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Wir wollen sterben

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27.07.2008
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Wir wollen sterben

Wir wollen sterben

„Das ist wie ein Fluch“, sprach Lars in die Versammlung hinein. Er betrachtete das Bild von Victor Bleibtreu, dem Erfinder der Unsterblichkeit. Es hing in voller Lebensgröße hinter dem Vorsitzenden der menschlichen Regierung.
Niemand widersprach ihm.
Stattdessen blickten alle Regierungsmitglieder zu Johannes. Er hatte Victor Bleibtreu so viel zu verdanken. Damals war er der Auserwählte. Er durfte ihm als Einziger assistieren, als er an der Formel für die Unsterblichkeit arbeitete.
Johannes sah sich um. Er fühlte sich, als würden sie ihn für die Unsterblichkeit verantwortlich machen. Der Segen der Menschheit. Leben, so lange man wollte und noch viele Jahre länger. Das jüngste Regierungsmitglied, das sich in ihren Reihen befand, war einhundertdreiundsiebzig Jahre alt und so fit wie ein Turnschuh.
„Mein Mentor, Victor Bleibtreu hat uns nun einmal die Formel geschenkt“, konterte er. Johannes schüttelte den Kopf.
„Ich weiß nicht warum, aber nachdem Victor die Formel gefunden hatte, ist er einige Jahre später selbst gestorben.“, erklärte Lars.
„Er ist überfahren worden.“, konterte Johannes.
„Augenzeugenberichten zufolge ist er vor das Auto gesprungen.“, rief ihm Lars den Unfall ins Gedächtnis zurück: „Seine inneren Verletzungen waren so stark, als wäre er aus dem vierzigsten Stock eines Hochhauses gesprungen. Nur logisch, dass er daran gestorben ist.“
„Er hat dafür gesorgt, dass die besten Menschen mit dem Unsterblichkeitsmittel versorgt wurden. Er selber eingeschlossen.“
„Und was soll das bedeuten?“, fragte Lars provokativ.
„Deine Behauptungen sind völlig unmöglich. Victor hing viel zu sehr an seinem Leben. Wenn dem nicht so gewesen wäre, dann hätte er sich geweigert, mit dem Unsterblichkeitsgen versorgt zu werden.“
„Er hing so sehr am Leben, dass er freiwillig vor das Auto gesprungen ist?“
„So kommen wir nicht weiter“, meldete sich der Vorsitzende, Stefan Fröhlich, zu Wort.
„Wir sollten ihm dankbar sein, dass er uns diese Formel geschenkt hat.“, schloss Johannes ab.
„Vielleicht“, urteilte Stefan: „Vielleicht sollten wir das. Aber das ist nicht der Grund, warum wir hierher gekommen sind. Wir schweifen viel zu weit vom Thema ab.“
„Es hat aber mit der Formel zu tun“, begann Johannes von vorne.
„Es hat damit zu tun, dass die Welt aus allen Nähten platzt.“, verbesserte Stefan: „Niemand starb mehr. Kinder wurden geboren. Auf der Erde leben mehr Menschen, als sie vertragen kann. Erst kürzlich wurden alle Menschen genetisch unfruchtbar gemacht. Einige haben sich widersetzt. Wir mussten ein Gesetz verabschiedet, dass unter Todesstrafe die Geburt eines Kindes verbietet.“
„Wir müssen lernen mit den Veränderungen zu leben“, argumentierte Johannes.
„Mit fünfzehn Milliarden Menschen?“
„Warum nicht?“
„Johannes, es hat nichts mit der Sache zu tun. Am Anfang hatten wir alle gedacht, dass Victor den größten Segen über die Menschheit gebracht hat, den man ihr erweisen konnte. Ewiges Leben. Niemand stirbt eines natürlichen Todes, die Organe altern nicht, die Haut nicht und man bleibt immer aktiv. Das Gehirn funktioniert eine Ewigkeit. Gibt es etwas Schöneres?“
Johannes schwieg.
„In den letzten einhundert Jahren sind wir mit Forschungen so weit gekommen, wie seit einer Ewigkeit nicht. Jeder Forscher konnte sein Projekt beenden, seinen Gedanken nachgehen. Niemand wurde aus Altersgründen in den Ruhestand abgeschoben, bevor er seine Testreihe nicht beendet hatte. Aber was bringt uns das alles. Wir werden älter und älter und leben einfach in den Tag hinein. Wir haben vergessen, wie kostbar das Leben doch ist.“
„Wir sollen sterben?“, fragte Johannes und seine Stimme klang belegt.
„Ist sterben so einfach, wenn man unsterblich ist?“, begann der Vorsitzende: „Auf der Erde gibt es keinen Menschen, der die einhundert Jahre nicht schon überschritten hat.“
„Wir sind hier, weil wir dieses Unsterblichkeitsgen nicht länger in uns tragen möchten?“
„Wir möchten die alten Gesetze wieder einführen. Ja, wir möchten nicht ewig leben nur des Lebens willen.“
„Kinder?“
„Ja“, argumentierte Stefan: „Kinder sind das größte Glück.“
„Das wird nicht möglich sein“, erklärte Johannes.
„Das wird nicht möglich sein?“, echote Stefan: „Warum sollte das nicht möglich sein?“
„Ihr alle habt Victors Ausführungen nicht richtig gelesen, oder?“
Johannes sah in die Runde. Jeder schaute ihn an. In ihren fragenden Gesichter konnte er ablesen, dass sie nichts wussten. Absolut nichts.
„Mit der Klonforschung könnten wir Kinder erschaffen, aber sie würden sofort sterben. Jeder von uns wäre unter normalen Umständen schon lange tot. Ihr habt darauf bestanden, ewig zu leben. Aber bei eurem Stolz, nicht sterben zu müssen, habt ihr eines vergessen. Je älter der Mensch, desto kürzer die Lebenserwartung des Klonnachwuchs. Diese einfache Formel hat Victor in seine Erklärungen mit einfließen lassen. Diese Warnung hat er ausgesprochen und ihr alle habt sie ignoriert, weil ihr ewig Leben wolltet.“
„Das bedeutet?“, fragte Stefan sichtlich verblüfft.
„Das bedeutet, selbst wenn ihr Klonen würdet, hätte unser Nachwuchs nicht den Hauch einer Chance. Kaum jemand würde so alt werden, dass er die Schule abgeschlossen hätte. Ganz abgesehen, dass wir keine Lehrer mehr haben.“
Stefan blieb stumm. Nachdenklich schaute er in die Runde. Er war damals die Person gewesen, die das Vorhaben scheitern lassen konnte. Aber er hatte sich ausgemalt, wie schön das Leben sein konnte, wenn man nicht darüber nachzudenken brauchte, wann man sterben würde. Erst mit seiner Stimme wurde das Anliegen in die Tat umgesetzt. Alle Warnungen hatte er in den Wind geschlagen. Auch die Warnung, dass man alles nur eine Zeit lang wieder rückgängig machen konnte. Es hatte ihn damals nicht interessiert.
„Ich räume meinen Platz“, erklärte er ohne Klang in seiner Stimme. Er stand auf und öffnete das Fenster. Nur kurz schaute er nach unten. Es war ein weiter Weg, aus der achtunddreißigsten Etage auf den Asphalt. Als er sprang, hoffte er, dass er den Aufschlag nicht mehr mitbekam.

 
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„Das ist wie ein Fluch“, sprach Lars in die Versammlung hinein. Er betrachtete das Bild von Victor Bleibtreu, dem Erfinder der Unsterblichkeit. Es hing in voller Lebensgröße hinter dem Vorsitzenden der menschlichen Regierung.
Niemand widersprach ihm.


Der Titel ist ... so naja. Du sagst damit schon genau das, was die Gruppe da im Gespräch rausbekommen will .. nicht sehr elegant.

Dazu steht das "Niemand widersprach ihm." etwas unglücklich, nämlich ziemlich weit von dem Eingangssatz entfernt. Man muss da schon zweimal lesen, bis man es kapiert.
Heftig anfang ist ja nett, aber in verständlicher Reihenfolge, und dann doch lieber mit einem Anfangssatz, der nicht gleich drei Zeilen weiter direkt kommentiert wird. Die erste Zeile bracht der Leser schon ein wenig Luft,um in den Text hineinzukommen.
Die Erwähnung der Lebensgröße des Gemäldes ... raus. Hat hier nichts zu suchen ...

Mein Vorschlag:
"Das Leben ist ein Fluch". Lars stand als einziger. Die Runde der anwesenden Regierungsmitgliedern schwieg. Lars schaute schweigend auf das Bild des Erfinders des Lebenselixiers, welches übergroß an der Stirnwand hing. Dann setzte er sich langsam wieder.

...
„Es hat aber mit der Formel zu tun“, begann Johannes von vorne.
„Es hat damit zu tun, dass die Welt aus allen Nähten platzt.“, verbesserte Stefan: „Niemand starb mehr.

... niemand stirbt mehr.

... Als er sprang, hoffte er, dass er den Aufschlag nicht mehr mitbekam.

... hoffte er, dass er den Aufschlag nicht mehr mitbekommen würde.

Einige andere Ungenauígkeiten sind noch im Text. Insgesamt eine kurze Szene, keine KG. Hat gewisse Stimmungen, trägt klar eine Aussage, aber spannend ist da nichts. Das Ende leuchtet schon von Ferne ... würd ich mal sagen.

Ein dicker Punkt noch: dass er das Ende nicht mehr mitbekommen will ... wieso will er das nicht?

Genau das wäre doch mal spannend: ich an seiner Stelle würde wissen wollen, wie das Ende sich anfühlt. Die unendliche Lebensspanne kennt er ja zur Genüge - den Tod aber eben nicht.

Gruß´Space

 

Moin Kyrios,

ich bin mir nicht sicher, ob die von Dir gewählte Form Deinem angestrebten Inhalt gerecht wird. Oder anders gesagt: Die Erzählung als Dialog in einer Regierungssizung(!)(ich meine: !! Regierungssitzung? Hallo? Du guckst bestimmt auch diese Übertragungen bei Phönix.) ist langweilig. Es ist unmöglich, sich in irgendjemanden heineinzuversetzen (weil die ganze Szenerie völlig unkörperlich beschrieben wird).

Es wird Dir wenig helfen, aber ich denke, es wäre besser, ein paar Szenen von dieser Welt zu zeigen, anstatt viel Bla um die angeblichen Auswirkungen zu machen.

Außerdem werden wir die Unsterblichkeit sicher nicht durch eine "Formel" erlangen; da bist Du mit "Gen" schon auf einer besseren Spur. Nichtsdestotrotz ist die Idee, dass die Klone kurzlebiger werden, wenn die Vorlagen alt sind, interessant. Es wäre schön, wenn man das ein wenig unterfüttern könnte. (Stimmt das überhaupt, oder hast Du Dir das nur ausgedacht? Hat das was mit diesen sich verkürzenden DNS-Endstücken zu tun?) [Und warum nicht einen sterbenden Klon begleiten?]

Beste Grüße
Naut

 

Hallo Kyrios

Trotz spannendem Thema, ist dein Text leider völlig unspektakulär. Warum erzählst du nicht etwas mehr über die Problematik der Unsterblichkeit, wie sieht das aus, wenn 15 Milliarden Menschen aller Schichten zusammen auf einer Kugel leben.

Oder gibt es gar keine Schichten mehr? Wer muss noch für die Altersvorsorge die Schaufel schwingen? Keine Nahrungsprobleme mehr? Kriminalität? Alles Aspekte, die in einer Zeit der Unsterblichkeit plötzlich einen anderen Stellenwert erhalten. Das wäre für mich interessant, wie es dazu kam, dass das Volk sich gegen die Regierung auflehnt (und nicht die Regierung für sich alleine).

So ist es doch relativ flach und etwas unlogisch erzählt. Mit dem Ende (von Stefan) schliesst du meiner Meinung die Geschichte viel zu einfach ab. Das Thema Unsterblichkeit hat aber viel mehr zu bieten als ein langweiliges Sitzungspalaver mit Erklärungen.

Und der Titel ist definitiv des Textes Tod.


Gruss.dot

 

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