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Wie Tilla ins Sonnenreich kam

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08.01.2009
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Wie Tilla ins Sonnenreich kam

Es war kühl an diesem Morgen. Nebelschwaden lagen noch über dem Feenwald und der Tau bahnte sich träge seinen Weg über die sattgrünen Blätter. Tilla gähnte und streckte mit einem leisen Rascheln erst ihren linken Flügel und anschließend den Rechten. In der aufsteigenden Morgensonne schimmerten sie wie ein Regenbogen. Tilla war eine Blumenfee und ihre Arbeit begann schon früh am Tag. Sie sorgte zusammen mit den anderen Blumenfeen dafür, dass immer genug Gänseblümchen auf der großen Wiese wuchsen, denn Gänseblümchen waren das Lieblingsessen der Waldbewohner. Der Hase vernaschte zehn auf einmal zum Frühstück, der Fuchs genehmigte sich immer eine Pfote voll zum Nachtisch und selbst der Bär vergaß, den Bienen ihren Honig zu stibitzen, wenn er an der duftenden Gänseblümchenwiese vorbei kam. Doch am Schlimmsten waren die Kobolde. Sie nahmen selten Rücksicht auf den Hunger der anderen und oft genug kam es vor, dass Tilla die Wiese leer vorfand, obwohl die Waldbewohner genau wussten, dass immer ein Gänseblümchen stehen bleiben musste. Denn nur so konnte der Zauber der Blumenfeen wirken, der an jedem Morgen die Wiese wieder mit frischen Gänseblümchen füllte. War jedoch keines übrig, mussten erst neue gesät werden und dann dauerte es drei Tage und Nächte, bis die Wiese wieder blühte. Keiner der Waldbewohner wollte so lange ohne Gänseblümchen sein, also machten sie einen Plan, an den sich auch die Kobolde halten mussten. Jeder durfte pro Tag nur zehn Gänseblümchen naschen. Wer sich nicht daran hielt, bekam am nächsten Tag gar keines. Die Arbeit der Blumenfeen hatte sich damit verdoppelt, denn nun waren sie auch die Wächter der Gänseblümchenwiese und passten auf, dass niemand zu viel nahm.

An diesem Morgen nun flog Tilla wie immer den Weg an den wispernden Eichen entlang, die verschlafen mit den Ästen knarrten. Sie überquerte den lilafarbenen Bach, dessen Wasser nach Brombeeren schmeckte und sah schon von Weitem die Blumenwiese. Doch was war das? Über der Wiese flatterten die Blumenfeen aufgeregt hin und her. Sie schimpften leise und schüttelten immer wieder den Kopf. Alle Gänseblümchen waren verschwunden. Wie konnte das nur passieren?
Es war schon lange her, dass Tilla die Wiese ganz leer gesehen hatte. Das letzte Mal an dem Morgen, bevor alle Waldbewohner sich zusammen den Plan überlegt hatten. Tilla flog noch einmal über die Wiese. Nicht ein weißes Blatt war mehr zu finden.

Seufzend begannen die Feen, neue Gänseblümchen auszusäen. Drei Tage und Nächte warteten die Waldbewohner voller Sehnsucht auf neue Blumen. Am vierten Morgen wachte Tilla noch früher auf als sonst und flog voller Vorfreude zu der großen Wiese. Doch sie war wieder leer! Die wispernden Eichen trugen die Nachricht durch den Feenwald und schon nach kurzer Zeit hatten sich alle Bewohner auf der leeren Wiese versammelt. Das war ein Gemurmel. Der Hase gab dem Fuchs die Schuld, der Fuchs schob es auf den Bären und dieser sagte, die Kobolde seien ja viel dicker als sonst, das könnte wohl nur von zu vielen Gänseblümchen kommen. Doch Tilla bat um Ruhe und nun sahen alle nach vorne zu den Blumenfeen:

„Wir alle“, sagte Tilla, „wir alle waren sehr zufrieden mit unserem Plan. Jeder hatte immer gleich viele Gänseblümchen und deshalb kann ich einfach nicht glauben, dass einer von uns der Dieb ist“.

Die Waldbewohner nickten nachdenklich und die Eule schuhute: „In den letzen Nächten lag ein sonderbares blaues Licht über dem Feenwald. Es verbreitete einen hellen Schimmer, fast wie der Mond aber ich dachte mir nichts weiter dabei. Das Licht war wie ein guter Freund, der mich auf meinen nächtlichen Streifzügen begleitet hat“. Wieder ging ein Raunen durch die Gruppe. Der Hase richtete sich auf, wackelte mit dem linken Ohr und sagte wild entschlossen: „Also gut, wir werden den gemeinen Gänseblümchendieb zusammen fangen. Wenn wir Nachtwache halten, kann er uns nicht entwischen“.

Während die Blumenfeen sich wieder darum kümmerten, dass die Gänseblümchen nachwuchsen, legten die Waldbewohner fest, wer als erster Nachtwache halten sollte. Die Wahl fiel auf den Fuchs und Tilla, denn falls der Dieb fliegen konnte, würde Tilla ihn verfolgen. Nach drei Tagen und drei Nächten war es so weit. In der vierten Nacht versteckten sich Tilla und der Fuchs in den Sternblumenbüschen am Rand der Gänseblümchenwiese. Sie lauschten den Geräuschen der Nacht, hörten die Frösche am Brombeerbach quaken und erschreckten sich, als die Eule mit einem leisen Rascheln auf dem Ast über ihnen landete.
„Das blaue Licht ist wieder da“, sagte sie leise, „ich habe es über den Mohnblumenhügeln gesehen“.
Der Fuchs und die kleine Fee sahen in die Richtung der Hügel und tatsächlich: ein blaues Licht bewegte sich auf die Gänseblümchenwiese zu. Am Rand angekommen hielt es an. Aufgeregt schauten der Fuchs, Tilla und die Eule zur anderen Seite der Wiese und dann trat aus dem blauen Licht ein wunderschönes Pferd. Doch was war das? Tilla sah genauer hin und konnte hinter den Ohren zwei leuchtend blaue Hörner erkennen. Verwundert rieb sie sich die Augen. Die Hörner waren immer noch da und gerade verschwand das seltsame Licht in ihnen. Das Fell des Pferdes hatte die Farbe des Himmels, wenn er an einem Sommertag wolkenlos erstrahlte. Die Mähne und der Schweif waren von einem dunklen Blau, nur die Hufe des Pferdes waren blassrosa, wie die Tortencreme von Tillas Lieblingskuchen. Das Pferd setzte sich in Bewegung und fing an, die Gänseblümchen zu essen.
„Wir müssen etwas unternehmen“, flüsterte der Fuchs. Tilla nickte, nahm all ihren Mut zusammen und flog auf das seltsame Pferd zu:
„Das sind unsere Gänseblümchen, die du da gerade isst Pferd“, sagte sie wütend, „Wegen dir haben wir seit sechs Tagen kein einziges naschen können. Du kannst doch nicht einfach herkommen und uns alles wegessen“.

Betroffen sah es die kleine Fee an: „Das wusste ich doch nicht. Außerdem bin ich kein Pferd sondern ein Zweihorn und ohne die Gänseblümchen kann ich nicht wieder zurück nach Hause ins Sonnenreich“. Jetzt begann das Zweihorn dicke Tränen zu weinen und es erzählte Tilla die ganze Geschichte: „Mein Name ist Firindo und ich wohne im wunderschönen Sonnenreich, hoch über den Wolken, wo es niemals regnet. Wir Zweihörner werden mit einem blauen Fell geboren, das sich nach einiger Zeit rosa färbt. Wenn es ganz rosa ist, dürfen wir in die Schule gehen wo wir lernen, unser Zauberlicht zu benutzen. Bis jetzt kann ich damit nur fliegen. Wie du sehen kannst, ist mein Fell nicht rosa geworden, obwohl ich schon so lange darauf warte. Meine Freunde gehen jeden Tag in die Schule und lernen so viele tolle Sachen, nur ich muss zu Hause bleiben. Dann hat mir meine Großmutter von einer Zauberblume erzählt, die nur auf der Erde wächst. Ihre Blätter sind weiß wie die Schäfchenwolken und ihre Mitte von einem Rosa, wie das Fell der großen Zweihörner. Wenn man genug von den Blumen isst, fängt das Fell sich an zu färben. Also bin ich zur Erde geflogen und habe diese Wiese hier voller Zauberblumen gefunden und sieh nur, meine Hufe sind schon rosa geworden“.

Nachdenklich sah Tilla das Zweihorn an: „Wir werden dir helfen aber nur, wenn du aufhörst unsere ganzen Gänseblümchen zu essen“. Firindo nickte und Tilla gab den wispernden Eichen den Auftrag, alle Waldbewohner zu wecken und auf die große Wiese zu bestellen. Es dauerte gar nicht lange bis die Stille der Nacht von lautem Geschnatter durchbrochen wurde. Der Mond blickte erstaunt auf die ungewöhnliche Versammlung hinab, die sich zu so später Stunde zusammen gefunden hatte. Wie verzaubert sahen die Waldbewohner das schöne Zweihorn an. Firindo aber fühlte sich sehr unwohl, schließlich hatte er alle Gänseblümchen allein aufgegessen.

Doch nachdem Tilla die Geschichte von Firindo erzählt hatte, war ihm niemand mehr böse und gemeinsam überlegten sie, wie man ihm helfen könnte. Es war die Eule, die eine rettende Idee hatte: „Hinter den Mohnblumenhügeln lebte doch einst ein Bauer, der auf seinen Feldern Steckrüben angebaut hat. Erinnert ihr euch noch an den Tag, an dem er in die große Stadt hinter dem dunklen Tannenwald gezogen ist? Seitdem sind seine Hütte und die Felder leer. Wenn wir sie zusammen umgraben, können die Blumenfeen dort Gänseblümchen wachsen lassen, die Firindo dann essen kann“. Die Tiere, Kobolde und Feen nickten zustimmend. Das war eine gute Idee und sie wollten gleich am nächsten Morgen mit der Arbeit beginnen.

Es war schon lange her, dass der Bauer weggezogen war und die Waldbewohner hatten eine Menge zu tun. Sie zupften den Löwenzahn heraus, buddelten die Erde um und klopften sie anschließend wieder glatt. Endlich war es soweit, die Blumenfeen konnten mit ihrer Arbeit beginnen. Sie säten neue Gänseblümchen aus, tanzten und sangen dazu und gossen die Felder mit Wasser aus dem Brombeerbach. Als alles fertig war gingen die Waldbewohner schlafen und sie waren so erschöpft, dass sie drei Tage und drei Nächte verschliefen. Sie erwachten am vierten Morgen. Die Luft roch nach Gänseblümchen. Der Wind trug den Duft in jede Ecke des Feenwaldes. Aufgeregt flatterte Tilla zu den großen Feldern. Firindo wartete schon auf sie. Er konnte es kaum erwarten, endlich anzufangen.

„Worauf wartest du noch?“, fragte Tilla, „alle diese Gänseblümchen sind nur für dich. Doch lass eines übrig, falls sie nicht ausreichen, um dein Fell zu färben“. „Gänseblümchen“, flüsterte Firindo und dann begann er, die Blüten zu essen. Firindo hatte gerade das erste Feld leer, da wurden seine Beine ganz rosa. So rosa wie die Mitte der Gänseblümchen und nicht so blassrosa wie noch vor ein paar Tagen, wo sie aussahen wie der Himmel, wenn gerade die Sonne aufgeht. Beim letzten Gänseblümchen sah er Tilla an. Inzwischen war alles an ihm rosa geworden, nur auf der Stirn war noch ein hellblauer Fleck in Form von einem Gänseblümchen. „Der Fleck soll bleiben“, entschied Firindo, „er wird mich immer an dieses schöne Abenteuer erinnern“.

Die Waldbewohner feierten ein rauschendes Fest. Es floss viel Brombeerwasser und sie schlugen sich den Bauch mit Gänseblümchentorte voll. Als Firindo sich auch den Weg zurück ins Sonnenreich machen wollte, waren alle sehr traurig. Er versprach, den Feenwald bald mal wieder zu besuchen. Tilla aber war eine schrecklich neugierige kleine Fee. Sie wollte unbedingt das Sonnenreich kennenlernen und so flog sie zusammen mit Firindo hoch über die Wolken in das Land, in dem immer die Sonne scheint.

 

Das ist eine der Lieblingsgeschichten meiner Tochter, die ich mir öfter für sie ausdenke. Ich hoffe sie gefällt euch.

 

Hallo Seramona,

die Geschichte gefällt mir gut, weil ich Gänseblümchen sehr mag (auch wenn die doch immer gelb in der Mitte sind ?!) und die Waldwelt mit sehr viel Phantasie aufgebaut und ausgeschmückt wird, soweit finde ich die Geschichte wirklich gelungen, wenn auch _sehr_ auf eine weibliche Phantasiewelt zugeschrieben. Doch das zumindest konsequent und mit guten Ideen, einer stimmigen Sprache und freundlichen Charakteren.

Was mir aber garnicht gefällt, ist :

Was Tilla und Firindo im Sonnenreich alles erleben, das erfahrt ihr in der nächsten Geschichte.

So ist es eine Fortsetzungsgeschichte und wird - so Du kurzfristig nicht das Ende abwandelst, daß sie für sich steht und abgeschlossen ist - gelöscht werden. Als Serie mit den Charakteren ist es kein Problem, doch bitte jede Geschichte für sich abgeschlossen und für sich stehend, das sind die Regeln auf KG.de. Bitte also schnell bearbeiten.

Endlich war es soweit, die Blumen konnten mit ihrer Arbeit beginnen.
Blumenfeen

Insgesamt kann ich die Begeisterung Deiner Tochter nachvollziehen :)

Grüße
C. Seltsem

 

Hallo C. Seltsem,

vielen Dank für deine Antwort, hab sofort beides abgeändert :)

Ja du hast recht, die Geschichte ist wirklich sehr weiblich. Meine Tochter liebt so was einfach.

Noch mal vielen Dank für deinen Kommentar.

LG

 

Hallo Seramona,

deine Tochter kann sich sehr glücklich schätzen, eine so begabte Geschichtenerzählermama zu haben. =)

Ich, selbst noch ein kleines Mädchen im Herzen und riesen Feenliebhaberin, fand Deine Geschichte bezaubernd. Vorallem wie Du die verschiedenen Dinge beschrieben hast, lässt kleine Mädchen sicher wunderbar Träumen. Meine "Lieblings-Beschreibung" war:

nur die Hufe des Pferdes waren blassrosa, wie die Tortencreme von Tillas Lieblingskuchen.
Da habe ich direkt Appetit auf Erdbeercreme-Torte bekommen. xD

Habe nur einen Flüchtigkeitsfehler gefunden. War viel zu sehr in die Geschichte vertieft!

und nicht so blassrosa wie noch vor ein paar Tagen, wo sie aussagen wie der Himmel, wenn gerade die Sonne aufgeht.

Mehr davon! Bin verzaubert!

 

Hallo Pweets,

:shy: ich bin noch ganz rot von deinem tollen Lob. Ich hab mich riesig gefreut, vielen lieben Dank.

Hab den kleinen Fehler gleich ausgebessert.

Ich denke ich werd in nächster Zeit noch mehr von Tilla aufschreiben, so dass ich eine Serie draus machen kann. :)

Ganz lieben Dank noch mal!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Seramona,
habe auch gerade deine Geschichte gelesen. Nun bin ich leider jemand, der schon vor einiger Zeit an Feengeschichten und rosa-pinken Märchenwelten „overdosed“ ist. (Wenn ich noch einmal Prinzessin @#$%$#@ Lillifee vorlesen muss, fange ich an zu schreien …)
Insofern bin ich nicht gerade die beste Zielgruppe, ABER ich bin mir sicher, dass ganze Reihen kleiner Mädchen vor Glück dahin schmelzen, wenn sie so eine Geschichte hören. Ist alles drin, was ein Mädchenherz verlangt: Feen, Blümchen, Pferdchen und süße Tiere, gemischt mit schönen Farben und viel Phantasie!

Hier ist noch ein kleiner Fehler:

Wegen dir haben wir seit sechs Tagen kein einziges Naschen können


naschen klein

Viele liebe Grüße,
Sammamish

 

Huhu Sammamish,

ich heiß doch Seramona ;)

Vielen Dank für dein Kommentar. Hab es gleich geändert.

LG

 

Hallo Seramona,

auch mir hat die Geschichte gut gefallen. Die werde ich meinen Enkelkindern vorlesen. (Mia 6 Jahre und Lotta 4 Jahre). Sie lieben Feen über alles.

Grüße von gidon

 

Hallo Seramona,

eine wirklich kreative Kindergeschichte, die mir sehr gut gefallen hat.

Am allerbesten fand ich aber die "schuhunde" Eule, tolle Idee! :thumbsup:

Mit den Gänseblümchen triffst Du natürlich mitten ins Herz.
Eine wirklich gelungene Geschichte.

Sehr gerne gelesen.

LG
Giraffe :)

 

Hallo gidon und Giraffe,

vielen lieben Dank für die tollen Komplimente :shy: Ich freu mich wirklich sehr, dass mir die Geschichte gelungen ist.

Ja die schuhunde Eule mag ich auch sehr gerne, obwohl ich zugegebenermaßen etwas Bedenken hatte, ob das Wort auch wirklich Anklang findet. Aber umso glücklicher bin ich, dass es das tut.

Vielen Dank und liebe Grüße

 

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