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Wiedersehen

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09.12.2013
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Wiedersehen

Hundemüde ließ ich die Post auf den Tisch und mich selbst auf die Couch fallen. Ich legte einen Arm über die Augen und lehnte mich seufzend zurück.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich einen handschriftlich adressierten Brief in dem Stapel. Neugierig griff ich danach. Mir stockte der Atem als ich las, wer ihn geschrieben hatte. Ungeduldig riss ich den Umschlag auf und las hektisch den Inhalt. Dann schaute ich auf die Wanduhr mir gegenüber. 18.30 Uhr. Der 23. Dezember.
Ich schnappte mir meinen Mantel und meine Tasche und stürzte zur Tür hinaus, immer noch den Brief in der Hand haltend. Ich hatte noch dreißig Minuten und der Weg war nicht weit, trotzdem beeilte ich mich, um mein Ziel zu erreichen. Mein Herz sprang vor Freude und Aufregung. Endlich würde sich mein Wunsch erfüllen. Natürlich würde es einige Zeit dauern, aber ich war mir sicher, dass ich aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hatte. Endlich würde alles gut werden. Ich war glücklich. So unglaublich glücklich.
Schneeflocken wehten mir ins Gesicht. Ich setzte die Kapuze des Mantels auf. Wie schön. Der erste Schnee des Jahres. Kein Wunder, dass es schon den ganzen Tag so kalt gewesen war. Ich lächelte vergnügt.
Ich blieb an der Straßenecke stehen und wartete darauf, dass die Ampel auf grün umsprang. Ich war ganz hibbelig. Wie ein kleines Kind. Doch heute gestattete ich es mir.
Ganz in meiner nähe hörte ich die ersten Töne des Weihnachtsliedes „Guten Abend, schön Abend“. Fröhlich summte ich die Melodie mit. Die Ampel sprang auf Grün. Ich trat auf die Straße. Heute würde der glücklichste Tag meines Lebens werden, da war ich mir sicher.
Das Fell an meiner Kapuze und die Melodie in meinem Kopf verhinderten, dass ich das rasende Auto bemerkte. Das hohe Geräusch quietschender Bremsen und Schreie machten mich erst auf die nahende Gefahr aufmerksam. Ich drehte den Kopf, doch es war zu spät. Der Lastwagen erwischte mich frontal. Ich wurde in die Luft katapultiert, krachte gegen die Fahrerkabine, landete noch einmal auf dem Anhänger und dann hart auf dem Asphalt.
Zuerst spürte ich die Schmerzen noch, doch dann schienen sie immer schwächer zu werden. In meinem Kopf drehte sich alles und das Denken fiel mir schwer. Nur mit einiger Mühe schaffte ich es, den Kopf in Richtung des Briefes in meiner Hand zu drehen. Er war voller Dreck und Blut und zusammengeknüllt, doch ich hielt ihn fest wie einen Rettungsring. Tränen liefen meine Wangen hinab, doch ich bemerkte sie kaum. Ich musste aufstehen. Jetzt. Ich hatte nicht die Zeit, hier liegen zu bleiben. Ich musste da hin. Er wartete auf mich.
Mein Blick wurde glasig, alles um mich herum verschwamm. Ich richtete meine fast blinden Augen zum Himmel und bemerkte den Vollmond. Wie schön. Als würde er auf mich herablächeln. Ich hatte das Gefühl, dass er mir neue Kraft gab.
Eine Gestalt schob sich vor den Mond und nahm mir die angenehmen Mondstrahlen. Etwas warmes lief mir aus dem Mundwinkel und mein Herzschlag verlangsamte sich.
Ich schloss die Augen und stellte mir sein lächelndes Gesicht zum letzten Mal vor. Mein Herzschlag verstummte. Ich starb.

Später fand man heraus, dass der Fahrer des Lastwagens die rote Ampel und mich nicht bemerkt hatte, weil er das Eis auf der Windschutzscheibe seiner Kabine nicht sorgfältig entfernt und dazu noch während der Fahrt mit seinem Handy am Ohr telefoniert hatte. Ich hatte keine Chance gehabt. Uns so kam es, dass der eigentlich glücklichste Tag meines Lebens, gleichzeitig auch mein letzter wurde.
So bleibt mir nun nichts anderes mehr übrig, als über jenen Menschen zu wachen, der mir mein Herz stahl, der mich verletzt hatte und von mir verletzt worden war. Vielleicht waren wir einfach nicht füreinander bestimmt gewesen. Vielleicht war dies die Strafe für jeden Fehler, den ich während meines Lebens begangen hatte. Oder es war einfach nur Ironie des Schicksals.
So oder so, ich kann diese Welt noch nicht verlassen. Ich werde bis zu seinem Tod bei ihm sein, auch wenn er mich nicht mehr sehen, mich nicht mehr hören und mich nicht mehr sehen kann. Ich werde auf ihn warten, bis auch seine Zeit gekommen ist.

Luna,
ich weiß, dass wir unsere Vergangenheit nicht mehr ändern können, genauso wenig wie die Ereignisse, die zwischen uns vorgefallen sind. Doch ich weiß auch, dass wir unsere Zukunft gemeinsam ändern können um uns ein Leben zusammen aufbauen zu können. Es wird mit Sicherheit einige Zeit dauern, doch ich bin mir sicher, dass wir alle Schwierigkeiten, die vor uns liegen, meistern können, wenn wir es nur versuchen. Daher bitte ich dich, höre mich an, dann werde ich auch dir zuhören.
Treffe mich um 19.00 heute in dem Park, in dem du damals in den Brunnen gefallen bist. Doch auch wenn du nicht kommst, ich werde warten, solange bis du zu mir kommst. Für immer. Denn ich habe dich schon immer geliebt, seitdem du mir die erste Ohrfeige verpasst hast, erinnerst du dich?
Bitte, komm.
REN

 

Hi,

also ich muss sagen das ist ja ne traurige Geschichte. Den Anfang empfand ich als hektisch. Aber wenn man die Geschichte als ganzes sieht und ein wenig darüber nachdenkt passt dieses hektische. Genauso fühlt sich der Protagonist. Glücklich und benimmt sich unvorsichtig und hektisch.

Es ist aber gerade in dem Moment traurig wo du aufzeigst wie schnell doch ein schöner Moment von einer auf die andere Sekunde das Ende bedeuten kann. Als er unbedacht auf die Straße läuft, ändert sich urplötzlich die Geschichte. Sie nimmt eine gänzlich unerwartete Wendung.

Es ist auch gerade die Enthüllung des Inhaltes des Briefes am Schluss der Nochmal wie ein Nachtreten in die Seele wirkt, nachdem du mit dem letzten Satz deiner Geschichte einen Dolchstoss versetzt.

Aber es sind einige unnötige Rechtschreibfehler in deiner Geschichte die den Lesefluss doch erheblich stören. Das fängst am Anfang an und hört am Ende auf.

Insgesamt konnte ich mit deiner Geschichte schon was anfangen.

Mfg,

Cozmo

 

Hallo Zaidisha,

Hundemüde ließ ich die Post auf den Tisch und mich selbst auf die Couch fallen.

Ich mag den allerersten Satz nicht - das ist fatal für eine Geschichte - aber wegen der Kürze habe ich weitergelesen.
Ich mag die Idee dahinter nicht, weder stilistisch noch inhaltlich - wie die sich da wie ein Stapel Briefe fallen lässt und die Briefe fallen lässt. Ein Verb ist das wichtigste Element in einem Satz - und das muss passen, die Handlung weiterbringen, schön klingen, ein Bild beim Leser entstehen lassen usw.
Ich legten einen Arm über die Augen und lehnte mich seufzend zurück.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich einen handschriftlich adressierten Brief in dem Poststapel. Neugierig griff ich danach. Mir stockte der Atem als ich las, wer ihn geschrieben hatte. Ungeduldig riss ich den Umschlag auf und las hektisch den Inhalt. Dann schaute ich auf die Wanduhr mir gegenüber. 18.30 Uhr. Der 23. Dezember.
Die ganze Einleitung finde ich unnötig und nichtssagend - ich erfahre nichts über deine Protagonistin. Irgendetwas, um sie einzuschätzen, viele Menschen haben ja so Rituale, wenn sie nach Hause kommen - hier könnte sich das auch so eigenen. Ist bestimmt interessanter zu lesen, aber auch nicht unbedingt lesenswert. Also, du musst dich einfach fragen, wenn das eine fremde Geschichte wäre - würdest du den Absatz lesen wollen. Würdest du den Satz lesen wollen - bringt er deiner Geschichte etwas, deiner Figur, wenn nicht, dann raus damit.

Im Moment schreibst du sehr 'zielgerichtet', was nicht schlecht ist, aber es ist eben keine gute Geschichte, weil es sehr skizzenhaft ist. Ich habe hier zwar nur eine Handlung, aber keine richtige Geschichte - und wenn ich Geschichte sage, dann meine ich so Sachen wie einen schönen einleitenden Absatz, mit Charaktereinführung, Charakterdarstellung/Charakterisierung, Konflikt, eventuell die Hintergründe des Konflikts, Zusammenspiel der Charaktere, Zuspitzung des Konflikts, und sowas wie eine Lösung oder eben offenes Ende.

Ein anderes Problem - deine Ich-Erzählsituation ist eine ganz makabere - die Figur erzählt aus ihrer Sicht in der Vergangenheit, stirbt bei einem Autounfall und erzählt weiter - das ist deswegen makaber, weil die Geschichte mir eigentlich vormacht in meiner Realität zu spielen, aber im Grunde spricht da ein Geist. Ja, hmm, entweder du verwendest den Präsens mit seinen Einschränkungen - wie zb. dass sie nicht wissen kann, was der Lastwagenfahrer an Fehler gemacht hat - oder du lässt den Typen weitererzählen. Oder du lässt den Geist weitererzählen - was ja auch mittlerweile okay ist - wir sind ja schließlich in der Postpostpostmodernen.

Heute war der glücklichste Tag meines Lebens.
Das ist auch so ein Ding - und das werden dir auch andere Kritiker ankreiden - das wird hier nur behauptet - weder wissen wir mit Sicherheit, dass es der glücklichste Tag in ihrem Leben ist noch wird es uns gezeigt.
Erst am Ende stellt sich heraus, ihr Freund will wieder mit ihr zusammen sein. Dass ist für den Leser so ein schulterzuckendes "ja und?", aber für die Protagonistin bedeutet das die Welt. Und diese Bedeutung musst du für den Leser klar machen. Du kannst nicht einfach schreiben, sie war glücklich.

Später fand man heraus, dass der Fahrer des Lastwagens die rote Ampel und mich nicht bemerkt hatte, weil er das Eis auf der Windschutzscheibe seiner Kabine nicht sorgfältig entfernt und dazu noch während der Fahrt mit seinem Handy am Ohr telefoniert hatte. Ich hatte keine Chance gehabt. Uns so kam es, dass der glücklichste Tag meines Lebens, gleichzeitig auch mein letzter wurde.
1. rote Ampel übersehen
2. Windschutzscheibe zugefroren
3. Mit dem Handy gespielt.
Ernsthaft? du lässt dem armen Fahrer auch gar keine Möglichkeit unschuldig zu erscheinen, hauptsache die Prota ist unschuldig. Wäre es nicht cool, wenn sie überglücklich die rote Ampel ignorierend über die Straße geht und es knallt? Ich finde, wenn so glückliche Momente Ursachen für Katastrophen sind, interessanter als so - irgendein Dritter hat halt nicht aufgepasst.

Das ist jetzt vermutlich viel auf einmal. Ein Rat: Guck dir mal die empfohlenen Geschichten an - schau dir den Aufbau und die Figuren an - den Stil. Anfangs ist es echt gut, dir die Sachen abzugucken, das ist gar nicht schlimm, es ist nur dann schlimm, wenn du sie eins zu eins kopierst und zu einem Verlag rennst und er es veröffentlicht und du vom Feuilleton gefeiert wirst.
Ich weiß nicht, was für Bücher du liest, aber lies sie mal unter bestimmten Gesichtspunkten. Lies sie zb. um zu gucken, wie der Autor bestimmte Verben benutzt - was man damit machen kann - oder was für geniale Bilder jemand verwendet - heute bei Toni Morrison gelesen "peachstone skin" - hallo? "peachstone skin" - da entsteht sofort ein Bild - und natürlich ein Gefühl, mit einem Pfirsisch verknüpfen die meisten Bilder etwas Leckeres, Süßes, Fruchtiges, Angenehmes und man weiß direkt, wie die Protagonisten über einen anderen denkt, bzw. welche Assoziationen sie hat, wenn sie an ihn denkt. Das ist sagt viel mehr aus als ein plumpes: sie fand seine Haut schön.

Ich hoffe, du weißt, was ich meine.
Willkommen hier und noch viel Spaß auf der Seite.

JoBlack

 

Hallo!
Vielen Dank, dass ihr meine erste Geschichte kommentiert und überhaupt gelesen habt. Ich danke euch für eure ehrliche Meinungen und werde mir eure Kritik zu Herzen nehmen.
JoBlack, ich verstehe, was du meinst, du hast es sehr deutlich beschrieben. Ich danke dir dafür.
Ich habe die Geschichte extra kurz gehalten, mit einem abrupten Anfang. Manchmal mag ich diese langen Anfänge nicht, wo einem alles bis in die Einzelheiten erklärt wird. Ich dachte, es wäre schön, wenn man seine Fantasie etwas spielen lassen könnte und wollte den Fokus auf die Tragik der Situation lenken. Aber du hast Recht, ich hätte dem LKW-Fahrer vielleicht eine Chance lassen und ihm nicht die ganze Schuld in die Schuhe schieben sollen. Armer Kerl :(
Cozmo, es freut mich, dass du mit der Geschichte etwas anfangen konntest. Ja, es ist sehr traurig. Aber ich finde, dass gerade diese tragischen Augenblicke die Menschen berühren. Mich zumindest berühren sie immer viel mehr, als romantische, süße Augenblicke, die oft von so vielen Klischees durchzogen sind, dass sie vorhersehbar werden. Geschichten mit tragischen Enden und Dramen, bei denen ich so viel geweint habe, dass meine Augen geschwollen sind, bleiben mir zumeist deutlicher in Erinnerung als alles andere. Leider enden meine Geschichten oft sehr traurig...
Wie gesagt, vielen Dank für eure Kommentare! Ich hoffe, dass noch mehr meiner Ideen ihren Weg hieher finden werden und werde mich bemühen, sie ausführlicher zu schreiben. Dies war mein erster Versuch nach einigen Jahren, in denen ich vielleicht mal eine Hausarbeit für mein Studium geschrieben habe und in denen kein Platz für blumige Formulierungen und Fantasie war oder die erst gar nicht auf Deutsch sondern Englisch geschrieben werden mussten. Es wird wohl etwas dauern, bis ich den Dreh wiederfinde, also habt bitte etwas Geduld. Es würde mich freuen, wenn ihr auch meine zukünftigen Arbeiten lesen würdet.

Ich wünsche euch noch eine schöne Woche:),
Zaidisha

 

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