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Zarter Mondschein

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20.10.2002
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Zarter Mondschein

Wovon Marie erwachte, konnte sie nicht sagen. Nur ein Gefühl irgendwie, eine Ahnung. Sie drehte sich in ihrer warmen Flanellbettwäsche um, kuschelte sich tief in die neuen, frischbezogenen Kissen und dämmerte wieder in einen erholsamen Schlaf... um einige Sekunden später vom schrillen Geräusch der Türklingel hochzuschrecken.
Wer konnte das sein? Beunruhigt lag sie still, horchend. Sie wartete angespannt darauf, dass der Unbekannte ein weiteres Mal läuten würde, hoffend, sie habe sich getäuscht, panisch zusammenzuckend, als es erneut schrillte.

Ach Schatz, mach dir keine Sorgen um mich, ich komm schon zurecht. Schade, dass du nicht einmal ein paar Tage hier bleiben kannst...

Starr lag sie im Bett. Die Telefonanlage war noch nicht installiert, aber wo war ihr Handy? Der Gedanke, jetzt aufstehen zu müssen, in diesem fremden Haus nach dem Mobiltelefon zu suchen, war ihr unangenehm. Und wenn sie einfach durch den Türspion schauen würde? Rasch überlegte sie: die Tür war verschlossen, die Sicherheitskette vorgehängt. Eigentlich konnte ihr nichts passieren. Sie versuchte, sich Mut zu machen, nannte sich im Stillen einen verdammten Feigling. Durch den Briefschlitz quetscht sich keiner durch...

Komm schon Gerhard, was soll schon passieren! Ich bin eine erwachsene Frau, und du kannst ja nicht einfach wegen mir dein Meeting in England platzen lassen...Ich bin doch so stolz auf dich, du wolltest diesen Posten, hast so viele Jahre darauf warten müssen...

Vorsichtig, so leise wie möglich schlug sie die Bettdecke zurück, hörte nur ihr eigenes Herz in einem schnellen Rhythmus. Sie hatte Angst. Wer zur Hölle läutet mitten in der Nacht an einer fremden Haustüre? Diebe, die das Haus noch für leerstehend hielten? Ein Betrunkener? Obdachlose? Oder ein paar Halbstarke auf dem Rückweg von der Disko?

Die gnadenlose Stille der Nacht lag wie eine mordlustige Raubkatze auf der Lauer.

Zitternd, nicht nur von der spätherbstlichen Kälte, setzte sie einen Fuß auf den alten Perserteppich vor ihrem Bett, spürte die vertrauen Muster aus Rot- und Brauntönen auf ihrer Sohle. Gerhard hatte dieses Erbstück beim Umzug wegwerfen wollen, aber sie hatte lautstark protestiert und darauf bestanden, ihn in ihr neues Heim mitzunehmen.

Damit wenigstes etwas in dieser neuen Stadt mich an zuhause erinnert.

Versunken war sie einige Sekunden ihrer Erinnerung nachgegangen, ein leises Klopfen an der Türe ließ sie heftig zusammenschrecken. In panischer Angst warf sie sich erneut auf das Bett, zog die Decke bis zum Kinn hoch, wie von Schüttelfrost gebeutelt, die Augen aufgerissen. Die schmale Mondsichel warf ein paar silbrige Strahlen durch die halboffenen Jalousien. Sie getraute sich nicht, zum Lichtschalter neben der Tür zu gehen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie in Richtung des Eingangs, fürchtete jede Sekunde, dass plötzlich jemand ... Warum hatte sie nur ihr Handy nicht hier? Gerhards Nummer konnte sie selbst im Schlaf, er würde schon wissen, was sie tun sollte... Das Mobiltelefon lag friedlich auf dem Esstisch einen Stock tiefer.

Überlegen, Marie, überlegen... sie versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken, keiner richtig fassbar, alle real.

Nein, komm, wir machen uns wenigstes noch ein paar schöne Stunden, ich richte das morgen schon... lass uns noch ein wenig spazieren gehen. Der Park ist so wunderschön mit seinen alten Trauerweiden und den zugewachsenen Wegen.

Stöhnend schloss sie die Augen, als ihr das Fenster in der Küche einfiel.

Der Rahmen war zersplittert, es hing nur noch schief in den Angeln. (Aber das merkt doch niemand, kommen Sie, das ist ja auch leicht auszutauschen...Scheiß Makler, verdammter!)

Nein, komm, wir machen uns wenigstes noch ein paar schöne Stunden, ich richte das morgen schon...

Oh nein! Bitte nicht! Bitte...

Sie fing an, stumm zu einem Gott zu flehen, den sie seit ihrer Kindheit vergessen hatte, den sie geleugnet und der...

Ein dumpfes Knirschen im unteren Stockwerk.

Ein eisiger Schauer lief ihr über den vom kalten Schweiß bedeckten Rücken. Vorsichtige Schritte auf der alten Mahagonitreppe. Unfähig, sich zu bewegen, wie hypnotisiert, stierte sie auf die gegenüberliegende Wand.

Das darf nicht sein, bitte nicht, bitte...

Ein Schatten im Türrahmen, von Dunkelheit umgeben. Gelähmt schaut sie zu, wie er im zarten Mondenschein das Zimmer betritt. Näher, immer näher...
Unfähig, einen Laut von sich zu geben, die Stimmbänder bleiben zugenäht. Der Schemen steht direkt vor ihrem Bett!
Langsam zieht er die schützende Decke zurück. Unhaltbare Stille.

Leise: „Marie, Schatz, bist Du noch wach?“

 

Hallo Maus, da hat Marie aber noch mal Glück gehabt!

Geschrieben ist die Geschichte ganz gut, allerdings irritierte mich das Kursive zuerst, dann kam ich aber dahinter, nur wenn man es nicht weiss, dass ihr das alles grad einfällt, kann es schwer werden.

Hättest du vielleicht noch mehr Spannung reinbringen können?

Zwei Sachen nocht:

Die Muster aus Rot- und Brauntönen unter der Sohle spüren, aber sind die nicht eindimensional, also nicht zu spüren?

2. Gedanken kreisen im Kopf, (ja, klar, wo auch sonst), sorry aber, der Kopf kann weg.

Gut gemacht, Maus

liebe grüsse Archetyp

 

Hallo Maus!

Gefällt mir ganz gut, deine Story.
Hat zwar keine sonderlich originelle Pointe (hab' aufs Ende hin schon damit gerechnet), aber immerhin baut sich die Geschichte gut auf.
Beinahe schon ein Fall für Horror (...zumindest freut es mich, sie heute an Halloween gelesen zu haben).

Die kursiven Stellen haben mich kaum irritiert; nach und nach wird klar, worum es dabei geht.

Sprachlich ist der Text in Ordnung; liest sich flüssig.

Einige kleine Anmerkungen noch:

Zitternd, nicht nur von der spätherbstlichen Kälte, setzte sie einen Fuß auf den alten Perserteppich vor ihrem Bett, spürte die vertrauen Muster aus Rot- und Brauntönen auf ihrer Sohle. Gerhard hatte dieses Erbstück beim Umzug wegwerfen wollen, aber sie hatte lautstark protestiert und darauf bestanden, ihn in ihr neues Heim mitzunehmen.
Kursives: vertrauten
Unterstrichenes: Ist zwar kein Fehler, da sich das "ihn" auf den Perserteppich bezieht; da du aber zuletzt "Erbstück" anstatt "Perserteppich" geschrieben hast, kam mir das "ihn" ein wenig merkwürdig vor. Vielleicht solltest du das "ihn" in "es" ändern.
Damit wenigstes etwas in dieser neuen Stadt mich an Zuhause erinnert
m. E. "zu Hause"

Insgesamt zwar nichts Besonderes, als kurzweilige Leselektüre für zwischendurch aber bestens geeignet.

Viele Grüße,
Michael :)

 
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Hallo Arche, Hallo Michael!

Vielen Dank fürs Lesen und die Kritik.

Die kursieven Stellen sollten schon deutlich sein, denke ich.


Hättest du vielleicht noch mehr Spannung reinbringen können?

Habe festgestellt, es ist verflixt schwierig, Spannung aufzubauen...vielleicht lern ichs ja noch, hoffentlich. Momentan das beste, was ich zu bieten hab.

spürte die vertrauen Muster

Schon ausgebessert, vielen Dank.

Muster aus Rot- und Brauntönen unter der Sohle spüren, aber sind die nicht eindimensional, also nicht zu spüren?

Hast recht. Aber irgendwie mag ich diesen Satz...gibts nicht auch Teppiche, die ungleichmäßig gewebt sind? :(
Nee, ich werd schaun, wie ichs umschreiben kann. Danke.

Gerhard hatte dieses Erbstück beim Umzug wegwerfen wollen, aber sie hatte lautstark protestiert und darauf bestanden, ihn in ihr neues Heim mitzunehmen.

Ist geändert.

Zu Hause hab ich auch geändert, bin mir da allerdings nicht sicher (v.a. nicht mit der neuen RR)

@Arche: Dir würde es ernstlich so besser gefallen: Gedanken kreisten, keiner richtig fassbar, alle real.
Oder sollte ich den ganzen Satz ändern?
Ich persönlich find diese recht häufige Formulierung eigentlich nicht störend...

Schöne Grüße, Anne :)

 

hey Anne, klar die Teppiche gibts, klar!

zuhause.

Auch ich habe einen Fehler gemacht, ich darf mich nur auf Gedanken die im Kopf kreisen beschränken, darf den Satz nicht weiter formulieren, weil ich deinen Stil verliesse.

Aber...das mit dem "Kopf" müsste wirklich raus.

Es ist schwer Spannung aufzubauen, ein Mittel ist es, wenn es zum Finale geht: Sätze zu verkürzen.

okay, bis dann stefan

 

Hey Arche!

hey Anne, klar die Teppiche gibts, klar!
:D Dann lass ich die Stelle so :D

Danke für Deinen Tipp zum Spannungsaufbau. Werd versuchen, ihn umzusetzen. :)

Schöne Grüße, Anne

 

Hallo Maus, ich finde, dass du die Spannung gut aufgebaut hast, ich habe mitgezittert.

Und ausserdem soll das Schreiben Spass machen.

Von Rixta

 

hi maus,
die geschichte hatte ihre spannung. es war aber eher die spannung, "was hat sich die authorin diesmal einfallen lassen?"
es ist bei spannungaufbau aber auch gefährlich, es zu weit zu treiben. einen leser zu lange in den spannungsaufbau zu verwickeln, kann eine gute geschichte zu einer nervigen verwandeln!
bye
barde

 

Hallo Barde, von Dir eine Kritik, die ich durchaus ernst nehmen muss...

Nerven wollte ich allerdings mit Sicherheit niemanden. (das wäre dann wesentlich offensichtlicher :D )
Könntest Du mir vielleicht genauer sagen, was Dir zu lange war, welche Stellen ich - Deiner Ansicht nach - kürzen oder umschreiben sollte? So allgemein weiß ich nicht recht, was ich damit anfangen soll.

Schöne Grüße, Anne

 

Hallo Maus,
eine absolut spannende Geschichte.Ich hab mich noch nicht an dieses Genre gewagt.
Genial der Satz:

Die gnadenlose Stille der Nacht lag wie eine mordlustige Raubkatze auf der Lauer!

Über den Teppich wurde ja schon geschrieben. Das wäre mir auch aufgefallen.

Ich hab Deine Geschichte gern und mit Spannung gelesen.

Grüße Heidi

 

Hallo Heidi!

Vielen Dank für Deine Antwort! Ich freu mich, dass Dir der Text gefallen hat.

Genial der Satz: Die gnadenlose Stille der Nacht lag wie eine mordlustige Raubkatze auf der Lauer!
:D Danke. Auch einer meiner ganz persönlichen Lieblingssätze...

Viele Grüße an Dich, Anne

 

*erleichtertdurchschnauf*

Wow, von der Spannung her eine ziemlich beeindruckende Geschichte. Ich fand auch das kursiv geschriebenen ganz gut miteingebracht. Die Angst kommt gut rüber. Die Kategorie wundert mich nur etwas, habe zuerst nicht drauf geachtet. Hätte die Geschicht eher in "Spannung" erwartete. Wenn du das aber so gewählt hast wird es wohl einen Sinn haben.
Gruß
Roman

 

hi Maus.

ich bin wohl ein bißchen verwöhnt von dir, einfach. mir hat´s nicht so gut gefallen. mir war nicht klar warum sie gleich so einen Schreck kriegt nur weil´s an der Tür klingelt.
ich weiß du kannst toll Bilder malen mit deinen Worten, aber in dieser nicht so toll wie in deinen vorherigen.
finde ich.

liebe Grüße, alex.

 

Hallo Prodi!

Na, fein, dass sie doch ein bisserl spannend fuer Dich war...das freut mich. :)

Hey Alex!

Vielen Dank auch fuer Deinen Kommentar...das ist allerdings nicht meine neueste Geschichte, die beiden Schneegeschichten, auf die Du Dich mit Deinem Kompliment, nehme ich an, beziehst, sind neueren Datums. Danke Dir!

Ach ja, vielleicht bin einfach ich nur zu schreckhaft, aber in einem Haus, in das man einen Tag vorher erst eingezogen ist, in einer fremden Stadt, ganz alleine...ich glaub, ich wuerde mich auch nicht allzu wohl fluehlen, wenns da mitten in der Nacht klingelt.

Schoene Gruesse an Euch beide, Anne

 

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