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Wiedersehen in Freundschaft

mwd

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01.11.2002
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Wiedersehen in Freundschaft

Als ich auf den kleinen schwarzen Knopf neben dem Messingschild drücke, höre ich drinnen die Glocke läuten. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Hoffentlich ist sie da. Hoffentlich macht sie auf. Erinnert sie sich, dass wir zum essen verabredet sind? Ich hab damals Schluss gemacht und sie sehr verletzt, als ich mir eine "Freundschaft" mit ihr wünschte. Noch mehr verletzt hab ich eigentlich mich selbst, aber sei’s drum. Hoffentlich macht sie auf. Lass mich doch nicht so zappeln. In diesen letzten Tagen hab ich sie mir immer wieder vorgestellt, versucht, mich an Ihr Gesicht zu erinnern, an Ihren Körper, ihre Lust. In meiner Phanatasie war das schon lange nicht mehr als "freundschaftliches Treffen" eingeplant, andererseits kann ich nicht nach so langer Zeit anrufen und sagen: "ich vermiss Dich, lass uns mal wieder ins Bett gehen". Ich kann das nicht – vielleicht hätte’s sie trotzdem mehr gefreut….

Da geht die Tür auf. Erster Eindruck. So hatte ich sie in Erinnerung. Ich versuche ein lockeres freundliches Lächeln. Aber ich weiß, dass sie mich durchschaut. Sie hat mal gesagt "Du bist süß, wenn Du verunsichert bist". In dem Augenblick merkte ich selbst erst, wie dünn das Eis war, auf dem ich mich damals bewegte. Ihre raffinierte Verkleidung mit dem hoch geschlitzten Rock nehme ich in diesem Augenblick nur unterbewusst wahr. Wär’ auch zu viel für mich gewesen. Ich bin froh, als sie einen Schritt auf mich zu macht und begrüße sie mit einer freundschaftlichen Umarmung und einem Küsschen auf die Wange. Ich muss mich bücken und denke: "sie hat noch keine Schuhe an". Sie aber greift sich nur Ihren Mantel und kommt hinter mir hergestöckelt. Hmmm ich hatte sie größer in Erinnerung.

Ganz Gentleman halte ich ihr die Autotür auf und als sie sich setzt fällt ihr Rock auf, bis fast zum Schritt. Ich beschließ, das jetzt nicht gesehen zu haben, bekomme aber, während ich hinten ums Auto ’rumgehe ein paar Probleme, das auch meinem Hoseninhalt klar zu machen.

Während des Essens kreisen meine Gedanken um das was damals war. Warum ich diese Beziehung nicht mehr ertrug. Warum ich gehen zu musste. Warum ich eine Frau mit einer derart erotischen Ausstrahlung sitzen lies. Sie sitzen lies für nichts, außer vielleicht um "wieder frei" zu sein. Ich weiß, ich werd ihr an diesem Abend nicht widerstehen. Und wenn ich ihr so nahe komme wie damals, werde ich sie auch nicht einfach wieder "verlassen" können.

Hoffentlich hat sie nicht gemerkt, dass ich fast nichts gegessen habe. "Geht’s Dir nicht gut? Was hast Du?" fragt sie. "Ach nichts, lass nur, ich hab an was Unangenehmes gedacht. Ist nicht wegen Dir" lüge ich gekonnt. Dennoch will sie wohl den Abend hier abbrechen und bestellt die Rechnung.

Als wir bezahlt haben und wieder im Wagen sitzen bemerke ich, dass wir so eilig aufgebrochen sind, dass wir gar nicht zu unserem einst üblichen Nachtisch "Latte Machiato" gekommen sind. "Komm doch mit zu mir, ich mach uns noch einen", ist eine Einladung auf die ich nach dem abrupten Ende dieses "Essens" nicht mehr zu hoffen wagte.

Ich sitz am Küchentisch, schau ihr zu, wie sie die Milch aufschäumt und gekonnt den Espresso so hineingießt, dass beide sich in den Gläsern schön übereinanderschichten. Eigentlich spann ich die meiste Zeit auf ihren Hintern und ihr die schlanken Beine hoch, aber das will ich wohl selbst nicht bemerken.

Als sie den Kaffee serviert nimmt sie sich nicht den Stuhl mir gegenüber sondern setzt sich ganz nah neben mich auf die Tischkante. Wir löffeln schlürfend den Milchschaum und den darüber gestreuten Kakao. Plaudern ein bisschen belangloses Zeug und scherzen, wie früher. "Latte Machiato" ist wirklich das erotischste Gesöff in der gesamten Kaffeeküche.

Irgendwie verirrt sich meine Hand auf ihre Hüfte. Die Scherze, die so plötzlich wieder gefundene Nähe haben wohl das erste Eis gebrochen. Alt vertraute Handlungsmuster wieder hervorgebracht. Ich spüre, dass sie mir nicht ausweicht und lasse die Hand einfach liegen. Sie lässt mich zappeln, fordert auf ihre Art, dass ich wieder kommen muss, weil ich es war, der gegangen ist. Sie spürt meine Verunsicherung und legt, scheinbar ohne es zu bemerken eine Hand auf meine Schulter. Nach ein paar Minuten steh ich auf und geb’ ihrer Hand die Chance, sich dort aufzuhalten, wo jetzt eh der größte Teil meiner Gedanken herkommt.

Als sie Ihre Hand nicht nur in meinem Schritt liegen, sondern mich mehr als deutlich spüren lässt, dass sie am Inhalt meiner Jeans interessiert ist, ist das Eis endgültig gebrochen. Ich ziehe sie zu mir, drücke sie fest an mich, nicht ohne dabei vor Sehnsucht und Erlösung zu zittern. Unsere Küsse, noch wie früher, als sei die Zeit stehen geblieben. Sie öffnet schon meinen Gürtel während meine Hand noch zwischen ihre Schenkel gleitet. "Hast Du ihn vermisst" frage ich ein wenig staksig und spüre, ihre Küsse wie als Antwort intensiver werden. Ihr feuchter Schoß reibt sich jetzt schon mehr an meiner Hand, als ich sie streichle. Und als ich sie hochhebe und flüstere "wo ist Dein Bett, da haben wir Platz" scheint es mir als habe ich ein leises erleichtertes Schluchzen gehört.

Was jetzt kommt ist einfach zu viel. Wir zerren uns die Kleider vom Leib. Bei jeder Berührung durchlaufen wohlige Schauer meinen Körper. Ihre Wärme ist, als sei ich in ein Nest zurückgekehrt, aus dem ich vor langer Zeit als kleiner Vogel gefallen war. Es dauert Stunden, bevor wir uns wieder kontrollieren. Erschöpft und verschwitzt aneinandergekuschelt nebeneinander im Bett liegen und hoffen, dass keiner von uns der erste sein wird, der etwas sagt.

Das Schweigen schließlich wird grausam. Zu viel Nähe, so viel Schweigen, so viel Einverständnis und Geborgenheit. Dennoch so viel Unklarheit so viel unerträgliche Stille um "unsere" Zukunft, ja sogar darum ob es eine sein wird. Als sie ein wenig eingedöst ist stehe ich vorsichtig auf und ziehe mich rasch an.

Schon Reisefertig trete noch mal an ihr Bett, murmle was von "morgen früh raus" und "weiter Weg", wie als Entschuldigung, dass ich nicht bleiben könne. Ich hauche ihr einen Kuss auf die Stirn und bin weg. Puuuh. Was für eine Nacht. Was für eine Frau. Was für eine "Freundschaft".

"Sie wird mich diesmal nicht wieder loslassen und ich möchte gar nicht mehr weg von ihr" ist alles was ich denken kann. Auf halbem Weg nach Hause benutze ich die nächste Autobahnabfahrt um zu wenden ("Underneath your clothes" von Shakira auf einslive - ich kann nicht mehr anders). Ich murmle meinem Chef was von "morgen halber Tag Urlaub" auf die Mailbox und stehe kaum zwei Stunden später wieder vor ihrer Tür.

Als ich auf den kleinen schwarzen Knopf neben dem Messingschild drücke, höre ich drinnen die Glocke läuten. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Hoffentlich ist sie da. Hoffentlich hört sie es klingeln mitten in der Nacht. Hoffentlich macht sie auf.

 

Hey mod,
die Geschichte gefällt mir. Sie lässt sich flüssig lesen und an einigen Stellen musste ich auch Schmunzeln.
An manchzen Stellen finde ich beschränkst du dich zu sehr auf den sexuellen Aspekt.
Kommt aber sehr selten vor, ist auch nicht schlimm.
Davon abgesehen konnte ich mich mit deinem Protagonisten ziemlich identifizieren, nur, dass ich nie mit dem Mädchen zusammen war.
Nicht schlecht die Geschichte.
Gruß
Roman

 

mod: bitte keine Links in Geschichten posten.

 

Wie gesagt ist die Geschichte eine Nacherzählung und ich wollte nicht zu sehr vom "Original" abweichen, deshalb stehen vielleicht Aspekte im Mittelpunkt, die ich auch nicht so sehr betont hätte. Die Frage, aus der die Nacherzählung provoziert wurde war nur: Geht ein männlicher Protagonist planvoller an die sexuellen Aspekte eines solchen "Wiedersehens" heran oder weniger planvoll, als in der Originalgeschichte. Dies ist mein Diskussionsbeitrag.

Ansonsten freue ich mich über Dein Lob und versuche weiter besser zu werden.

Gruß
mod

 

@webmaster, sorry ist jetzt ein zweites Mal (siehe oben stehende Antwort) passiert, weil ich das webmaster Mail erst gerade gelesen habe. Soll nicht wieder vorkommen.

mod

 

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