellen, dass er selbst das Skalpell geführt hätte, wenns' legal gewesen wär' – selbst dann wäre das Hirn noch herumgeschwappt. Und wenn es nicht herumgeschwappt wäre, dann hätte es sich verformt. Ich mach's kurz: Lösung des Problems, da wär' der Hiwi nie drauf gekommen: Gehirnbereich markieren, und die Strahlenkanonen, oder elektrischen oder elektromagnetischen Felder genau gleich bewegen wie den markierten Gehirnbereich ... eigentlich logisch, oder?

Also: Alle Probleme gelöst, der Zeitreise steht nichts mehr im Weg. Wenn Sie in die Vergangenheit wollen. Wenn Sie selbst dabei waren, wenn Sie sich keine Hoffnungen machen, was zu verändern. Sie erleben alles genau so wie damals. Na toll, denken Sie jetzt bestimmt, das ist ja nichts anderes als ein besseres Foto, oder wie wenn man sich gut an etwas erinnern kann. Und ich sage: Bingo! Sie versuchen, sich an das ganz besondere Ereignis zu erinnern, die Badekappe sieht nach, wo Sie sich überall erinnern, Zeitlappen oder so, nicht einfach, weil sich alles überlagert. Dieses hässliche Teil hier markiert, Sie schlucken den Botenstoff, oder die Droge, oder das Hormon, und die Strahlenkanonen, oder die elektrischen oder elektromagnetischen Felder stimulieren ihr Gehirn, und Sie erleben alles, als wären Sie wieder dort. Sogar noch besser, weil Ihr Gehirn gut darin ist, zu improvisieren. Kennt jeder, vom Träumen. Und mit der Droge – ja, ich glaube es ist eine Droge – Junge, ist da alles deutlich. Sagt man zumindest. Der eine Freiwillige von letztem Freitag behauptet sogar stur und steif, er erinnert sich an die Lottozahlen von nächster Woche. Aber natürlich, er weigert sich, die Zahlen jemandem zu sagen, und die nächsten drei Freiwilligen haben Alpträume, als sie versuchen, sich an nächste Woche zu erinnern. Was aus dem einen Freiwilligen geworden ist? Keine Ahnung, zur Folgekontrolle heute morgen ist er nicht mehr aufgetaucht. Wird schon vor der Glotze sitzen und auf die Ziehung warten, dass ich nicht lache!

Woran wollen Sie sich eigentlich erinnern, dass Sie nicht mit den anderen Freiwilligen am Tag hierherkommen?

Na, auch egal, ist ja Ihre Sache.

Ja, natürlich will ich fünfhundert mehr.

Alles klar, keine Fragen.

Halt, vorher noch das Kontaktgel auf den Schädel, die Badekappe kommt danach. Ich sage Ihnen, als wär' man nochmal dort, sagt man. Aber was rede ich – Show, don't tell! Sie drücken diesen Knopf, wenn Sie soweit sind, ich mach' inzwischen die Böden im Erdgeschoss, und in einer Stunde bin ich wieder hier.

 

Hallo sling

Cool :thumbsup:

Ich könnte mir vorstellen, dass diese Zeitreise sogar Uwe gefällt :)
Interessante Idee, interessant umgesetzt - als der eine Teil eines Dialoges von einem Freiwilligen (nicht zu hören/lesen) und eines P...(verrate mal jetzt nicht die Pointe)

Hab Verbesserungsvorschläge im folgenden Abschnitt:

Aber natürlich, weigert sich, die Zahlen jemandem zu sagen, und die nächsten drei Freiwilligen haben Alpträume, als sie versuchen, sich an nächste Woche zu erinnern. Quote]
Aber natürlich weigert er sich... - Klingt flüssiger
...haben Alpträume, wenn sie versuchen... dito

Ansonsten wirklich cool :cool:

mfg Hagen

 

hallo slingshot

Tolle Geschichte, obwohl ich sie erst beim 2. anlauf wirklich verstanden habe :D dafür wurde sie dann umso besser. Am Anfang kommt einem das ganze wirr und unzusammenhängend vor, bis man einen Mann vor Augen hat der einem anderen die Zeitreiseausrüstung anlegt, und dabei labert.

ich habe nur einen Verbesserungsvorschlag: Warum nicht den ersten Satz mit "..." beginnen lassen, es scheint ohnehin als ob man direkt ins Gespräch einsteigt.

Gelungen :thumbsup:

 
Zuletzt bearbeitet:

Wirklich nicht schlecht.
Ein paar Stellen finde ich sprachlich leicht holprig. Da muss man zweimal lesen, um die Sätze zu erfassen:

Und das einzige Problem, das noch zu lösen war, wie der Hiwi beim Mittagessen jedem erzählt hat, der nicht schnell genug geflüchtet ist, das einzige ungelöste Problem war
Wenn Sie in die Vergangenheit wollen, wenn Sie selbst dabei waren, wenn Sie sich keine Hoffnungen machen, was zu verändern

wenns' -> wenns

Eigentlich geht es um eine Erinnerungsverstärkung unter Zuhilfenahme einer Droge. Das ist nun nichts neues. Und die Idee wird eigentlich nur für den Leser erläutert, eine eigentliche Handlung fehlt. Du erzählst also keine Geschichte, sondern führst nur Deine Idee vor - freilich dank des Kunstgriffs mit dem Dialog auf unterhaltsame Weise.

Dank der unterhaltsamen Darstellung eine lesenswerte Geschichte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!

Uwe
:cool:

 

Hallo zusammen

... und vielen Dank für eure Kritiken!

@Hagen

(verrate mal jetzt nicht die Pointe)
Hehe, an Dir könnte sich jeder Filmkritiker ein Beispiel nehmen :D
Danke für die Verbesserungsvorschläge, mit „er“ klingts wirklich besser. Das „als“ hab ich stehen lassen (vielleicht liegts an meiner österreichischen Herkunft, aber ich finde, dass „wenn“ hier nicht so gut passt.)

@Porcupine

Deinen Verbesserungsvorschlag hab ich umgesetzt, vielen Dank! Irgendwie hab ich beim Schreiben bemerkt, dass ich mir schwer tu, alles glaubwürdig zu beschreiben – und dann kam mir die rettende Idee, dass ich einfach gar nix beschreib, und den Typen bis zum Ende weiterlabern lass ... :D

@Uwe

Danke auch für Deine Verbesserungsvorschläge – ich hoffe, dass diese Stellen mit der neuen Satzzeichensetzung etwas lesbarer geworden sind ...

Du erzählst also keine Geschichte, sondern führst nur Deine Idee vor - freilich dank des Kunstgriffs mit dem Dialog auf unterhaltsame Weise.
Hmm, da hast Du recht ... ein wenig hoffte ich beim Schreiben, dass im Kopf des Lesers etwas Handlung entsteht (Warum kommt der Besucher bei nacht, was ist an den Erinnerungen an die Zukunft dran, ...), aber das spricht dann wahrscheinlich mehr für den Leser, als für mich :)

Eigentlich geht es um eine Erinnerungsverstärkung unter Zuhilfenahme einer Droge. Das ist nun nichts neues.
Als ich die Geschichte fertig getippt hatte, hab ich zur Sicherheit schnell noch das Internet befragt, ob sich Erinnerungen tatsächlich exakt lokalisieren lassen. War natürlich nicht so ... (Deshalb die Story noch ein wenig angepasst).
Und dann musste ich noch feststellen, dass mich die Wirklichkeit schon vor über 50 Jahren eingeholt hatte, als ein Wilder Penfield (http://www.pbs.org/wgbh/aso/databank/entries/bhpenf.html) Epillepsiekranke mit Strom untersuchte und dabei plötzlich Erinnerungen abgerufen wurden – schätze, als 21. Jahrhundert-SF qualifiziert sich meine Story damit nicht mehr :D

mfg

Bernhard

 

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