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Wir, du oder ich

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08.10.2008
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Wir, du oder ich

Das schwarze Metall war angenehm kühl und glatt. Sie streichelte es kurz und schloss anschließend kopfschüttelnd die Schublade. Dann stand sie auf, um in der Küche mit den Widrigkeiten des Lebens konfrontiert zu werden... „Wo warst du letzte Nacht?“, fragte sie ihn. Er blickte sie stumm an. Machte sich weder die Mühe zu lügen, noch die Wahrheit zu sagen. Jeder Atemzug war ein Tonnengewicht. Sie sah ihn lange an. Zunächst fragend, dann enttäuscht. Und kehrte ihm schließlich den Rücken zu. „Sorry“, sagte er zu ihrem Hinterkopf. Sie schloss die Augen. Versuchte, die Gedanken an seine warmen Lippen, die innigen Umarmungen und die großen Versprechungen zu verdrängen. Es gelang ihr nicht. Sie zog sich hastig aus, mitten in der Küche: Drehte sich zu ihm, streifte die Jeans ab, zog sich Pulli und Top über den Kopf, öffnete den BH, schlüpfte aus dem Slip. Das alles passierte so schnell, dass es fast zeitgleich abzulaufen schien. Er machte sich keine Mühen. Entschied sich weder wegzusehen, noch sie in seine Arme zu schließen oder das Ausziehen für sie zu übernehmen. Fröstelnd stand sie vor ihm. Ihre Augen füllten sich mit heißen Tränen, sie wandte sich erneut ab. „Entschuldigung“ sagte er zu ihrem Hinterteil, das er so oft mit seinen Krallen geknetet hatte. Sie tappte mit ihren bloßen Füßen über den kalten Fliesenboden zurück ins Schlafzimmer. Kurz schlug sie mit der Faust auf die weiche Bettdecke. Anschließend fasste sie mit zärtlichem Griff in die Schublade. Sie ging wieder in die Küche. Er saß am Tisch, spielte mit ein paar Brotkrumen und hielt inne, als er ihre Schritte hörte. Machte sich keine Mühe: Blickte sie nicht an, fuhr aber auch nicht gespielt gleichgültig mit seiner Beschäftigung fort. Sie stellte sich neben ihn. Eine Weile verharrten sie beide in ihrer Position und lauschten dem monotonen Summen des Kühlschrankes. „Ich lasse dich gehen“, sagte sie dann. Ein Seufzer stieß aus seinen aufgeblasenen Backen. Dann blickte er auf. Die Pupillen vergrößerten sich. Sein Blick schien sich zum ersten Mal seit langer Zeit zu weiten. War er nun endlich wieder fähig, das Wesentliche zu erkennen? Sein Atem ging schnell, hektisch und schwer. Es klang fast so, wie seine atemlosen Liebeserklärungen in längst vergangenen Nächten. Etwas Neues, Kaltes und zugleich siedend Heißes flammte zwischen den beiden auf. Ihre linke Hand an ihrer Schläfe. Die andere auf ihn gerichtet. „Nur eine der zwei Pistolen ist geladen. Ich weiß nicht welche“, flüsterte sie. Dann drückte sie beide Pistolen gleichzeitig ab.

 

Hallo Eine wie Alaska

inspiriert durch Maria Lassnigs Werk der bildenden Kunst: Du oder ich

Krasses Bild, das kannte ich nicht.

Mir gefällt der Stil der Geschichte, ich fand ihn kurzweilig. Das Desinteresse des Mannes hast du gut eingefangen, indem du ihn unentschlossen und gleichgültig beschreibst, selbst als die Frau durch ihr Ausziehen nach seiner Aufmerksamkeit schreit. Auch die halbherzigen Entschuldigungen, die er ihr nicht einmal ins Gesicht sagen kann, beschreiben die Szene und die Charaktere treffend in wenigen Worten. Das gefällt mir.

Inhaltlich ist es mir noch zu wenig. Ok, er hat sie betrogen, oder sie vermutet das zumindest. Wobei man seine Entschuldigung auf ihre Frage wohl als hinreichendes Geständnis bezeichnen kann. Aber warum reagiert so extrem? Und vor allem: Welchen Sinn haben die beiden Waffen? Das ist dramaturgisch natürlich eine starke Szene, drei tolle letzte Sätze, aber der Sinn dahinter bleibt mir verborgen. Vielleicht hast du mal "Sherlock" gesehen, in der ersten Folge gibt es am Ende eine ganz ähnliche Szene, die ist wirklich richtig gut, aber sie liefert auch eine schlüssige Erklärung für das Ganze. Das fehlt mir hier. Was hat die Frau denn davon, wenn sie ihren Mann / Freund tötet und selbst überlebt? Würde sie anschliessend die Waffe nicht gegen sich selbst richten (deutest du das vielleicht sogar mit dem "wir" im Titel an)? Warum macht seine Untreue sie so verzweifelt, dass sie ihren eigenen Tod / einen Mord in Kauf nimmt? Die Geschichte schweigt sich hier aus, würde mir besser gefallen wenn man da noch mehr erfahren würde.

Ansonsten ... schau doch mal ob du ein paar Absätze reinbekommst, für das Auge ist diese Formatierung ziemlich ermüdend.

Sonst noch:

Dann stand sie auf, um in der Küche mit den Widrigkeiten des Lebens konfrontiert zu werden...

Warum die drei Punkte am Ende? "Die Widrigkeiten des Lebens" gefällt mir in dem Kontext nicht. Vielleicht wäre es besser, hier einfach zu schreiben, dass in der Küche ihr Freund sitzt.

Er blickte sie stumm an. Machte sich weder die Mühe zu lügen, noch die Wahrheit zu sagen. Jeder Atemzug war ein Tonnengewicht.

Der mittlere Satz ist mMn unnötig, du sagst ja bereits, dass er stumm ist bzw. nichts sagt.

Versuchte, die Gedanken an seine warmen Lippen, die innigen Umarmungen und die großen Versprechungen zu verdrängen.

Überleg mal, ob dir der Satz ohne die Adjektive nicht besser gefällt. Das sind alles so bekannte Bilder, "warme Lippen", "innige Umarmungen".

das er so oft mit seinen Krallen geknetet hatte

Warum Krallen? Ich würde hier noch nicht mal Finger oder Hände schreiben, denn womit sollte er sonst kneten?

„Ich lasse dich gehen“, sagte sie dann. Ein Seufzer stieß aus seinen aufgeblasenen Backen.

Das ist auch so eine Stelle, in der mir etwas fehlt. Der Seufzer deutet ja daraufhin, dass er der Meinung war, sie lasse ihn nicht gehen, also irgendwie wirkt er erleichtert. Warum diese Erleichterung bei diesem Satz? Wenn sie jetzt gesagt hätte, "ich verzeihe dir", dann wäre sie verständlich, aber "ich lasse dich gehen" ist doch ungewöhnlich. Dann musste er ja davon ausgehen, nicht davonzukommen, oder?

Wie gesagt, ich habs alles in allem gern gelesen, eine kurzweilige Unterhaltung, aber ich hätte gerne noch mehr über die Figuren und vor allem die Motive der Frau erfahren.

Viele Grüsse,
Schwups

 

Hallo Alaska,

also für mich funktionierts nicht. Das liegt daran, weil du in meinen Augen nicht genug Raum zur Entfaltung des Konflikts anbietest. Da ist diese eine Szene, die ist auch gar nicht schlecht geschrieben und es passiert auch was, das erstmal verwirrt, also das Ausziehen und die mangelnde Reaktion darauf, das bürstet schon angenehm gegen den Strich, aber das macht das Ende leider nicht glaubhafter. Das wirkt auch nicht schockierend, sondern wie angepappt und dadurch albern. Dieses Bild allein, sie steht da mit zwei Pistolen. Jede Wette, dass sie sebst mit der geladenen nicht trifft.

Naja, und dann noch was zu Deinem Auftreten hier im Forum. Vor einer Woche hast du die letzte Geschichte eingestellt und auch recht ausführliche Kritik bekommen. Leider hast du es nicht für notwendig befunden, darauf mal einzugehen. Ist natürlich jedem selbst überlassen, das mindeste wäre, wenn man die eindeutigen Fehler, die freundlicherweise aufgezeigt wurden, beseitigt werden. Aber nein, einfach ignorieren und stattdessen die nächste Geschichte posten. Das find eich ärgerlich (zumal du lang genug dabei bist) und mich als Leser hast du damit erstmal verloren.

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Eine wie Alaska,

ich sehe es ähnlich wie Schwups und weltenläufer.
Da wird eine Szene gut beschrieben und lässt dennoch den Leser völlig im Dunkeln.
Man weiß gar nicht, wie es dazu kommen konnte. Warum reagiert er nicht mehr darauf, wenn sie die Hüllen fallenlässt; sich ihm anbietet?

Er machte sich keine Mühen. Entschied sich weder wegzusehen, noch sie in seine Arme zu schließen oder das Ausziehen für sie zu übernehmen. Fröstelnd stand sie vor ihm.

Das Desinteresse des Mannes wird nicht begründet. Da fehlt das ganze Drumherum.

„Nur eine der zwei Pistolen ist geladen. Ich weiß nicht welche“, flüsterte sie. Dann drückte sie beide Pistolen gleichzeitig ab.

Bis zum Schluss bleibst du deinem Stil treu: Eine von Anfang bis Ende unergründliche Geschichte, in der alles der Phantasie des Lesers überlassen bleibt. Nach meinem Empfinden ist das ein bisschen zu wenig; mit ein paar Details ließe sich da viel mehr herausholen.
So bleibt es für mich leider nur: Eine zwar inhaltlich interessante, aber viel zu kurz geratene Kurzgeschichte.^^


Liebe Grüße

Darkeyes

 

Hallo Eine wie Alaska,

Inhaltlich hat es mir eigentlich gefallen und ich schließe mich den Kritiken meiner Vorgänger ausdrücklich nicht an. Ich kann deren Punkte aber sehr wohl nachvollziehen und sie sind auch vollkommen berechtigt. Denn es hängt davon ab, von welchem Standpunkt man deinen „Beitrag“ liest. Ist es eine Geschichte, oder ist es ein Bild, respektive die Interpretation eines Bildes. Betrachtet es man als eine Geschichte, dann sind alle vorherigen Kritiken mehr oder weniger berechtigt. Aber dein zweiter Beitrag weist eigentlich daraufhin, dass man die Geschichte als Bild betrachten sollte. Und dies ist dir wirklich gut gelungen. Indirekt bestätigt dir dies auch der Kommentar von Weltenläufer ;). Der letzte Satz in deinem „Bild“ macht aber leider wieder vieles kaputt. Denn dieser Satz gehört nicht zum Bild, sondern zu einer Geschichte. Schade. Würde ich rausnehmen.


Noch ein paar Vorschläge betreffend diverser Formulierungen:

Das schwarze Metall war angenehm kühl und glatt

Das schwarze Metall fühlte sich angenehm kühl und geschmeidig an.

Statt schwarzes Metall würde ich hier schon die Pistole schreiben. Dies passt besser zum „Bild“.

Sie streichelte es kurz und schloss anschließend kopfschüttelnd die Schublade.

Sie streichelte es kurz und hinterlegte(versorgte, verstaute) es [wieder] kopfschüttelnd in die Schublade.

Jeder Atemzug war ein Tonnengewicht.

Ein Atemzug kann kein Tonnengewicht sein, höchsten schwer. Dies würde aber plump klingen. Als Alternativen könnte man Qual oder Pein benützten. Ich würde den Satz aber sogar weglassen, weil er zur Situation nichts beiträgt. Denn durch die 4 vorherigen Sätze weiß man, dass gerade eine angespannte Situation vorhanden ist.

Zunächst fragend, dann enttäuscht. Und kehrte ihm schließlich den Rücken zu.

... , dann traurig, und kehrte ihm...

Ich persönlich würde hier auch abwenden benützen und weiter unten dann „ihm den Rücken kehren“. Aber das ist Geschmackssache von jedem Einzelnen.

Es gelang ihr nicht. Sie zog sich hastig aus, mitten in der Küche: Drehte sich zu ihm, streifte die Jeans ab, zog sich Pulli und Top über den Kopf, öffnete den BH [UND] schlüpfte aus dem Slip.

Der Doppelpunkt verkompliziert hier das Geschriebene und wirkt daher wie eine Störstelle für mich. Könnte man eleganter lösen:

Spontan drehte sie sich um und begann sich zu entblössen. Streifte die Jeans ab ...

(Ok, zweimal sich ... )

Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Doppelpunkt hier grammatikalisch korrekt eingesetzt wurde. Von seinem üblichen Gebrauch her ist es sicher im Graubereich.

Das alles passierte so schnell, dass es fast zeitgleich abzulaufen schien.

Würde ich weglassen. Der Satz hat mich im Lesefluss gestört.

„Entschuldigung“ sagte er zu ihrem Hinterteil, das er so oft mit seinen Krallen geknetet hatte.

Hinterteil => Hintern

Wenn Frauen wütend sind, können sie Krallen haben oder besser zeigen. Bei Männern wird dies aber normalerweise nicht verwendet. Abgesehen von dem, passt der Ausdruck hier einfach nicht. Ich würde hier „mit seinen kräftigen Händen. .. „ schreiben.

Sie tappte mit ihren bloßen Füßen über den kalten Fliesenboden zurück ins Schlafzimmer.

Mein Vorschlag: Sie tappte barfüssig über ...

Kurz schlug sie mit der Faust auf die weiche Bettdecke.

Verzweifelt (Verbittert) schlug ...

Anschließend fasste sie mit zärtlichem Griff in die Schublade.

Zärtlich passt für mich nicht zur Situation. Warum nicht: Anschliessend fasste sie mit bestimmten (festen) Griff in die Schublade.

... als er ihre Schritte hörte.

vernahm

Machte sich keine Mühe:

Hier gehört definitiv ein Punkt hin.

Blickte sie nicht an, fuhr aber auch nicht gespielt gleichgültig mit seiner Beschäftigung fort.

Tönt ein bisschen komisch. Kann man vermutlich besser formulieren (und beschreiben).

„Ich lasse dich gehen“, sagte sie dann.

„Dann“ weglassen! Ansonsten eine starke Szene.

Ein Seufzer stieß aus seinen aufgeblasenen Backen.

entwich

Sein Atem ging schnell, hektisch und schwer. Es klang fast so, wie seine atemlosen Liebeserklärungen in längst vergangenen Nächten.

Atem und dann im nächsten Satz atemlos. Die beiden Sätze passen für mich inhaltlich auch nicht so zusammen.
... Kaltes und zugleich siedend Heißes ...

Na ja ...


Grüsse
Kroko

 

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