Wind in meinem Haar
Der Flug war mir unangenehm lang erschienen. Zwar waren wir wohl nur gut zwei Stunden in der Luft gewesen, als das Gummi der großen Flugzeugreifen wieder über den Asphalt der Landebahn quietschten, doch diese waren mir wie zehn vorgekommen.
Schlechtes Essen, Plastikbesteck, schreiende Kinder, nervende Sitznachbarn, ich mochte Fliegen. Das Fliegen an sich war nicht einmal wirklich schlimm, wenn da nicht die vielen merkwürdigen Menschen mit mir in der Kabine wären.
Das ältere Ehepaar neben mir hatte sich bestimmt drei von zwei Stunden über die schreienden Kinder aufgeregt und waren dabei fast lauter als diese gewesen. Ein junges Pärchen vor mir hatte sich konstant angeschwiegen, so dass die Spannung sogar zu mir herüber schwappte und die, von ihren Kindern etwas angenervten Eltern, hatten diese auch noch gegen die verbalen Attacken des älteren Ehepaars verteidigen müssen. Ja, ich war urlaubsreif, wenn nicht schon vorher, dann spätestens jetzt.
Das Pärchen waren wohl die Einzigen, die denselben Bus wie ich bestiegen, die Einzigen die dasselbe Hotel wie ich gebucht hatten. Schweißgebadet ließ ich mich auf eine der mittleren Sitzbänke des Busses fallen. Ich strich erschöpft durch meine Haare.
In der brennenden Sonne rötlich leuchtend, erhob sich ein riesiger Geröllhügel direkt gegenüber des Flughafens aus der verbrannten Landschaft. Keine Pflanze wagte es, sich der Sonne entgegen zu stellen und diejenigen, die es trotzdem versucht hatten, vegetierten verdorrt in Bodennähe vor sich hin.
Die Hitze knallte auf das metallene Dach des Busses und verwandelte den Innenraum binnen Minuten in eine Sauna. Die Luft flimmerte über dem schwarzen Teer der sich in Richtung Hotels schlängelnden Ausfahrtstraße. Alles wirkte abweisend, doch merkwürdigerweise auch faszinierend.
Mein Hemd klebte mir am Leib und die Sehnsucht nach einer kalten Dusche wuchs von Minute zu Minute.
Der weibliche Part des Pärchens hatte ihr blondes Haar zu einen Zopf zusammengerafft und die übriggebliebenen Haare klebten ihr im Nacken. Ein leicht glänzender Film lag auf ihrer Haut. Die etwas genervt aus dem Fenster blickenden braunen Augen wirkten trotz der provozierten Kälte in ihnen leicht verletzlich. Ein helles Top spannte sich über die wohlgeformten Brüste.
Ihr Erscheinungsbild erregte mich, obwohl ich eigentlich kein Macho war, ziemlich. Ich musterte das Pärchen weiter.
Der Mann neben ihr wirkte kantig, kräftige Schultern erhoben sich über die Sitzlehne, an die Schultern schloss sich ein breiter Nacken an. Unangenehmer Kerl.
Die Hitze verursachte ein dumpfes Dröhnen in meinem Kopf. Ich musste schnell unter die Dusche.
Insgeheim hoffte ich, die Frau würde sich umdrehen und mich kurz ansehen. Sie streicheln, mit ihr reden, sie küssen. Ein Schweißtropfen rann meine Stirn hinab.
Ruckend nahm der Bus die Fahrt auf. Sie starrte noch immer aus dem Fenster.
Das Hotel zeigte sich dem oberflächlichen Betrachter aufgeräumt, ein idyllisch in einem Kreis angelegter Bau mit drei Stockwerken. Rotbraune Ziegeln bedeckten das Dach des, künstlich rustikal hergerichteten, Komplexes. Grober, blütenweißer Putz schmückte die Wände und dunkelbraune wie glasiert glänzende Holzstämme und Äste bildeten die Geländer der Freigänge an der Innenseite des Gebäudes.
Der Innenraum des Kreises wurde dominiert von mehreren haushohen Palmen, die ihre Wedel wie riesige Sonnenschirme über die, mit weißen Kieseln bedeckten, Wege spannten. Trotz der schattenspendenden Bepflanzung lastete die Hitze merkbar schwer zwischen den, blendend weißen Innenwänden.
Ein Brunnen plätscherte im Zentrum des Parks fröhlich vor sich hin. Höhnisch gurgelte das Wasser, während ich mich schwitzend zu meinem Zimmer quälte. Verdammte Hitze!
In welchem Apartment war wohl das Pärchen untergebracht? Ich sah mich suchend um. Eine Menge Menschen liefen in kurzen Hosen, Shorts und leichten Hemden über die Gänge und durch den Park, viele junge Pärchen und wenige Kinder.
Kurz spürte ich einen Anflug von Einsamkeit, als ich die viele Pärchen sah.
Ich erklomm die Treppe zum ersten Stock und fand nach kurzem Suchen auch meine Zimmertür. Mein Gepäck war schon auf mein Zimmer gebracht worden.
Zielgerichtet ging ich zur Balkontür und trat auf die kleine Betonplattform hinaus.
An großen Palmen vorbei, konnte ich einen unversperrten Blick auf die blaue Unendlichkeit des Meeres werfen, die da, wo der Horizont eigentlich sein sollte, nahtlos mit dem Tiefblau des wolkenlosen Himmels verschwamm. Eine leicht salzig schmeckende Briese strich vom Meer her kommend durch mein Haar.
Nach rechts und links versperrten Sichtschütze den Blick auf die Balkone neben dem meinigen und das war mir auch ganz recht so. Keine Pärchen, die ich mir ansehen musste. Bald würde auch meine Freundin hier sein.
Ich ließ mich erschöpfte, die Augen aufs Meer gerichtet, in einen der bereitstehenden Korbsessel nieder.
Braunes Haar, ein aufreizender Körper in ein eng anliegendes Kostüm gehüllt. Bestimmt arbeitete meine Freundin gerade oder zumindest versuchte sie es. Ich war verrückt nach ihr. Sie machte mich verrückt. Ihr Körper machte mich verrückt.
Erst einmal kalt duschen gehen und mich dann im Hotel und dessen näherer Umgebung umsehen. Ich brauchte dringend ein wenig Ablenkung.
Das Wasser perlte kalt an mir herunter und ich genoss das Wasser mit jedem Tropfen der auf mich herabfiel. Die Erfrischung sollte nicht von langer Dauer sein.
Auch der Spaziergang fiel kürzer aus als ich geplant hatte, die „nähere Umgebung“ war ziemlich uninteressant. Nach kurzer Zeit begab ich mich schon wieder in meinem Zimmer, ich wollte etwas trinken und mich ausruhen.
Der Zimmerservice kam schnell. Genüßlich öffnete ich die Flasche Bier, die der Kellner mir gebracht hatte und ließ mich auf mein Bett fallen. Es war ruhig. Von draußen drangen leise die Geräusche des Strandtrubels bis an mein Ohr, doch sie störten mich nicht. Die kalte Flüssigkeit rann meine Kehle herunter. Ich genoss es.
Langsam, ohne jede Eile leerte ich die Flasche, lauschte dem Rauschen der brechenden Wellen. Starrte an die Decke.
Ich hoffte wirklich, dass mit meiner Freundin wieder alles in Ordnung kommen würde, denn das war der Grund warum ich diese Reise für uns gebucht hatte. Sie hatte schon seit längerem immer wieder davon geredet, dass sie doch so gerne mal nach Kreta fahren würde und es doch nie geschafft einen Urlaub zu buchen. Jetzt hatte ich es getan. Nicht ganz ohne Eigennutz, vielleicht würde uns diese Reise wieder etwas zusammenschweißen, die Romantik wiederaufleben lassen. Einen Versuch war es jedenfalls wert.
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Sie würde ja schon in zwei Tagen nachkommen. Ich stellte mir wieder das Kostüm vor, das sie jetzt anhaben musste. Eine klasse Frau.
Ich stellte die Flasche neben mir auf den Nachttisch.
Ich musste eingeschlafen sein und eine Weile geschlafen haben, als ich von lautem Geschrei geweckt wurde. Wie lange hatte ich geschlafen? Es dauerte einen Moment bis ich mich orientiert hatte. Ich war im Hotelzimmer auf dem Bett, neben mir stand die leer Flasche.
Wo kam das Geschrei her? Ich rappelte mich mühsam hoch. Es hörte sich an, als ob ein Mann brüllen würde und schien aus dem Nebenzimmer zu kommen. Wütend, überlegte ich bei der Rezeption anzurufen. Unerhört so was, ich wollte meine Ruhe haben. Plötzlich wurde die Balkontür des Nebenzimmers aufgerissen. Ich ging ein paar Schritte in Richtung meiner Balkontür, sie stand noch immer weit auf.
Das Geschrei wurde lauter, bis ein lautes Krachen die Wände erzittern ließ. Für Sekunden herrschte Stille. Ich lauschte. Ein letztes Mal hörte ich den Mann schreien und es hörte sich an, als schrie er etwas wie: „Das hast du nun davon, du blöde Schlampe!“. Laut krachte die Tür ins Schloss. Es blieb ruhig. Was war passiert? Angespannt lauschte ich, während ich vorsichtig auf den Balkon hinaus trat. Verdammter Sichtschutz.
Ein unterdrücktes Schluchzen, das aus der offenen Balkontür drang, erregte meine Aufmerksamkeit. Was sollte ich tun, einen Blick über den Sichtschutz werfen? Ich würde aussehen wie ein Spinner.
Entschlossen drehte ich mich um, ging die paar Schritte aus meinem Zimmer bis zur Nachbartür und klopfte. Mein Klopfen musste recht zaghaft geklungen haben.
Eine ganze Weile tat sich nichts. Gerade wollte ich wieder in mein Zimmer zurückgehen, als sich langsam die Tür öffnete. Sie sah mich an, musste geweint haben.
„Entschuldigen sie den Krach von vorhin. Es wird nicht wieder vorkommen“, sie versuchte ruhig zu sprechen, doch es gelang ihr nicht, die Unruhe völlig aus der Stimme zu verbannen.
„Hallo“, brachte ich hervor, völlig überrascht, bei wem ich an der Tür geklopft hatte. Die Frau aus dem Bus. Mann, die war selbst jetzt noch sexy. „Ich wollte eigentlich nur fragen ob alles in Ordnung ist oder ob ich irgendetwas für Sie tun kann“. Sie wirkte überrascht. Wirkte sie auch froh?
„Mir geht es gut, es ist alles in Ordnung“ sagte sie und versuchte überzeugend zu klingen. Sie war es nicht. Ihre Stimme klang trotz allem unglaublich schön, irgendwie hatte die Stimme etwas Erhabenes an sich.
„Ich möchte mich nicht aufdrängen, aber falls Sie Lust haben einen Kaffe zu trinken, oder etwas in der Richtung...“ Ich blickte sie fragend an. Es war schäbig sie gerade jetzt zu fragen ob sie einen Kaffee trinken wollte. Ich war immer viel zu überstürzt. Warum dachte ich eigentlich nie nach?
„Es tut mir leid, im Moment glaube ich nicht aber ich danke Ihnen für das Angebot. Auf Wiedersehen“, entgegnetet sie mit wenig Nachdruck, schloss dann allerdings ohne auf eine Antwort zu warten die Tür.
Verblüfft blieb ich einen Moment lang regungslos stehen, starrte auf das braune Holz der Tür. Ich war ja so ein Trottel, wie konnte ich nur so etwas fragen? Gerade das Mädchen, bei dem Kerl, hoffentlich hatte der mich nicht gesehen.
Ich ging zurück in mein Zimmer. Gerade wollte ich auf den Balkon gehen, als es leise an der Tür klopfte. Fast ging es im Rauschen des Meeres unter. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Blitzartig zuckte es durch meinen Schädel: Der kantige Kerl. Wohin, was machen? Ich könnte mich schlafend stellen!
Ich ging in Richtung Tür. Ich brauchte ganz schnell eine gute Geschichte, eine gute Ausrede. Mensch überleg doch, fuhr ich mich innerlich an.
Dann halt auf gut Glück. Ich öffnete die Tür.
„Vielleicht darf ich doch auf ihr Angebot zurückkommen?“ Sie sah mich fragend an.
Der Kaffee dampfte. Eine weiße Wolke ringelte sich in den blauen Abendhimmel. Wir saßen schweigend auf dem Balkon. Sie hatte sich das Gesicht gewaschen und starrte jetzt regungslos dem roten, sich hinter den Horizont schiebenden, Feuerball hinterher. Die letzten Strahlen glitzerten in ihren Augen, der warme Abendwind liebkoste ihre leicht gebräunte Haut. Ich beobachtete sie von der Seite, sagte kein Wort.
Beide Hände hatte sie um die Tasse gefaltet und hielt diese knapp unter ihrem Kinn vor sich. Die geschwungenen Linien ihrer Nase wölbten sich bei jedem Atemzug den sie bedächtig einsog. Ihre Haut glänzte seidig im schwachen Kerzenlicht der Kerze, die ich auf den Tisch zwischen uns gestellt hatte.
Die sanften Rundungen ihrer Brüste hoben und senkten sich langsam. Sie hatte das weiße Top von Mittags gegen ein rotes getauscht.
Noch immer sagte sie kein Wort. Ich genoss die Stille.
Was gefiel mir an dieser Frau? Ihre Beine sahen weich aus, wunderschön.
Ich hatte die ganze Zeit nicht einmal an meine Freundin gedacht. Ein ungutes Gefühl begann sich in meiner Magengegend auszubreiten, ich drängte es beiseite und.
Ich begehrte sie, wusste aber nicht warum. Sie war attraktiv, keine Frage, doch bisher war ich noch nie auch nur in Versuchung gekommen. Was also zog mich an diesem Mädchen, dieser Frau so an?
„Der Sonnenuntergang ist wunderschön“. Ihre Stimme klang weich. Sie sah weiter dem Horizont entgegen. Das Rauschen der Wellen drang zu uns herauf.
Ich hatte sie nicht ausgefragt, ich wußte nicht einmal ihren Namen. Eine Weile lang hatte sie geredet, erzählt, ich hatte ihr zugehört. Wir waren uns näher gekommen. Jetzt schwieg sie. Es war schön so, sie musste nichts mehr sagen, wenn sie nicht wollte.
„Möchtest du an den Strand gehen?“ Fragte sie und sah mich an. Mein Herz wollte bersten, es schlug mir bis in den Hals. Mir wurde schwindelig, die Welt verschwamm vor meinen Augen. Ich hatte noch nie so schöne Augen gesehen.
Sie sah mich an und ich konnte in ihre Seele schauen, doch ich konnte ihr Ende nicht erkennen.
Wir gingen zum Strand.
Weich, noch von der Hitze des Tages aufgeheizt spielte der Sand zwischen unseren Zehen, während wie schweigsam nebeneinander her gingen. Das Wasser gurgelte zufrieden den Strand hinauf, erreichte uns jedoch nicht.
Mit leicht gesenktem Kopf setzte sie einen Fuß vor den anderen, sie hatte ihre Schuhe ausgezogen. Dieses Mädchen war unglaublich, ich wollte mich in ihr verlieren, nie wieder aufwachen.
Ich blickte auf die schwarze Fläche des Meeres hinaus und ging weiter neben ihr her.
Irgendwann, wir waren eine ganze Weile gegangen, tastete ich mit meinen Fingern nach ihrer Hand. Es geschah fast ohne mein Zutun. Ich fand sie, schloss meine Finger um die ihren und sah sie dabei an, sie wehrte sich nicht. Nach einer Weile begann sie meinen Handrücken zu streicheln. Was passierte mit mir, was passierte mit ihr?
Ich blickte sie an, schaute in ihre Augen. Ich blickte in einen dunklen See in dem tausende von Sternen schwammen.
Weich spürte ich ihren Finger über meine Lippen streichen. Ich beugte mich zu ihr herunter und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen, sie erwiderte ihn. Zärtlich schlossen sich ihre Arme um meinen Hals, während sie verlangend die Augen schloss und die Lippen leicht öffnete. Ich küsste sie wieder, lange. Sie brachte mich fast um den Verstand, millionen von Gedanken schossen durch meinen Kopf, doch ich konnte keinen von ihnen festhalten. Was geschieht mit uns?
Sie fuhr mir durch die Haare. Dann flüsterte sie mir ins Ohr: „Komm“ und ließ sich langsam in den weichen Sand sinken. Alles drehte sich. Der warme Hauch ihres Atems fesselte mich, ich legte mich zu ihr.
Sanft drückte sie mich auf den Rücken und setzte sich auf mich. Ich konnte meine Erregung nicht mehr verbergen und sie schien es zu genießen. Fast wie ihn Zeitlupe beugte sie ihren Oberkörper zu mir herunter und drückte mir begierig ihre vollen Lippen auf den Mund. Ihre Hände fuhren suchend über mein T-Shirt, schoben es nach oben. Ich streifte es ab.
Ich zitterte unter ihren Küssen mit denen sie meinen Oberkörper liebkoste, hatte das Gefühl zu fliegen. Der Rest der Welt versank um uns herum. Bleib bei mir!
Im Gegenlicht des Mondes richtete sie sich wieder auf, streifte langsam ihr Top ab und ließ ihren Büstenhalter anmutig in den Sand sinken. Mein Herz musste jeden Moment zerspringen, ich würde sterben, glücklich sterben.
Zärtlich streichelte ich ihre Brüste und zog sie sanft zu mir herab, damit ich mit meinen Lippen ihre Brustwarzen küssen konnte. Sie stöhnte leise auf, bebte unter der Berührung, verlangte nach mehr.
Ihre Haut schmiegte sich sanft an meine, dann öffnete sie langsam meine Hose und ließ sich behutsam wieder auf mich sinken.
Ich drang in sie ein, konnte nicht mehr denken. Sie genoss es. Ihr Stöhnen wurde stärker, Ihr warmer Atem streichelte meine Haut. Ihr Körper bewegte sich verlangend über mir, sie legte den Kopf in den Nacken. Schneller, immer schneller, leidenschaftlicher. Ich verlor den Verstand endgültig, ich war im Himmel.
Ein warmer Schauer breitete sich in meinem ganzen Körper aus, wie eine Welle durchströmte es mich. Sie zitterte vor Erregung, bäumte sich auf. Sie schloss ihre Augen und ihr letztes Stöhnen durchbrach die Stille der Nacht.
„Ich gehe jetzt, komm mir bitte noch nicht nach. Es war wunderschön“, flüsterte sie mir ins Ohr. Wir hatten noch eine Weile Arm in Arm im Sand gelegen, geschwiegen, den Wellen gelauscht. Was war passiert, was war mit uns passiert?
Ich wollte etwas sagen, doch mir fehlten die Worte, dann ging sie langsam in Richtung Hotel davon. Ich sah ihr nach bis sie verschwunden war, dann stand auch ich auf und ging in die andere Richtung davon. Ich würde noch etwas spazieren, dann schlafen gehen. Doch an Schlaf war nicht zu denken, nicht mehr.
Erst als die ersten Sonnenstrahlen wieder auf den Strand trafen betrat ich mein Zimmer. Stundenlang war ich herum gelaufen, hatte mich gefragt was mit meiner Freundin werden würde, hatte mir Sorgen gemacht. Irgendwann musste ich mir aber doch eingestehen, dass ich niemals etwas von diesem Abend bereuen würde, dass ich vielleicht noch nie einen schöneren Abend erlebt hatte. Ich würde ihn niemals vergessen, niemals würde es wieder so schön werden. Nie wieder.
Unter der Tür fand ich einen Zettel, zusammengefaltet hob er sich von dem braunen Teppich ab. Zögerlich, fast ängstlich hob ich ihn auf, öffnete ihn und las:
„Ich werde diesen Abend nie vergessen, doch ich glaube es ist besser wenn ich dich nicht wiedersehe. Ich habe beschlossen auch meinen Freund nicht wiederzusehen und so werde ich in ein anderes Hotel gehen. Bitte such mich nicht, vermutlich ist es besser so.
Meistens geht man mit seiner Traumfrau ins Bett und wacht in einem Alptraum auf. Ich werde mich ewig daran erinnern. Anna“
Ich zitterte am ganzen Leib. Mir wurde schlecht. Müde ließ ich mich auf das Bett fallen und noch bevor ich einen weiteren Gedanken fassen konnte, schlief ich ein.
Als ich zwei Wochen später wieder das Flugzeug nach Hause bestieg war ich allein. Meine Freundin war nicht gekommen, sie hatte am Morgen nach dieser Nacht angerufen. Noch bevor ich etwas sagen konnte, hatte sie mir gebeichtet, dass sie jemanden kennengelernt habe. Ich sagte, dass ich traurig sei, es aber wohl nicht ändern könne und das ich ihr ehrlich viel Glück wünsche. Sie war überrascht, nahm es aber hin.
Am folgenden Montag schloss ich die Tür zu meinem Büro auf. Ich war froh mich in einem Berg aus Arbeit verstecken zu können. Ich würde mich hier vergraben.
Geschafft ließ ich mich in meinen Sessel fallen und warf einen Blick aus dem Fenster. Zurück in den Alltag also, dachte ich und schaltete meinen Computer an. Er piepste und schnurrte, während auf dem Bildschirm die ersten Buchstaben und Zahlen aufblinkten.
Ich öffnete meinen multimedialen Terminplaner. Bitte noch keine Termine, ich hatte keinen Nerv für so etwas. Meine Hoffnung war vergebens.
„Begrüßung neue Abteilungsleitung Service Kommunikation“, las ich und war wenig entzückt. Nach Small-talk war mir heute nun wirklich nicht zu Mute, aber was sollte ich machen?
Ich betrat nur Minuten später den für die Begrüßung vorgesehenen Raum, in dem sich schon eine große Gruppe von Leuten befand. Ich blickte mich nach bekannten Gesichtern um, als sich eine große Hand auf meine Schulter legte.
„Sie sind spät“, die Stimme lachte entschuldigend, „darf ich ihnen die neue Kollegin in der Abteilungsleitung für Service Kommunikation vorstellen?!“
Ich drehte mich um, oh Freude, Small-talk ich komme.
„Hallo, ich freue...“, ich brach mitten im Satz ab.
Ich war mit meiner Traumfrau ins Bett gegangen und würde neben meiner Traumfrau aufwachen.