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Wolfsblatt

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07.11.2011
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Wolfsblatt

Im Norden des blauen Planeten.
Der Schnee legte sich über die zahlreich bewohnte Stadt. Nördlich von ihr begrub ein grauhaariger farbiger Mann bedrückt seinen Golden Retriever, dem er einst den Namen Patriot gegeben hatte. Der Hund war beim Angriff mehrerer Wölfe zu Tode gebissen worden.
James trug einen schwarzen Anzug und schaufelte unermüdlich Erde über Patriot, welcher unter einer weißen Blumenmusterdecke in der Grube lag.
„Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Möge Patriot im ewigen Frieden seine Ruhe finden“, sprach ein Freund, der neben ihm stand. Er warf einige Rosenblätter auf die Grabstätte. Tränen liefen James über die vollen Wangen und Lippen. Er vermochte immer noch nicht zu begreifen, wie das passieren konnte.
Der Wald war an diesem Tag ungewöhnlich ruhig. Es dämmerte schon, als unerwartet südlich des Waldes ein erster Schuss fiel. James hatte ihn auf einen Elch abgegeben. „Ja!“, rief er, stolz auf seinen Treffer. Patriot stieb los und James lief ihm eilig hinterher. Der Hund war schon fast außer Atem, als er plötzlich neben den kahlen Kiefern und Pappeln Blutspuren bemerkte.
Patriot hatte einen harmonischen Körperbau, war mittelgroß und muskulös mit einem tiefen Brustkorb und kräftigen Lenden. Goldene Schattierungen vollendeten sein cremefarbenes Fell.
James hatte ihn als Welpen erhalten und mit all seiner Kraft und Geduld großgezogen. Sieben Jahre Freundschaft verbanden die beiden.
Patriot machte Sitz und bellte.
Sein Herr musterte den Pfad, suchte die Fußspuren seines Hundes und setzte schnellen Fußes seinen Weg fort. „Ich bin gleich bei dir! Lass es nicht entwischen!“, rief er ihm nach.
Inzwischen war es dunkel geworden. Patriot zuckte zusammen, als er plötzlich grau gestreifte, hellbraune Wölfe hinter den Pappeln auf den toten Elch zukommen sah. Auffordernd bellte und knurrte er, in der Hoffnung, sie würden das tote Tier zurücklassen und fliehen. Aber sie schritten weiter auf die Beute zu. Es wurden immer mehr, erst drei, dann fünf.
Dann erschien ein weißer Wolf hinter ihnen, er wirkte seltsam. Noch nie hatte Patriot eine solche Art gesehen.
Der weiße Wolf knurrte den Hund scharf an, der daraufhin einige Fuß zurücksetzte.
„Verschwinde, das ist unser Fang! Hast du mich verstanden?“, fuhr er ihn an.
„Verschwindet ihr lieber! Mein Herr hat das Tier erschossen, ihr armseligen Streuner!“, antwortete Patriot entschlossen.
„Streuner? Ich würde das Maul nicht zu voll nehmen, sonst siehst du das Tageslicht nicht mehr!“, knurrte der Weiße und seine Krallen blitzten aus den Pfoten.
„Verzieh dich!“
Doch Patriot weigerte sich, den Platz und die Beute zu verlassen, schließlich hatte er sie mit seinem Herrn gejagt und erlegt. Die hungrigen Wölfe streiften wohl nur durch die Gegend und folgten dann dem Schuss.
Patriot verstand die Welt nicht mehr. Wie konnten die Wölfe nur so stur sein? Sie mussten doch wissen, dass sein Herr schon bald dazustoßen und sie dann panisch davonrennen würden. Er verbiss sich in die Situation und bellte auffordernd einige Male: „Verlasst unsere Beute, solange ihr noch könnt, oder mein Herr wird euch eine Kugel in den Leib jagen!“
Der weiße Wolf schüttelte den Kopf: Ich warne dich, Hüttenhund, setz’ dein Fell nicht aufs Spiel! Ich zähle bis drei, dann bist du fort oder wir nehmen dich auseinander. Hast du mich verstanden?“
Die anderen Wölfe blickten ebenso verärgert auf Patriot und machten einige Schritte vorwärts.
Der Schnee knirschte unter ihren Füßen. Patriot war umzingelt.
Wohl wissend, dass er sein Leben aufs Spiel setzte, zeigte der Hund seine scharfen Zähne und richtete sich zum Angriff auf. „Entweder zieht ihr jetzt Leine oder ich werde sehr wütend!“
Der weiße Wolf und sein Rudel schauten ihn jedoch nur belustigt an.
Schneeflocken fielen auf sie herab. Die Kälte nahm langsam Gestalt an.
Patriot war zwar noch leicht außer Atem, hatte aber schon wieder neue Kräfte gesammelt. Er musterte die Wölfe um sich herum.
„Du denkst wirklich, dass du es mit uns aufnehmen könntest? Wie dumm von dir! Es ist keine gute Entscheidung, die du getroffen hast, dein Leben im Walde zu lassen.“ Erneut schüttelte der Weiße den Kopf. „Ich werde nun anfangen zu zählen. Wenn du bei drei noch hier bist, ist alles zu spät. Eins, zwei …“
Patriots Puls fing zu rasen an, er wusste nicht, wen er zuerst angreifen sollte, denn er blieb bei seiner Entscheidung.
„Drei!“
Der Anführer des Rudels rannte los. Der Rest folgte ihm. Patriot setzte behutsam eine Pfote nach vorn, die Schnauze leicht zu Boden und wartete einige Sekunden.
Sein Blut rann wie ein gewaltiger Strom durch seinen Körper. Dann nutzte er die Gunst des Augenblicks. Der weiße Wolf sprang auf den Retriever zu, dieser schlitterte geschickt unter dem Sprung hindurch und wendete sich zum Anlauf.
Erstaunt über das Manöver des Haushundes drehte sich der Wolf um, doch noch bevor er sich auf einen weiteren Angriff vorbereiten konnte, sprang Patriot auf seinen Rücken und verbiss sich in seinem Nacken. Der Wolf winselte.
Ein anderer sprang Patriot von hinten an und biss ihm in den Schwanz. Der Hund ließ den Nacken des Weißen los und schlug dem Angreifer mit der rechten Pfote auf die Schnauze.
Die anderen warteten auf ihre Chance. „Du bist schnell, aber wir kriegen dich! Du bist allein, aber wir sind zu sechs!“ Der Anführer fletschte die Zähne.
„Red’ keinen Unsinn und verzieh’ dich mit deinem Rudel, wenn dir dein Leben lieb ist!“ Patriot holte tief Luft.
Der weiße Wolf blickte ihn böse an und verlor allmählich die Fassung. Er versuchte, an seiner Wunde zu lecken, was ihm jedoch misslang. „Ich habe dich gewarnt!“ Er wartete noch einige Sekunden, dann rief er: „Schnappt ihn euch!“
Von links und rechts sprangen die grauen Bestien herbei, doch Patriot kämpfte verbissen. Er zerkratzte einem die Schnauze und trat einen anderen mit den Hinterbeinen zur Seite.
„Kommt nur her, ihr Streuner!“, rief er immer wieder, doch überall breitete sich langsam der Schmerz aus. Patriot fühlte sich irgendwie alleingelassen. Der weiße Wolf war verschwunden und sein Herr brauchte noch Zeit, bis er schließlich bei ihm war.
James blieb für eine Weile stehen und sah sich besorgt um.
„Patriot? Patriot! Oh, mein Gott!“
Er bemerkte die Wölfe, die seinen Schützling angriffen. Fassungslos richtete er seine Flinte gegen einen von ihnen und schoss.
Blut lief dem Retriever über die Augen, als sich die Krallen eines Angreifers in seiner Schnauze verfingen. Einer biss ihm ins Hinterbein. Er heulte und knurrte vor Schmerz. Dann warf er sich auf den harten Schnee und wirbelte herum. Einer ließ ruckartig los und wurde zur Seite katapultiert, als ihn die Kugel am Bauch traf.
Die Wölfe erschraken und flohen, bis auf zwei.
„Ich werde dich töten, denn du hast meinem Bruder ein Wundmal gesetzt.“ Der graue Wolf hatte einen weißen Streifen unterhalb des linken Ohres. Er setzte seinen Angriff auf Patriot fort und sprang ihm an den Hals.
Patriot wendete sich und wollte gerade aufstehen, als sich die scharfen Zähne in seiner Kehle verbissen.
„Nein! Patriot!“, schrie James und seine Worte ließen eine Kugel aus der Flinte herausschießen, die den Grauen davonschleuderte. Er lud nach und rief die ganze Zeit den Namen seines Schützlings. Patriot jedoch lag blutüberströmt und die Augen halb geöffnet neben den beiden grauen Wölfen.
„Nein! Nein!“, rief der Mann immer wieder und feuerte einen weiteren Schuss auf den Wolf ab. „Was haben sie nur mit dir gemacht, mein armer Freund?“ James legte sich die Flinte über die Schultern und hob seinen Retriever auf.
Eigentlich war Patriot ein friedliebender Hund, niemandem hatte er je etwas getan.
Er spielte gern mit den Kindern des Dorfes und liebte die Elchjagd mit seinem Herrn.
Patriot schloss die Augen. Seine Zeit war im Wald gekommen, so, wie es der weiße Wolf prophezeit hatte.
„Asche zu Asche, Staub zu Staub. Amen!“, schloss der Priester das Gebet. Er klappte die Bibel zu und richtete seinen Blick auf James. „Lass uns gehen, mein Freund.“
James ließ das letzte Stück Erde auf die Grabstätte fallen und nickte. Irgendwann, wenn die Zeit dafür reif wäre, wollte er wieder in den Wald ziehen und Elche jagen, aber nicht heute und nicht morgen, auch nicht in den nächsten Monaten. Er wollte sich erholen, der Abschied fiel ihm schwer.
Zwei Wochen später.
Peter McQueen, ein katholischer Priester, beschloss, seinem besten Freund James den Fund zu zeigen, den er gemacht hatte. Er wohnte ein paar Kilometer westlich von ihm. Eilig ergriff er den Korb mit den Welpen und fingerte die Autoschlüssel aus der Jackentasche. Er war ein recht gut gebauter und ansehnlicher Mann, der sein Leben der Kirche widmete. Zwar verdiente er als Gemeindepriester nicht viel, lebte aber dennoch wohltätig. Vor einigen Jahren zog es Peter in die Nähe von Edinburgh, um den Menschen dort die Botschaft Gottes zu überbringen.
Peter stieg in seinen Zweisitzer, stellte den Korb im Fußraum vor dem Beifahrersitz ab, startete den Motor und fuhr langsam die Straße hinunter.
„Er wird vor Freude ein Lied singen“, sagte er entschlossen zu sich selbst, ließ ein Grinsen auf seinem Gesicht auftauchen und bog an der nächsten Kreuzung links ab.
Der Schnee war heute höher als in den letzten Tagen und der Himmel spannte sich azurblau über den angrenzenden Wald. Die schlechten Straßen im Dorf waren fast unmöglich zu befahren und so musste Peter öfter abbremsen, denn die Welpen knurrten ängstlich nach jedem Schlagloch. Er legte schnell eine Decke über sie und hielt an einer roten Ampel an. Dort stand er etliche Minuten, doch es kam einfach kein Auto.
„Immer das Gleiche!“, schimpfte er und blickte noch einmal vorsichtig in beide Richtungen, dann fuhr er weiter.
Zwanzig bis dreißig Meter hohe Tannenbäume standen rechts an der Allee, links lagen die kargen Felder, die in der Weite verschwanden. Peter kurbelte das Fenster hinunter, sog die frische Dezemberluft ein und bog nach rechts in den Wald ab.
Stille. Irgendwo in der Ferne stieg Rauch aus einem Kamin. Die Welpen winselten leise.
Peter bremste und blieb neben einem Haus stehen, einer abgelegenen Ferienhütte, die James von seinen Eltern geerbt hatte. Er war schon Mitte sechzig, das Haar ergraut, und er trug eine runde Brille.
James hörte jemanden kommen. Er erkannte die Schritte.
„Nur herein, mein Freund! Meine Tür steht immer offen“, rief James, als Peter zwei Mal klopfte. „Wie geht es dir?“, fragte er und zog genüsslich an seiner Pfeife.
„Gut, aber seit wann rauchst du?“
„Ich habe vor einer Woche angefangen. Die Zeit dafür habe ich ja jetzt.“
Peter nickte: „Tja, irgendetwas braucht man, wenn man nicht mehr zur Jagd geht.“
„Mach’ mir die Laune nicht kaputt“, sagte James scherzend und stand auf. Er ließ die Pfeife auf dem Holztisch liegen und umarmte herzlich seinen Freund. „Setz’ dich, ich mache dir Tee!“
Er verschwand in der Küche.
„Mit oder ohne Zucker?“
Peter stellte den Korb mit den Welpen vorsichtig ab, zog seinen braunen Mantel aus und rief: „Zwei Löffel bitte.“
Das Sonnenlicht fiel in Streifen durch die mit Gardinen bedeckten Fenster. Im Kamin loderte ein Feuer und wohlige Wärme breitete sich aus.
„Ich habe dir etwas mitgebracht und hoffe, es gefällt dir.“
Peter hustete. Diese seltsame Erkältung war in ganz Edinburgh verbreitet.
James kam mit zwei Tassen in den Händen zurück. Dampf stieg auf und er stellte sie auf den Tisch. „Du hörst dich ja gar nicht gut an. Hat dich die Fischverkäuferin angesteckt?“
„So ähnlich.“
James lachte. „Hier, nach einem alten Rezept meiner Mutter, dunkler Kräutertee.“
Er setzte sich und fügte hinzu: „Mit zwei Löffeln Zucker.“
„Danke“, sagte Peter und nippte andächtig an seiner Tasse.
Der Korb schaukelte. James umfasste seine Tasse und fragte leise: „Was hast du mir denn in diesem lebenden Korb mitgebracht?“
Peter hob ihn auf und stellte ihn in der Mitte des Tisches ab.
„Nimm die Decke herunter“, sagte er geheimnisvoll.
James schaute sprachlos in den zylindrischen Korb. Zwei weiße Hundewelpen kratzten am Rand und wollten aufgeregt die große weite Welt erkunden. Sie waren so süß, dass James sie aus dem Korb herausholte und beide erfreut beschnupperte.
„Wo hast du die denn her?“
„Ich, ähm …“ Peter brach den Satz ab.
„Hat es dir die Sprache verschlagen?“
Die Welpen leckten James genüsslich an der Nase.
„Nein, nur, du wirst über meine Antwort nicht erfreut sein …“
„Wie meinst du das?“, fragte James ernst, als wüsste er schon, was Peter sagen wollte.
„Es sind keine … gewöhnlichen Hunde. Um ehrlich zu sein, sind es Wolfswelpen. Ich habe sie heute Morgen neben ihrer toten Mutter an dem Platz gefunden, wo Patriot starb.“
James packte beide wieder in den Korb.
„Was?“ Wütend blickte er Peter an. „Du bringst mir Wölfe ins Haus und willst, dass ich sie großziehe, damit sie mich später auffressen? Hast du das eigentlich gut durchdacht?“
„James!“, unterbrach Peter ihn kopfschüttelnd. „So etwas habe ich nicht geplant.“
„Anscheinend schon! Oder hast du darauf spekuliert, dass ich denke, dass das Hundewelpen sind?“ James schob ihm den Korb zu.
„Ich weiß, was sie sind. Hör’ mir doch bitte erst einmal zu!“
„Nein! Lass mich allein! Der Gedanke, dass vielleicht ihre Mutter meinem Hund das Leben genommen hat, ist mir zu viel! Danke, Peter, aber ich könnte mit dieser Last nicht leben. Nimm sie wieder mit und lass sie im Wald frei! Ich jedoch weigere mich, diese Verbrecher großzuziehen!“
„Hör’ mir doch zu!“, bat Peter noch einmal, doch James schlug mit der Faust auf den Tisch.
„Nein! Ich will darüber nicht mehr reden.“
Es war still zwischen den kahlen Pappeln. Ein toter weißer Wolf lag an einer Baumwurzel neben einem zugefrorenen See. Der Schnee fiel und bedeckte sein Fell. Braune Augen starrten leer in das Dickicht.
Ein anderer Wolf saß daneben und blickte seine Gefährtin traurig an. „Leb’ wohl, meine Teuerste!“ Sanft leckte er ihre Schnauze und heulte dann bitter seine Trauer in den stummen Wald hinein. Aufgescheuchte Vögel flogen eilig davon.
Die Tür schlug zu, als Peter das Haus verließ. James war bei seiner Entscheidung geblieben.
Peter hatte ihm doch nur eine Freude bereiten wollen. Er hatte gedacht, James würde wieder das glückliche Gefühl haben, wie es damals mit Patriot war, als er diesen als Welpen zu ihm gebracht hatte.
„Na, schön! Wie du willst“, sagte Peter verärgert und fuhr los.
James hörte die Reifen quietschen und das Auto davonrasen, als er schließlich zur Tür ging.
Stille. James wurde plötzlich bewusst, wie sehr er seinen Freund verletzt hatte, schließlich hatte Peter es nur gut gemeint.
Er drehte die Klinke und öffnete die Tür einen Spalt. „Es tut mir leid!“, flüsterte er.
Schuldbewusst senkte James den Blick und er sah den Korb mit den Welpen vor der Treppe stehen. Ruckartig schloss er die Tür. Er wollte dagegen anzukämpfen, die Welpen anzusehen oder gar bei sich aufzunehmen. Doch auch Peter war nicht mehr da, um die Vergessenen aufzusammeln und mitzunehmen.
James öffnete die Tür und schritt auf den Korb zu. Der Schnee unter seinen Füßen knirschte. Er nahm die Decke herunter und bestaunte die verängstigten Wolfswelpen. „Ihr seid doch bestimmt hungrig?“, sprach er leise. „Ich werde euch erst einmal ins Warme bringen.“
Der Wolf erhob sich und rannte an den mächtigen Tannen und Kiefern des Waldes vorbei. Er wollte all seine Empfindungen vergessen, auch den Tod seiner Gefährtin. Es fiel ihm sehr schwer, von ihr Abschied zu nehmen. Sein Puls raste, sein Herz schien von den schnellen Schlägen fast zu explodieren, bis er auf einmal keuchend stehen blieb. Sein Rudel tauchte plötzlich auf einem schmalen Waldweg auf.
„Wir haben von deinem Verlust gehört“, sprach ihn ein grau-schwarz schattierter Artgenosse an, dann kamen auch die anderen auf ihn zu. „Dieser Winter wird uns noch alle umbringen! Lass uns fortziehen!“
Der Wolf überlegte einen Atemzug lang und nickte. „Ja.“
„Und mach’ dir keine Sorgen um deine Söhne. Sie sind in guten Händen.“
„Wie meinst du das? Hast du sie gesehen?“
„Der Priester hat sie mitgenommen.“
Der Wolf schwieg und blickte traurig auf sein Rudel. Wehmut stieg in seinem Herzen auf, bis er zu heulen begann. Seine Kameraden stimmten mit ein.
James blieb auf dem Treppenabsatz stehen, als er das ferne Heulen der Wölfe hörte.
Lächelnd flüsterte er, auf die Welpen schauend: „Keine Angst, ich werde ihnen die Freiheit schenken, wenn sie erwachsen sind.“
Das Rudel zog weiter in Richtung Norden. Ihre Spuren wurden von einem Schneesturm verwischt. Die Leiche der weißen Wölfin lag noch einige Stunden am See, bis auch sie ganz vom Schnee bedeckt war. Der nun familienlose Streuner entschied sich, ein neues Leben zu beginnen, denn eines Tages würde er auf seine Söhne treffen, das wusste er.

 

Im Norden des blauen Planeten.
Finde ich als ersten Satz nun nicht ideal gewählt. Genau wie der nachkommende Satz fordert mich hier quasi nichts zum Weiterlesen auf.

Patriot hatte einen harmonischen Körperbau, war mittelgroß und muskulös mit einem tiefen Brustkorb und kräftigen Lenden.
Ich denke, jeder weiß, wie diese Rasse aussieht ... demnach kannst du dir die Beschreibung schenken, außer es ist irgendwas besonderes an seinem Aussehen, dass ihn von den anderen abgehebt.

James hatte ihn als Welpen erhalten und mit all seiner Kraft und Geduld großgezogen. Sieben Jahre Freundschaft verbanden die beiden.
Patriot machte Sitz und bellte.
Sein Herr musterte den Pfad, suchte die Fußspuren seines Hundes und setzte schnellen Fußes seinen Weg fort.
Jetzt komm ich nicht ganz mit. Du schreibst, dass er bellte und sich hinsetze ... daraus schließe ich, dass er nicht weit weg ist, warum muss er also Spuren folgen?
„Ich bin gleich bei dir! Lass es nicht entwischen!“, rief er ihm nach.
Ich habe zwar persönlich keine Ahnung von der Jagd ... aber ist es nicht unvorteilhaft Lärm zu machen? Das verschreckt doch das Wild ...
Dann erschien ein weißer Wolf hinter ihnen, er wirkte seltsam. Noch nie hatte Patriot eine solche Art gesehen.
Der weiße Wolf knurrte den Hund scharf an, der daraufhin einige Fuß zurücksetzte.
„Verschwinde, das ist unser Fang! Hast du mich verstanden?“, fuhr er ihn an.
„Verschwindet ihr lieber! Mein Herr hat das Tier erschossen, ihr armseligen Streuner!“, antwortete Patriot entschlossen.
Und nun spricht der Hund plötzlich? Tut mir leid, aber das kommt mir zu plötzlich und unvermittelt ... Außerd springst du ständig in der Perspektive, entweder du bleibst beim Herrchen oder aber beim Hund .. oder als dritte Alternative: du wechselst es übersichtlich in Absätzen, aber nicht im gleichen Absatz ständig hin und her...

Wie konnten die Wölfe nur so stur sein?
sturr


Tut mir leid, ab hier habe ich nur noch deine Geschichte überflogen. Was auch an deinem recht abgehakten Stil liegt, die Sätze wirken irgendwie ... hmm... unzusammenhängend. Auch kommt keine rechte Spannung in mir auf. Ich frage mich, was du mit dieser bezwecken möchtest, denn sie erscheint mit unnötig. Dadurch weiß der Leser bereits, wie der Kampf zwischen Wolf und Hund ausgeht, so dass hier keinerlei Spannung auf kommen kann. Und mehr als damit das Geschehene zu erzählen, scheint die Anfangszene nicht zu bezwecken. Ich finde, deine Geschichte käme sehr gut ohne sie aus.

Das mit dem Perspektivenwechsel habe ich ja bereits weiter oben angesprochen .... Außerdem bleiben deine Charaktere sehr blass und fern für mich, wodurch ich einfach nicht mitfühlen kann. Woran das genau liegt, kann ich auch nicht benennen, dafür fehlt mich wohl noch etwas "Kritikübung", aber das ist einfach ein Eindruck den ich während deiner Geschichte entwickelt habe ... tu tmir leid

LG
Lýkospir

 

Hallo Junius!

Ich finde, deine Geschichte hat schöne Ansätze was die Thematik betrifft: Rache und Vergebung zum einen, Loyalität zum Anderen.

Um diese Themen besser darstellen zu können, hast du wohl die unterschiedlichen Perspektiven gewählt, was ich durchaus nachvollziehen kann. Allerdings machst du, wie schon Lýkospir erwähnt hat, es dem Leser sehr schwer diesen Perspektiven zu folgen, weil du keine Absätze einfügst, und die "Stimmen" der verschiedenen Charaktäre sich kaum voneinander unterscheiden. Das wäre erstmal der wichtigste Punkt, meine ich: Überlege dir wie du die Szenen formal voneinander abheben willst.

Vielleicht kannst du die Geschichte zum einen auf Reihenfolge und Absatztechnik, zum anderen inhaltlich nochmal überarbeiten: Beschränke dich weniger auf die Äusserlichkeiten der Protagonisten und arbeite mehr mit ihrem Innenleben. Was erleben sie, was fühlen sie, was nehmen sie wahr (Gerüche, Tastsinn, Sehen, Hören ...)

Als beispiel: "Dann erschien ein weißer Wolf, er wirkte seltsam".
Inwiefern wirkt er seltsam? Ist er besonders groß? Riecht er ungewöhnlich? (dern Protagonist ist ja in dieser Szene der Hund, und nimmt als solcher vieles durch Gerüche wahr) Ist er bedrohlich, und wenn ja, warum?

Ein Highlight: "Die Leiche der weißen Wölfin lag noch einige Stunden am See, bis auch sie ganz vom Schnee bedeckt war." Schöner Satz, der würde mir vor Allem als letzter Satz gut gefallen. Ist auch ein Gegensatz zu dem Haushund, der in einem menschlich anmutenden Grab liegt, und wäre ein Bogen zum Anfang der Geschichte.

Also Fazit: Meiner Meinung nach steckt mehr in der Geschichte als du bisher rausgeholt hast :)

Viele Grüße,

Ardandwen

 

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