Wisch Welt, als wäre Geld in deinem Schlüpper
Wisch Welt, als wäre Geld in deinem Schlüpper
Die Tür geht auf, der Platz besetzt, smartes Phone in elegantem Abendkleid wird gezogen. Zieh und Spiel mir das Lied vom Android. Wiedersehensfreude in Ihrem Ursprung. Die Welt rückt in den Schatten, den der Zyklon akkusparend wirft. „Lange ist es her Arald, dass dein Lischt hat geprickelt in meine Gesischt.“ Ein freudiges Glänzen, ein Aufleuchten, kaum wahrnehmbar, versteckt hinter mimischer Starre. Die Augen verraten Pure Lust. Nimm mich smarte Eleganz, nimm mich du Ergebnis menschlicher Kommunikationskunst. Du wunderschöne Arie in Sinatrakostüm. Wetter in New York, New York oder Tod der 602. Arbeiterameise des Ameisenhaufens im Warmbronner Wald, das Gegenüber ist bereit. Die erste Hürde Tastensperre: Wisch und Weg auf ins Vergnügen. Die Fahrt in den Apfel kann beginnen, der erste Bissen ist getan. Wisch wisch, hinfort "Taschenrechner" her mit dem "Gesichtsbuch", her mit dem "What's App"! Mal sehen wie sich die Welt seit unserem letzten Treffen auf dem Bahnsteig verändert hat. Statusmeldung: „Frank sitzt auf dem Klo und hat Verstopfung“. Sie weiß was zu tun ist: Wikipedia du weises Licht, du Quelle des Wissens und Standbein des „Populus Studentus“, kläre mich auf und Frank aus.
Sie kommentiert: „Ananassaft“. Gefällt mir, ihm und Ihnen. Frank ist erleichtert, wisch und ...; sein Mitbewohner ist schockiert und saftlos. Wisch und weg auf zum Nächsten. Wo bist du versteckt süße Frucht, nächste Form der Ablenkung, meine Flucht aus der Realität? Ein zu Tango tanzender Kleinwüchsigen mit einer Richterperrücke, einen Bungeesprung im Bananenkostüm, der ominöse Löffelmörder oder die schreiende Ziege Valerie. Es steht in Ihrer Macht. Ich sehe, wie es hinter Ihren Augen zu brennen beginnt, die ganze virtuelle Welt liegt ihr zu Füßen. Sie kocht ihren Informationsfix in einer Suppenkelle. 50 Millionen Bit Speedball.
"Ist der Platz neben Ihnen frei?", fragt ein älterer Herr eindringlich. Sie zuckt zusammen. Oh grässliche Realität. Das sehnliche Lächeln schwindet wie die Sonne an einem windigen Apriltag.
Bloß nicht. „OMG“. Wie bekomme ich seinen Facebooknamen ohne zu... halt wie hieß das Wort noch gleich? Achja "sprechen". Heinrich Böttcher steht auf seinem Siemenskoffer. Wisch und Google, ah der Mann ist Fassbauer bei Siemens "lol". Keine gemeinsamen Freunde. Es wird widerwillig und wortlos gerutscht. Sie hat den Faden verloren, Musik überspielt ihr ADS. "Don't you worry, don't you worry child...". Das sehnliche Lächeln kehrt zurück, sie sinkt in Watte. Vier Minuten Remix-Realitäts-Ruhe feat. Abwesenheit. Der Platzt neben ihr wird wieder frei. Zeit vergeht. Lieder kommen und gehen, wie flüchtige Bekanntschaften in einem langen Leben. Die Tür geht auf. Der Weg wird freigewischt, schnellen Schrittes wird sich auf den Platz „getouched“. Die zwei scheinen sich zu kennen, merken es jedoch erst nach zehn Minuten. Eine überschwängliche und freudige Begrüßung, wenn man die Echtheit der Freude mit Plastikblumen vergleicht. Schweigen. Der Zyklon wird fixiert, wer hypnotisiert hier wen frage ich mich? Ein kurzes auflachen:“Ich habe gewusst, dass du das postest!“ Spitzes kichern das ein penetrierendes Abdominaltrauma verursachen könnte. Schweigendes „touchen“. Ab und an zwingt ein eindringliches vibrieren zu weltbewegender Kommunikation. Selbst ein Hurrikan, ein Meteorit oder eine aufgebrachte Pavianhorde die einem läufigen Weibchen mit dem rotesten Hinterteil hinterherjagt, hätten nicht vom Wischen und Tastenpicken abgelenkt. Der Navigationsapp sagt aussteigen, essen, trinken, schlafen, Lust empfinden, das Leben verlassen. Widerwillig wird der smarte Zyklon sicher in der Tasche verstaut. Dünne Arme reichen in die Ohren der Gesteuerten und flüstern schreiend die weltfremden Klänge medienbestimmter Charts. Die Mimik zu emotionslosem Eis erstarrt, bleiche eingefallene Abgeschlagenheit hinter der Dicken Schminke. Der Zyklon hat sein Auge geschlossen. Ich sehe ihre Freundinnen draußen wie sie wartend wischen als wäre Geld in ihren Schlüpfern.