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Wozu Rezepte?

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Wozu Rezepte?

Ich weiß ja, dass ich ne leicht verschobene Wahrnehmung hab, aber mir gehen diese ganzen Titel- oder Protnamenthreads auf den Piss.

Bei mir kommt es so an, als ob jeder nach dem perfekten Rezept zum Schreiben eines Textes suchte. Wie bescheuert! Manche Dinge lassen sich so pauschal gar nicht sagen. Es sei denn, man ist Autor, der sich auf eine Rubrik oder vielleicht sogar Unterkategorie festgelegt hat. Dann gibts ja auch nichts anderes als z.B. Agatha-Christie-Stories (mit diesem Namen verbindet man ja nicht zufälligerweise eine bestimmte Art Bücher). Das bedeutet aber nichts anderes als kreativer Stillstand. (Nein, d.h. nicht, dass diese Bücher unterhaltungstechnisch wertlos sind, nur dass sie es literarisch/künstlerisch gesehen sind.)

Ich sehe ja ein, dass einige Hilfsregeln notwendig sind oder zumindest beim Schreiben Orientierung liefern. Ab einem gewissen Punkt ist Durchregulierung aber für den Arsch, weil sie unnötig einschränkt, wo es nichts einzuschränken gibt. Genauso wie jede Kritik sich nur auf den vorliegenden Text beziehen soll, sollten sich auch Tipps/Regeln nur auf spezielle Schreibsituationen beziehen und sie tun es auch. Denn die verschiedenen Meinungen, die man hier vertritt, resultieren ja hauptsächlich daraus, dass man in verschiedenen Rubriken/Kategorien schreibt. Allgemeingültige Regeln gibts beim Schreiben nicht, und jetzt seid mir keine Erbsenzähler, die mit Rechtschreibung oder sowas kommen.

Schreiben ist keine Optimierungsaufgabe. Das Schreiben eines bestimmten Textes kann zu einer werden. Aber was wären denn das für Texte, die nicht mehr als das sind? Texte dürfen auch nicht gefallen.

 

natürlich gitbs keine "regeln", die für alle texte und alle autoren gleichermaßen gelten.
die diskussionen können aber schon helfen, sich bewusst zu werden, was und warum man selbst machn und zu sehen, was andere machen, kann helfen neue perspektiven zu erkennen.
bei autoren, die sich ihrer eigenen sache sicher sind, mag es vielleicht auch irgendwann ein neuer einblick sein - bei leuten, die grade ihre erste geschichte schreiben oder die sich ihrer sache eben nicht sicher sind, können diese threads schon anhaltspunkte geben.
zwar gilt nix für alle texte aller autoren, aber vieles gilt doch eher generell. zum beispiel dass es gut ist, eine spannungskurve aufzubauen. klar, muss nicht immer sein, gitb auch gute texte ohne. aber die meisten, die keine haben erscheinen eben langatmig und fad. drum ist es als orientierungshilfe gut, einen zu haben ...
klar kann man nicht generell vom titel auf texte schließen. aber ein text mit interessanten titel wird einfach häufiger angeklickt. wenn nur "noch ohne titel" dasteht, ist das für mich keinerlei anreiz, das ding zu lesen.
manche sachen ahben einfach eine wirkung auf den leser, deren sich der autor garnicht bewusst ist und die er vielleicht auch nicht beabsichtigt hat.

ich sehe das nicht als regeln - ich sehe es als orientierungshilfen um mir selbst klarer zu werden, um andere sichten kennenzulernen. ob ich mich dran halte oder nicht, entscheide ich für jeden text neu.
wenn dich das alles nervt, dann machs doch einfach wie du willst. ;) :)

 

@Jynx
Zitat:
Ganz besonders nerven mich monoton und ohne Bezug zum Text wiederholte Creative-Writing-Richtlinien aus schlauen Büchern

Hast Du mal ein Beispiel?

Ansonten finde ich es gut, Dinge (z.B. `wie vergebe ich einen Personennamen´) prinzipiell zu durchdenken, doch ich lehne es ab, davon Regeln abzuleiten, an die man sich permanent halten muss. (Wie z.B. die `Regel´ superfesselnde Eingangssätze formulieren zu müssen).

 

Wenn ich Themen, wie zum Beispiel "Namenlos" eröffne, dann weniger um mich auf die Suche nach Regeln zu begeben, oder um eine Rahmen zu definieren, sondern schlicht aus Neugier.
Mir geht es also nicht um Rezepte. Gerade die Frage nach den Adjektiven habe ich in einem Thread aus den von Jynx genannten Gründen gestellt.
Was du als Rezepte empfindest, Zaza, könnte also auch die Intention haben, diese Rezepte zu hinterfragen und sich einfach auszutauschen.
Wenn ich zum Beispiel das Gefühl habe, es wird (und so ist der Protnamenthread entstanden) etwas von Autoren nachgebetet, ohne dass sich die Wirkung einmal wirklich überprüft haben, dann hinterfrage ich das einfach gern. Natürlich muss ich in solchem Fall damit rechnen, dass jemand wieder die gleiche Leier nachbetet. Ist halt so. Kann ich ja an Beispielen noch mal in Frage stellen.

Wenn es ein perfektes Rezept gäbe, hätten wir hier nur immer wieder den gleichen Kuchen identisch gewürzt. Jede einzelne Geschichte hat, wenn überhaupt, ihr eigenes Rezept (hallo Phrasenschwein).

 

Es gibt genug Autoren auf der Seite, die sich an gewisse Regeln halten und auch in ihren Beiträgen deutlich Stellung beziehen, im Sinne von: Das ist besser, das Andere schlechter. Deine Frage war also mit der Absicht gestellt, darauf hinzuweisen, dass ohne Namen nicht immer so toll ist. Und das sollte durchdacht werden. Selbst das ist in meinen Augen zu allgemein und nicht wirklich erträglich. Solche Diskussionen sind am fruchtbarsten, wenn sie unter einer Geschichte zu einem speziellen Beispiel geführt werden. Außerdem gehörst Du ja zu den Autoren, die deutlich Stellung genommen haben. Und zwar pro Namen. Allgemein hast Du versucht zu erklären, wieso Namen besser seien. Das ist nicht sofort eine Regel, aber zumindest schon eine Wertung, die in Richtung besser-schlechter geht. Finde ich nicht besonders hilfreich, denn in jeder Schreibsituation muss jeder Autor immer noch für sich entscheiden, welcher Weg der passendere für seine Geschichte ist.


Abgesehen davon braucht man dieses Phänomen nicht auf kg.de zu beschränken. Bücher übers Schreiben sind in. Autoren lesen diese Bücher, weil sie hoffen Regeln zu finden, die ihnen als Orientierung dienen sollen. Meistens kommt dabei aber nur scheiße raus, weil mit solch einer Durchregulierung auch die Kreativität oft eingeschränkt wird. Wieso sind diese Bücher in? Man erfährt doch nichts über das eigene Schreiben. Und an etablierten Autoren wird doch meist ihr eigener Stil geschätzt.


Jynx kann ich nur zustimmen. Das einzige Rezept ist: Schreiben, schreiben, schreiben.

 

Zaza schrieb:
Allgemein hast Du versucht zu erklären, wieso Namen besser seien. Das ist nicht sofort eine Regel, aber zumindest schon eine Wertung, die in Richtung besser-schlechter geht. Finde ich nicht besonders hilfreich, denn in jeder Schreibsituation muss jeder Autor immer noch für sich entscheiden, welcher Weg der passendere für seine Geschichte ist

Zum Glück bin ich nicht der Maßstab. :)

Auch ist es nicht ganz richtig so, denn ich habe unter bestimmten Situationen "für" einen Namen entschieden und einem Argument, welches häufig "gegen" Namen verwendet wird widersprochen.

Bevor wir hier aber eine Spin-Off Diskussion führen.

Du hast natürlich recht dass dies letztlich immer im Einzelfall und zu jeder Geschichte einzeln diskutiert werden muss.

 

Ganz kurz:

Wenn ich kreativ sein will, muss ich aber zuvor erstmal mein Handwerk beherrschen. Texte, die einfach "nur kreativ" sind, sind nämlich in den meisten Fällen für meinen Geschmack(!) ganz großer Mist, weil die Autoren die simpelsten Regeln (und ja, es gibt durchaus bestimmte Grundprinzipien, die ich beim Schreiben zumindest im Kopf haben sollte, ob ich sie jetzt befolge oder bewusst breche) teilweise auf die hahnebüchenste Art ignorieren - und dann oft hingehen, und diesen Wortbrei als "Kreativ" oder "Kunst" zu verkaufen suchen. Picasso musste auch erst lernen, wie man zeichnet, bevor er kubistisch werden konnte. Und dafür gibt es nunmal gewisse Regeln, so wie in jeder Kunst.
Viele dieser "Regeln" befassen sich eben mit dem Grundhandwerk. Es gibt nur so und so viele Möglichkeiten, einen Schrank zu schreinern, damit er noch ein Schrank ist. Wenn ich allerdings nicht mal eine Säge richtig bedienen kann, nutzt mir meine ganze Kreativität nicht viel.

Insofern finde ich solche Threads sehr hilfreich. Nicht, weil sie ein Regelwerk vorbeten, sondern weil sie einen Austausch über handwerkliche Grundlagen etc. ermöglichen. Es ist m.E. nun mal z.B. so, dass Prots mit Namen i.d.R. besser funktionieren als ohne - Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel! ;)

Was allerdings das unreflektierte Nachbeten bzw. völlig sture Befolgen von "Schreibregeln" á la "Malen nach Zahlen" angeht, muss ich Zaza et al zustimmen.

 
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Und wenn ich jetzt kraft meiner eigenen Meinung ins selbe Horn(i) ;) blase, bin ich nicht der einzige, über den vielleicht hergezogen wird.
Regeln haben für mich nicht den Zweck, durch ihre disziplinierte Befolgung die Kunst sozusagen zu normieren. Dann wäre es nicht mehr Kunst, sondern eher ein billiges Mittel zur Befriedigung der Kulturbedürfnisse. Insofern stimme ich mit den Regelnhassern überein.
Es geht vielmehr darum, solche Regeln zu kennen. Kennt man die Regeln, kann man sie gezielt und bewusst befolgen oder brechen. So hat man erstmal einen Plan davon, was und wie man gerade schreibt, man hat sich und seine Kreativität quasi unter Kontrolle.

Halt, wieder zurück! Streicht das mit der Kreativität, diese wird durch Regeln in der Tat gehemmt oder sogar erstickt. Ich revidiere:
Es ist gut, wenn man in der absoluten, ersten Rohfassung sich einen Kehricht um Regeln schert. Soweit man die Backspace-Taste in dieser Phase als Tabu betrachtet und wirklich mal Mut aufbringt "Stuss" zu schreiben, kann die Kreativität sich voll entfalten. Schließlich hat man einen Text vor sich liegen, wonach die katholische Kirche einen unter Garantie der Hexerei bezichtigt :D, und der sollte als Basis dienen, eine Basis, die jetzt erst durch die Brech/Befolg-Walzen von Regeln gezogen werden kann.

Sicherlich kann man das "Optimierung" und mich womöglich einen Spießer nennen. Aber ist es doch so, dass diese Optimierung nicht einer vorgefertigten Ideologie der "westlichen Literatengemeinschaft" dient, sondern ausschließlich der Geschichte selbst. Wenn man vorhat, eine rohe Geschichte so zu formen, dass sie genau das und das genauso mitteilt, was/wie der Autor will, dann ist das doch nichts anderes als Optimierung - wozu Regeln letztendlich dienen und dies ausschließlich. Und wie entstehen Eure Geschichten? Gebt es doch zu, ihr befolgt und bricht dabei mit Regeln, egal ob eure eigenen, aus der Schreiberfahrung durch die Kritiken anderer oder aus der Leseerfahrung anderer Geschichten stammenden - intuitiv und teils sogar unbewusst (unbewusst: nicht ganz gut, da implizites Wissen nicht kommuniziert werden kann).

Fazit: Ich behaupte, dass Regeln zu kennen nur förderlich für die persönliche "Karriere" sein kann. Sie helfen, die rohe Kreativität für andere verdaubar zu machen. Und für das Lernen von Regeln, mit dem Zweck sie schließlich bewusst befolgen / brechen zu können, sollte es völlig unerheblich sein, ob sie aus Kritiken eigener Geschichten kommen, aus Richtliniensammlungen, oder woanders her.

In eben diesem Geiste habe ich vor einiger Zeit den Thread Wow oder Igitt? - Der ungebundene Kritik-Thread eröffnet. Leider bin ich immer noch der einzige, der ihn pflegt.


FLoH.

 

Jynx schrieb:
Ich fürchte, da reden wir aneinander vorbei. Das Suchen nach Regeln und das Wissen um literarische Mechanismen sind für mich zwei unterschiedliche Dinge.
Ich meinte ja auch gar nicht das Wissen um "literarische Mechanismen", sondern das Wissen um, wie Du schon sagst: Regeln, die mehr oder weniger sinnvoll aufgestellt werden, um nach ein möglichst schnell ein möglichst gut funktionierendes Schreibrezept zu ... suchen ( ;) ).

Der Unterschied ist meiner Ansicht nur, dass man sich nicht durch diese Regeln gängeln lassen darf, sondern Bruch und Befolgen der Regeln als Mittel zum Zweck begreift.


FLoH.

 

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