Wind der Weihnacht
Erschöpft erreichte das Ehepaar gegen Abend die von Menschen überfüllte Stadt.
"Was für ein Sturm", dachte der Mann, als er sich gegen den Wind stemmte um den Schutz der Häuser zu suchen.
Mitfühlend schaute er auf seine Frau, die am Ende ihrer Kraft zu sein schien, aber ihm trotzdem aufmunternd zulächelte.
"Wir müssen endlich eine Unterkunft für die Nacht finden. Hoffentlich wird der Rest unseres Geldes ausreichen.", dachte er sorgenvoll.
Jahre vergingen...
Hell erleuchtet war die Metropole im Schein der elektrischen Lampen.
In den weihnachtlich dekorierten Einkaufsstraßen bewegten sich Menschen emsig wie Ameisen, die sich trotzig gegen den Wind stemmten, der vom Hafen her kräftig in die Einkaufspassagen blies.
"Auf dem Christmarkt ist es schän einzukäufen", dachte der 11-jährige Cristoph, "Alles ist bunt und prächtig geschmückt."
Der Wind verteilte die Gerüche von Glühwein und Rostbratwurst über den Rathausplatz.
Glockenhelle Kinderstimmen aus Lautsprechern an den Ecken sangen
"Oh, du Fröhliche!".
Aber er sah auch Menschen die bettelnd am Rande des Marktes standen, blaugefroren von der Eiseskälte.
Dicht daneben, lachende Männer und Frauen die Glühwein tranken.
"Weihnachtszeit ist Einkaufszeit", hörte er zufrieden einen Budenbesitzer händereibend sagen.
"Aber der Wind sollte nicht zunehmen", dachte der Mann, wobei sein Blick sorgenvoll auf seine Lichterketten gerichtet war.
Leuchtende Kinderaugen drehten sich mit dem Karrussel im Kreis der Weihnachtsmusik, wobei Schneeflocken wie Motten um die bunten Glühbirnen tanzten.
Wie von einer Kette gezogen eilten die Menschen von Geschäft zu Geschäft, Christoph mitten unter ihnen.
Vor ihm in einer windstillen Nische von Abfall umgeben, saß zusammengekauert eine junge Frau auf ihrem zerrissenen Schlafsack.
Ihr langes strähniges Haar versteckte wie ein Vorhang ihr schmales Gesicht.
Mit der Glut ihrer Zigarette brannte sie sich Löcher in den Unterarm,
es schien so, als ob sie dabei keine Schmerzen verspüren würde.
Die Massen von Menschen drückte von hinten nach und so musste der Junge weitergehen. In seinen Kopf drehten sich die Gedanken.
Aber eine Sache war Christoph völlig klar, heute würde ihm sein Vater den neuen Computer kaufen, den er sich schon sehnlichst gewünscht hatte.
Dann konnte er endlich mit dem schnellen Prozessor und der super Grafikkarte, die Spiele anwenden, die auf seinem Lerncomputer nicht möglich waren.
Durchgefroren kam er nach Hause.
In seinem Zimmer war der neue Computer schon angeschlossen.
Auf dem Monitor leuchteten die kristallklaren Farben seines Actionspiels
"Nightmare before Christmas".
Glücklich umarmte er seine Eltern. Christoph bekam sein Abendessen, Gänsebraten mit Rotkohl.
Auf der Küchenbank lag schnurrend, zusammengerollt seine Katze und träumte mit offenen Augen.
Im Feuer der Adventskerze erinnerte er sich wieder an die junge Frau, ihr Bild lies ihn nicht los.
Ein bitterer Geschmack sammelte sich in seinem Mund, angewidert schob er das Zuckergebäck beisiete.
Aus dem Wohnzimmer klang Weihnachtsmusik, Kinderstimmen sangen "Oh du Fröhliche".
Er ging in sein Zimmer.
Der Wind hatte zugenommen. Dichter Schnee wirbelte um die Scheiben seines Fensters, als er den Computer ausschaltete.
Erst jetzt bemerkte Christoph, wie warm es in seinem Zimmer war.