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Wir, du oder ich
Das schwarze Metall war angenehm kühl und glatt. Sie streichelte es kurz und schloss anschließend kopfschüttelnd die Schublade. Dann stand sie auf, um in der Küche mit den Widrigkeiten des Lebens konfrontiert zu werden... „Wo warst du letzte Nacht?“, fragte sie ihn. Er blickte sie stumm an. Machte sich weder die Mühe zu lügen, noch die Wahrheit zu sagen. Jeder Atemzug war ein Tonnengewicht. Sie sah ihn lange an. Zunächst fragend, dann enttäuscht. Und kehrte ihm schließlich den Rücken zu. „Sorry“, sagte er zu ihrem Hinterkopf. Sie schloss die Augen. Versuchte, die Gedanken an seine warmen Lippen, die innigen Umarmungen und die großen Versprechungen zu verdrängen. Es gelang ihr nicht. Sie zog sich hastig aus, mitten in der Küche: Drehte sich zu ihm, streifte die Jeans ab, zog sich Pulli und Top über den Kopf, öffnete den BH, schlüpfte aus dem Slip. Das alles passierte so schnell, dass es fast zeitgleich abzulaufen schien. Er machte sich keine Mühen. Entschied sich weder wegzusehen, noch sie in seine Arme zu schließen oder das Ausziehen für sie zu übernehmen. Fröstelnd stand sie vor ihm. Ihre Augen füllten sich mit heißen Tränen, sie wandte sich erneut ab. „Entschuldigung“ sagte er zu ihrem Hinterteil, das er so oft mit seinen Krallen geknetet hatte. Sie tappte mit ihren bloßen Füßen über den kalten Fliesenboden zurück ins Schlafzimmer. Kurz schlug sie mit der Faust auf die weiche Bettdecke. Anschließend fasste sie mit zärtlichem Griff in die Schublade. Sie ging wieder in die Küche. Er saß am Tisch, spielte mit ein paar Brotkrumen und hielt inne, als er ihre Schritte hörte. Machte sich keine Mühe: Blickte sie nicht an, fuhr aber auch nicht gespielt gleichgültig mit seiner Beschäftigung fort. Sie stellte sich neben ihn. Eine Weile verharrten sie beide in ihrer Position und lauschten dem monotonen Summen des Kühlschrankes. „Ich lasse dich gehen“, sagte sie dann. Ein Seufzer stieß aus seinen aufgeblasenen Backen. Dann blickte er auf. Die Pupillen vergrößerten sich. Sein Blick schien sich zum ersten Mal seit langer Zeit zu weiten. War er nun endlich wieder fähig, das Wesentliche zu erkennen? Sein Atem ging schnell, hektisch und schwer. Es klang fast so, wie seine atemlosen Liebeserklärungen in längst vergangenen Nächten. Etwas Neues, Kaltes und zugleich siedend Heißes flammte zwischen den beiden auf. Ihre linke Hand an ihrer Schläfe. Die andere auf ihn gerichtet. „Nur eine der zwei Pistolen ist geladen. Ich weiß nicht welche“, flüsterte sie. Dann drückte sie beide Pistolen gleichzeitig ab.