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...wo es keine Hoffnung mehr gibt.

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18.01.2004
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...wo es keine Hoffnung mehr gibt.

Sie sitzt am Fenster und starrt hinaus. Sie wartet, jeden Tag. Sie wartet, denn sie hat die Hoffnung nicht verloren. Die Hoffnung genau da, wo es nichts mehr zu hoffen gibt.
Der Briefträger schenkt ihr im Vorrübergehen ein Lächeln. Er kennt ihre Hoffnung. Er weiß worauf sie wartet und er wartet mit ihr, leidet mit ihr, jeden Tag. Sein Herz zerbricht jedes Mal wieder, wenn er sie sieht, doch er kann nichts tun. Sie wartet ja nicht auf ihn, wartet auf den Brief, der niemals kommt.

Sie bleibt am Fenster sitzen. Sie wartet auf Morgen. Sie betet! Sie hofft! Und sie fürchtet den Tag, an dem sie die letzte Hoffnung verliert, genau da, wo es nichts mehr zu hoffen gibt.

Sie schließt die Augen und lässt sich fallen, mitten hinein in die Vergangenheit. Dort weiß sie sich geborgen, in den Armen des Mannes, den sie liebte und noch heute liebt. Die Einsamkeit, die sie heute drückt, ist verschwunden, wenn er sie in ihren Erinnerungen küsst. Und sie sieht es vor sich, das Lächeln in seinem Gesicht, und sie schwört sich, dass sie ihn niemals vergisst.

Sie steht auf und bewegt sich im Rhythmus einer stummen Melodie, die noch heute in ihren Ohren klingt. Sie hebt die Arme und lässt sich führen von einem Mann, den sie tief im Herzen vermisst. Sie wird nie wieder tanzen, nie wieder tanzen, mit ihm. Sie weiß es genau und will es doch nicht glauben. Sie hofft genau da, wo es keine Hoffnung mehr gibt und sie wartet noch heute auf den Brief, der ihr sagt, dass ihre Gebete nicht ungehört geblieben waren.


DL 2001

 

Hallo puregold,
kurz und gut. Das trifft es mMn ziemlich genau, mit anderen Worten, du hast eine schöne Geschichte geschrieben, die nicht zuviel und nicht zuwenig erzählt. Hier ist dir gelungen, was du in "Der Straßenbahnschaffner" nicht so überzeugend umgesetzt hast, du lässt Spielraum für die Phantasie, und deine Geschichte berührt den Leser dennoch.

Die einzige Wendung, die mir nicht ganz klar ist:

im Rhythmus einer stummen Melodie, die noch heute in ihren Ohren klingt.
eine stumme Melodie klingt für mich nicht, ich hätte "leise" oder "kleine" besser gefunden.
Gruß
Arthuriel

 

Hi Arthuriel,

ich fühle mich geehrt auch mal etwas Positives von Dir zu hören.

Die Melodie ist stumm, weil nur sie sie hören kan. Sie hat sie noch im Ohr, seit Jahren im Ohr, aber der Zuschauer sieht nur, wie sie sich dazu bewegt ohne die Musik zu hören. Kein anderes Adjektiv könnte diesen Sachverhalt beschreiben, zumindest keines von denen, die Du mir genannt hast. Diese Melodie klingt nicht leise, nicht klein, sie klingt eben überhaupt nicht. Da ist kein Ton, nur eine Erinnerung. Sie tanzt zu einer Erinnerung einer Musik.

Ich werde trotzdem darüber nachdenken, ob ich das irgendwie noch klarer rüberbringen kann.

Viele liebe Grüße
puregold

 

Zum Gruss puregold,

ich kann mich Arthuriel nur anschliesen. Trotz der kürze des Textes, schaffst du es, eine traurige Stimmung in die Gesichte einzubrigen. :)

Das mit der stummen Melodie, hatte ich genau so verstanden, wie du es meintest. Ich finde nicht das du diesen Teil der Gesichte verändern solltest.

Schöne Story :)

Eine Sache stört mich ein wenig:

Die Hoffnung genau da, wo es nichts mehr zu hoffen gibt.

Dreimal hast du diesen Satz in deiner Story. Für meinen Geschmack ein bisschen zu oft, aber ich nehme an das war so beabsichtigt.

MFG ODin

 

Hi Odin,

Danke für Deinen Kommentar.
Ob das Absicht war oder nicht, weiß ich nicht mehr genau. Werde über eine Änderung nachdenken!

puregold

 

Also, ich habe die Stelle mit der stummen Melodie schon genau so verstanden, wie du sie meintest, und auch der Zusammenhang ist klar. Mir ging es um die Kombination an sich, eine stumme Melodie, die klingt. Der Sinn dahinter erscheint mir logisch dargestellt. Vielleicht könnte man "alte" im Sinne von "vergangen" nehmen, vielleicht auch "still". Es ging mir halt nur um die Wendung.

Den anderen Kritikpunkt von Odin empfinde ich anders. Man mag zwar über die Formulierung streiten (Hoffnung genau da), mal wieder Geschmackssache, aber die Wiederholungen erscheinen mir sinnvoll und beruhigen die Geschichte, sie wirken wie ein kleiner Anker.

Arthuriel

 

Hm,

also so wie du das sagst, klingt das ganz nett. Also ich meine das mit dem kleinen Anker in der Geschichte!

:)

 

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