Was ist neu

Wir sind es, die in dir leben!

jbk

Mitglied
Beitritt
17.06.2003
Beiträge
428

Wir sind es, die in dir leben!

Draußen mussten sich die Wolken wohl dunkel übereinander türmen, sich reiben, sich mischen, miteinander streiten und vor Wut Blitze spucken. Oder nicht Regen, sondern kalte Tränen auf die Erde speien, alles herausspucken, Sekret absondern, die Galle reinigen. Mit ihnen streiten die Winde, lachen sich gegenseitig aus, heulen einander an, kämpfen um jeden Kubikzentimeter Luft, füllen sie aus mit ihrer unsichtbaren streitenden Seele, wenn Winde und Regen und Wolken denn irgendetwas Menschliches in sich haben.
Die Rollladen klappern lauthals im Sturm, rappeln gegen das Fenster, übertragen das Gewühl von außen ins innere des Zimmers, sind Mittler für das, was da tobt, was da kämpfend lebt, was da streitet. Erbarmungslos sind sie, nichts ist in ihnen, das Mitleid zeigen würde, das sagen könnte: Nein, wir tun das nicht! Es ist immer das Gleiche mit der ihrigen Sorte- sie sind kalt und hart, unmenschlich ihre Art.
Gerade noch schien es, als flackere eine imaginäre Kerze im dunklen Raum, bringe wenigstens den Anschein von Licht und Wärme hinein, sei ein Hafen, wenn auch in weiter Ferne, für das vor Angst geweitete Auge, das unruhig zittert im Schlaf. Doch wäre eine Kerze im Raum, die Licht spenden, Hoffnung geben würde, sie würde es sich ob der Kälte zweimal überlegen, ihre Flamme weiter zu nähren, würde überlegen, sie nicht einfach ausgehen zu lassen, sich dem Schicksal ergeben und im Dunkel der Nacht zu verglimmen.
Keine Kerze, keine Hoffnung, kein Ende in Sicht, aus dieser Situation heraus zu gelangen. Nichts weist den Weg, kein Schild, kein Wegweiser, kein Licht am Horizont, der sowieso schwarz wie Pech und kalt wie Polareis sich auftürmt, aus der Ferne wächst, sich weitet über das gesamte Gesichtsfeld, die Haut schon fast berührt und erfrieren lässt, den Atem eisig umfasst und in die Lunge schmerzhaft drückt. Sich im Körper ausbreitet, durch Adern und Venen pulsiert, sich in die Muskeln einpflanzt, die starr vor Schreck werden. An Knochen nagt. Leber und Nieren quetscht. Die Eingeweide auslutscht. Das Gehirn befällt, sich in den Synapsen einnistet, an ihnen leckt, nagt, Eier von Schmeißfliegen in sie zu legen scheint!
Ein Konzert, im Inneren, des Bösen, dessen, was die Menschen von sich fernhalten, nicht mit ihm in Berührung kommen wollen, spielt ein höllisches Lied, das wie ein Ohrwurm, einen durch die Träume verfolgt, sich einpflanzt, sich vermehrt und wächst und gedeiht.
Unruhig wälzt sich der Körper über die schweißgetränkte Bettdecke. Er riecht nach Angst, sie riecht nach seiner Angst, es riecht die Angst! Angst zieht das Schreckliche magnetisch an, sie brauchen einander, die Angst und der Schrecken, sind wie Geschwister, die ein Leben lang aneinander hängen, sich lieben auf ihre eigene grausame Art und in einer intensiven Weise.
„Komm herbei, Feuerschwert!“ möchte sich der Gepeinigte wünschen, gib mir die Kraft, mich zu wehren gegen die Umwesen der Dunkelheit, gib mir Halt, Sicherheit, Schutz! Hätte ich dich doch in meiner Hand, könnte ich deinen harten, metallenen Griff umfassen, spüren- ich wäre nicht mehr der einsame, in Dunkelheit Leidende. Deine Klinge schnitte feurige Wunden in die Luft, teile sie und ihre Gedärme, ließe das schwarze Blut aus ihrem Körper spritzen und mir Genugtuung geben. Doch Wünschen ist in dieser Nacht soweit entfernt wie der silberne Mond. Und Erfüllung dieser ein Fremdwort in Sphären voller unerfüllter Gefühle. Ja, sie sind es, die Gefühle, die da streiten, die nicht mehr im Untergrund verweilen, die sich entschlossen haben, ihre Macht zu demonstrieren, aus der Teife hinaufzusteigen, sich und ihre gewaltige Kraft zu offenbaren, in dir, du kleiner, du unbedeutender Verdränger ihrer!
Ja, könnten sie schreien, könnten sie erzählen von sich, wie sie sich fühlten dort unten in deiner schwarzen See namens Unterbewusstsein: sie würden sich entrüsten und aufspritzen wie heißes Fett! Würden sich in deine Haut fressen, Brandwunden lutschen!
Hörst du sie? Höre auf sie! Lass die Gegenwehr, jetzt ist es zu spät. Jetzt sind sie erwacht, jetzt bist du in ihrer Welt! Dine Träume gehören ihnen, nur ihnen, gänzlich ihnen allein! Du wirst dich noch wundern, wozu wir fähig sind: wir, die Vergessenen, die Verleugneten, die Verstoßenden! Die von dir Verdrängten, nicht Gewollten. Jetzt ist unsere Zeit gekommen, des nachts, jede Nacht. Das ist unsere Welt, in der du von uns besucht wirst.
Wache auf, und du wirst dich unserer erinnern- schwach zwar, doch kräftig im Gefühl, das du lange Zeit so außer Acht gelassen hast.
Wenn du des morgens wieder erwachst, auftauchst aus dem schwarzen Tale deiner verstümmelten Gefühlswelt, aus diesem stinkenden Pfuhl, das unsere Heimat, deine Seele ist und du dich wieder in die Welt aus Aktenbergen und Arbeit schmeißt, wenn du wieder hart Arbeiten wirst, um dich und deine ganze Qual zu vergessen, dann nährst du uns wieder, machst uns wieder und weiter stark, gibst uns den Grund, des nachts wieder aufzutauchen, dich hinterrücks aus dem Schlaf anzufallen und dich mit hinunterzureißen, mit hinein in dich selbst, in dich… nur in dich selbst!
Lebe dein Leben so weiter, wie gewohnt, du allein bist es, der uns ruft, uns Wollen, Winde, Blitze und Regen, den schwarzen Horizont- all das lebt in dir, durch dich- und das ist gut so: für uns…

 

Hallo jbk,

eine seltsame Geschichte - sicherlich. Natürlich fragte ich mich zunächst, um wen es sich handelt, der da in mir(?) lebt. Ich interpretiere das jetzt, nach dem Lesen so: Es geht um die Gedanken und Ängste, die wir in unserem Unterbewußtsein gespeichert haben. Vielleicht sogar um Depressionen, die uns in nächtlichen Träumen quälen. Soweit - sogut.

Aber was weiter kann ich aus dieser Geschichte lernen oder an Erkenntnis aus ihr ziehen? Danach frage ich nämlich, wenn eine Geschichte mich nicht unterhalten hat, mich nicht zum Lachen brachte, nicht spannend war.

Leider hat es mir wenig Spaß gemacht, Deinen Text zu lesen. Es ist natürlich Geschmacksache, aber mir sind Deine Formulierungen zu schwülstig. Du verwendest eine Vielzahl von Adjektiven, die mich beim Lesen förmlich erdrücken, sich mir bleiern auf die Seele legten, mich der Kraft beraubten, die ich doch so ungeheuer nötig für mein Überleben bräuchte...

Nichts für ungut! :)

Liebe Grüße
Barbara

 

Danke für die Kritik.
Manchmal, so finde ich, hat eine Geschichte ihre Aussage auch in der Stimmung, in der sie geschrieben ist. War eine Art Experiment, ich versuche gerne, in einer möglichst breiten Palette von Stilformen zu schreiben. Eine Deutung dieser Geschichte in Richtung unterbewusste Gefühle ist nicht verkehrt. Du wirst aber, wenn dir nicht die Lust am Lesen meiner Texte vergangen ist, bemerken, dass jede Geschichte in einem komplett anderen Stil geschrieben ist.
Und ich kann dir versichern: solche Geschichten, die sich bleiern auf die Seele legen, sind selten...

Gruß
Jbk

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom