Was ist neu

Wintermelodie

Mitglied
Beitritt
05.05.2016
Beiträge
6
Zuletzt bearbeitet:

Wintermelodie

Schneeflocken wirbelten durch die Luft und spielten mit dem Wind. Awanata hatte unter einem Felsvorsprung Schutz gefunden, wo ihr ein Feuer Wärme spendete. Kräuter flogen in die Flammen und die vielfarbigen Funken lockten einen Geist an, doch die Frau aus dem Volk der Miwokindianer sang unbeirrt weiter ein Lied ihrer Vorfahren. Die durchsichtige Gestalt schwebte inmitten des Rauchs, formte daraus ein Kanu und verschwand. Awanata nickte und bedankte sich mit wenigen Worten bei der Erscheinung. Sie erstickte das Feuer und packte ihre Habseligkeiten zusammen.
Das Rauschen eines Flusses durchbrach die winterliche Stille. Der wohlvertraute Klang brachte ein Lächeln auf das faltige Gesicht Awanatas. Ihr Ziel lag am Fluss des heiligen Bären. Jedes Jahr kehrte Awanata dorthin zurück, um ihren Geburtstag in Ruhe zu verbringen.
Der Fluss schlängelte sich durch eine verschneite Ebene und verschwand in einem waldbedeckten Hügel. Viele versteckte Wege führten in diesen Berg. Awanata kannte die meisten Zugänge und die dahinter verborgenen Geheimnisse. Sie zwängte sich durch eine Felsspalte und gelangte in eine Höhle. Ein verträumtes Brummen empfing sie und sie musste lächeln. Ein alter Grizzlybär hielt seinen Winterschlaf. Awanata tastete sich mit Vorsicht voran. Der Bär schnupperte und öffnete seine Augen.
»Ah, ist das Jahr schon wieder um?«, fragte er.
»Ja es ist vorbei. Ich habe Lachs und Walnüsse dabei. Gleich gibt es ein gemütliches Feuer«, sagte Awanata.
Der Bär hatte vor seinem Winterschlaf bereits Holz gesammelt und zu einem Haufen gestapelt. Awanata nahm ihren Feuerbohrer und kniete sich neben den Holzstapel. Sie kämmte dem Bären das Fell, der dabei zufrieden brummte. Die im Kamm hängengebliebenen Haare legte sie zusammen mit getrocknetem Gras auf eine Birkenrinde. Mit Bogen und Spindel entfachte sie Glut auf dem Feuerbrett. Es dauerte nicht lange, bis das Feuer brannte.
Wohlige Wärme breitete sich in der Höhle aus. Der Rauch zog durch eine Felsspalte in der Decke.
»Was bedrückt dich so?«, fragte der Bär.
»Ich habe mir in diesem Jahr viele kleine Wünsche erfüllt. Stell dir vor, ich bin auf einen hohen Baum geklettert. Den hatte ich als Kind gepflanzt. Es ist, als ob es erst gestern gewesen wäre. Die Zeit ist so schnell vergangen, mein lieber Bär. Hundert Winter habe ich hinter mir«, seufzte Awanata.
»Weißt du noch, wie du diese Höhle hier gefunden hast?«, brummte der Bär.
»Lange ist das her. Es war das letzte Jahr, in dem ich mein Alter mit den Fingern zeigen konnte. Die Mutter meiner Mutter war in den Wald gegangen, um Feuerholz zu sammeln. Ich hatte verschlafen und wollte ihr unbedingt helfen. Es war nicht schwer, sich davonzuschleichen. Die meisten Stammesmitglieder waren mit Wintervorbereitungen beschäftigt.
Der Wind wehte mir ins Gesicht und ich ging zu ihrem Lieblingsplatz. Ein großer Felsen am Ende des Waldes. Dahinter konnte man ungestört zu den fernen Bergen schauen und mit seinen Träumen fortschweben.
Ich schlich um den Felsen und erstarrte zu einem Eiszapfen. Da schnarchte ein gewaltiger Bär. Damals war mir die Sprache der Tiere noch nicht bekannt gewesen. Meine Großmutter hatte mir aber eines beigebracht. Krach machen und mit den Armen rudern. Vor Schreck hatte ich vergessen, dass man sich so nur wachen Bären gegenüber verhält. Ich schrie und ruderte um mein Leben. Natürlich erschreckte sich der Bär zu Tode und brüllte zurück, dass mir die Zöpfe flatterten. Fürchterlich stank er aus dem Maul und ich fiel vor Angst in Ohnmacht. Aufgewacht bin ich in dieser Höhle. Dein Urgroßvater hatte mich an diesen Ort gebracht. So habe ich das große Geheimnis viel früher erfahren, als es üblich ist.«
»Warte, da ist jemand«, unterbrach der Bär.
Er stellte sich auf die Hinterbeine und schnupperte.
»Deine Enkelin hat sich hierher verirrt«, sagte der Bär.
»Komm ruhig her, es ist alles in Ordnung«, rief Awanata.
Eine kleine Gestalt kam hinter einem Felsen hervor.
»Du hast deine Flöte vergessen. Ohne die gehst du nie weg«, sagte Malinka und streckte Awanata das Instrument entgegen.
»Ach Kind was machst du nur für Sachen? Na, setz dich erst mal und wärm dich auf. Der Bär ist freundlich und bewacht die Medizinfrauen unseres Stammes. Bald wird er auch auf dich aufpassen«, sagte Awanata
Malinka setzte sich ans Feuer und aß sich satt. Awanata war in Gedanken versunken und dachte an ihre Großmutter, die sie vor vielen Jahren hier in der Höhle traf. Sie war ihren Fußstapfen gefolgt und hatte eine kleine Trommel dabei gehabt.
»Du musst gehen Malinka. Es ist bald Zeit für meine große Reise«, sagte Awanata.
»Wann kommst du wieder und wo gehst du überhaupt hin? Dein Abschiedsfest war ja noch größer, als das von Großvater und der ist auch noch nicht wieder da.«
»Der Fluss fließt hier durch die Höhle und verschwindet in der Erde. Dort muss ich hin. Den großen Wasserfall hinab. Wir Menschen sind wie die Jahreszeiten. Du bist der Frühling und ich der Winter. Wie meine Großmutter habe ich hier ein Kanu gelagert und mich lange auf diesen Moment vorbereitet. Auch du wirst eines Tages hierher kommen und deine Reise antreten. Wo diese Reise endet, weiß niemand genau. Aber ich werde immer bei dir sein«, sagte Awanata.
Malinka fing an zu weinen.
»Das heißt, du kehrst nie wieder und lässt mich einfach im Stich. Ich will doch so viel von dir lernen. Du hast mir noch nicht alle Pflanzen erklärt und ich werde bestimmt fleißig lernen. Komm doch einfach wieder mit«, bettelte Malinka.
»Man sucht sich den Moment der Reise nicht aus, sondern man spürt ihn irgendwann kommen. Es sieht so aus, als würde man schlafen. Aber man atmet nicht und das Herz hört auf zu schlagen. Trotzdem kann ich dich besuchen kommen. Einen Körper brauche ich dazu nicht. Großvater spüre ich jeden Tag bei mir und er denkt sehr oft an dich. Niemand lässt dich allein. Wir sind nur woanders.«
Malinka beruhigte sich ein wenig.
»Dann möchte ich noch einmal mit dir eine Schneeballschlacht machen. Der Bär darf auch dabei sein«, sagte Malinka.
Alle drei gingen hinaus in die Winterlandschaft. Mit seinen riesigen Pranken konnte der Bär beide mit Schnee zuschaufeln, während er beworfen wurde. Awanata fühlte ihr Alter nicht mehr und für einen Moment hatte sie ihre Reise vergessen.
Nach einer Weile fiel sie erschöpft in den Schnee. Alle hörten auf mit Toben und gingen zu ihr.
»Bringt mich bitte in die Höhle«, sagte Awanata.
Der Bär trat neben sie und mit letzter Kraft kletterte sie auf seinen Rücken.
In der Höhle ließ Malinka das Feuer zu neuem Leben erwachen.
Awanata sog die Wärme in sich auf. Sie sah auf das betagte Kanu und nickte.
»Malinka es ist so weit. Ich muss los«, Awanata schleppte sich in das Kanu und wickelte sich in ihre Decken ein.
»Aber es war doch so schön im Schnee, kannst du nicht noch hierbleiben?«, fragte Malinka.
Der Bär legte seine Tatze sanft auf Malinkas Schulter.
»Spiel noch einmal unser Lieblingslied für mich Malinka. Bär, mach dann bitte das Seil los und bring die Kleine nach Hause zurück. Versprich, dass du immer auf sie aufpassen wirst«, sagte Awanata.
Der Bär nickte und Malinka nahm die Flöte. Unter Tränen fing sie an, die ersten Töne zu spielen. Eine makellose Melodie schwebte durch die Höhle. Der Bär löste das Seil und schob das Kanu sorgsam ins Wasser. Der Fluss nahm sich der alten Frau an und trug sie zu ihrem Ziel. Begleitet von ihrem Lieblingslied trat Awanata ihre letzte Reise an.

 

Hallo Schreibkauz,

ich verzichte jetzt, irgendwelche Fehler aufzuzeigen. Ich begrüße dich erste einmal herzlich hier im Forum.

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Am Anfang kam ich nicht so richtig in die Geschichgte rein, aber dann läuft ein Film bis zum Schluss ab. Du hast einen angenehmen Schreibstil, du erzählst sehr schön. Den Bär hört man sprechen und man ist mitten in der Höhle. Auch, wie Awanata Malinka erklärt, dass sie sterben wird, ist sehr gut.

Manchmal heißt deine Protagonistin Awanata und manchmal Awanate. Dann fehlen einige Kommata.

Hat mir sehr gut gefallen. Toller Einstieg!

Schönen Gruß
khnebel

 

Vielen Dank für den netten Empfang.

Das mit dem Namen ist mir echt peinlich und wird schnellstmöglich geändert. Irgendwann ist man einfach blind für solche offensichtlichen Dinge.

 

Lieber Schreibkauz,

eine schöne, märchenhafte Geschichte hast du hier geschrieben. Ich kann mich nur khnebel anschließen. Sie hat mir sehr gefallen, besonders die phantasievollen Einzelheiten, mit denen du sie ausschmückst. Sie erinnert mich an Indianergeschichten, die ich in meiner Jugend gelesen habe.

Gefallen hat mir auch, dass du sie fast fehlerfrei geschrieben hast.

Ich habe nur ein paar Anmerkungen:

Die Frau, aus dem Volk der Miwokindianer, sang unbeirrt ihre Melodie.
keine Kommas

Der Fluss schlängelte sich durch eine schneebedeckte Ebene und verschwand in einem waldbedeckten Hügel.
Vielleicht lässt sich für eines der beiden Adjektive ein anderes finden.

Der Bär fing an zu schnuppern und öffnete seine Augen.
Der Bär schnupperte …

Ein großer Felsen am Ende des Waldes und älter als jeder Baum.
Ich glaube, dass Felsen immer älter sind als die ältesten Bäume. Oder was möchtest du damit gerne sagen?

Na(,) setz dich erstmal und wärm dich auf.
erst mal

Alle Pflanzen hast du mir noch nicht erklärt und ich werde bestimmt fleißig lernen.
Hier würde ich die Satzstellung ändern: Du hast mir noch nicht …

Eine makellose Melodie schwebte durch die Höhle.
‚makellos’ finde ich hier nicht so recht passend. Vielleicht fällt dir ein treffenderes Adjektiv ein.

Lieber Schreibkauz, ich begrüße dich bei den Wortkriegern und wünsche dir hier viel Spaß.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Schreibkauz,

(was für ein toller Name).

Ich steige mal sofort ein:

Schneeflocken wirbelten durch die Luft und spielten mit dem Wind.
Der erste Satz ist klasse, vermittelt er doch sehr gut die winterliche Atmosphäre. :thumbsup:

Awanata hatte unter einem Felsvorsprung Schutz gefunden. Ein Feuer spendete Wärme und sie sang ein Lied ihrer Vorfahren. Kräuter flogen in die Flammen und die vielfarbigen Funken lockten einen Geist an. Die Frau, aus dem Volk der Miwokindianer, sang unbeirrt ihre Melodie. Die durchsichtige Gestalt schwebte inmitten des Rauchs, formte daraus ein Kanu und verschwand. Awanata nickte und bedankte sich bei der Erscheinung.
Die Sätze danach klingen in meinen Ohren etwas unrund, teilweise wiederholt es sich auch. Ich versuche mal aufzudröseln, wie man das vielleicht schöner machen könnte:

Awanata hatte unter einem Felsvorsprung Schutz gefunden, wo ihr ein Feuer Wärme spendete.

So hast du den ersten, relativ kurzen Teil sofort mit dem Feuer verbunden (und, wie ich finde, schöner gemacht) und die Möglichkeit geschaffen, das "sie sang“ und das spätere nochmalige „sie sang“ zu vermeiden. (Übrigens: Es klingt, als war das Feuer schon vorher an. Ist das richtig?)
Kräuter flogen in die Flammen und die vielfarbigen Funken lockten einen Geist an, doch die Frau aus dem Volk der Miwokindianer sang unbeirrt weiter ein Lied ihrer Vorfahren.

Awanata nickte und bedankte sich bei der Erscheinung.
Bedankte sie sich durch ein Nicken oder nickte sie und sagte noch etwas?

Das Rauschen eines Flusses durchbrach die winterliche Stille.
Hiervor würde ich einen Absatz machen, da sich der Ort geändert hat und auch schon etwas Zeit zu vergangen scheint.

Der Fluss schlängelte sich durch eine schneebedeckte Ebene und verschwand in einem waldbedeckten Hügel
Wiederholung „bedeckt“. Vielleicht so?
Der Fluss schlängelte sich durch eine verschneite Ebene und verschwand in einem waldbedeckten Hügel.

Sie kämmte den Bären, der dabei zufrieden brummte. Die Haare legte sie zusammen mit getrocknetem Gras auf eine Birkenrinde.
Was macht sie genau? Sie kämmt den Bären und legt die Haare auf eine Birkenrinde?
Das verstehe ich nicht. Wie kann sie die Haare (eigentlich hat ein Bär keine Haare, sondern Fell) weglegen, wenn sie sie nicht abgeschnitten hat?

Mit Bogen und Spindel entfachte sie Glut auf dem Feuerbrett.
Was ist mit Feuerbrett genau gemeint? Wird darauf ein Feuer entfacht? Aber Brett klingt nach Holz, dann würde das Feuerbrett ja auch abbrennen …

Die Zeit ist so schnell vergangen(KOMMA) mein lieber Bär.

Es war das letzte Jahr, in dem ich mein Alter mit den Fingern zeigen konnte.
Das klingt sehr schön und ich vermute mal, sie war zehn. :hmm:

Der Wind wehte mir ins Gesicht und ich ging zu ihrem Lieblingsplatz. Ein großer Felsen am Ende des Waldes und älter als jeder Baum.
Das klingt unrund und das mit dem Alter ungenau, denn Steine sind i.d.R. immer älter als Bäume. Ich würde es so machen:
Der Wind wehte mir ins Gesicht und ich ging zu ihrem Lieblingsplatz, einem großen Felsen am Ende des Waldes.

Meine Großmutter hatte mir aber etwas beigebracht. Krach machen und mit den Armen rudern.
Exakter wäre es so:
Meine Großmutter hatte mir aber eines beigebracht: Krach machen und mit den Armen rudern.

Eine kleine Gestalt kam hinter einem Felsen hervor.
»Du hast deine Flöte vergessen. Ohne die gehst du nie weg«, sagte Malinka und streckte Awanata das Instrument entgegen.
»Ach Kind was machst du nur für Sachen? Na setz dich erstmal und wärm dich auf. Der Bär ist freundlich
Das ist etwas unglaubwürdig. Hat sich das Kind nicht vor dem Bären erschreckt? Danach heißt es ja, der Bär sei freundlich. Da fehlt irgendeine Reaktion des Kindes, als sie den Bär zuerst sieht.

Malinka setzte sich ans Feuer und aß sich satt.
Wurde der Lachs überhaupt schon erwärmt/gegrillt etc.? Er ist doch noch roh, oder? Oder isst sich das Kind an den Walnüssen satt, die ja eigentlich auch für den Bären bestimmt waren?

Awanata fühlte ihr Alter nicht mehr und für einen Moment konnte sie ihre Reise vergessen.
Das klingt zu umgangssprachlich, nach dem Motto „das kannste vergessen“. :lol:
Besser: „hatte sie ihre Reise vergessen“.

Nach einer Weile sackte sie kraftlos in den Schnee. Alle hörten auf mit Toben und gingen zu ihr.
»Bringt mich bitte in die Höhle«, sagte Awanata und sank in den Schnee.
Klingt doppelt.
Besser: „…und versank noch tiefer in den Schnee.“

Bär (KOMMA)mach dann bitte das Seil los

Vielleicht kannst du mit meinen Hinweisen ja einiges anfangen.

Eine sehr schöne Geschichte. Hat mir gut gefallen.

Willkommen hier und viel Spaß noch.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo Schreibkauz!

(Wirklich wunderschöner Name.)

Ich will jetzt gar nicht so in Details reinsteigen. Nur soviel:

Schöne, atmosphärische Sprache. Mag sein, dass ein paar Kleinigkeiten nicht ganz rund sind (ich stoße mich z. B. etwas daran, dass man einen Bären kämmt), alles in allem lässt sich das auch mit der etwas fantastischen Ebene wegerklären.

Inhaltlich ist das eine sehr anrührende Geschichte, die mir persönlich mehr weh tat, als sie wahrscheinlich intendiert war. So schön sanft erzählt. Und mir dröhnt's trotzdem bis in die tiefsten Herz- und Seelenschichten. Na, ich mag eben nicht so gerne Geschichten von Abschied, Tod, etc.

Aber wenn ich mal meine eigene Empfindlichkeit rausnehme, dann finde ich, dass dies wirklich eine schöne Geschichte ist.

LG

 

barnhelm
Danke für deine Anmerkungen. Vieles davon habe ich in meine Geschichte eingebaut. Aber „makellose Melodie“ finde ich persönlich eine schöne Alliteration. Ich habe auch ewig überlegt und als abschließendes Element finde ich es einfach passend. Für mich ist dies auch eine Art Unterschrift.

GoMusic

Ich danke auch dir. Doppelungen sind leider mein Hauptproblem. Viele deiner Vorschläge kann ich kommentarlos übernehmen. Aber einige Anmerkungen hätte ich doch.

Übrigens: Es klingt, als war das Feuer schon vorher an. Ist das richtig?
Ja das ist richtig.

Was macht sie genau? Sie kämmt den Bären und legt die Haare auf eine Birkenrinde?
Das verstehe ich nicht. Wie kann sie die Haare (eigentlich hat ein Bär keine Haare, sondern Fell) weglegen, wenn sie sie nicht abgeschnitten hat?

In dieser Geschichte steckt unendlich viel Recherche. Es gibt ganze Aufsätze darüber, wie Indianer dieses Volksstammes Feuer gemacht haben. Ich habe dies soweit wie möglich versucht zu kürzen. Durch deine Anmerkungen habe ich diese Szene noch ein wenig aufgebohrt und hoffentlich verständlicher gemacht. Ein Feuerbrett ist aus Holz, dient aber nur dazu um eine Glut zu entfachen, mit deren Hilfe das Feuer in Gang gebracht wird.


“Es war das letzte Jahr, in dem ich mein Alter mit den Fingern zeigen konnte.“

Das klingt sehr schön und ich vermute mal, sie war zehn.


Danke für das Kompliment. Soweit mir bekannt ist, würde kein kleines Indianermädchen einfach sagen, dass sie zehn Jahre alt ist.

Das ist etwas unglaubwürdig. Hat sich das Kind nicht vor dem Bären erschreckt? Danach heißt es ja, der Bär sei freundlich. Da fehlt irgendeine Reaktion des Kindes, als sie den Bär zuerst sieht.

Naturvölker haben oft einen großen Respekt vor Tieren und wissen mit ihnen umzugehen. Bei guter Erziehung durch weise alte Großmütter gibt es das Problem der Angst in diesem Falle nicht. Speziell der Bär steht für viele Völker Amerikas als Symbol für Heilkraft. Da beide Protagonisten in ein Gespräch verwickelt sind, sollten auch Stimmen zu hören sein. Ich finde, eine Reaktion von Malinka würde hier das Überraschungsmoment nehmen.

Wurde der Lachs überhaupt schon erwärmt/gegrillt etc.? Er ist doch noch roh, oder? Oder isst sich das Kind an den Walnüssen satt, die ja eigentlich auch für den Bären bestimmt waren?

Dieses Bild wollte ich eigentlich dem Leser überlassen. Bären mögen eigentlich nur frischen Fisch und Lachs ist relativ schnell durchgegrillt und für Menschen geeignet. Somit könnte die Dauer des Gespräches reichen, um ein Festmahl für alle zuzubereiten. Miwokindianer waren ausgezeichnete Fischer, aber das ist eine andere Geschichte.
Deine Anmerkungen nehme ich aber sehr gerne zur Kenntnis und sammle für diese Szene noch weitere Lesermeinungen.

Alltagsschleife

Danke für deine offenen Worte. Der Bär wird eigentlich nur zur Haargewinnung gekämmt. Awanata könnte zwar auch einfach einen Büschel Haare finden, aber solche Deus ex machina mag ich nicht.
Die Geschichte an sich wird von vielen Lesern unterschiedlich wahrgenommen. Den Grad der Empfindung kann ich dabei nicht vorhersehen. Manche sehen die Geschichte auch als Neuanfang in einem ewigen Kreislauf und andere weinen, weil gerade die geliebte Großmutter gestorben ist.


Vielen Dank für die hilfreichen Hinweise. Es ist erstaunlich, was man alles übersehen kann. Die Änderungen pflege ich gleich ein.

 

Hallo Schreibkauz,

ich habe deine kleine, märchenhafte Geschichte sehr gern gelesen. Du benutzt eine malerische, bildhafte Sprache und machst die Szenen so zugänglich.


Meine Großmutter hatte mir aber eines beigebracht. Krach machen und mit den Armen rudern. Vor Schreck hatte ich vergessen, dass man sich so nur wachen Bären gegenüber verhält. Ich schrie und ruderte um mein Leben. Natürlich erschreckte sich der Bär zu Tode und brüllte zurück, dass mir die Zöpfe flatterten. Fürchterlich stank er aus dem Maul und ich fiel vor Angst in Ohnmacht. Aufgewacht bin ich in dieser Höhle. Dein Urgroßvater hatte mich an diesen Ort gebracht. So habe ich das große Geheimnis viel früher erfahren, als es üblich ist.«

Das ist falsch. Gerade solches Wissen sollte, in für Kinder geschriebenen Geschichten, richtig recherchiert sein. Der Mensch muss sich vor einem Bären als Mensch identifizieren und deshalb mit den Armen rudern und auf einer, für den Bären angenehmen Lautstärke, sprechen. Aber krach machen? Niemals. Das könnte den Bären erschrecken oder gar bedrohen, was zu einem Bären angriff führt.


Das ist eine Sache, die andere ist folgende:

»Komm ruhig her, es ist alles in Ordnung«, rief Awanata.
Eine kleine Gestalt kam hinter einem Felsen hervor.
»Du hast deine Flöte vergessen. Ohne die gehst du nie weg«, sagte Malinka und streckte Awanata das Instrument entgegen.
»Ach Kind was machst du nur für Sachen? Na, setz dich erst mal und wärm dich auf. Der Bär ist freundlich und bewacht die Medizinfrauen unseres Stammes. Bald wird er auch auf dich aufpassen«, sagte Awanata
Malinka setzte sich ans Feuer und aß sich satt. Awanata war in Gedanken versunken und dachte an ihre Großmutter, die sie vor vielen Jahren hier in der Höhle traf. Sie war ihren Fußstapfen gefolgt und hatte eine kleine Trommel dabei gehabt.

Da folgt ein kleines Kind der alten Frau und begegnet sie am Lagerfeuer mit einem Bären. Da erwarte ich eine Reaktion seitens des Kindes. Große Augen, eine Frage, irgendwas. So wirkt das sehr konstruiert. Ebenso die Erklärung der Frau, wirkt eingeschoben und für den Leser, nicht für das Kind.

»Du musst gehen Malinka. Es ist bald Zeit für meine große Reise«, sagte Awanata.
»Wann kommst du wieder und wo gehst du überhaupt hin? Dein Abschiedsfest war ja noch größer, als das von Großvater und der ist auch noch nicht wieder da.«
»Der Fluss fließt hier durch die Höhle und verschwindet in der Erde. Dort muss ich hin. Den großen Wasserfall hinab. Wir Menschen sind wie die Jahreszeiten. Du bist der Frühling und ich der Winter. Wie meine Großmutter habe ich hier ein Kanu gelagert und mich lange auf diesen Moment vorbereitet. Auch du wirst eines Tages hierher kommen und deine Reise antreten. Wo diese Reise endet, weiß niemand genau. Aber ich werde immer bei dir sein«, sagte Awanata.

Auch hier würde ich mehr Fragen einbauen. Lass das Kind Kind sein, lass es Fragen. Lass die Mutter erzählen, beantworten und weise sein, aber gib dem Dialog Zeit. Wenn dir deine Geschichte im gesamten zu lange wird .. kürze sie an anderer Stelle. Aber gerade dieser Dialog zwischen Kind und Großmutter, zwischen beginnenden Leben und endendem ... das ist doch das Thema, oder?

Das Fazit meiner (wieder mal unstrukturierten Kritik) lautet wie folgt: Schöner Text mit vielen stärken. Nur das eigentliche Thema sollte m.E. noch stärker herausgearbeitet werden. Dann wird das Märchen perfekt! =)

Beste Grüße,

sonne

 

schwarze sonne

Vielen Dank für deine Anregungen.

Die Sache mit dem Bären habe ich mit amerikanischen Rangern besprochen. Zusammengefasst lief es wirklich auf Krach raus( mit Geschirr klappern, Pfiffe usw.). Wobei die meinten, wenn der Bär schlechte Laune hat, ist es egal was man macht.

Die beiden Szenen werde ich noch einmal überdenken. Ürsprünglich sollte das Märchen für eine Anthologie sein und hatte eine Wortobergrenze. Leider verschwand der Verlag von der Bildfläche, aber das ist auch eine andere Geschichte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Schreibkauz,

ich habe im Zuge meiner letzten Hundeattacke bezüglich dieses Themas recherchiert. Zuerst nur über Hunde, dann über hier lebende Tieren, dann fand ich das Thema einfach spannend. Bei Angriffen von Raubtieren soll man beispielsweise zurück kämpfen, das Bestätigten mir auch die Leute hier bezüglich des heimischen Pumas. Wobei ich allerwelts Menschen diesbezüglich nichts glauben würde, sondern nur gründlicher Recherche. Bären können dich übrigens auch als Beute betrachten, das ist (anscheinend) aber sehr sehr unwahrscheinlich. Dann musst du auch kämpfen. Die Augen gelten als empfindliche Stelle. Zumindest haben mich jegliche Deutsch- wie Englischssprachigen Websiten darüber informiert, dass ich mit einem Bären ruhig sprechen soll. Exemplarisch folgende Seite: http://www.pc.gc.ca/eng/pn-np/mtn/ours-bears/securite-safety/ours-humains-bears-people.aspx

Grundsätzlich ist es natürlich eher unwahrscheinlich dass das durchschnittliche deutsche Kind, welches deine Geschichte liest, einem Bären begegnet ... allerdings ist die Protagonistin in diese Moment die Identifikationsfigur, weshalb es sich, glaube ich, schon in die Köpfe der LeserInnen brennen könnte. Ich glaube die Ranger meinten folgendes, was sich dann auch mit meiner Recherche decken würde: Falls der Bär dich als Futter betrachtet, solltest du kämpfen und laut sein. Dann hat der Bär vielleicht Angst und geht. Aber ich würde bei einer Begegnung mit einem Bär doch die ruhigere Art bevorzugen und auf's Kämpfen verzichen. Seis drum. Es soll nicht die, wie gesagt gute, Geschichte runtermachen.

Edit: Eine dauerhafte Märchenausschreibung gibt es übrigens vom Größenwahnverlag.
http://groessenwahn-verlag.de/sind-sie-maerchenautor/

Schönen Abend und beste Grüße,

sonne

 

Ich finde diesen Punkt einen sehr wichtigen Aspekt. Deswegen habe ich mich direkt zu den Leuten begeben, die täglich mit solchen Tieren umgehen. Webseiten vertraue ich eher weniger und rede lieber direkt mit den Menschen. Aber ich werde mich da auch gerne noch einmal informieren.
Recherche ist selbst bei kleinen Dingen sehr sehr wichtig und nimmt für mich die meiste Zeit beim Schreiben in Anspruch.
Danke für den Link. Ich schaue mir den Verlag gerne einmal an.

 

Hej Schreibkauz,

mir hat der Einstieg gut gefallen. Diese windige Szene unter einem Felsvorsprung macht Lust auf mehr.

Diese anfängliche Stimmung könntest Du mMn im Laufe der Geschichte stärker ausbauen. Dazu müsste der Bär eine noch deutlichere Funktion bekommen, momentan wirkt er auf mich eher wie ein Stichwortgeber und (bei der Schneeballschlacht) fast wie ein lebendes Plüschtier, nirgends wild und keineswegs heilig.

Das mag an meinem Unverständnis liegen, ich hab die Stelle mehrmals gelesen und immer noch nicht raus, um was es sich bei "dem großen Geheimnis" handelt.
Auch wenn er fragt

»Weißt du noch, wie du diese Höhle hier gefunden hast?«
verringert das die Vertrautheit, die vorher zwischen den beiden herrscht in meinen Augen, weil er das doch längst wissen sollte, immerhin ist das auch seine Vergangenheit.

Mich stört nicht, dass er redet und ich finde es auch nicht wichtig, zu wissen, wie man sich gegen einen Bären-Angriff schützt. Das haben Märchen halt so an sich, dass da Dinge gesetzt sind.
Ich fände es aber schon spannend zu erfahren, was die Indianer, was diese alte Frau und in Ansätzen auch das Mädchen mit ihm verbinden, was er ihnen gibt, was sie ihm geben usw.
So wie ich es jetzt lese, könnten die die ganze Geschichte auch ohne Bären gut bewältigen.

Der Bär ist freundlich und bewacht die Medizinfrauen unseres Stammes.
Gespürt habe ich davon kaum etwas. Oder doch, die Freundlichkeit des Bären wird spürbar.
Vielleicht könnte man da ansetzen und die ab und an gegen etwas anderes austauschen.

"Malinka" klingt in meinen Ohren eher russisch.

Gern gelesen und viel Spaß noch hier.

Gruß
Ane

 

Hallo Schreibkauz!

Zuerst einmal wollte ich sagen das ich deinen Schreibstil total schön finde. Wenn man die Geschichte liest denkt man sich man wäre mit Awanta,dem Bär und Malinka in der Höhle am Feuer. Und was ih auch gut finde wie Awanta Malinka erklärt, dass sie bald sterben muss.

Eine tolle Geschichte. Mach weiter so!

Gruss
Schnubbi03

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom