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Wieder Weihnachten

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01.03.2005
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Wieder Weihnachten

"Joyeux Noël! C'est délirant", spricht das kleine Kind der Nachbarn schon wieder in fließendem Französisch. Die Eltern des Jungen, Frank und Carmen, gaben ihn der Familie, da sie ohne ihren Benjamin Weihnachten auf Hawaii feiern wollen. Die Reise war der zweite Preis eines, auf der Weihnachtsfeier der Firma des Mannes, stattgefundenen Gewinnspiels. Lösungsvertraute Organisatoren durften nämlich ebenfalls teilnehmen. Wie dem auch sei, spricht der kleine Benjamin, seit der Weggabe ausschließlich französisch. Fließend! Andreas, der Familienvater, 38, Schmied, Halbglatze und Fahne, Schnauzer und Poren, weiß nicht, was er davon halten soll. Um diese Verzweiflung zu vertuschen, schmückt er den Tannenbaum mit goldenen und roten Kugeln. Der Baum steht in diesem Jahr nicht, wie sonst, mitten im Wohnzimmer, sondern vor der Haustür, jedoch innerhalb des Hauses. Das war der Barbara, 40, pummelig und Hausfrau, ebenso Mutter zweier Töchter, sieben und ein halbes Jahre alt, sehr wichtig, denn wenn der Andreas nun seinen Kasten Billigbier aus dem Kofferraum des Polos holt, würden die Nachbarn den Baum sehen und, soweit es möglich ist, den Glauben an Gott und die Kirche erkennen. Was so ein Baum alles möglich machen kann...
"C'est bien, hehe, c'est bien!", schwärmt Benjamin für den Tannenbaum, vom Vater nun vollendet. Andreas schwitzt, kriegt Angst. Das ist das erste Mal, dass der kleine Junge ihn direkt angesprochen hat. Er beginnt zu zittern, wühlt in der Holzkiste nach einer weiteren Glaskugel, müsste aber eigentlich ganz genau wissen, dass er die Letzte bereits vor einigen Minuten an den Baum hing. Unvorsichtig, schaut er nach links, sieht seinen Vater aus einem neuen Auto steigen, dann nach rechts, wo Barbara mit der siebenjährigen Claudia Plätzchen backt. Andreas rennt in eine andere Richtung, da ihm links und rechts zu wenig Freiheiten erlauben. Oben angekommen, betritt er das Badezimmer und dreht den Schlüssel viermal nach rechts, atmet erleichtert auf, wischt sich den Schweiß vom mittlerweile bordeaux-roten Kopf und rasiert sich die zwei Tage alten Stoppeln aus dem Gesicht. Dabei denkt er an das heute Abend anstehende Weihnachtsessen, seinen Vater und die Personalchefin. Er hört unten seinen Vater reden, vermutlich mit seinem mitgebrachten Dackel Albert. Andreas erinnert sich ans letzte Jahr, als Albert sehr häufig unter den Weihnachtsbaum urinierte. Opa Hannes bleibt jedes Jahr am Heiligabend und am 1.Weihnachtstag bei seinem einzigen Kind. Andreas’ Mutter lebt seit nunmehr 18 Jahren in Belgien. Opa Hannes neue Frau verschwindet jedes Jahr am 22.Dezember völlig grundlos für exakt eine Woche. „Es ist nicht wegen dir!“ hört er dann nach dieser Woche immer wieder. Letztes Jahr sagte sie etwas mehr dazu, aber Hannes war zu betrunken.
Andreas geht die Treppe hinunter und geht lächelnd auf seinen Vater zu. „Du kriegst nichts!“ erinnert er Andreas grob. „Oh...ja, ähm, stimmt...“ murmelt Andreas und geht weinend in sein Zimmer. Am nächsten Morgen schmiert er wortlos Marmelade auf sein Brötchen, während Benjamin ihn anstarrt und ihm Wörter wie: „Bâilleur“ (Schlafmütze), „oublier“ (verschlafen) und „hier soir“ (gestern Abend) zuflüstert. Andreas’ linkes Augenlid beginnt zu zucken. Er schaut durch die Tür zum Tannenbaum. Das Strahlen der Krone beruhigt ihn ein bisschen. Zwei Meter tiefer jedoch pinkelt Albert, bis ihn ein Marmeladenbrötchen trifft. Hannes geht völlig mechanisch und ganz ohne Emotionen in Richtung Albert und leckt die klebrigen Erdbeerreste vom Fell. Die Familie weiß noch nichts von seinen neuen Tabletten. Barbara erinnert sich ans letzte Jahr, als Hannes ihr eine seiner Kopfschmerztabletten gab. Abends erzählt er der Familie vor dem Kamin von den Nebenwirkungen. Barbara verdrängt ihre Kopfschmerzen, um keine dieser Tabletten zu benötigen und bringt zudem die Kinder ins Bett, denn heute gibt es keine Geschenke mehr. Als sie zurück kommt, ist Andreas schon betrunken, denn seitdem er nur noch eine Niere hat, genügen drei Bier völlig. Barbara bewundert ihn dafür und Hannes zieht sich seine Jacke an. Er verabschiedet sich küssend von Barbara. Andreas hingegen ist eingeschlafen. Während Hannes seinem Hund die Leine anlegen möchte, fällt ihm ein, wo seine Frau steckt und er beschließt doch noch für eine Nacht zu bleiben. Er geht mit der vom Abschiedskuss noch ganz verlegenen Barbara nach oben ins Schlafzimmer.
Am nächsten Morgen er nach dem Duschen verabschiedet er sich zwinkernd von Barbara und lächelnd von Andreas und verlässt das Haus. Sogar der leblose Baum im Flur wusste mehr als Andreas und im Hintergrund hört man ein französisches Gekicher. „Ich sollte abends weniger trinken“, denkt sich Andreas und massiert seine dröhnenden Schläfen.

 

Hallo Barney Hotson!

Eine ziemlich tragische Geschichte, die Du da schilderst - allerdings auf eine recht oberflächliche und, wie mir vorkommt, recht ironische Art, die in meinen Augen nicht dazu paßt und eher so wirkt, als fändest Du solche Familiendramen tatsächlich lustig. Kann natürlich auch sein, daß das Ironische nur durch die Oberflächlichkeit entsteht und Du das gar nicht so wolltest...

Schon mit den Steckbriefen anstelle von in der Geschichte dargestellten Charakterisierungen schaffst Du diese Oberflächlichkeit:

Andreas, der Familienvater, 38, Schmied, Halbglatze und Fahne, Schnauzer und Poren,
Barbara, 40, pummelig und Hausfrau, ebenso Mutter zweier Töchter, sieben und ein halbes Jahre alt,

Zudem gibt es für die Kürze der Geschichte viel zu viele Personen, die Du kurz ansprichst. Etwa die Ex-Frau von Hannes in Belgien oder die neue, die immer irgenwohin verschwindet - die haben mit der Geschichte an sich überhaupt nichts zu tun. Es wirkt dadurch nur so, als würden in einem Theaterstück jede Menge Schauspieler kurz über die Bühne laufen und wieder verschwinden.

Und was das französischsprechende Kind in der Geschichte verloren hat, ist mir leider überhaupt nicht klar geworden, obwohl es mir so vorkommt, als sollte sich dahinter noch irgendeine Pointe verbergen. Aber bei dem Wirrwarr in Deiner Geschichte kann ich mir da nicht so sicher sein, deshalb macht es mir auch keinen Spaß, danach zu suchen.

Wenn Du die Geschichte ernst meinst, dann arbeite sie ausführlicher aus, gib den Personen Charakter und keine Steckbriefe, und beschränke Dich auf die notwendigen Personen. Daß der Vater von Andreas immer zu Weihnachten kommt, hätte ich auch so hingenommen, ohne Erklärung zu Frau und Ex-Frau, und wenn Du es erklären willst, reicht ja auch ein "seit seiner Scheidung" oder so. Dafür kannst Du mit allem anderen mehr in die Tiefe gehen. Menschen handeln nicht nur, sie denken und fühlen. Laß den Erzähler näher an Hannes rücken, oder schreib in der Ich-Form aus Hannes´ Sicht.

Und falls Du sie doch nicht ernst, sondern humorig gelesen haben wolltest, dann laß sie am besten nach Humor verschieben, dann weiß man gleich, woran man ist.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Víelen Dank, Susi!

Ich habe es mir schon so gedacht, dass die Ironie nicht verstanden wird.
Meist schreibe ich so, wie ich auch lesen möchte und da gehört so ein "Wirrwarr" häufig dazu! Auch wenn es "nur" durch ein französisch-sprechendes Kind ist! :-)

Bitte um Verschiebung zu "Humor" !

Gruß Barney

 

Mehr Verständnis für die Ironie hätte ich gehabt, wenn keine Kinder mit im Spiel wären und es nur um die Erwachsenen ginge. Aber wenn ich mir die Geschichte aus der Warte des siebenjährigen Mädchens vorstelle, dann ist da eigentlich wirklich nichts lustig.

Am 24. Dezember kann man am frühen Nachmittag viele Familien sehen, die an Deine Geschichte erinnern. Die Mutter stützt mit der einen Hand den Vater, weil er gar nicht mehr gerade gehen kann, mit der anderen schiebt sie den Kinderwagen, und hinterher trottet ein Kind im Kindergartenalter, das die Freude an Weihnachten schon längst verloren hat. Schau einmal in die Gesichter der Menschen, dann siehst Du, daß sowas nicht lustig ist.

Liebe Grüße,
Susi :)

PS.: Zum Verschieben mußt Du dem Moderator schreiben - das ist hier Dante. Oder Du klickst auf das Rufzeichen rechts oben an dem Beitrag und schreibst da Deinen Wunsch hinein.

 

Hey, der Vorschlag "Humor" kam von dir! :-)

Ich schreibe Geschichten sehr häufig oberflächlich, dennoch keineswegs unüberlegt. Viele Geschehnisse sind autobiographische Erfahrungen.
Ich möchte weniger provozieren, vielmehr zum Denken anregen.

Gruß Barney

 

Meine Meinung!

Hallo Barney!

Der Text ist ausgesprochen abgehackt und verwirrend geschrieben. Hm, die Sache mit dem nur noch fransösich sprechenden Kind denek ich mir so, dass Du damit zeigen wolltest, wie(!) kaputt diese Famlie bereits ist. Da passte dann zum Verhalten der einen Frau, die ohne großartige Erklärungen einfach immer wieder verschwindet, und auch dazu, dass, als sie endlich etwas erklärte, dies überhaupt nicht registriert wurde.

Hier sind noch einige Verbesserungen:
1. Die Reise war der zweite Preis eines Gewinnspieles, das auf der Weihnachtsfeier der Firma des Mannes stattgefunden hatte.
2. Sie gaben ihn zu der Familie...
3. Wie dem auch sei, spricht der kleine Benjamin seitdem ausschließlich französisch.
4. Unvorsichtig schaute er nach links, ...
5. Im Hause betritt er das Badezimmer, ...
6. "Du kriegst nichts!", erinnert der Andreas grob.
7. Als er schon vorhat, seinem Hund die Leine anzulegen, ...
8. Am nächsten Morgen verabschiedet er sich...

Gruss
Gaby-tastifix :)

 

Hallo Barney,

ich stimme Häferl darin zu, dass die Szenen, die du beschreibst leider häufig traurige Realität sind. Dennoch konnte ich diese Traurigkeit bzw. die Tragik der Situtation zwar lesen aber nicht spüren. Deine Personen kommen irgendwie nicht an mich ran, sind mir zu farblos, als dass ich mich wirklich für sie interessieren könnte.

Die Sache mit dem französisch sprechenden Kind, na ja. Ich sehe das ähnlich wie Gaby, niemand in der Familie hört dem anderen richtig zu, es gibt kein miteinander sondern nur ein nebeneinander. Durch die fremde Sprache kommt das nochmal deutlicher raus, nur so wahnsinnig realistisch ist es halt nicht.

Das führt mich zu der Frage, wie der Text einzuordnen ist. Gesellschaft? Satire? Humor? Irgendwie ist er für mich mittendrin, aber nirgends wirklich. Es fehlt für mich die Richtung, die Kernaussage. was willst/wolltest du erreichen?

 

Hey, ihr beiden!

Vielen Dank für's Lesen. So kurz vor Weihnachten immer wieder nett...
Nun einige Antworten:

Für Gaby:
Diese ahgehackten Verwirrungen sind beabsichtigt. Sie sollen die Weihnachtshektik verdeutlichen.
Korrekt erkannt, die französische Sprache soll tatsächlich auf das verkorkste Familienleben hinweisen. Ebenso die von dir erwähnten Ereignisse.

Für Cassandra:
Diese Pappcharaktere in meiner Geschichte sind ganz bewusst gewählt worden, um ihr oberflächliches, empathiefreies Leben wieder zu spiegeln. Zudem lässt es dem Leser Freiraum für Interpretationen.
Stimmt, dass es nicht realistisch ist, jedoch sehr unterhaltsam, m. M. nach.
Die drei von dir genannten Genres treffen die Sache so ziemlich auf den Punkt.
Bin in solchen Sachen er übergreifend. Mir fällt es oft schwer in Schubladen denken zu müssen!! ;-)
Wollte die, vor allem durch die Medien, vorgegaukelte Weihnachtsidylle anprangern, ha!
Primär aber gilt:
Es gibt leider viel zu viele Familien, die niemals ein "tolles Weihnachtsfest" erleben werden. Weihnachten steht symbolisch für das Leben im Allgemeinen.

Danke nochmal und bis dann...
BARNEYYYYY

 

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