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Wiedersehen

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30.10.2007
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Wiedersehen

Ein Hemd, die oberen beiden Knöpfe offen? Das legere Shirt mit V-Ausschnitt? Oder einfach nur die tiefsitzende, lässige Jeans, sonst nichts? Zu offensichtlich … Scheiße, gleich wird er an der Tür meines Hotelzimmers klopfen. Und ich stehe noch immer halbnackt vor dem Spiegel. Und kann mich nicht entscheiden.

Tock. Tock. Verdammt! Pünktlich auf die Minute. Wie immer. Hektisch ziehe ich mir das Hemd über den Kopf, das ich gerade erst ausgezogen habe. Die Knöpfe richtig geknöpft? Spiegelcheck. Ok, ich sehe hot aus. Bis auf mein demoliertes Gesicht. Das ich mir selbst zu verdanken habe. Mein erster MMA-Fight in dem ich eine Runde abgegeben habe. Für ihn. Es hat funktioniert. Er hat den Kampf gesehen. Mich danach in der Kabine besucht. Nur kurz. Aber lang genug, um ein Treffen auszumachen. Ein paar Tage lang kein Pretty Boy, was soll's. Und gewonnen habe ich dann ja doch. Ein kleines Opfer dafür, ihn wiederzusehen. Endlich.

Tock. Tock. "Ja, ich … ich komme!" Scheiße, verdammtes nervöses Gestotter. Im Ring oder im Octagon bin ich die coole Sau. Und hier … ? Tief durchatmen. Finger nochmal durch die Haare. Doch noch einen Knopf auf. Okay.

Da steht er. Tadellos gestylt. Nicht extra für mich, sondern wie immer. In Hemd und Jeans. Kein Lächeln. Undurchdringlicher Blick. Selbstbewusst, entnervend gefasst. Perfekte Fassade. Das kann er. Und ich? Bin sprachlos. Und will ihn. Meinen Ex-Trainer und Ex-Freund. Ex, weil ich ihn betrogen habe. Ich hatte nicht gedacht, dass es ihm so viel ausmachen würde. Ich hatte gar nicht viel gedacht, in der Nacht, als ich mit Tom in unserem gemeinsamen Bett gelandet war.

Tom, der eigentlich eine Freundin hat, der Schauspieler, der Berufs-Verführer mit seiner tiefen Stimme und seinen vollen Lippen, der mir für seine nächste Rolle ein paar Wochen über die Schulter schauen wollte. Und mehr. Der alles mal ausprobieren wollte. Der begann, mit mir zu flirten und der mich irgendwann alles andere vergessen ließ. Bis er plötzlich im Türrahmen stand. Fassungslos. Ich konnte nicht sagen, dass ich es bereute. Es wäre eine Lüge gewesen. Und er wusste es. Ich ließ ihm praktisch keine Wahl. Ein stolzer Mann, wie er. Er musste gehen.

"Was ist?" fragt er. Oh, fuck it. Warum versuchen, auf abgeklärt zu machen. Sinnlos, ich kann ihm nichts vormachen. Er durchschaut mich sowieso. Dazu kennt er mich viel zu gut. "Ich … ähm ...", ich kratze mich am Kopf, ohne es zu wollen. "du siehst … toll aus! Ich meine … ich … schön, dass du da bist." Verdammt! Er verzieht keine Miene. "Kann ich reinkommen?" Seine Coolness macht mich fertig. "Ja. Klar." Er geht an mir vorbei. "Nettes Zimmer", bemerkt er, zur deckenhohen Fensterfront gewandt. "Hm, ja." Die Suite könnte mir nicht scheißegaler sein. "Magst du … magst du was trinken?"

"Wenn ich noch dein Coach wäre, hätte ich dir nach der ersten Runde die Hölle heiß gemacht." "Wenn du noch mein Coach wärst, wäre das nicht nötig gewesen." Zwischen seinen Augenbrauen bildet sich eine verstimmte Furche. "Was soll das heißen?" "Genau das." Er verschränkt die Arme, taxiert mich durchdringend. "Das war Kamikaze. Ohne Deckung drauf los. Du hast dich einfach vermöbeln lassen. Warum?" Ich zucke mit den Schultern. "Hat es dir nicht gefallen, zu sehen wie mir jemand die Fresse poliert?" Er starrt mich an: "Wie bitte?" Ich versuche ein trockenes Lachen, das leider eher wie ein Husten klingt. "Wütend genug warst du ja auf mich." Er versteht. "Willst du mir erzählen, du hast das mit Absicht gemacht?"

"Keine Ahnung. Ich war schlecht drauf. Ich bin schlecht drauf. Ich fühl' mich scheiße wegen dem, was passiert ist … was ich getan habe. Ich hab' gehofft, dass du den Kampf siehst. Ich … ." "Mach' das nie wieder." "Es … es tut mir ... tut mir ... so leid. Wirklich, ich … das mit Tom war völlig daneben. Ich wünschte … ich wünschte, ich könnte es wieder gut machen." "Du meinst, du wünschtest, ihr hättet euch nicht erwischen lassen? Ihr wärt nicht so bescheuert gewesen, es ausgerechnet in unserem Bett zu tun?" Ich kann seinen Blick nicht halten. Er macht eine abfällige Handbewegung. "Lass es gut sein, es ist passiert. Und es ist vorbei."

Vorbei. Ich fühle den Boden unter meinen Füßen schwanken. "Ich … vermisse dich." Scheiß drauf, lass es raus. "Ich vermisse es, neben dir einzuschlafen. Neben dir aufzuwachen. Ich vermisse es, mit dir zu trainieren. Ich vermisse es, mich mit jemandem ohne Worte zu verstehen. Ich vermisse es, einfach mit dir zusammen zu sein. Verstehst du ich … ich kann nicht glauben, dass es vorbei ist. Ich war mir sicher, dass du immer ein Teil meines Lebens sein würdest ..."

Er sieht mich an. Schweigend. Lässt mich voll auflaufen. Sag was. "... ich bin nicht als dein Ex-Freund gekommen, der eine Beziehung kitten will … Das ist für mich erledigt. Sondern als dein Ex-Coach. Der sich immer noch für dich verantwortlich fühlt. Besonders wenn du derart kolossale Scheiße baust wie gestern Abend."

Alles klar. Aus und vorbei. Erledigt. Nicht heulen. Bloß nicht. Fassung. Ich flüchte mich zum Fenster. Stirn an das kühle Glas pressen. Kurz den "Pause"-Knopf drücken. Es aushalten. Zähne zusammenbeißen. Nichts Unüberlegtes tun. Ich drehe mich um. "Du meinst, das ..." ich zeige mit beiden Händen auf meinen Oberkörper, "interessiert dich nicht mehr?" Ich gehe auf ihn zu, stelle mich direkt vor ihn. "Das lässt dich völlig kalt?" Er verdreht die Augen: "Ich bitte dich!" Der Abgeklärte, der Vernünftige. Ich ziehe mir das Hemd über den Kopf. Ich weiß, wie heiß er meinen Körper findet, er hat es mir oft genug gesagt.

"Weißt du, wieviele Typen töten würden, nur um mich anfassen zu dürfen?" Er lacht ein kurzes unamüsiertes Lachen. "Ja, das weiß ich." Er gibt sich ein wenig zu viel Mühe, mir in die Augen zu sehen. Verraten. "Das macht dich nicht mehr an? Wirklich?" Ich greife ihm zwischen die Beine. Ehe ich fühlen kann, ob er hart ist, reißt es mich zur Seite. Sein Schlag trifft mich völlig unerwartet. Fest. Mit der flachen Hand. Sehr fest. Meine Wange brennt. Eine Glatte von jemandem wie ihm hat es in sich. Besonders auf einem blaugeschlagenen Gesicht.

"Whoa", sage ich, als ich meine Balance wiedergefunden habe. Für den Bruchteil einer Sekunde erwäge ich, zurückzuschlagen. Mich auf ihn zu stürzen. Aber nicht, um ihm wehzutun. "Was denkst du dir eigentlich? Das war respektlos. Indiskutabel. Aber darin bist du ja gut." Ich kann ihn nicht ansehen. Er hat recht. Ich reite mich gezielt weiter rein in die Scheiße. Bravo. "Du willst wissen, ob du mich noch anmachst?! Ja, stell dir vor. Bin ich versucht, dich anzufassen? Ja. Aber ein geiler Körper ist nicht alles. Nicht für mich. Bei Weitem nicht alles." Er holt tief Luft, hält einen Moment inne, ehe er die Frage fragt, vor der ich mich am meisten gefürchtet habe. "Triffst du dich noch mit ihm?"

Ich muss gar nichts sagen, nichtmal nicken und er weiß Bescheid. Er sieht mich ungläubig an. "Ist das dein Ernst?" Er schüttelt den Kopf. "Du triffst dich noch mit ihm und glaubst ernsthaft … ? Verdammt, träumst du eigentlich?" Ein letzter Versuch. "Ich kann nicht … ich will nicht glauben, dass es wirklich aus ist. Verstehst du? Ich … ich liebe dich. Auch wenn ich nicht auf Tom verzichten will, heißt das noch lange nicht, dass ich dich nicht .... Ich liebe dich mehr, als ich in meinem Leben jemals einen Menschen geliebt habe. Aber ich ... ich kann es nicht so, wie du es gerne hättest." "Und ich will und werde dich nicht teilen." "Ich weiß."

Ich ziehe mir das Hemd wieder an. "Ich sollte gehen", sagt er. Bitte. Nicht. "Ich … bring dich zur Tür." Für einen Moment bewegt sich keiner von uns. Dann nickt er. Einfach nicht denken. Durch. Ich gehe an ihm vorbei. Drehe den Türknopf. Er neben mir. So nah, dass ich seine Wärme spüre. Ich wende mich ihm zu. Eine Umarmung zum Abschied. Immerhin. Seine linke Hand auf meiner Taille. Unter meinem Hemd. Auf meiner Haut. Zieht mich an ihn. Sein Körper an meinem. Seine Lippen auf meinen. Länger als nur einen Augenblick. Meine Zunge in seinem Mund. Noch einmal ganz nah. "Bye", sagt er.

 

Hey Mel Vee,

an der Form gibt es nicht's zu meckern, auch vom Aufbau her ist alles sehr gradlinig und läuft auf sein Ziel zu. Aber ich fand das jetzt langweilig, auch inhaltlich ist das jetzt nix Weltbewegendes, die Figuren bleiben auch sehr in ihren Rollen stecken, das Ganze ist sehr berechenbar und deswegen, für mich, eher langweilig. Das Thema an sich, ist okay, aber in der Umsetzung bietet auch das nix Neues, du hast nirgends versucht da irgendetwas zu brechen, weder in der Form, noch vom Plot noch vom Thema her, es ist alles so brav.

Und der eine ist auch das totale Schwulenklischee, oder? Also, wenn man keinen Schwulen kennt, nur aus den Medien vielleicht, dann hat man genau so einen im Kopf, find ich: Schwule sind sexsüchtig, halten nichts von Treue in der Partnerschaft, sind oberflächlich usw. Und der andere, also der Trainer ist genau das Gegenteil davon - das ist mir auch wieder zu schwarz/weiß, zu simpel gelöst.

Die Erzählperspektive ist mMn nicht günstig gewählt, man ist ja gefangen in der Gedankenwelt von dieesr oberflächlichen Tucke da, die sich benimmt, als wär sie vierzehn - das Verhalten, die Sprache usw. Man will sich nicht unbedingt mit ihm identifizieren, dabei müsste eigentlich die Geschichte konsequenterweise eine Identifikationsfigur bieten. :P Das ist dann der Trainer, aber auch der verfällt gegen Ende in dieses Weibliche, was man Schwulen immer ankreidet.
Ja, schwieriges Thema, ist mir persönlich zu banal gelöst - es passiert nicht viel, man erfährt nichts Interessantes über die Figuren, die Sprache ist okay, insgesamt fand ich das doch alles zu brav, zu langweilig, zu zielgerichtet auch.
Ich weiß aber, dass deine letzte Geschichte richtig gut war und sie ist mir immer noch in Erinnerung. Also, besser kannst du es, aber hier ... nee. Man merkt, dass du dir hier keine Mühe gegeben hast.

JoBlack

 

Hey JoBlack,

danke für das Feedback.

Interessant, wie du die Geschichte wahrnimmst. Dass du sie langweilig findest, nun ja, schade, aber das ist nun mal Geschmackssache.

Dass du findest, dass ich Klischees reite, hat mich ein bisschen überrascht. Der Ich-Erzähler ist in deiner Interpretation gleich sexsüchtig, nur weil er auch noch in einen anderen verknallt ist? Hm, also das sehe ich anders. Er vögelt sich nicht wild durch die Gegend, sondern er hat in der Tat eine Bindung zu dem anderen, der Bereiche abdeckt, die sein Ex nicht erfüllt. Gut, das habe ich in der Story nicht erwähnt ;)

Einfach nur des Interesses halber: Würde es für dich einen Unterschied machen, wenn eine der Personen eine Frau wäre, oder beides Frauen?

Ich habe überhaupt nicht beabsichtigt, dezidiert eine "Schwulen-Geschichte" zu schreiben. Sondern primär eine Geschichte über zwei Menschen, die sich zwar lieben, aber doch nicht zusammen sein können. Und die eben zufällig beides Männer sind.

Der eine macht ganz zu, um sich zu schützen, wirkt dadurch vielleicht schwarz/weiß gezeichnet -insbesondere im Kontast zum Erzähler, der emotional ist, ja, in der Tat auch kindlich - und gefangen in seinem Dilemma, dass er beide will. Der gewohnt ist, dass sein Aussehen reicht, um die Menschen zu verführen.

LG, Mel

 

Ich hab die Geschichte ganz anders empfunden als mein Vorkommentierer. Ich habe die tolle Figurenzeichnung genossen. Deine Sprache und die Formulierungen sind sehr passend - ich sehe den Prota vor mir - wie er am Spiegel sagt: Hot!
Schon nach wenig Text hatte ich ein klares Bild der Charaktere und fand diesen besonderen Abend in deren Leben spannend. Am Anfang bin ich über MMA und Ring und Oktagon etwas gestolpert, aber es ist für das Verständnis nicht wichtig, deshalb stört es nicht weiter. Es ist vielleicht der Preis für die sehr passende Sprache, dass sie mir hin und wieder fremd vorkommt. Das Auf und Ab der Emotionen habe ich mitempfinden können - schön auch, dass du Dinge wie die kalte Scheibe oder die Ohrfeige direkt neben die knisternden heißen Gefühle schreibst.
Tja, jetzt sollte ich schreiben, was du hättest anders machen können. Problem: ich finde nix zu meckern ;) Ich finde die Geschichte selbst und auch wie du sie geschrieben hast genau so wie sie ist richtig.
Gerne gelesen, Dankeschön.

 
Zuletzt bearbeitet:

Awww! Dankeschön an dich :)

Ich denke, dadurch dass ich die Charaktere nicht übermäßig detailliert beschreibe, bleibt jedem Leser viel Raum für seine individuellen Interpretationen und Vorstellungen. Ich freu mich jedenfalls, dass du die sie nicht als stereotyp und schwarz/weiß wahrgenommen hast.

Ich habe mir nach der ersten Kritik überlegt, ob ich nicht etwas mehr Backstory zu der Beziehung der Protagonisten hätte liefern sollen, möglich gewesen wäre es, denn ich kenne sie gut. Diese Szene ist nur ein Ausschnitt einer viel längeren Handlung. Mich hat allerdings auch interessiert, wie die Geschichte ohne all diese Rahmeninfos auskommt.

Freut mich jedenfalls sehr, dass sie dir so wie sie ist gefallen hat :)

 

Hallo Mel Vee,

Ok, ich sehe hot aus.
Also: Einerseits ist es gut, wie du den Protagonisten über die Sprache charakterisierst, diese Art zu denken transportierst - andererseits hatte ich den gleichen Eindruck wie Jo: Der Typ ist schon die üble Klischee-Tucke. Das wird dann durch diesen MMA-Hintergrund immerhin etwas aufgebrochen.

Insgesamt ist es mir aber zu wenig. Der Aufbau ist ja etwa: Der Protagonist wartet auf seinen Ex - die Situation zwischen beiden entwickelt sich, dabei wird Vorgeschichte eingeflochten - der Protagonist versucht was - das geht schief - wehmütiger Abschied. Das ist sehr geradeaus, bietet keine Überraschung.

Du schreibst ja selbst:

Ich habe überhaupt nicht beabsichtigt, dezidiert eine "Schwulen-Geschichte" zu schreiben. Sondern primär eine Geschichte über zwei Menschen, die sich zwar lieben, aber doch nicht zusammen sein können. Und die eben zufällig beides Männer sind.
Vielleicht bist du hier etwas auf der abstrakten Ebene, der Grundidee, hängen geblieben. Solche Geschichte müssen eben um ganz bestimmte, konkrete Figuren erzählt werden. Und die können dann nicht "zufällig" schwul sein.

Also der Konstellation fehlt für mich einfach das wirklich Explosive, das psychologisch Hintergründige. Es ist einfach zu klar: Er hat ihn betrogen, will ihn zurück - aber der Ex will halt nicht. Das ist auch innerhalb der Figuren zu sauber getrennt.

Das klingt jetzt erstmal sehr negativ, aber: Wie gesagt, das ist sprachlich erstmal gut gelöst und konsequent aufgebaut. Es reicht mir nur nicht. ;)

Grüße,
Meridian

 

Hey Meridian,

dank dir für dein Feedback!

Ich kann deinen Wunsch nach mehr psychologisch Hintergründigem nachvollziehen. Die Sache ist allerdings die, dass es mich persönlich gereizt hat, eine Innenschau dieser Art auszusparen. Ich wollte eine spezielle Nüchternheit, eine Art außenperspektivische Ansicht, obwohl aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Der Protagonist ist in der Tat ein wenig "außer sich" und reflektiert in der Situation nicht wirklich tiefgehend.

Ich wollte auch bewußt diesen harten Kontrast zwischen emotionaler AUfgewühltheit und kühler, ja kalter Abgrenzung gegenüberstellen. Ich sehe die Szene so ein wenig wie ein Foto, das mit Blitzlicht geschossen wird - eine Momentaufnahme im Leben der Beiden in hartem Licht. Ich kann deinen Kritikpunkt vom Dramaturgischen her schon verstehen, aber ich wollte die Geschichte im Prinzip genau so erzählen. Weil sie mir persönlich genug Dramatik bietet. Aber vielleicht transportiert diese sich für mich deshalb intensiver, weil ich die psychologischen Hintergründe kenne ;)

Hmmmh, die Frage stellt sich nun, ob und wie sich MInimalismus mit psychologischem Unterbau kombinieren lassen ...

Ich finde bemerkenswert, dass allein die Tatsache, dass da einer vor dem Spiegel steht und sich selbst Mut und Selbstbewusstsein über sein Erscheinungbild zuspricht, die Vorstellung von "Tucke" (a.k.a. manierertes, affektiertes Gehabe "haaach, ich seh so guut aus") aufkommen lässt.

Er ist einfach unglaublich aufgeregt und fühlt sich unsicher. Seine Optik ist etwas, das er kontrollieren kann, wovon er weiß, dass er Menschen damit einnehmen für sich kann. Etwas, das er, als er mit Worten scheitert, eher hilflos als letztes Argument für sich zu nutzen versucht. Und womit er seinen Ex schließlich tatsächlich - wenn auch nur minimal - doch kurz aus der Reserve lockt.

Does that make sense ...?

M

 

Hi,

Ich finde bemerkenswert, dass allein die Tatsache, dass da einer vor dem Spiegel steht und sich selbst Mut und Selbstbewusstsein über sein Erscheinungbild zuspricht, die Vorstellung von "Tucke" (a.k.a. manierertes, affektiertes Gehabe "haaach, ich seh so guut aus") aufkommen lässt.
nein, es ist nicht nur die Szene vor dem Spiegel, sein Verhalten, seine Sprache sind die eines vierzehnjährigen Mädchens. Wenn da nichts von zwei schwulen Männern stehen würde, und man müsste raten, was da los ist, würd wahrscheinlich jeder denken, hier ist ein untreues Mädel, das den Ex-Freund wiedergewinnen will.
Übrigens dieses sich schlagen lassen, um dem Ex zu gefallen; sich zum Opfer machen, um durch das Mitleid vom Mann gerettet zu werden, das ist typisch Frau.

Es ist okay, ich sag nicht, dass du das ändern sollst oder sonst was, er kann sich ruhig wie ein Mädchen benehmen, gibt es ja auch in echt, aber bisschen tiefgründiger kann es doch schon sein. Sein Verhalten ist nicht sehr nachvollziehbar, aber genau dieses "unlogische" Verhalten für den Leser nachvollziehbar zu machen, ist die Kunst beim Schreiben. Ich muss mich ja nicht mit ihm identifizieren können, aber, es wäre schon schön ihn zu verstehen.

Einfach nur des Interesses halber: Würde es für dich einen Unterschied machen, wenn eine der Personen eine Frau wäre, oder beides Frauen?

Ich habe überhaupt nicht beabsichtigt, dezidiert eine "Schwulen-Geschichte" zu schreiben. Sondern primär eine Geschichte über zwei Menschen, die sich zwar lieben, aber doch nicht zusammen sein können. Und die eben zufällig beides Männer sind.

Zu deiner Frage: Nein, es wäre kein Unterschied, aber die Figuren wären als Charaktere immer noch sehr eindimensional. Das hat nix mit Geschlechtern zu tun, die Figuren in der Geschichte sind als Personen nicht vielschichtig. Ich weiß nicht, ob es geschickt war nur über "zwei Menschen" schreiben zu wollen, weil ein schwuler Mann andere Erfahrungen hat als eine Frau in den Wechseljahren und genau das die Persönlichkeit wirkt. Die soziale Umgebung, der Erfahrungsschatz, die Erziehung, die Bildung, die Weltansicht - das ist doch bei jedem anders - deswegen kann man nicht einfach zwei Figuren, die quasi den Durchschnittsmenschen wiedergeben, konstruieren.
Das merk ich eben auch deinen Figuren an, sie sind für genau diese Situation konstruiert und nicht umgekehrt.

JoBlack

 

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