"Your Passport, please"
„Your Passport, Please“
Eine Standard Begrüßung, oft ist es der erste Kontakt beim Betreten eines fremden Landes. Kurz und bündig aber doch schon sehr aussagekräftig. Besonders das „Please“ ist für mich ein Indikator für die Menschen und die Kultur die mich hier erwartet. Bei uns erwartet man, dass der Gast deutsch kann. Bitte, danke, kurz und knackig. In Russland und Umgebung sind diese Worte fast unbekannt. Die Italiener ziehen das Pleeeaase lang und man spürt richtig die Freundlichkeit. Der französische Zöllner kann zwar Englisch, wird es aber nicht benutzen, er ist stolz und bleibt bei seinem „S’il vous plait“. Am freundlichsten aber sind die Eidgenossen; „Grüezi wohl, händ Sie öbbis zu verzolle?“
Für Planung und Buchung einer Reise benötigt man derzeit nur einen PC und ein Konto bei der Bank, es sei denn, die Fluggesellschaft streikt. In den 80er Jahren war das nicht immer so einfach, eher abenteuerlich. Mein Konto musste ich nicht bemühen, ich war auf Spesen unterwegs.
Mit meiner Vorstellung für einen Nah-Ost Trip besuche ich unser Reisebüro in Zug und ernte Kopfschütteln. „Das geht aber so nicht. In ihrem Pass ist ein Visum von Israel. Damit sind für Sie arabische Staaten tabu, es sei denn sie haben einen zweiten Pass für die Saudis.“ Das deutsche Konsulat in Zürich stellt mir ohne Weiteres den Zweiten aus. Zurück im Reisebüro kann ich das Flugticket für meinen Trip, so wie ursprünglich geplant, abholen. Das Ticket ist ca. einen Meter lang, man hat einfach fünf aneinander geheftet. Das Reisebüro hätte spätestens jetzt wissen müssen, was mir blüht. Die vorgesehene Strecke verläuft von Zürich nach Riad, Kairo, zur Neutralsierung nach Athen, Tel Aviv und zurück nach Zürich. Das ist die Theorie.
Mit dem Auto fahre ich nach Kloten zum Flughafen, in der rechten Brusttasche den Pass für Saudi und links den für Israel. Da kann nichts schieflaufen. Oder?
Drei Stunden später stehe ich in der Schlange vor dem Zoll in Riad und werde ängstlich, aber es geht gut. Unser Partner, ich nenne ihn Mohammed, holt mich ab in einem Monster von Daimler. Wir rasen der Stadt entgegen durch die Wüstenlandschaft. Vor uns taucht eine Kreuzung auf, die gespickt ist mit Auto-Wracks. Mohammed erklärt mir den Hintergrund:„Jeder meint er habe Vorfahrt
weil er über drei Ecken mit dem Königshaus verwandt ist.“ Mohammed ist sogar einer der vielen Prinzen und somit hat er viele Privilegien. Für mich ist er
Vitamin-B. Er ist mit der Ausrüstung des neuen King Faisal Hospitals beschäftigt. Mohammed hat in Hamburg studiert und eine Studentin geheiratet.
Sein Haus steht am Stadtrand im Wüstensand, umgeben von einer großen Mauer. Im Hof lagert ein Container mit offener Klappe. Man erkennt den Inhalt, es sind hochempfindliche Geräte von Zeiss-Jena. Mohammed erklärt mir den Sachverhalt. „Wir hatten einen Sandsturm, sind aber gut versichert, der neue Container ist bereits unterwegs“. Ich schätze eine halbe Million $ wurde buchstäblich in den Sand gesetzt.
Im Haus darf ich seine Frau begrüßen, sogar mit Handschlag. Sie erzählt mir von ihren Problemen in diesem Land. „Ich bin eine Ungläubige und muss gewisse Regeln beachten. Autofahren oder Shopping in der Stadt sind tabu für mich. Ich lebe in einem goldenen Käfig.“
Meine Geschäfte sind erfolgreich und ich kann wie geplant nach Kairo fliegen.
Am Check-In Schalter lege ich mein Ticket und den richtigen Pass vor. Der Beamte schaut mich an und drückt auf einen Knopf unter der Tischplatte. Ein kleiner, fetter junger Beamter bringt mich in sein Büro zum Verhör. Der ist mir auf Anhieb unsympathisch, ich mag diese arroganten Typen nicht. Er mich aber auch nicht. „Waren sie schon vorher in Israel?“ Jetzt geht mir ein Licht auf. Das lange Ticket zeigt ihm mein Endziel. Er konfisziert Pass und Ticket und schickt mich ins Hotel zurück. Shit happens. Ohne Pass aber kann ich das Hotel nicht verlassen. Zwei Tage später bringt mich Mohammed wieder zum Flughafen. Er entschuldigt sich für den Ärger. Am Schalter wieder das gleiche Spiel. An diesem blöden Knopf komme ich einfach nicht vorbei.
Der gleiche unangenehme und schmierige Beamte holt mich ab mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Er spult das volle Verhörprogramm ab, nur mit neuem Thema. „Für Kairo benötigen sie einen Impfpass.“ Im Hotel freut man sich über den Dauerzahler. Vitamin B besorgt mir einen Original-Impfpass der Swiss-Air mit Stempel und Unterschrift von einem Arzt, eine Nadel habe ich weder gesehen noch gespürt. Auch den Preis für das Dokument kenne ich nicht.
Neuer Versuch, den Knopf zu überlisten. Endlich geschafft, ich kann meine Reise fortsetzen wie geplant. In den zwei Tagen Kairo gibt es viel zu tun, den Agenten und einen Großkunden besuchen. Dann bekomme ich doch noch ein kleines Problem im Hotel . Mein Zimmer wird während meiner Abwesenheit durchsucht, es wird aber nichts Verdächtiges gefunden. Unsere Firma produziert und liefert unter anderem Radar -Anlagen für Israel. Offensichtlich sind der oder die Besucher am Code der Systeme interessiert, den ich natürlich nicht dabei habe. Man könnte damit die Anlage unschädlich machen.
Von Ägypten gibt es keine Verbindung nach Israel, also nehme ich den Umweg über Athen.
Eine Woche später bin ich endlich wieder zu Hause. Die Familie ist froh und erleichtert. „Wir hatten Angst um dich, musst du wieder wegfahren?“ Später rufe ich das Reisebüro an. Der Chef des Hauses hat sich für den Fehler entschuldigt und mir ein Geschenk überreicht. Pavel