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Wo die Wüste endet

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Wo die Wüste endet

Marc träumte von den wasserblauen Augen seiner Tochter Joelle. Sie erinnerte ihn daran, dass er versprochen hatte, ihr zu zeigen, wo das Meer am blausten, der Wald am dichtesten ist und wo die Wüste endete. Keine dieser Fragen konnte er beantworten. Joelle schüttelte den Kopf, seine Frau runzelte die Stirn und zeigte ihm einen Gesichtsausdruck, der ihm bedeutete, sie ertrüge seine Launen nicht mehr, wüsste genau, warum sie so lange nicht miteinander geschlafen hatten, warum er so selbstverliebt grinste und die Nase zum Himmel reckte, anstatt sich die Erde anzuschauen.
Blumenberg tauchte auf, der Therapeut, der irgendwann das Wort Burn-Out ausgesprochen hatte. Burn-Out, was für ein unzulängliches Wort. Es beschrieb nicht, wie man sich selbst verliert, sich für einen Gewinner hält, obwohl man zu den Verlierern gerechnet wird. Marc musste herausfinden, wo die Wüste endet. Das war alles.

Marc fasste deshalb den Entschluss, dem Trübsinn zu entfliehen, der Hitze zu widerstehen und sich auf den Weg zu machen. Er hatte Frau und Tochter nach Windhoek gefahren, damit sie den letzten Flug nach Frankfurt erwischten, bevor der Airport schloss. Er hätte hier noch etwas zu erledigen, käme alsbald nach, sagte er ihnen. Nachdem er ihnen zugewinkt hatte, wandte er sich ab, schnaufte durch und fuhr ins Camp zurück. Die anderen waren abgereist, selbst die Einheimischen. Die Erforschung des Klimawandels in der Küstenregion nahe der Namib-Wüste pausierte wegen der Seuche, die überall den Stillstand erzwang.

Im Camp verluden ein paar Leute Ausrüstung und Einrichtungsgegenstände auf Pickups. Sie schwitzten und ihre Haut glänzte in der Sonne, aber sie arbeiteten mit der stoischen Bedächtigkeit von Menschen, die an die Hitze gewöhnt waren. Marc erklärte ihnen, dass er noch ein paar Tage bleibe und dann nach Windhoek fahren würde. Sie grinsten ihn an, schüttelten den Kopf und achteten auf Abstand. Vielleicht hatten sie seinen Husten gehört oder hielten ihn für verrückt. Es war ihm egal, was sie dachten.

Er folgte dem Instinkt. Was blieb ihm anderes übrig. Er schob es auf das Schicksal, als er von einer verlassenen Mine gehört hatte, die ein paar Meilen vom Strand entfernt in der Namib-Wüste liegen solle. Er hatte ein Ziel. Dort musste er suchen. Ihm blieben Vorräte für ein paar Wochen. Außerdem besaß er einen Generator und den Jeep. Den Weg zur Mine hatten die Dorfbewohner ihm zunächst nicht verraten, den Kopf geschüttelt und irgendwas gemurmelt, das er für Magie hielt. Als er ihnen ein paar Geldscheine zusteckte, gutes europäisches Geld, ein Monatslohn für sie, ein Taschengeld für ihn, schrieben sie ihm die Koordinaten auf. Dann kicherten sie wie Kinder und steckten das Geschenk in die Taschen. Er hätte sie verprügeln sollen, wenn er den Mut dafür aufgebracht hätte. Er zwang sich zu einem Lächeln, obwohl er sie gerne gefragt hätte, welcher Zauber gegen das Fieber hilft. Das Dorf lag einige Meilen im Süden, direkt am Strand. Er war vor Wochen dort gewesen.

Marc ging zu den Männern, um ihnen zu sagen, dass er das Zelt selbst abbauen würde. Sie zuckten mit den Achseln, setzten sich in den Wagen, starteten den Motor und verschwanden in einer Staubwolke. Er atmete die Meeresluft ein, die gegen den Wüstenstaub anzukämpfen schien und lief zum Strand, wo eine Seebärenkolonie lagerte. Er hörte die Tiere grunzen und rufen, roch den Dunst aus Fisch und Fäkalien und sah, wie sie sich aneinander rieben, um eine enge Gemeinschaft zu bilden. Er griff nach dem Rucksack und steckte sich ein Stück Trockenfleisch in den Mund. Wenn er lange genug kaute, würde er etwas schmecken, auch wenn er im Augenblick gar nichts unterscheiden konnte, weder Süße noch irgendetwas anderes wahrnahm. Das ging seit Tagen so. Alles hatte sich verändert.

Sein Blick schweifte zu den Sanddünen, dem gewellten Niemandsland in rot und braun. Dort irgendwo musste er hin. In einer Senke bemerkte er einen vierbeinigen Schatten und nahm das Fernglas zur Hand, um besser sehen zu können. Je näher die Hyäne kam, desto unheimlicher wirkte das Raubtier, das aussah wie eine Fantasiemischung aus Hund und Bär und Zebra, mit gestreiften Läufen, einem gedrungenen Körper, zerfranstem Fell und einzelnen Strähnen, die ihm ins Gesicht hingen, als hätte irgendeiner die überdimensionierten Ohren kaschieren wollen, die zum Himmel ragten, um alle Geräusche ringsum aufzusaugen.
Als die Hyäne zur Seebärenkolonie gelangte, schien sie zu zögern, blieb stehen, richtete die Schnauze zum Himmel, zum Boden und öffnete das Maul. Ihr Schrei erinnerte an Kinderlachen und Eulenrufe, an etwas Unheimliches, das die Ordnung störte.

Unterdessen hörte die Hyäne das Herz des Mannes schlagen und beschloss, am Strand entlang zu gehen, um sich die wasserglänzende Haut der Seebären anzuschauen. Ihren Hunger versteckte sie. Er konnte warten. Sie musste jetzt klug sein. Fleisch und Blut gab’s am Strand genug. Deshalb ließ sie sich treiben. Ein Reflex, ein innerer Zwang würde entscheiden, wann sie zuschlug. Die Seebären sollten sie ruhig bemerken, spüren, dass die Hyäne nichts als einen Strandspaziergang genösse und auf keinen Fall wahrnehmen, dass der Hunger nahezu das ganze Bewusstsein der Hyäne bestimmte, sie auszehrte, mehr und mehr schwächte. Geduld war die wahre Stärke des Jägers und sie war jederzeit in der Lage, den Trieb zu unterdrücken. Einstweilen stellte sie sich vor, wie das Blut schmeckte, wenn sie den Leib aufritzte und ein großes Stück an sich riss. Die Babys, wann würden sie die Babys alleine lassen, um zu tauchen, um Fische zu fangen? Die Seebären beschützten ihre Nachkommen, aber irgendwann mussten sie Nahrung für sich selbst und die Kleinen beschaffen, über kurz oder lang würden sie im Meer jagen und die Babys eine Weile alleine lassen. Die Hyäne riss das Maul weit auf und gähnte, während sie an die glühenden Augen ihrer eigenen Welpen dachte, die hungern mussten, wenn die Jagd erfolglos endete. Sie würden ihr entgegenlaufen, wenn sie heimkam und die Beute präsentierte. Sie hörte sie jetzt schon fressen und betteln, brüllen und jauchzen, niemals satt, niemals zufrieden, niemals genug.

Marc beobachtete die Hyäne, die in den Sand sank, als wolle sie in der Sonne schlafen, verlor das Interesse und ließ das Fernglas sinken. Die Hitze brannte Löcher in sein Hirn, pochte und pochte an seinem Bewusstsein, verstärkte die Kopfschmerzen und den Schwindel, der ihn wie ein Traumgespinst umgab. Deshalb lief er die paar Schritte zu dem Sonnenschirm, den er am Fuß einer Düne aufgebaut hatte. Neben dem Regiestuhl lag der Rucksack mit der Pistole. Marc lehnte sich zurück und schloss die Augen. Erst als er ein Geräusch hörte, das er nicht zuordnen konnte, nicht in den Traum passte, der von Diamanten und Gold wimmelte, von einer eigenen Insel der Glückseligkeit, von einem Leben in Glanz und Gloria, handelte, wachte er auf und suchte das Sichtfeld ab. Er wusste instinktiv, was geschehen war. Das Siegeslachen der Hyäne hatte ihn geweckt und war ertönt, um ihren Triumph anzuzeigen. Das Raubtier trug die Beute im Maul davon und schleppte weg, was sie sich geschnappt hatte. So funktionierte eine erfolgreiche Jagd: sich anschleichen, Geduld üben und im rechten Moment zuschlagen. So einfach war das und so effizient.

Während die Hyäne in ihrem Glück schwelgte, sich über das freute, was sie sich verdient hatte, während sie das Baby der Seebärin, das sie ausgespäht hatte, in ihrem Maul festhielt, weil sie sauber gearbeitet, präzise zugebissen, einen guten Tod bereitet hatte, während sie das Gewicht ausbalancierte, gerade so fest zubiss, dass die Kiefersperre eingeleitet wurde, damit keiner stehlen konnte, was sie erworben hatte, erfasste Marc eine unbändige Wut. Er griff nach der Jagdflinte und feuerte blindlings ein paar Schüsse auf die Hyäne ab, ohne dass er sein Ziel traf. Die Hyäne bemerkte zwar einen Luftzug neben sich, fühlte sich aber nicht in Gefahr, so sehr war sie noch erfüllt vom Adrenalinausstoß, der sich nach dem Jagderfolg in ihr ausgebreitet hatte. Sie schüttelte sich, als wolle sie lästige Insekten abhalten und trabte in gleichmäßigen Schritten weiter über den harten Sand. Sie musste sich schließlich die Kräfte einteilen. Marcs Zorn flaute nicht ab, füllte ihn mit Energie. Er stand auf und schüttelte sich, als wolle er die Mutlosigkeit abstreifen, die ihn gefangen gehalten hatte.

Ohne nachzudenken, schnappte Marc sich den Rucksack und folgte dem Tier, das der Wüste entgegenlief. Er musste Abstand halten, konnte das Tempo gerade so hochhalten, dass sich die Distanz zwischen Tier und Mensch nicht allzu sehr vergrößerte. Düne für Düne erklomm er, aber die Hyäne entfernte sich mehr und mehr. Er würde sie nicht erreichen. Als er in der Ferne Gebäude zu erkennen glaubte, überfiel ihn mit aller Macht Durst. Er musste rasten. Auf dem Kamm einer Düne trank er eine Wasserflasche in einem Zug aus. Dann nahm er das Fernglas zur Hand, um den Horizont abzusuchen. Nichts, keine Spur der Hyäne, nicht einmal die Bauten, die er zuvor noch klar und deutlich gesehen hatte, nichts konnte er erkennen, nichts als glühendbraune Farbtöne. Er resignierte, kontrollierte die aufkommende Panik gerade noch und dachte darüber nach, umzukehren. Vielleicht würde er doch nach Windhoek fahren, vielleicht gab es noch einen Flug zurück.

Doch er zögerte und blickte sich ein weiteres Mal um, suchte den Weg, den er gelaufen war, die Spuren im Sand, irgendeinen Anhaltspunkt und fand nichts als die beginnende Dämmerung und die Sonne, die glühend zwischen den Dünen versank. Bald schon würden die Sterne zum Greifen nah sein und das Himmelsgewölbe auf ihn herabsinken. Aber die Nacht würde den Sand auch etwas abkühlen, das Gehen erleichtern. Und er hatte Ersatzbatterien für die Armeetaschenlampe im Rucksack. Außerdem hatte er noch etwas Wasser. Und weit konnte das Ziel nicht entfernt sein. Eine Stimme, ein Flüstern aus der Stille, kaum mehr als ein Windhauch erklang und rief ihm zu, dass die Hyäne gerade dort ihren Bau hatte, wo er hinmusste. Warum auch nicht? Die Raubtiere dieser Welt brauchten einen sicheren Rückzugsort. Die Hyäne würde kein Loch am Kamm einer Sanddüne bauen, sondern einen Bau innerhalb fester Gemäuer bevorzugen, die den Rückzugsort abschirmten und wenn es staubumwehte Ruinen waren.

Marc fasste Mut, erinnerte sich an die Gradangaben, die genauen Daten aus Sekunden und Minuten: Nordost hatten sie gesagt und auf einem Zettel notiert, was sie wussten. Es war eine Frage des Durchhaltevermögens, der Energie, der Anspannung, dann wär’s ein Kinderspiel, die Mine zu finden. Mitten in der Wüste. Nicht dort, wo sie endete. Er streckte die Nase in die Luft, als wolle er Witterung aufnehmen, als wolle er das Gebaren eines Raubtiers nachahmen. Die Sonne ging unter, die Konturen wurden schärfer, bevor sie kurz darauf von der Dunkelheit verschlungen wurden. Er stellte sich gerade, richtete die Kompassnadel aus und ging los, auf und ab, auf und ab, mit den Sternen über ihm und ihrem Schimmer aus Gold und Silber.

Die Hyäne erklomm die letzte Dünenhöhe vor ihrem Ziel. Die Kleinen hatten schon Witterung aufgenommen. Sie hörte ihre Rufe. Als die Hyäne bei den verfallenen Steinbauten ankam, rannten die Welpen ihr entgegen. umkreisten ihre Mutter, bis sie ihre Last fallen ließ. Erleichterung, ja Glück empfand, weil sie es wieder geschafft hatte. Das Lachen der Welpen ertönte, bevor sie das Maul öffneten, um ein neues Fleischstück zu verschlingen, das sie dem Körper des Bärenbabys entrissen. Die Hyäne hörte ihnen zu. Sie suchten noch den richtigen Ton. Sie ließ die Welpen spielen und fressen, nachdem sie sich selbst ein Stückchen Fleisch angebissen hatte, um den Hunger zu stillen, der so lange in ihr rumort hatte. Das Fleisch schmeckte süß und bekämpfte das Ziehen in ihrem Bauch und ihrem Kopf. Dann schnaufte sie durch. Die Anspannung wich. Sie konnte die Welpen jetzt alleine lassen. Um sich auszuruhen, lief sie zum Eingang ihres Baus und kroch durch die Öffnung. Unten war es dunkel und angenehm kühl. Sie streckte sich auf den Textilresten aus, die sie in den Häusern gefunden hatte. Der Menschengeruch war längst verschwunden. Sie streckte und reckte sich. Neben ihr lagen Steine, die von innen her wie Sterne glitzerten. Die Hyäne beachtete sie nicht weiter. Sie glänzten wenn Licht auf sie fiel. Deshalb hatte die Hyäne die Steine im Bau aufgeschichtet. Als wären diese leblosen Gegenstände ein Schatz.

Bei Sonnenaufgang erreichte Marc die Ruinen der Mine. Trotz Kompass war er umhergeirrt und hatte seinen Wasservorrat fast aufgebraucht. Anfangs hielt er die Steinbauten hinter der Düne, die aus dem Nebel der ersten Sonnenstrahlen aufgetaucht waren, für ein weiteres Trugbild seines angespannten Verstandes. Seine Beine, sein Kopf, alles an ihm brannte. Sand klebte überall auf seinem Körper, auch an den Stellen, die von der schweißdurchtränkten Kleidung verhüllt war. Er sehnte sich sehr danach, anzukommen. So erschöpft fühlte er sich, dass es ihm vorkam, als müsse er für jeden einzelnen Schritt einen Befehl erteilen.

Am ersten Mauerstück blieb er stehen, berührte den Stein. Seine Hände waren angeschwollen. Der Sand hier sah röter aus. Wo er war, musste eine Straße verlaufen sein, gesäumt von Wirtschaftsbauten. An deren Ende bemerkte er einen Brunnen auf einer Art Platz. Marc schleppte sich hin und beugte sich über die Einfassung aus Stein. Ein hölzerner Eimer hing an einem ausgefransten Seil in der Mitte der Öffnung, aber er konnte den Mechanismus nicht bewegen und aus der Tiefe wehte ihm nichts als Fäulnis entgegen. Er lehnte sich gegen die Mauer, glitt zu Boden und nahm den Rucksack von den Schultern. Sollte er den letzten Schluck aus der Wasserflasche vergeuden? Er musste, konnte dem Drang nicht widerstehen. Also trank er und gab der ausgezehrten Kehle, was sie brauchte. Das Wasser schmeckte nach Fisch. Danach hustete er so lange, bis er Geräusche hörte und kaum hatte er bemerkt, woher sie kamen, standen schon die Hyänenwelpen vor ihm und schnüffelten an seinem Rucksack, kamen ihm ganz nah, streiften wie Katzen um ihn herum, steckten ihre Nasen unter seine Achseln, öffneten das Maul, um zu gähnen und ihm das scharfe Gebiss zu zeigen. Sie rochen nach Fleisch und tatsächlich hatte eines der Tiere einen Brocken rohe Fleischmasse im blutbesudelten Maul.

Hier war der Rückzugsort der Hyäne, auf die er am Strand geschossen hatte Er wusste auch, dass die Hyäne das Fleisch für ihre Kinder erbeutet hatte. Wo war die Mutter? Würde sie ihn angreifen? Konnte er sich mit den Welpen anfreunden, um den Verdacht der Heimtücke zu zerstreuen, die ja offensichtlich war, seit er die Schüsse abgegeben hatte. Er griff nach dem Rucksack, strich über das Metall der Pistole und schnaufte durch. Irgendwo hier musste es auch Wasser geben. Wie sonst könnten die Raubtiere hier überleben?

Die Welpen verloren das Interesse an ihm und tobten durch die Mauerreste. Wenn er ihnen einfach hinterherlief, würden sie ihn irgendwann zur Wasserstelle führen. Er streifte den Rucksack über die Schultern und folgte ihnen. Er spürte die Hitze, glaubte, dass er Fieber habe und bemerkte die Hyänenmutter erst, als sie direkt auf ihn zulief, ihn zu fixieren schien, ihn mit glühenden Augen am Boden festnageln wollte. Aus Marcs Bauch kroch Angst empor, Unbehagen, das ihn zwar erstarren ließ, aber sich nicht dergestalt anfühlte, als müsse er fliehen, als käme eine echte Gefahr auf ihn zu. Die Hyäne verzögerte ihre Schritte kurz bevor sie ihn erreichte, machte überhaupt keine Anstalten Laute von sich zu geben, das Maul mit den Reißzähnen zu öffnen. Stattdessen legte sie sich etwa zwei Meter von ihm auf den Boden, ohne aufzuhören ihn anzustarren, ganz so, als wolle sie eine Unterhaltung, irgendeine Form des Austausches beginnen. Marc konnte sich aus dem Blick nicht lösen, sah durch die Augen des Tieres und wieder stieg die Wut in ihm empor, wieder konnte er sich nicht wehren. Die Hyäne wusste, wo die Diamanten versteckt waren, sie kannte die Wasserstelle, sie vermochte alle Probleme zu lösen, die Marc belasteten. Warum nur durchbohrte sie ihn mit ihren Blicken? Warum half sie ihm nicht? Ein Mensch, ein Mann wie er, war allemal stärker als irgendein Tier und wenn es noch so scharfe Zähne hatte. Also nahm er all seine Kraft zusammen, richtete sich auf und stürzte sich auf die Hyäne.

Das Tier aber bewegte sich nicht, öffnete das Maul und begann zu lachen, so laut und durchdringend, dass es Marc mit allen Fasern seines Körpers spürte. Obwohl die Entfernung so gering war, dass er die Hyäne im Bruchteil einer Sekunde erreicht haben müsste, dehnte sich die Zeit und als er sich der Stelle näherte, wo das Tier auf ihn gewartet hatte, war da nichts, gar nichts, kein Pfotenabdruck, keine einzelne Haarborste, die eine vormalige Anwesenheit der Hyäne hätte beweisen können. Marc griff ins Leere, ins Nichts. Selbst der Wüstensand war verschwunden, die Bauten, die Welpen, der Brunnen, alles versunken in der Leere des Raums.

Marc blinzelte, öffnete langsam die Augen, die er gegen die Sonne geschützt hatte, spürte Vibrationen unter sich. Das Velours des Flugzeugsitzes fühlte sich warm an. Die Decke, unter der er sich verkrochen hatte, war verrutscht und Joelle schaute ihn an, als hätte sie schon eine Weile darauf gewartet, dass er aufwachte. Er rieb sich die Augen und streichelte über die Wangen seiner Tochter.
„Hast du geträumt?“
„Nein, ich habe gar nicht richtig geschlafen.“
„Was hast du dann so lange gemacht? Du hast dich unter der Decke bewegt.“
„Ach nichts, ich habe nachgedacht.“
„Ach so.“
„Und weißt du was?“
„Was?“
„Ich weiß jetzt, wo die Wüste endet.“
„Wirklich?“
„In mir, Liebling, in mir!“
Joelle nickte und schaute ihn an, als ob sie verstanden hätte, was er gesagt hatte.

 

Liebe @Novak

dein Kommentar fand ich sehr gewinnbringend, weil er die Schwächen des Textexperiments deutlich aufgezeigt hat, aber auch die Stärken benennt, um beim Bild zu bleiben: mit dem Besen kehrt... :D vielen Dank! So tritt vieles Klarer hervor.

"Träumen" kann ja auch eine Art von Wunsch bedeuten und so habe ich die Geschichte beim ersten und sogar noch beim zweiten Lesen verstanden und mich dann über manche Ungereimtheiten gewundert. Aber da ist mir auch schon aufgefallen, dass du Wörter benutzt "tauchte auf" zum Beispiel, die man verwendet, wenn man einen Traum beschreibt.
so war's auch gedacht; gar nicht erst versuchen den Leser hinters Licht zu führen. Dennoch befriedigt die Konstruktion nicht. Ich werde den Text ändern, sodass er in der Realität spielt, aber Traumelemente enthalten sind.

Dann frage ich mich natürlich, was habe ich von einer Geschichte, die nur von einem Traum erzählt, die darf ja quasi alles machen, denn es ist nur ein Traum. Sie hat kein Problem damit, Leser in eine fremde Welt reinzuholen, ihn dazu zu bringen, einem alles abzunehmen oder sich auf diese Welt einzulassen. Ist ja nur ein Traum.
ja, darin besteht der große Nachteil und das mag dazu führen den Leser auf Distanz zu halten, ändere ich grundlegend.

Andererseits spielst du aus meiner Sicht so ein bisschen damit, dass man die Begebenheiten auch als reale sehen könnte. Und das finde ich als Idee oder als Vorhaben reizvoll, ich glaube und fürchte aber auch, dass das sehr schwer ist, das gut hinzukriegen. Hier empfinde ich es als so eine komische Mischform, irgendwie nicht Fisch, nicht Fleisch. ich weiß noch nicht mal, ob du das so bewusst gemacht hast und was du damit bezweckst. Es führte jedenfalls dazu, dass ich Distanz zu dem Protagonisten entwickele, seine Suche, seine Getriebenheit bleibt mir fremd, mich auch irgendwie nicht recht einzulassen vermag auf die fiebrige, verschwommene Atmosphäre, die du schon toll schilderst, keine Frage, aber sie wird nicht zu meiner Leseratmosphäre, ich bleibe draußen.
Leider habe ich hier die erste Fassung präsentiert. In einer Version der Geschichte hatte ich die Perspektive der Tochter, die der Hyäne begegnet und ihrem Lachen folgt. Dieser Version nehme ich wieder auf und hoffe dadurch dem Leser näher zur kommen.

erzeugst oft eine getriebene, fieberhafte und verlorene Stimmung in deinem Text, da ist viel Spannendes und Atmosphärisches , auch viel sprachlich gut gestaltetes. Von daher kann ich sagen, dass ich den Text trotz der Irritation sehr gerne gelesen
:Pfeif:immerhin, das ist gut

ich interpretiere das jetzt mal so für mich hin, wie ich es verstehe, dass sich da einer aufmacht, und nach dem Erfolg sucht, von dem er glaubt, dass er ihm zustünde, dann auf ein Wesen trifft, das dies alles für ihn zu verkörpern scheint (Reichtum, Erfolg durch die Diamanten, Überleben durch das Wasser), dem er den Schlüssel nur entreißen müsste, das ihn dann aber schlicht auslacht, das hat schon was, das gefällt mir.
dem reicht es nicht: ich wollte auch über maßlose Gier, über Verblendung schreiben

Hier ist es wieder, das Assoziative, irgendwie auch Verspielte: Was soll das denn genau sein, was du all das zusammenstellst? Das widerspricht sich doch. Ich kann es noch nachvollziehen, dass jemand für einen Verlierer gehalten oder zu ihnen gerechnet wird, sich selbst aber für einen Gewinner hält. Was aber hat das damit zu tun, dass man sich selbst verloren hat? Wenn man sich doch weiterhin trotz der schlechten Meinung von außen für einen Gewinner hält, dann hat man sich doch gerade NICHT verloren.
Es gibt genug von denen, die zwar etwas erreicht haben, aber doch nicht an der Spitze stehen, falscher Ehrgeiz, zu viel zu wollen, das gibt's übrigens überall, auch bei Autoren

Viele glauben ja, Isegrims steckt unter der Maske. Ich sage mal: Im Leben nicht. Isegrims ist ein schlaues Füchschen, äh nein, ein Wölfchen, der würde im Leben nicht mit ähnlichen Themen oder auch nur Schauplätzen anrücken, die er auch schon verwendet hat. Außerdem ist das nicht Ises Sprache. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ise dieses Traumdingens so macht, dafür ist er viel zu routiniert.
eigentlich ein Zeichen von Entwicklung, schließlich ist der Text bisschen älter und ich habe ihn vor dem Einstellen kaum bearbeitet. Er kam mir in den Sinn, weil ich an der Kapstadt-Geschichte gearbeitet habe.

aber jedenfalls nicht Ise, wenn doch, dann darf mir der webby einen Besen schicken und ich fress ihn unzerteilt mit Knoblauch und Karotten.
Woher kommt diese merkwürdige Redensart: google weiß es nicht, ist aber eine Interessante Frage, ein Rätsel für hiesige Wortkrieger-Ehmologen.

Lass es dir gut gehen und freu dich an der Spätsommersonne, bis bald
Liebe Grüße
Isegrims

geht weiter

 

Guten Morgen @kiroly

was ich spannend finde: dein Kommentar zeigt, wie wichtig auch der Stoff und die Erfüllung der Erwartungen bei einem bestimmten Stoff sind. Wüste, Hyäne, ein Kerl, der sich darin verliert, Fiebrigkeit körperlicher und geistiger Art, da muss ein möglichst atemlose Abenteuergeschichte rauskommen. Vielen Dank, dass du diesem Aspekt betrachtest.

Aber:

Ich versuche das Zwitterwesen einzuordnen: Einerseits lese ich eine Abenteuergeschichte, in der ein Protagonist in die Wüste geht, sich selbst finden möchte (?), gegen eine Hyäne kämpft und dabei nützliche Gegenstände findet (oder du erwähnst sie plötzlich, Rucksack mit Pistole z.B.), eingebettet in eine Traumsequenz.
grundsätzlich finde ich den Gegensatz nicht so groß. Die Bilder, klar, die entführen in eine fremde Welt, sind symbolisch angelegt
und
Andererseits lese ich den Wunsch nach einer tieferen, höheren, weiteren Bedeutung: Der Gang in die Wüste, um sich selbst zu finden (seit dem Buch Exodus die essentielle Handlung schlechthin für Religionsstifter, Weisheits- und Wahrheitssuchende, Ich-Transzendenten, Metaphysiker), die Einbettung in einen Traum (ebenfalls etwas metaphysisches, jenseits des eigenen Willens liegende) dann der Kampf gegen eine Hyäne, ein Duell, wobei mir nicht ganz klar wird, für was die Hyäne als Symbol stehen könnte: Aggression gegen etwas?
ermöglichen eine zweite Ebene, die du hier erwähnst. So zumindest der Plan. An der Umsetzung muss ich noch arbeiten. Das Szenario liefert aber auch besondere Möglichkeiten.

Hyänen, Hyänen, die Weibchen sind ausgesprochen aggressiv und haben einen ungewöhnlich hohen Testosteronspiegel (das eine korreliert mit dem anderen viel weniger, als man landläufig behauptet).
das stimmt, sollte man aus dem Weg gehen, besonders wenn die Welpen in der Nähe sind.

Ich glaube, dass die Geschichte weder in die eine noch in die andere Richtung neigt. Dein Schreibstil, dein gutes Rhythmusgefühl, auch der stringente Szenenaufbau - vielleicht wäre deine Geschichte als klassische, spannende Abenteuergeschichte "besser" gewesen.
Ich will might noch ein paar Tage sammeln, dann werde ich Grundlegendes ändern, den Traumrahmen streichen, stattdessen die Tochter in den Fokus rücken, sie auch zu Wort kommen lassen.

Hier versuchst du, Plausibilitätsfehler zu umgehen. Vielleicht hast du beim Schreiben folgendes gedacht: "Irgendwer wird fragen, warum er in der Wüste noch überleben kann, obwohl ich nie Wasser erwähnt habe". Mich erinnert das an den Hinweis "Caution, hot" auf einem Becher Kaffee.
nehm ich! Wie viel sagt man, was lässt man weg und bleibt dennoch plausibel.

Ich tippe auf Rob F. Niemals Isegrims. Niemals
sorry :Pfeif:

@Dion

Das geht, Novak: (Naturbelassenen) Besenstiel verbrennen und die Asche aufessen.
gibt's so was in Haidhausen?

Sorry, Isegrims, habe gerade noch Zeit für diese Anmerkung - mehr demnächst.
klar, freut mich trotzten

Auch wenn es keine Challenge ist, freue ich mich sehr über die "Vermutungsstimmen"!
Und ich musste noch nicht mal etwas dafür schreiben ... und auch keinen Besen essen! :gelb:
muss mich mal mit deinen Geschichten beschäftigen.

viele Grüße aus dem Umland der Finanzhyänen
Isegrims

geht morgen weiter

 

Liebes @Nichtgeburtstagskind

danke dir für die Verdeutlichung deiner Hinweise. Ist mir wichtig, weil dein erster Komm eher so was von Daumen-hoch, Daumen-runter hatte.
Ich verstehe jetzt ganz gut, was du meinst. Du benennst die Stellen, die Distanz schaffen. Auch wenn ich Gedanken nicht als Tell bezeichnen würde und reine Handlung bzw. Show nicht als das Maß aller Dinge.

Wo nimmt denn die Handlung Fahrt auf?
mMn als er der Hyäne hinterher loszieht

Die Bilder sind für mich kaum zu greifen. Du selbst schwächst sie ab, durch Worte wie „schien“, „erinnerte“ oder „etwas Unheimliches“. Bei löst das so leider gar nichts aus, kein Schaudern, keine Spannung.
hängt mit dem Traumkonstrukt der Erzählung zusammen und kann natürlich als Abschwächung verstanden werden, weil nicht mehr unmittelbar erzählt wird.

Auch hier lässt du die Hyäne nicht an den Strand gehen, sondern sie es nur beschließen.
stimmt: weil aus ihrer Sicht erzählt wird, aber woran liegt das Problem?

So könnte ich weiter durch den Text gehen. Ich hoffe, es ist klarer geworden, was ich meine. Durch deine Erzählweise bleibe ich von Marc und der Hyäne entfernt. Ich erlebe kaum etwas mit, sondern erfahre vieles durch Gedanken oder Erinnerungen. Dadurch kann ich aber keine Beziehung zu ihnen aufbauen, sie bleiben für mich so geisterhaft. Aber vllt ist es ja auch das was du erreichen möchtest, als Unterstützung des fiebrigen Traums.
wie oben schon angedeutet entsteht die Entfernung, wie du es nennst, durch die Traumsequenzen, die andererseits auch eine Nebelwelt schildern, die Figur aus der Ferne zeigen.

Ich werde den Text verändern, das Traumkonstrukt entfern und Bon gespannt, ob dadurch mehr Nähe möglich wird.

Vielen Dank und viele Grüße aus dem Taunus
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Das Wasser schmeckte nach Fisch.
[…]
„Hast du geträumt?“
„Nein, ich habe gar nicht richtig geschlafen.“
„Was hast du dann so lange gemacht? Du hast dich unter der Decke bewegt.“
„Ach nichts, ich habe nachgedacht.“

Puh – hätt‘ ich an dem Rätsel teilgenommen, ich hätte nie und nimmer auf Dich getippt,

Isegrims,
Genitiv der eisernen Maske (= ahd. isangrim, „Eisenhelm“),

selbst wenn ich mit dem Auftauchen der „Hyäne“ (gr. „hýaina (ὕαινα)“, wiederum abgeleitet von hȳ́s (ὗς) „Schwein“, vgl. Grimmsches Wörterbuch, Duden und DWDS) und Gold nebst Diamanten auf eine Kritik am Raubkapitalismus getippt hätte, wobei die Namib ( = „weiter Raum“ i. S. von „leerem“ Raum in der Sprache der Ureinwohner) einer der unwirtlichsten Orte der Welt ist – und vor allem die älteste Wüste der Welt, die kein Mensch erschaffen hat, sei er Ureinwohner oder Eroberer und Kolonialist, Jäger und Sammler (ein Status, den die San trotz Anpassung an die Moderne zum Wirtschaftsfaktor erkoren haben und pflegen als eine Art lebendigen Freilichtmuseums fürs zahlende Publikum) oder Finanzhai und Heuschreck und schon gar nicht die unsichtbare Hand des Marktes.

Aber aus dem Lesen wird buchstäblich eine Lese – die eher harmlos anfängt mit der Frage, ob

Burn-Out, was für ein unzulängliches Wort.
nicht mehr als eine bloße Aussage sei!?, um im misslingenden Konjunktiv zu stranden (der gleich die Oberhand gewinnen wird), denn hier

Er hätte hier noch etwas zu erledigen, käme alsbald nach, sagte er ihnen.
verrät der Konj. II bereits die Lüge, die im Konj. I., der indirekten Rede „Er habe hier noch etwas zu erledigen, komme alsbald nach“, verborgen bleibt, wenn‘s denn nicht die direkte Rede sein darf.

Im Camp verluden ein paar Leute Ausrüstung und Einrichtungsgegenstände auf Pick[-]ups.

Hier die erste Vermischung von Konj. I und II (das wirklich dumme daran, dass selbst die Dudenredaktion dem schon anheim gefallen ist
Marc erklärte ihnen, dass er noch ein paar Tage bleibe und dann nach Windhoek fahren würde.
wobei ich den Appendix sogar eher für ein modisches Futur I halte. „Bleibe“ und „fahre“ oder „fahren werde“ gehören an sich zusammen.

Er hätte sie verprügeln sollen, wenn er den Mut dafür aufgebracht hätte.
Hier rettet eigentlich nur das doppelte „hätte“ den Konj. irrealis, dabei bietet das Modalverb wie schon in den zehn Geboten eine elegantere (gut, Träume kommen nicht immer elegant daher) Lösung an. Vorschlag „Er sollte sie verprügeln, brächte er den Mut dafür auf.“ (oder "er sollte sie verprügelt haben ...")
(bei den „Seebären“ weiter unten nutztu die Funktion des Modalverbs geradezu genial aus …

Er atmete die Meeresluft ein, die gegen den Wüstenstaub anzukämpfen schien[,] und lief zum Strand, wo eine Seebärenkolonie lagerte.
Komma, denn der Relativsatz ist zu Ende und „und“ setzt einen Satzteil des Hauptsatzes „er atmete …“ fort

Sie schüttelte sich, als woll[t]e sie lästige Insekten abhalten[,] und trabte in gleichmäßigen Schritten weiter über den harten Sand.
dto hier
Er streckte die Nase in die Luft, als wolle er Witterung aufnehmen, als wolle er das Gebaren eines Raubtiers nachahmen.

Trotz Kompass war er umhergeirrt und …
Trotzdessen würd ich den Genitiv – wenn auch nur symbolisch (Kompass‘) wählen, selbst wenn ich vor Kurzem erst erfahren hab, dass der Dativ ursprünglicher ist ...

So erschöpft fühlte er sich, dass es ihm vorkam, als müsse er für jeden einzelnen Schritt einen Befehl erteilen.

Der Sand hier sah röter aus.
(ich weiß, was Du meinst – aber ich hör meinen Deutschlehrer hochseligen Angedenkens „röter als was“ murmeln)

Sie rochen nach Fleisch und tatsächlich hatte eines der Tiere einen Brocken rohe* Fleischmasse im blutbesudelten Maul.
*, weil ich meine, dass die Fälle-Falle zuschnappt (entweder hier oder in meinem Schädel – wer weiß das hier an der Tastatur im Augenblick), mir klänge (vllt. in eigener, nennen wie sie biologische Grammatik „einen Brocken roher Fleischmasse“ angenehmer. Aber der Homo grammaticus ist da an sich kompromissloser als ein mittelgereifter kleiner Realschüler)

Er spürte die Hitze, glaubte, dass er Fieber habe[,] und bemerkte die Hyänenmutter erst, als sie ...
Aus Marcs Bauch kroch Angst empor, Unbehagen, das ihn zwar erstarren ließ, aber sich nicht dergestalt anfühlte, als müsse er fliehen, als käme eine echte Gefahr auf ihn zu.
Die Hyäne verzögerte ihre Schritte[,] kurz bevor sie ihn erreichte, machte überhaupt keine Anstalten[,] Laute von sich zu geben, das Maul mit den Reißzähnen zu öffnen.

Ich weiß gar nicht, ob die Jungen der Hyäne "Welpen" genannt werden. Schleichkatzen (wobei die größeren Exemplare mit den kleineren Großkatzen mithalten können - und sie haben ja auch keine Angst, bestenfalls halt nur Respekt vorm vermeintlichen König der Tiere.
Wären übrigens gute Darsteller für eine Fabel übers Matriarchat ...

Bis bald

Friedel

 

Endlich @Isegrims,

habe ich heute etwas Zeit gefunden, um zu deiner Geschichte einen Kommentar zu verfassen – gelesen habe ich sie schon vor Wochen.

Also: Klar, Träumen enden meistens, wenn man darin in einer ausweglosen Lage gerät und dann froh ist, dass das Ganze nur ein Traum gewesen ist. Aber es hat immer etwas Unbefriedigendes an sich, wenn sich eine Geschichte am Ende als ein Traum erweist. Das hat etwas von Ätsche-Bätsche der Kinder an sich. Dies vor allem dann, wenn sie spannend wie diese erzählt wird.
Das mag eine Geschmacksache sein, aber an manchen Stellen habe ich tatsächlich gedacht, diese Geschichte hättest du für Kinder geschrieben.

Ich will das mit Zitaten auch begründen:

sah, wie sie sich aneinander rieben, um eine enge Gemeinschaft zu bilden.

nahm das Fernglas zur Hand, um besser sehen zu können

die überdimensionierten Ohren kaschieren wollen, die zum Himmel ragten, um alle Geräusche ringsum aufzusaugen

gerade so fest zubiss, dass die Kiefersperre eingeleitet wurde, damit keiner stehlen konnte

Dann nahm er das Fernglas zur Hand, um den Horizont abzusuchen

öffnete langsam die Augen, die er gegen die Sonne geschützt hatte


Das sind überflüssige Erklärungen von Selbstverständlichkeiten (Fernglas, Augen) oder Angaben aus der Biologie der Seebären/Hyänen. Die biologischen Angaben mögen interessant sein, aber sie werden nicht als Gedanken des Protagonisten dargeboten, sondern als belehrend eingestreut. Klar, wer weiß schon, dass die Hyänen eine Kiefersperre haben, aber das ist für diese Geschichte unwichtig.

Ich würde alle Satzteile, die mit „um“ beginnen, ersatzlos streichen.

Die Beschreibung der Gedanken der Hyäne können auch problematisch sein, aber du hast das gut gelöst, schließlich spielt sie hier so etwas wie den Antagonisten, der natürlich etwas Kontur haben muss.

Bis auf die genannten Punkte finde ich die Geschichte gut, auch weil offenbar aus aktuellem Anlass geschrieben: Covid-19 und Klimawandel. Sie spielen darin leider kaum eine Rolle, denn genauso gut könnte es einen anderen Grund für die plötzliche Abreise geben. Trotzdem ist sie eine Geschichte, die zumindest der Themen der Zeit eine Nebenrolle zuweist – ich hoffe, @Perdita wird das wohlwollend registrieren. :D

 

Lieber Friedel,

entschuldige bitte, dass ich erst so spät auf den Kommentar eingehe: die Geschichte ruht derzeit, ich mag sie nicht anfassen und arbeite an anderen Projekten. Aber aus den Augen werde ich sie nicht verlieren, kann nur etwas dauern. Deshalb hebe ich mir deine sprachlichen Anmerkungen für eine weitere Bearbeitung auf.

Isegrims,
Genitiv der eisernen Maske (= ahd. isangrim, „Eisenhelm“),
:D
Ich weiß gar nicht, ob die Jungen der Hyäne "Welpen" genannt werden. Schleichkatzen (wobei die größeren Exemplare mit den kleineren Großkatzen mithalten können - und sie haben ja auch keine Angst, bestenfalls halt nur Respekt vorm vermeintlichen König der Tiere.
Wären übrigens gute Darsteller für eine Fabel übers Matriarchat ...
mm, kreative Idee, merke ich mir. Hyänen sind sehr faszinierende Tiere, anders als Löwen, wilder, mystischer.

Bis bald
Liebe Grüße aus der Winternacht
Isegrims

Hi @Dion,

vielen Dank für den Kommentar: du zeigst einerseits die Qualitäten, andererseits die Schwächen der Geschichte auf. Was mich darin bestärkt den Text nicht aus den Augen zu verlieren.

Also: Klar, Träumen enden meistens, wenn man darin in einer ausweglosen Lage gerät und dann froh ist, dass das Ganze nur ein Traum gewesen ist. Aber es hat immer etwas Unbefriedigendes an sich, wenn sich eine Geschichte am Ende als ein Traum erweist. Das hat etwas von Ätsche-Bätsche der Kinder an sich. Dies vor allem dann, wenn sie spannend wie diese erzählt wird.
Ja, das Ende: ich weiß schon, dass die Lösung etwas feige ist, hatte anfangs realistischere Varianten (in der Wüste verdursten beispielsweise, beladen mit Diamanten, ein Duelle zwischen Mensch und Hyäne) durchgespielt. Kann gut sein, dass ich darauf zurückkomme.Das mag eine Geschmacksache sein, aber an manchen Stellen habe ich tatsächlich gedacht, diese Geschichte hättest du für Kinder geschrieben.

Ich würde alle Satzteile, die mit „um“ beginnen, ersatzlos streichen.
äh, ja, hat was für sich, nimmt das Erklärende raus.

Die Beschreibung der Gedanken der Hyäne können auch problematisch sein, aber du hast das gut gelöst, schließlich spielt sie hier so etwas wie den Antagonisten, der natürlich etwas Kontur haben muss.
wichtiger Hinweis, weil ich an einem längeren Text arbeite, in dem Tierperspektiven eine Rolle spielen.
Bis auf die genannten Punkte finde ich die Geschichte gut, auch weil offenbar aus aktuellem Anlass geschrieben: Covid-19 und Klimawandel. Sie spielen darin leider kaum eine Rolle, denn genauso gut könnte es einen anderen Grund für die plötzliche Abreise geben.
Das ist doch die Grundkonstellation: die Seuche ändert die Randbedingungen, den Hintergrund, auch bei denen, die nicht direkt betroffen sind und mit einer kleinen Änderung kommen ganze Konstrukte in Bewegung.

Liebe Grüße und bis irgendwann auf irgendeinem Schwabinger Weihnachtsmarkt, bei Glühwein, mitten unter Menschen
Isegrims

 

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