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Zauber im Café

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30.11.2003
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Zauber im Café

Ich bin ein leidenschaftlicher Café Besucher. Meistens nehme ich eine Freundin mit, aber manchmal geh ich auch alleine. Und das, kann ich mit Sicherheit sagen, ist wie eine Reise ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und damit meine ich nicht Amerika, sondern die eigene Fantasie.
Wenn ich das Café betrete sehe ich mir zu erst alles ganz genau an. Ich sehe die vielen, kleinen schön angerichteten Tische, mit Kerzen darauf dessen Kerzenscheine sich im Wind wiegen. Dann fällt mein Blick auf die unterschiedlichsten Menschen, die sich an diesem Nachmittag im Café tummeln. Während ich mich zu meinem Lieblingsplatz ganz hinten in der Ecke bewege, höre ich schon das erste Lachen unter all dem Stimmengewirr heraus.
Von meinem Lieblingsplatz aus habe ich einen herrlichen Blick auf das Café. Ich habe mir kein Buch oder ähnliches mitgebracht, denn direkt vor meinen Augen spielen sich mehr Geschichten ab, als das dickste Buch beinhalten könnte.
An diesem klaren, sonnigen Nachmittag beachte ich gezielt das Ehepaar ein paar Tische entfernt von mir. Der Mann hat die Hand auf die der Frau gelegt. Aber es ist kein liebevolles Händchenhalten, es ist ein Klammergriff. Die beiden tragen einen Konflikt aus.
Mein Fantasie geht wieder einmal mit mir durch. Ich überlege mir, dass die Frau vielleicht zu viel Kontakt zu einem Kollegen hat und ihr Ehemann nun mit seiner Eifersucht kämpft.
Ich werde von dem Kellner unterbrochen. Als zu ihm aufsehe, erkenne ich, dass er neu sein muss. Denn bei meinen vielen Besuchen in diesem Café habe ich ihn noch nie zur Kenntnis genommen.
„ Sie wünschen? “, fragt er und ich höre einen leichten englischen Akzent heraus.
„ Einen Kakao bitte. “, gebe ich meine übliche Bestellung auf.
Der Kellner lächelt.
„ Kommt sofort. “
Seine grau, blauen Augen wenden sich von mir ab, aber meine nicht von seinen. Ich verfolge ihn hinter die Theke, sehe wie er behutsam eine Tasse in die Hand nimmt und sie, ganz vorsichtig mit Kakao füllt. Dann gibt er liebevoll einen Klacks Schlagsahne heraus. Alles an ihm erscheint mir anmutig und würdevoll. Ich höre das Stimmengewirr nicht mehr, auch nicht das Lachen. Die verschiedenen Lachen. Das hohe piepsige oder das tiefe Grölenartige Lachen. Oder das Gekicher der beiden Schulmädchen. Ich höre nur noch wie er die Tasse auf eine Untertasse abstellt. Obwohl ich so weit von der Theke bin, meine ich doch das verursachte Geklapper gehört zu haben. Er kommt zu meinem Tisch. Hektisch nehme ich eine Serviette in die Hand. Ich bin nervös, warum auch immer.
„ So, hier ist ihr Kakao. “ Der Kellner stellt den Kakao auf meinem Tisch ab.
„ Arbeiten sie erst seit kurzem hier? “. rutscht es aus mir heraus und ich hätte mich ohrfeigen können! Meine unendliche Neugierde. Der Kellner muss lachen.
„ Ja, es ist heute mein erster Tag. Aber sie sind öfters hier nicht wahr? “ Ich muss lächen, obwohl ich befürchte, dass mein Lächeln etwas schief ausfällt.
„ Darf ich fragen wie sie heißen? “, fragt er und mir wird heiß und kalt zugleich.
„ Fiona. “, bringe ich mühsam hervor. Ich bin höhst beschäftigt damit, nicht in Schweißausbrüche auszubrechen. Der Kellner pfeifft anerkennend durch die Zähne.
„ Schöner Name. “, sagt er und ich werde rot, wie ein kleines Mädchen.
„ Und sie? “, frage ich zaghaft.
„ Liam Chanser, ich komme aus Manchester.“, ha, also doch ein Engländer, denke ich bei mir.
„ Schöner Name. “, gebe ich das Kompliment zurück. Liam lacht.
„ Ich muss wieder an die Arbeit, ich hoffe wir sehen uns wieder, Fiona.“ Ich schmolz innerlich. Er hatte meinen Namen, so kitschig es klingen mag, ausgesprochen wie einen leckeren Dessert. Ich lasse den Kakao stehen und erhebe mich. Schwungvoll und verträumt zugleich legte ich meinen Schal um den Hals und Jacke an. Ich lege noch etwas Geld auf den Tisch und gehe langsam zur Tür. Erst jetzt realisiere ich wieder wo ich bin. Erschrocken stelle ich fest, dass ich keine einzige Geschichte gesponnen habe am heutigen Nachmittag. Ich habe den Zauber meiner eigenen erkannt. Bevor ich das Café verlasse schaue ich mich noch einmal um. Das Ehepaar von eben nimmt sich gerade versöhnend in den Arm. Ich nehme mir vor, nächstes Mal wenn ich hier her komme, wieder mehr auf die Menschen zu achten. Aber auch meine eigene, ganz persönliche Geschichte, dessen Ausgang ich nicht kenne, weiter zu verfolgen.

 

Hallo bluna!
Eine sehr schöne, alltagliche Geschichte, wie sie wahrscheinlich jeder kennt. Man sitzt irgendwo, sei es im Cafe oder in der Bahn oder sonstwo und man beobachtet die Menschen und denkt sich Geschichten aus. Wohl einer der schönsten Zeitvertreibe die es gibt. Ich finde es allerdings etwas schade, dass es sich zum Schluss eher in eine Liebesgeschichte verwandelt. Ich hätte gern mehr über die anderen Gäste erfahren. Aber trotzdem gefällt mir deine Geschichte. :)

Lg Marcie

PS: >>Schungvoll und verträumt zugleich<<... da fehlt ein w...

 

Hallo Marcie,
danke für deine nette Kritik. Ich hatte auch ursprünglich vor eine Geschichte zu schreiben in der es ausschließlich um die Menschen geht und die Atmosphäre in einem Café. Aber mir ist beim Schreiben doch sehr aufgefallen, dass etwas passieren muss. Und ich habe die Liebesgeschichte mit eingebaut.
Mal sehen, vielleicht kommt mir ja beim nächsten Café Besuch eine Idee wie ich die Geschichten im Café intressant und mit einer Handlung erzählen kann.
Danke nochmal,
bluna

 

Gerade den Wandel von den fremden zur eigenen Geschichte und damit zu einer angedeuteten Lovestory fand ich gelungen. Sie könnte ggf. etwas sauberer ausgebaut werden. Immerhin verstehe ich nicht, wieso sie nicht mal ihrem Kakao austrinkt.

>> Seine grau, blauen Augen wenden << Schreibt man "grau-blau" nicht mit Bindestrich?

Gruß

Gregor

 

Hallo Gregor,
das mit dem Kakao kann ich dir erklären. Eigentlich wollte meine Protagonistin wie üblich im Café ihre Zeit verbringen. Kakao trinken und Leute beobachten eben. Und sich Geschichten ausdenken. Aber aufeinmal kommt da dieser Kellner und die Ganze sonstige Beschäftigung, die Fiona sonst im Café macht, ist vergessen. Ich wollte mit dem Kakao symbolisieren, dass diesmal alles anders ist als sonst. Nicht mal das Kakao trinken ist so wie immer.
Klingt das logisch?
Liebe Grüße, bluna
P.S. Das mit dem Bindestrich weiß ich leider auch nicht so genau. :)

 

Hallo bluna,

ja, jetzt wo Du es sagst, kann ich es nachvollziehen.
Seit der neuen Rechtschreibung bin ich verunsichert. Aber vorher hätte man "grau-blau" geschrieben. *g*

Liebe Grüße zurück

Gregor

 

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