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Wie wäre es tot zu sein?
Wie wäre es eigentlich, tot zu sein? Fragte sich Richard, mitte 30, recht guttaussehend, erfolgreich und dazu noch charmant, bevor er mit reichlich Anlauf, beherzt und voller Erwartungen, aus dem siebten Stock des Hôtel Du Louvre sprang. Nicht, dass es wirklich einen Grund gegeben hätte, so früh abzudanken. Er wollte schlicht mal herausfinden, wie es eigentlich wäre, tot zu sein. Richard war schon immer etwas neugieriger als die anderen gewesen und so kam es zuweilen vor, dass er gar Aussergewöhnliches tat und somit zum Publikumsliebling avancierte. Einmal übte er sich im Rückenkraulen durch die Pariser Kanalisation, um zu erforschen, wie viel Liter Fäkalien so ein komplexer menschlicher Magen eigentlich aufnehmen konnte, das andere Mal versuchte er zu ergründen, wie sich Blinde eigentlich fühlen, wenn sie statt der ersehnten Augentropfen ausversehen den Sekundenkleber zu greifen bekamen.
Manche riefen ihn einen Extremisten, er selbst sah sich eher als letzten grossen Forscher und Entdecker dieses Landes.
Leider hatte sich der geniale Forscher nun ein klein wenig in der Berechnung der Ballustradenhöhe des Balkons vertan und so kam es, dass er unglücklicherweise mit den langen, sportlichen Beinen gegen das schwarze Gitter stolperte und dem erwartungsvollen Publikum, jung wie alt, nun kopfüber entgegenstürzte. Noch im Stürzen, ärgerte sich Richard ein wenig darüber, dass ihn sein kleiner Berechnungsfehler nun weniger graziös aussehen lassen würde. Dann, kurz vor dem Aufprall, fing sein Gesicht wieder an zu strahlen.
Sieht mein Flug auch weniger elegant aus, so kann ich doch jetzt zumindest erforschen, inwieweit sich die Landung nun intensiver auf den Kopf auswirken wird, ging ihm durch denselbigen. Mann müsste dann noch ein zweites Mal springen, um zu vergleichen. Nächstes Mal würde er sich ganz sicherlich nicht verrechnen. Immer das Positive sehen, das Glas ist doch stets halbvoll, dachte er, bevor er mit einem dumpfen Geräusch auf dem steinharten Asphalt aufschlug.
Wie wäre es eigentlich, am Leben zu sein?
(c) 2005 Francois
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